Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110126/5/BI/KM

Linz, 11.08.2000

VwSen-110126/5/BI/KM Linz, am 11. August 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitz: Mag. Kisch, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitz: Dr. Weiß) über die Berufung des Herrn B M, vom 17. Oktober 1999 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 7. Oktober 1999, VerkGe96-88-1999, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem genannten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 23 Abs.1 Z3 und 7 Abs.1 und 3 Güterbeförderungsgesetz 1995 eine Geldstrafe von 20.000 S (67 Stunden EFS) verhängt, weil er als Lenker eines LKW mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 6 Tonnen, nämlich dem Sattelzugfahrzeug mit dem bulgarischen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem bulgarischen Kennzeichen (Zulassungsbesitzer: ) am 8. Juli 1999 eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (20.225 kg Baumwollkeimlinge [gemeint wohl: Baumwollkämmlinge]) von der Türkei nach Österreich zum Grenzübergang S mit einem Zielort in Deutschland durchgeführt habe, ohne dass er bei dieser Güterbeförderung nach bzw durch Österreich am 8. Juli 1999 um 14.00 Uhr auf der Innkreisautobahn A8 bei StrKm 75,200, Gemeindegebiet S, eine hiefür erforderliche Bewilligung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr mitgeführt habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 2.000 S auferlegt.

Weiters wurde gemäß § 37 Abs.5 VStG die am 8. Juli 1999 von den Aufsichtsorganen des Landesgendarmeriekommandos für Oö, Verkehrsabteilung, Außenstelle Ried/I., eingehobene vorläufige Sicherheit nach § 37a Abs.1 und Abs.2 Z2 VStG iVm § 24 Güterbeförderungsgesetz 1995 im Betrag von 20.301 S für verfallen erklärt.

2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung eingebracht, über die durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 4. Kammer zu entscheiden war. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

3. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG hat die Berufungsbehörde in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist. Ein Grund für die Unzulässigkeit ist ua wenn die angefochtene Erledigung keinen (rechtswirksam erlassenen) Bescheid darstellt (vgl Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S.536).

Gemäß § 11 Abs.1 ZustellG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

Der Berufungswerber (Bw) ist bulgarischer, der deutschen Sprache nicht mächtiger Staatsbürger mit Wohnsitz in Bulgarien. Er hat nicht nur das in der Präambel genannte Straferkenntnis sondern auch schon die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3. September 1999, die die einzige Verfolgungshandlung darstellt, unmittelbar durch die Post an seinen Wohnsitz in Bulgarien zugestellt erhalten. Sowohl die Aufforderung zur Rechtfertigung als auch das nunmehr angefochtene Straferkenntnis waren in deutscher Sprache abgefasst und keinem der beiden Schriftstücke war eine Übersetzung angeschlossen. Die Aufforderung blieb unbeantwortet. Die Berufung gegen das Straferkenntnis wurde in deutscher Sprache handschriftlich abgefasst und vom Bw unterschrieben.

Da bereits aus der Anzeige ersichtlich ist, dass die Amtshandlung mit dem Bw auf dem Parkplatz vor dem Grenzübergang S am 9. Juli 1999 unter Zuhilfenahme eines Dolmetsch stattgefunden hat, ist davon auszugehen, dass der Bw in eigener Initiative tätig wurde, um den Inhalt des Straferkenntnisses in Erfahrung zu bringen - wobei dazukommt, dass nicht nur die Sprache, sondern auch die Schrift in B eine gänzlich andere ist - und es steht nach Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt unzweifelhaft fest, dass der Bw in seiner Sprache weder Kenntnis vom Tatvorwurf noch von der Rechtsmittelbelehrung erhalten hat.

Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, dass sowohl die Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3. September 1999 als auch die des Straferkenntnisses vom 7. Oktober 1999 unter Bedachtnahme auf die maßgeblichen Folgerungen aus dem fair-trial-Gebot des Art.6 MRK unwirksam war, dh eine Zustellung dieser beiden Schriftstücke an den Bw ist als nicht erfolgt anzusehen.

In diesem Zusammenhang ist auf die gutachtliche Stellungnahme des Bundeskanzleramt-Verfassungsdienstes vom 14. April 2000, GZ: 601.468/32-V/2/99, über die "Notwendigkeit der Übersetzung von Straferkenntnissen bei Zustellung in nichtdeutschsprachigem Ausland", insbesondere Punkt 7, hinzuweisen, deren Ergebnisse auf den gegenständlichen Fall zweifellos anzuwenden sind.

Es liegt daher kein rechtswirksam erlassenes Straferkenntnis vor, sodass dagegen auch keine Berufung zulässig war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Kisch

Beschlagwortung:

BW-bulgarischer Staatsbürger ohne Deutschkenntnisse; SE nur in deutscher Sprache zugestellt = entspricht nicht der gutachtl. Stellungnahme des BKA-Verfassungsdienstes vom 14.4.2000, GZ: 601.468/32-V/2/99, daher nicht rechtswirksam erlassenes SE - Berufung unzulässig

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 19.03.2003, Zl.: 2001/03/0045

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