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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110238/7/Kl/Rd

Linz, 17.04.2002

VwSen-110238/7/Kl/Rd Linz, am 17. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des W, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7.5.2001, VerkGe96-62-2001, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Güterbeförderungsgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9.4.2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Hinsichtlich des Strafausmaßes wird der Berufung Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 72 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag, herabgesetzt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 7,20 Euro; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7.5.2001, VerkGe96-62-2001, wurden über den Bw zwei Geldstrafen von je 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 67 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 23 Abs.1 Z8 GütbefG 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 iVm Art.1 Abs.1 und Art.5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idFd Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 verhängt, weil er 1) am 10.10.2000 um 19.56 Uhr sowie 2) am 11.10.2000 um 2.10 Uhr, im österreichischen Bundesgebiet, und zwar auf der Innviertler Bundesstraße B 137, bei Strkm 63,960, Gemeindegebiet Schärding (Ökopunkte-Abbuchungsstation bei der Einreise nach Österreich), aus Richtung Deutschland kommend, als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, amtliches Kennzeichen, Zulassungsbesitzer: L, keine der nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt hat, entweder:

- ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt oder

- ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglichte und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird (der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("ecotag") mit der Identifikationsnummer war zwar jeweils so eingestellt, dass ersichtlich war, dass vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet eine Transitfahrt durchgeführt wird, jedoch war der Frächter gesperrt, sodass keine automatische Entwertung der Anzahl von Ökopunkten, die den auf dem Umweltdatenträger des Fahrzeugs gespeicherten Angaben über die NOx-Emissionen entspricht, ermöglicht wurde).

- die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C) handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

- geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist (der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("ecotag") mit der Identifikationsnummer war jeweils so eingestellt, dass ersichtlich war, dass vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet eine Transitfahrt durchgeführt wird).

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich um keine Fahrt handelte, für welche Ökopunkte zu entrichten waren. Selbst wenn es sich um eine ökopunktepflichtige Fahrt gehandelt hätte, sei eine ordnungsgemäß ausgefüllte Ökokarte mitgeführt und Ökopunkte entwertet worden. Ferner liegen Begründungsmängel vor.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.4.2002, zu welcher ein Rechtsvertreter des Bw erschienen ist. Dieser machte geltend, dass sich der Fahrer vor Antritt der Fahrt beim Arbeitgeber über das Vorhandensein von Ökopunkten erkundigt hat und ob das ecotag-Gerät in Ordnung war. Beides wurde vom Arbeitgeber bejaht. Darüber hinausgehende Erhebungen waren dem Bw nicht zumutbar und er musste sich auf die Richtigkeit der Ausführungen des Arbeitgebers verlassen. Konkrete Beweismittel und -anträge hiezu wurden nicht gestellt.

Vom Bw wurde im gesamten Verfahren nicht bestritten, dass das ecotag-Gerät funktionstüchtig war und dass das ecotag-Gerät zum Zeitpunkt der Einfahrt in das österreichische Bundesgebiet auf Transit gestellt war. Er hat daher das ecotag betrieben. Nachweise dafür, dass der Bw eine ausgefüllte Ökopunktekarte mit sich geführt hat, gibt es nicht und wurden trotz Aufforderung vom Bw nicht vorgelegt. Auch wurden trotz Aufforderung keine Nachweise wie Frachtpapiere dafür beigebracht, dass es sich um eine ökopunktebefreite Fahrt bzw um eine bilaterale Fahrt handelte. Hingegen ist aus der elektronischen Erfassung im Zentralcomputer ersichtlich, dass der Bw mit dem näher bezeichneten ecotag ins Bundesgebiet Österreich eingefahren ist, ohne dass Ökopunkte abgebucht wurden, obwohl das ecotag auf ökopunktepflichtig bzw Transit gestellt war.

Die weiteren Beweise waren hingegen nicht aufzunehmen, zumal es einerseits keine Meldungsleger gibt, zum anderen weil der Bw die Möglichkeit der Rechtfertigung anlässlich der mündlichen Verhandlung nicht genützt hat und ein Beweisthema zur Einvernahme des Arbeitgebers des Bw nicht angegeben wurde bzw auch keine konkrete Kontaktperson (Name, Anschrift) des Arbeitgebers, namhaft gemacht wurde, die das Vorbringen des Bw bestätigen könnte.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl.Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß § 23 Abs.2 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z7 bis 9 die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen.

Die belangte Behörde hat in rechtsrichtiger Weise die maßgeblichen europarechtlichen Vorschriften angeführt und in rechtsrichtiger Weise dargelegt, dass der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt ist. Sie hat frei von Rechtsirrtum dargelegt, dass für den Fall einer ökopunktebefreiten Fahrt bzw einer bilateralen Fahrt das ecotag-Gerät so eingestellt werden muss, dass ersichtlich wird, dass keine Transitfahrt durchgeführt wird. Vom Bw wurde nicht behauptet, dass er eine dementsprechende Einstellung vorgenommen hat. Wenn hingegen der Bw bestreitet, dass es sich um eine ökopunktepflichtige Fahrt handelt, so ist ihm vorzuhalten, dass er das Gerät auf Transitfahrt gestellt und diese Einstellung bei der Einfahrt in das Bundesgebiet beim Kontaktbalken die Abbuchung der Ökopunkte bewirkt, sofern Ökopunkte vorhanden sind. Im gegenständlichen Fall wurden Ökopunkte nicht abgebucht, weil der Frächter gesperrt war, also Ökopunkte nicht vorhanden waren.

