Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110161/13/SR/Ri

Linz, 23.01.2001

VwSen-110161/13/SR/Ri Linz, am 23. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer, Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzer: Dr. Langeder, über die Berufung des M R, U Ostraße, K, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von S vom 9. Mai 2000, VerkGe96-15-2000, wegen Übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz (im Folgenden: GütbefG), zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 63 Abs.5 und 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 2.2.2000 um 10.30 Uhr auf der Innkreisautobahn A, bei StrKm, Gemeindegebiet S, als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, nämlich dem Sattelzugfahrzeug mit dem österreichischen Kennzeichen W und dem Sattelanhänger mit dem österreichischen Kennzeichen W (Zulassungsbesitzer: G T, H., W), gewerbsmäßig einen Straßengütertransitverkehr durch Österreich (Ausgangspunkt: Ungarn; Zielpunkt: Großbritannien), für welchen Ökopunkte benötigt wurden, durchgeführt, ohne

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl.Nr. 593, d.F. BGBl. I Nr. 17/1998, i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 lit. a) und b) und Artikel 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21.12.1994, i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 vom 30.6.1996

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe

falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von

gemäß

S 20.000,--

67 Stunden

§ 23 Abs. 1 Einleitungssatz und Abs.2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl.Nr. 593, i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 2.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher:

S 22.000,-- Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

2. Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem Bw am 15. Mai 2000 durch Hinterlegung und am 20. August 2000 zu eigenen Handen zugestellt. Am 29. August 2000 hat der Bw die vorliegende Berufung - verspätet - bei der Behörde erster Instanz eingebracht.

3. Die Behörde erster Instanz hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

3.1. Aufgrund der Aktenlage und der durchgeführten ergänzenden Erhebung ergibt sich folgender relevanter Sachverhalt:

Die Zustellung des angefochtenen Straferkenntnisses wurde von der Behörde erster Instanz mittels RSa verfügt. Das beauftragte Zustellorgan hat am 12. Mai 2000 den ersten Zustellversuch unternommen, den zweiten Zustellversuch für 15. Mai 2000 angekündigt und nach erfolglosem Zustellversuch die Verständigung über die Hinterlegung an der Abgabestelle zurückgelassen. Der Beginn der Abholfrist wurde mit 15. Mai 2000 bezeichnet. Das Postamt P hat das behördliche Schreiben bis am 6. Juni 2000 zur Abholung bereitgehalten und danach an die Behörde erster Instanz rückgemittelt.

Am 14.Juni 2000 wurde seitens der Bezirkshauptmannschaft S die Bezirkshauptmannschaft M ersucht, dem Bw "das beigeschlossene Schriftstück - Aufforderung zur Rechtfertigung - auszufolgen, da der Bw laut Hinweis der Post wochenlang als Fernfahrer unterwegs sei und die Ausfolgung durch die Post nicht möglich gewesen wäre".

Aus dem Akt ist jedoch ersichtlich, dass das Ersuchen an die BH M irrtümlicherweise den Hinweis - Aufforderung zur Rechtfertigung - trug. Dem Rückschein des ausgefolgten Schreibens ist zu entnehmen, dass um die neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses vom 9. Mai 2000 ersucht worden ist. Nicht nachvollziehbar ist die Anmerkung, dass die Zustellung durch die Post wegen der Abwesenheit des Bw nicht vorgenommen werden konnte.

Das Zustellorgan hat eindeutig auf der Rückseite des Kuverts die Hinterlegungsvermerke angebracht. Die Annahme der Behörde erster Instanz, dass der Bw zum Zeitpunkt der Hinterlegung ortsabwesend war, könnte nur damit erklärt werden, dass sie irrtümlicherweise von einer früheren Mitteilung des Postamtes ausgegangen ist. Der Zusteller des Postamtes P hat das Schreiben der Behörde erster Instanz vom 18. Februar 2000 (Aufforderung zur Rechtfertigung) mit dem Hinweis - "Eigenhändige Abgabe unmöglich (wochenlang als Fernfahrer unterwegs). Bitte als RSb senden (Abgabe an Gattin). 22.2. 2000. Unterschrift" - rückgemittelt.

Durch Inanspruchnahme von Gendarmeriebeamten wurde dem Bw am 20. August 2000 das angefochtene Straferkenntnis zu eigenen Handen zugestellt. Aufgrund der neuerlichen Zustellung hat der Bw "nach telefonischer Rücksprache" mit dem Sachbearbeiter am 29. August 2000 eine Berufung eingebracht.

Zuvor ist vom Bw am 20. Juni 2000 ein als "Rechtfertigung" bezeichnetes Schreiben bei der Behörde erster Instanz eingebracht worden.

Da sich aus dem bezughabenden Verwaltungsakt der Hinweis auf ein zweimaliges Zustellen des Straferkenntnisses vom 9. Mai 2000 ergeben hat, wurde eine Erhebung beim zuständigen Postamt durchgeführt. Nach dem Urgenzschreiben vom 30. Oktober 2000 wurde dem unabhängigen Verwaltungssenat vom Postamtsleiter mitgeteilt, dass bei Zustellversuchen an den Bw bei dessen Gattin Auskünfte über die Abwesenheit des Bw eingeholt werden. Diese würde bereitwillig mitteilen, ob der Bw längerfristig unterwegs sei, oder ob eine Abgabe an ihn möglich wäre. Der Bw würde keinen "großen Willen" zeigen, Behebungen am Postamt vorzunehmen. Dem Bw sei auch angeboten worden, am Wochenende am Postamt eine Behebung durchzuführen. Diesem Angebot sei zwar stets zugestimmt worden, der Bw sei jedoch nie gekommen. Eine Zustellung sei nur dann versucht worden, wenn der Bw zugegen gewesen wäre. Im Falle der Abwesenheit - "als Fernfahrer unterwegs" - sei das Schriftstück zurückgesendet worden.

