Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110220/8/Kl/Rd

Linz, 17.04.2002

VwSen-110220/8/Kl/Rd Linz, am 17. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23.2.2001, VerkGe96-17-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9.4.2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Hinsichtlich des Strafausmaßes wird der Berufung Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 72 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt.

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 7,20 Euro, ds 10 % der verhängten Strafe. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23.2.2001, VerkGe96-17-2001, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG 1995 idF BGBl.I Nr. 17/1998 iVm Art.3 Abs.1 und Art.5 Abs.4 Satz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verhängt, weil er am 19.1.2001 als Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen (Zulassungsbesitzer: Fa. S) eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (7 Paletten Folienartikel ua) von Hamburg nach Wiener Neudorf bzw Wien durchgeführt hat, ohne dass er anlässlich der Rückfahrt (Leerfahrt) bei diesem grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr im Fahrzeug am 19.1.2001 um 14.35 Uhr auf der Innkreis-Autobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, eine auf den Namen des Transportunternehmens (Fa. S) ausgestellte beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 mitgeführt hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und bestritten, notwendige Unterlagen nicht mitgeführt zu haben. Die Kontrollorgane hätten vielmehr die beschriebenen Unterlagen nicht verlangt, sonst hätte er den Gendarmen diese Unterlagen vorgelegt. Eine Bescheinigung liege vor.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.4.2002. Zu dieser wurden die Parteien geladen und sind nicht erschienen. Es wurde der ebenfalls geladene Zeuge RI M, einvernommen.

Der Zeuge machte widerspruchsfrei und glaubwürdig seine Aussagen und es konnten diese den Sachverhaltsfeststellungen zu Grunde gelegt werden. Danach bestätigte er den in der Anzeige festgehaltenen Sachverhalt, nämlich dass er vom Lenker am 19.1.2001 anlässlich einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle sämtliche Papiere angefordert habe, also Fahrzeugpapiere, Führerschein, Frachtpapiere und sämtliche Papiere, die mitzuführen sind. Es wurden von ihm dezidiert alle Papiere angesprochen, also auch die Gemeinschaftslizenz. Der Lenker konnte keine Gemeinschaftslizenz vorweisen. Der Zeuge bestätigte auch die Angaben des Bw anlässlich seiner Betretung, nämlich dass ihm die Gemeinschaftslizenz von der Fa. S nicht ausgehändigt worden sei. Dazu führte der Zeuge auch noch aus, dass es schon sehr oft Beanstandungen der Lenker dieser Firma gab und die Lenker sich oftmals damit verantworteten, dass den Lenkern von der Firma S keine Gemeinschaftslizenz ausgehändigt wird.

Es ist daher erwiesen, dass über Verlangen des Kontrollorgans eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz nicht vorgewiesen wurde und mangels Aushändigung durch den Frächter nicht mitgeführt wurde.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat hierüber erwogen:

5.1. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl.Nr. 593/95 idF BGBl. I Nr. 17/1998 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Gemäß § 23 Abs.2 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z7 bis 9 die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen.

Aufgrund des Beweisverfahrens ist einwandfrei erwiesen, dass der Bw eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz nicht mitgeführt hat und daher den objektiven Tatbestand erfüllt hat. Er hat die Tat auch subjektiv zu verantworten. Es hat die Behörde schon im angefochtenen Straferkenntnis frei von Rechtsirrtum ausgeführt, dass der Bw der ihm zumutbaren und berufsmäßig gebotenen Sorgfaltspflicht, nämlich sich zu vergewissern, dass alle nötigen Unterlagen vorhanden sind und mitgeführt werden, nicht nachgekommen ist. Es ist daher vom fahrlässigen Verhalten auszugehen. Ein Entlastungsnachweis ist dem Bw nicht gelungen.

5.2. Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 14.12.2001, G 181/01-9 ua, ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 verfassungswidrig war und die verfassungswidrige Bestimmung insofern nicht mehr anzuwenden ist, als sie sich auf die Ziffer 8 bezieht. In der Begründung führte der Gerichtshof aus, dass er eine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von 20.000 S für Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 nicht erkennen kann. Mit der hier gewählten Rechtsetzungstechnik wird weder auf das Gewicht und die Zielrichtung der im Einzelfall verletzten, im Gemeinschaftsrecht wurzelnden Vorschrift Bedacht genommen noch auf die konkreten Umstände, unter denen die Verwaltungsübertretung begangen wurde noch schließlich auf die persönlichen Verhältnisse desjenigen, der die Verwaltungsübertretung begangen hat.

Es hat schließlich der Gesetzgeber die genannten Überlegungen der Novelle zum GütbefG 1995, BGBl. I Nr. 106/2001, zu Grunde gelegt. Er hat nunmehr einerseits die Mindeststrafe für Lenker bei Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zur Gänze entfallen lassen und statt dessen eine Höchststrafe von 10.000 S festgelegt.

Im gegenständlichen Fall allerdings war die Bestimmung des § 23 Abs.2 idF BGBl. I Nr. 106/2001 nicht anwendbar, weil das erstbehördliche Straferkenntnis noch vor dem Inkrafttreten dieser Novelle (Inkrafttreten mit 11.8.2001) erlassen wurde, sodass das in § 1 Abs.2 VStG normierte Günstigkeitsprinzip nicht wirksam wurde. Die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung unterliegt daher noch einem Strafrahmen mit einer Obergrenze von 100.000 S, allerdings gibt es keine Mindeststrafe mehr.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat die Unbescholtenheit als strafmildernd gewertet und Straferschwerungsgründe nicht angenommen. Zu den persönlichen Verhältnissen hat sie ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 3.000 DM, kein Vermögen und keine Sorgepflichten berücksichtigt. Der Bw hat keine weiteren Umstände für die Strafbemessung bekannt gegeben. Es sind daher die Erwägungen der Erstbehörde aufrechtzuerhalten.

Angesichts der Aufhebung der Mindeststrafe war es aber gerechtfertigt, die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe auf ein angemessenes Ausmaß herabzusetzen. Dieses war aber erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich, um auch andere Kraftfahrzeuglenker von einer Tatbegehung abzuschrecken. Von Geringfügigkeit des Verschuldens ist hingegen nicht auszugehen, weil das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt und daher die Voraussetzungen nach § 21 VStG zum Absehen von einer Strafe nicht gegeben sind.

6. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, war zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat kein Kostenbeitrag vorzuschreiben (§ 65 VStG). Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz musste auf 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe reduziert werden (§ 64 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Verlangen der Organe, Gemeinschaftslizenz

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