Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110121/3/Kl/Rd

Linz, 14.07.2000

VwSen-110121/3/Kl/Rd Linz, am 14. Juli 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des K, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 21.9.1999, VerkGe96-134-1999, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 10.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden, herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 1.000 S (entspricht 72,67 €); zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 20 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 21.9.1999, VerkGe96-134-1999, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art.5 Abs.4 dritter Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verhängt, weil er am 31.8.1999 als Lenker des Lastkraftwagens mit dem deutschen Kennzeichen und dem Anhänger mit dem deutschen Kennzeichen (Zulassungsbesitzer: E), eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Sammelgut) von Wien in Richtung Frankfurt, Deutschland, durchgeführt hat, ohne dass er bei diesem grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr im Fahrzeug am 31.8.1999 um 10.00 Uhr auf dem Amtsplatz des Zollamtes Suben, bei Strkm. 75,000, Gemeindegebiet Suben, eine auf den Namen des Transportunternehmens (E) ausgestellte beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 mitgeführt hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass nicht bestritten werde, dass der Bw nicht in der Lage war, eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz vorzulegen. Allerdings ist dies nicht darauf zurückzuführen, dass die Arbeitgeberin nicht über eine derartige Gemeinschaftslizenz verfügte, sondern es wurde die Lizenz lediglich versehentlich nicht mitgeführt. In sämtlichen Fahrzeugen befindet sich nämlich eine Mappe mit den vollständigen Unterlagen, die zur Führung des Fahrzeuges erforderlich sind. Dazu gehöre auch die beglaubigte Kopie der Gemeinschaftslizenz. Das Fahrzeug sei täglich auf der Strecke Frankfurt - Wien und zurück eingesetzt. Der eigentliche Fahrer dieses Fahrzeuges sei kurzfristig ausgefallen, weshalb der Bw in kürzester Zeit einspringen musste. Er sei davon ausgegangen, dass die Fahrzeugpapiere in Ordnung seien, insbesondere dass sie vollzählig im Fahrzeug vorhanden seien. Es sei dem Bw bekannt, dass er trotzdem dafür verantwortlich sei, wenn die beglaubigte Kopie der Gemeinschaftslizenz fehlte. Wenn deshalb ein Freispruch nicht möglich sei, so sei der Grad seiner Fahrlässigkeit jedoch nicht so hoch, dass nicht die Möglichkeit gegeben wäre, die Mindeststrafe bis zur Hälfte zu unterschreiten. Besondere Erschwerungsgründe seien nicht erkennbar.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war nach der geltenden Geschäftsverteilung die 8. Kammer zur Entscheidung zuständig.

Weil in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und die Höhe der Strafe angefochten wurde, kann gemäß § 51e Abs.3 Z1 und 2 VStG von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedsstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten gilt für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken (Art.1 Abs.1).

Gemäß Art.3 der zitierten Verordnung unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz.

Gemäß Art.5 Abs.2 der zit. Verordnung händigen die Mitgliedsstaaten dem Inhaber das Original der Gemeinschaftslizenz, das von dem Transportunternehmen aufbewahrt wird, sowie so viele beglaubigte Abschriften aus, wie dem Inhaber der Gemeinschaftslizenz Fahrzeuge als volles Eigentum oder aufgrund eines anderen Rechts, insbesondere aus Ratenkauf-, Miet- oder Leasingvertrag, zur Verfügung stehen.

Gemäß Art.5 Abs.4 der Verordnung wird die Gemeinschaftslizenz auf den Namen des Transportunternehmers ausgestellt. Sie darf von diesem nicht an Dritte übertragen werden. Eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz muss im Fahrzeug mitgeführt werden und ist dem Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

Gemäß Art.15 der Verordnung ist diese Verordnung in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat.

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z8 hat dabei die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen (§ 23 Abs.2 leg.cit.).

4.2. Aufgrund der erstbehördlichen Ermittlungen, der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie auch aus den Berufungsausführungen geht einwandfrei hervor, dass eine grenzüberschreitende gewerbsmäßige Beförderung von Gütern durch den Bw als Lenker eines LKW mit deutschem Kennzeichen durchgeführt wurde und die erforderliche Gemeinschaftslizenz nicht mitgeführt und daher nicht auf Verlangen vorgewiesen wurde. Es wurde daher die vorzit. Bestimmung erwiesenermaßen verletzt. Bereits im Verfahren erster Instanz brachte der Bw vor, dass er wegen der Erkrankung eines Arbeitskollegen für dessen Fahrzeug mit dem im Spruch angeführten Kennzeichen kurzfristig eingesetzt wurde. Weil grundsätzlich die Fahrzeuge der Fa. E jeweils mit einer beglaubigten Abschrift der Gemeinschaftslizenz versehen seien, ging er davon aus, dass in dem von ihm übernommenen Fahrzeug eine beglaubigte Abschrift vorhanden ist. Auch in der Berufung wurde darauf hingewiesen, dass er in kürzester Zeit einen Arbeitskollegen ersetzen musste und daher, weil das Fahrzeug ständig in Betrieb war, davon ausging, dass die Fahrzeugpapiere in Ordnung und vollzählig im Fahrzeug vorhanden seien. Grundsätzlich sei aber eine Gemeinschaftslizenz für die Firma vorhanden.