Wenn sich der Bw dahingehend verantwortet, dass er sich beim Arbeitgeber erkundigt hat, ob genug Ökopunkte vorhanden sind, so wäre dies grundsätzlich eine Möglichkeit, sich hinsichtlich des Verschuldens zu entlasten. Allerdings hat der Bw den Entlastungsnachweis gemäß § 5 Abs.1 VStG durchzuführen, dh, dass er konkrete Beweismittel, also zB Name und Anschrift der Zeugen, zu benennen hat und ein Beweisthema hiezu anzugeben hat oder diese Beweismittel zur mündlichen Verhandlung mitzubringen hat. Indem er trotz einer solchen ausdrücklichen Aufforderung (in der Ladung zur mündlichen Verhandlung) entsprechende Beweisanbote nicht gestellt hat, konnte diesem Entlastungshinweis nicht mehr näher getreten werden. Vielmehr hat der Oö. Verwaltungssenat keine Zweifel am Verschulden des Bw. Es hat daher die belangte Behörde zu Recht fahrlässiges Verhalten zu Grunde gelegt. Der Bw als Lenker hätte sich vor Antritt der Fahrt über die Funktionstüchtigkeit und mit der Bedienung des Gerätes vertraut machen müssen. Er hätte sich um die Pflichten eines Fahrers erkundigen müssen. Indem er dies unterlassen hat, ist eine Sorgfaltsverletzung gegeben. Im Übrigen wird aber darauf hingewiesen, dass für die Funktionsuntüchtigkeit des Gerätes keinerlei Hinweise vorhanden waren, zumal eine Kontaktnahme mit der Kontaktstelle anlässlich der Einfahrt stattgefunden hat. Wie das ecotag bei der Einfahrt gestellt ist und eine sorgfältige Beobachtung, ob eine Abbuchung bzw Kontaktnahme stattfindet, ist aber nach den einschlägigen Vorschriften Pflicht des Lenkers. Dieser hat bei der Einfahrt darauf zu achten, dass eine Kontaktnahme mit dem Abbuchungsbalken stattfindet, was durch Aufleuchten des ecotag erkenntlich ist. Es hat daher der Bw die Tat objektiv und subjektiv zu verantworten.

5.2. Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen: Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 14.12.2001, G 181/01-9 ua, ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 verfassungswidrig war und die verfassungswidrige Bestimmung insofern nicht mehr anzuwenden ist, als sie sich auf die Ziffer 8 bezieht. In der Begründung führte der Gerichtshof aus, dass er eine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von 20.000 S für Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 nicht erkennen kann. Mit der hier gewählten Rechtsetzungstechnik wird weder auf das Gewicht und die Zielrichtung der im Einzelfall verletzten, im Gemeinschaftsrecht wurzelnden Vorschrift Bedacht genommen noch auf die konkreten Umstände, unter denen die Verwaltungsübertretung begangen wurde noch schließlich auf die persönlichen Verhältnisse desjenigen, der die Verwaltungsübertretung begangen hat.

Es hat schließlich der Gesetzgeber die genannten Überlegungen der Novelle zum GütbefG 1995, BGBl. I Nr. 106/2001, zu Grunde gelegt. Er hat nunmehr einerseits die Mindeststrafe für Lenker bei Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zur Gänze entfallen lassen und statt dessen eine Höchststrafe von 10.000 S festgelegt.

Im gegenständlichen Fall allerdings war die Bestimmung des § 23 Abs.2 idF BGBl. I Nr. 106/2001 nicht anwendbar, weil das erstbehördliche Straferkenntnis noch vor dem Inkrafttreten dieser Novelle (Inkrafttreten mit 11.8.2001) erlassen wurde, sodass das in § 1 Abs.2 VStG normierte Günstigkeitsprinzip nicht wirksam wurde. Die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung unterliegt daher noch einem Strafrahmen mit einer Obergrenze von 100.000 S, allerdings gibt es keine Mindeststrafe mehr.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat Unbescholtenheit als strafmildernd und keine straferschwerenden Gründe berücksichtigt. Es wurden zu den persönlichen Verhältnissen kein Vermögen und keine Sorgepflichten sowie ein monatliches Nettoeinkommen von 20.000 S zu Grunde gelegt. Diesen Strafbemessungsgründen wurde in der Berufung nicht entgegengetreten und sind sie auch nunmehr zu Grunde zu legen. Weitere Umstände für die Strafbemessung wurden nicht vorgebracht. Weil aber die Mindeststrafe nicht mehr anzuwenden war, konnte mit einer erheblichen Reduktion der Strafe vorgegangen werden. Weil es sich um eine erstmalige Tatbegehung handelte, konnte die Strafe im untersten Bereich des Strafrahmens angesetzt werden. Eine weitere Herabsetzung war aber nicht gerechtfertigt, weil der Bw durch die verhängte Strafe zu einem gesetzeskonformen Verhalten gelenkt werden soll und von einer weiteren Tatbegehung abgehalten werden soll. Auch hat die belangte Behörde zu Recht ausgeführt, dass Geringfügigkeit des Verschuldens nicht vorliegt, zumal das tatbildmäßige Verhalten des Bw genau jenen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat, der in der Strafdrohung typisiert ist, erfüllt. Es mangelt daher an einer wesentlichen Voraussetzung gemäß § 21 VStG.

Gemäß § 16 VStG war auch die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen.

6. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, war kein Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 65 VStG vorzuschreiben. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der nunmehr verhängten Strafe gemäß § 64 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

ecotag, Sorgfaltspflicht, Nachfrage über Ökopunkte, Mitwirkungspflicht

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