Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110259/3/Kl/Rd

Linz, 20.02.2002

VwSen-110259/3/Kl/Rd Linz, am 20. Februar 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Strafberufung des W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 1.6.2001, VerkGe96-149-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen die Strafhöhe wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 70 Euro (entspricht 963,22 S) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt wird.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 7 Euro (entspricht 96,32 S); zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 1.6.2001, VerkGe96-149-2001, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 iVm Art.1 Abs.1 und Art.5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idFd Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 verhängt, weil er am 25.1.2001 um 18.51 Uhr im österreichischen Bundesgebiet auf der Innkreisautobahn A8 im Gemeindegebiet Suben (Ökopunkte-Abbuchungsstation bei der Einreise nach Österreich) aus Richtung Deutschland kommend als Fahrer des Lkw mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t mit näher bezeichnetem Kennzeichen keine der nachstehend angeführten Unterlagen über die ordnungsgemäße Entrichtung der Ökopunkte mitgeführt hat, zumal der näher umschriebene Umweltdatenträger "ecotag" vor der Einfahrt in österreichisches Bundesgebiet so eingestellt war, dass ersichtlich war, dass eine Transitfahrt durchgeführt wird, jedoch der Frächter gesperrt war, sodass keine automatische Entwertung der Anzahl von Ökopunkten ermöglicht wurde.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Strafverringerung beantragt. Dazu wurde ausgeführt, dass der ecotag auf Transit gestellt war, und zwar in gutem Glauben, dass Ökopunkte abgebucht werden. Offensichtlich waren diese aber bereits wegen der vielen Transitfahrten der Firma verbraucht. Im Bemühen, immer die erforderlichen Genehmigungen richtig zu handhaben und weil das Informationsproblem des Ökopunktesystems nie beeinflusst werden könne, werde um eine Strafverringerung angesucht. Auch sei dies das erste Vergehen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil lediglich die Strafhöhe bekämpft wurde, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl.Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß § 23 Abs.2 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z7 bis 9 die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen.

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 14.12.2001, G 181/01-9 ua, ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 verfassungswidrig war und die verfassungswidrige Bestimmung insofern nicht mehr anzuwenden ist, als sie sich auf die Ziffer 8 bezieht. In der Begründung führte der Gerichtshof aus, dass er eine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von 20.000 S für Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 nicht erkennen kann. Mit der hier gewählten Rechtsetzungstechnik wird weder auf das Gewicht und die Zielrichtung der im Einzelfall verletzten, im Gemeinschaftsrecht wurzelnden Vorschrift Bedacht genommen noch auf die konkreten Umstände, unter denen die Verwaltungsübertretung begangen wurde noch schließlich auf die persönlichen Verhältnisse desjenigen, der die Verwaltungsübertretung begangen hat.

Es hat schließlich der Gesetzgeber die genannten Überlegungen der Novelle zum GütbefG 1995, BGBl. I Nr. 106/2001, zu Grunde gelegt. Er hat nunmehr einerseits die Mindeststrafe für Lenker bei Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zur Gänze entfallen lassen und statt dessen eine Höchststrafe von 10.000 S festgelegt.

Im gegenständlichen Fall allerdings war die Bestimmung des § 23 Abs.2 idF BGBl. I Nr. 106/2001 nicht anwendbar, weil das erstbehördliche Straferkenntnis noch vor dem Inkrafttreten dieser Novelle (Inkrafttreten mit 11.8.2001) erlassen wurde, sodass das in § 1 Abs.2 VStG normierte Günstigkeitsprinzip nicht wirksam wurde. Die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung unterliegt daher noch einem Strafrahmen mit einer Obergrenze von 100.000 S, allerdings gibt es keine Mindeststrafe mehr.

4.2. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis zur Strafbemessung festgestellt, dass die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat. Sie hat die Unbescholtenheit strafmildernd gewertet und ein geschätztes monatliches Nettoeinkommen von 20.000 S zu Grunde gelegt. Sie hat kein Vermögen und keine Sorgepflichten angenommen. Gegenteiliges ist auch im Berufungsverfahren nicht hervorgetreten. Weiters ist der Bw voll geständig und zeigt andererseits auf, dass er das Ökopunktekonto der Firma nicht beeinflussen könne.

Im Hinblick auf die erstmalige Tatbegehung, das Geständnis und die Reue des Bw konnte mit der spruchgemäßen Herabsetzung der Strafe vorgegangen werden. Die nunmehr festgesetzte Geldstrafe ist aber erforderlich, um den Bw vor einer weiteren Begehung abzuhalten. Auch ist sie erforderlich, um andere Lenker abzuschrecken.

5. Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafe neu festzusetzen. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht  2.476,85 S) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Entfall der Mindeststrafe, Geständnis, Reue

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