Dazu ist dem Bw entgegenzuhalten, dass die zitierte EU-Verordnung dem Lenker eindeutig und ausschließlich die Pflicht auferlegt, diese Gemeinschaftslizenz mitzuführen und auf Verlangen den Organen vorzuweisen. Aus dieser Bestimmung ist ableitbar, dass den Fahrzeuglenker jeweils eine Sorgfaltspflicht dafür trifft, dass die erforderlichen Papiere, darunter auch die Gemeinschaftslizenz, im Fahrzeug vorhanden sind, mitgeführt und auf Verlangen den Kontrollorganen vorgewiesen werden. Es ist daher die Rechtfertigung des Bw, dass er sich darauf verlassen habe, dass die erforderlichen Papiere im Fahrzeug vorhanden seien, nicht geeignet, sein Verhalten zu entschuldigen und sein Verschulden zur Gänze auszuschließen. Vielmehr hätte er vor Antritt der Fahrt neben der Kontrolle des Fahrzeuges auch die für die Fahrt erforderlichen Papiere kontrollieren und einfordern müssen. Die mangelnde Nachschau und Kontrolle ist hingegen eine Sorgfaltsverletzung, die zumindest ein fahrlässiges Verschulden begründet. Weil aber die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein Ungehorsamsdelikt bildet, ist Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen, wenn der Bw nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Genau diese Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs.1 VStG ist dem Bw mit seinen Ausführungen nicht gelungen. Vielmehr hat er durch das von ihm eingestandene Verhalten genau jenes Unrecht begangen, das unter Verwaltungsstrafe gestellt ist. Es wurde daher die Tat auch schuldhaft begangen. Hinsichtlich des Ausmaßes des Verschuldens allerdings sind die Berufungsausführungen insofern zu berücksichtigen, als sie zwar keinen Entschuldigungsgrund wohl aber einen einem Entschuldigungsgrund gleichkommenden Umstand darstellen. Sie sind daher geeignet, einen geminderten Grad des Verschuldens aufzuzeigen, welcher in der Strafbemessung zu berücksichtigen ist.

4.3. Zur Anfechtung der Höhe der Geldstrafe ist auf die Begründung im angefochtenen Straferkenntnis hinzuweisen.

Gemäß § 23 Abs.2 GütbefG unterliegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG einer Mindeststrafe von 20.000 S. Die belangte Behörde hat rechtsrichtig iSd § 19 VStG festgestellt, dass Erschwerungsgründe nicht vorliegen und unter den Milderungsgründen bereits die Unbescholtenheit gewertet. Hingegen hat sie vom § 20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) nicht Gebrauch gemacht. ISd Berufungsausführungen war aber weiters als Milderungsgrund das geminderte Verschulden des Bw heranzuziehen. Darüber hinaus war auch zu berücksichtigen, dass eine Gemeinschaftslizenz grundsätzlich vorlag und daher keine nachteiligen Folgen eingetreten sind. Schließlich hat die belangte Behörde auch auf die persönlichen Verhältnisse Bedacht genommen. Aufgrund der bloß bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Bw und des Überwiegens der Milderungsgründe konnte daher die verhängte Geldstrafe gemäß § 20 VStG um die Hälfte unterschritten werden. Eine weitere Strafmilderung ist aber im VStG nicht vorgesehen. Die nunmehr verhängte Geldstrafe entspricht den Strafbemessungsgründen gemäß § 19 VStG und ist auch dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen und geeignet, den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.

Hingegen war von nur geringfügigem Verschulden nicht auszugehen, weil durch die Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt genau jener Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erfüllt wurde, welcher in der Verwaltungsvorschrift unter Strafdrohung gestellt wurde. Es war daher nicht zur Gänze von der Strafe abzusehen.

5. Weil die Berufung Erfolg hatte entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat. Hinsichtlich des Kostenbeitrages vor der ersten Instanz war ein der nunmehr verhängten Strafe entsprechender Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Gemeinschaftslizenz, kurzfristiges Einspringen, gemindertes Verschulden, außerordentliche Milderung