Das gegenständliche Erhebungsergebnis wurde beiden Parteien zur Kenntnis gebracht. Die Behörde erster Instanz hat nach entsprechender Anfrage mitgeteilt, keine Stellungnahme abgeben zu wollen. Dem Bw wurde das Erhebungsergebnis am 24. Dezember 2000 zu eigenen Handen (nach Ersuchen der BH M und des zuständigen Gendarmeriepostens) zugestellt und eine einwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Bis zur Ausfertigung der Erledigung ist keine Stellungnahme eingegangen.

3.2. Aufgrund des relevanten Sachverhaltes werden folgende Feststellungen getroffen:

In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Straferkenntnisses wurde auf das Recht des Bestraften hingewiesen, gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen ab seiner Zustellung schriftlich oder mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft das Rechtsmittel der Berufung einzubringen.

Die Zustellung wurde am 15. Mai 2000 durch Hinterlegung bewirkt und mit Ablauf des 29. Mai 2000 hat die Berufungsfrist geendet. Am 20. August 2000 wurde eine neuerliche Ausfertigung des Straferkenntnisses vom 9. Mai 2000 dem Bw zu eigenen Handen zugestellt. Die Einbringung der Berufung erfolgte am 29. August 2000. Das im Akt befindliche Rechtfertigungsschreiben vom 20. Juni 2000 stellt eine verspätete Reaktion auf eine zuvor im Verfahren ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung dar und hat keinen Bezug zum Rechtsmittelverfahren.

Im Verfahren sind keine Hinweise auf einen mangelhaften Zustellvorgang hervorgekommen und der Bw hat auch keine unzulässige Hinterlegung behauptet.

3.3. Dem unwidersprochen gebliebenen Erhebungsbericht des Postamtleiters ist zu entnehmen, dass der Zusteller entsprechend den einschlägigen Bestimmungen des Zustellgesetzes vorgegangen ist und die Hinterlegung gemäß § 17 Zustellgesetz vorgenommen hat.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c VStG und der Geschäftsverteilung durch die 6. Kammer. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis zurückzuweisen war, hatte die mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z1 VStG zu entfallen.

4.2. Gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG ist eine verspätete Berufung zurückzuweisen. Verspätet ist eine Berufung, wenn sie erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde. Für Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren beträgt die Rechtsmittelfrist gemäß § 24 VStG iVm § 63 Abs 5 AVG zwei Wochen. Sie beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Straferkenntnisses zu laufen.

Nach § 32 Abs.2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

Gemäß § 6 ZustellG ist die erste Zustellung maßgebend, wenn das gleiche Schriftstück mehrmals gültig zugestellt worden ist.

4.3. Die Zustellung einer Hinterlegungsanzeige hängt zwar von der Ordnungsgemäßheit des Zustellvorganges ab, nicht aber davon, dass sie dem Empfänger zur Kenntnis gelangt (VwSlg 12 240 A/1986). Eine mangelhafte Zustellung bzw. Hinterlegung ist im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen und wurde auch nicht behauptet.

Im gegenständlichen Verfahren wurde sowohl am 15. Mai 2000 als auch am 20. August 2000 eine gültige Zustellung derselben Ausfertigung vorgenommen. Durch § 6 ZustellG wurde darüber hinausgehend klargestellt, dass auch bei wiederholter gültiger Zustellung derselben Ausfertigung eines Bescheides innerhalb der Berufungsfrist für den Beginn des Laufs der Berufungsfrist iS des § 63 Abs.5 AVG die erste gültige Zustellung maßgeblich ist (VwGH vom 18.4.1988, 87/12/0043). Aus der Tatsache, dass die Behörde eine zweite Zustellung des Bescheides nach Ablauf der Rechtsmittelfrist verfügt hat, ist nicht abzuleiten, dass die neuerliche Zustellung eine neue Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt hat (s. VwGH 6.4.1972, 1903/71; 21.10.1977, 860/76).

Voraussetzung für die im § 6 ZustellG angeordnete Rechtsfolge ist das Vorliegen des "gleichen Schriftstückes". Darunter ist eine inhaltlich vollkommen identische Ausfertigung eines bereits einmal zugestellten Schriftstückes zu verstehen. Es darf sich um keinen neuen Rechtsakt handeln (VwGH vom 20.10.1993, 93/10/0082).

Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass die Behörde erster Instanz "das gleiche Schriftstück" zweimal zugestellt hat, weil die zugestellten Ausfertigungen jeweils den 9. Mai 2000 als Bescheiddatum trugen.

Da somit die erste mangelfreie und gültige Zustellung des Straferkenntnisses (laut Rückschein) am 15. Mai 2000 erfolgte, die Berufungsfrist mit Ablauf des 29. Mai 2000 geendet hat, ist die am 29. August 2000 eingebrachte Berufung außerhalb der Rechtsmittelfrist eingebracht worden. Diese Fristversäumnis hat zur Folge, dass das angefochtene Straferkenntnis mit dem ungenützten Ablauf der Berufungsfrist am 30. Mai 2000 rechtskräftig geworden ist. Dem unabhängigen Verwaltungssenat ist daher eine inhaltliche Beurteilung verwehrt und das eingebrachte "Rechtsmittel" war als verspätet zurückzuweisen.

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung: erstmalige Zustellung

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