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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110265/2/Kl/Rd

Linz, 07.05.2002

VwSen-110265/2/Kl/Rd Linz, am 7. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 30.5.2001, VerkGe96-15-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass bei der verletzten Rechtsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG die Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21.12.1994 idFd Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 vom 21.9.2000 zu zitieren ist.

Hinsichtlich des Strafausmaßes wird der Berufung Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 72 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabgesetzt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 7,20 Euro; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 30.5.2001, VerkG96-15-2001, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 iVm Art.1 Abs.1 und Art.5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom 21.12.1994 idFd Verordnung (EG) Nr. 1524/1996 vom 30.7.1996 verhängt, weil er am 14.12.2000 als Lenker des Lastkraftwagens mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t mit dem österreichischen Kennzeichen, Zulassungsbesitzer C GmbH, eine Fahrt auf österreichischem Hoheitsgebiet durchgeführt hat, indem er am 14.12.2000 um 17.44 Uhr in Braunau/Inn eingereist und am 14.12.2000 um 19.51 Uhr in Walserberg ausgereist ist, und dabei keine der nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt hat:

- Ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt oder

- ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglichte und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird (der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger ("ecotag") mit der Identifikationsnummer war bei der Einfahrt in das österreichische Bundesgebiet so eingestellt, dass ersichtlich war, dass eine Transitfahrt durchgeführt wird, jedoch ist es zu keiner Entrichtung der Ökopunkte gekommen, da der Frächter des Fahrzeuges gesperrt war; oder

- die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C) handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

- geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist (der Umweltdatenträger mit der Identifikationsnummer war auf "ökopunktepflichtig" eingestellt).

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass das ecotag-Gerät nicht richtig funktioniert hätte, weil der Bw die richtige Einstellung, grün, gehabt hätte, das Gerät aber nach außen hin rot angab. Außerdem legte er der Berufung einen Frachtbrief für M bei, aus dem ersichtlich ist, dass kein Transit durchgeführt worden ist.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Einsicht in den Berufungsschriftsatz samt dem beigefügten Frachtbrief. Aus dem CMR-Frachtbrief geht die Übernahme von Bruteiern vom Absender in S, am 13.12.2000 hervor und ist als Empfänger die Firma R in M, Österreich, ersichtlich. Beladung ist für 13.12.2000, Entladung in M am15.12.2000 eingetragen. Die im Spruch angeführte Fahrt mit Einreise nach Österreich am 14.12.2000 um 17.44 Uhr in Braunau und Ausreise in Walserberg am 14.12.2000 um 19.51 Uhr ist nicht unmittelbar mit der im CMR-Frachtbrief ersichtlichen Fahrt erklärbar, zumal im Frachtbrief eine Entladung in M für 15.12.2000 eingetragen ist. Aus den Papieren ist daher nicht ersichtlich, dass der Bw am 14.12.2000 mit dem Zielort M eingereist ist. Zweifel am Vorliegen einer ökopunktebefreiten bilateralen Fahrt konnten damit nicht ausgeräumt werden.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl.Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß § 23 Abs.2 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z7 bis 9 die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen.

5.2. Die belangte Behörde hat in rechtsrichtiger Weise die maßgeblichen europäischen Vorschriften angeführt und dargelegt, dass der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt ist. Sie hat frei von Rechtsirrtum ausgeführt, dass für den Fall einer ökopunktebefreiten Fahrt bzw einer bilateralen Fahrt das ecotag-Gerät so eingestellt werden muss, dass ersichtlich wird, dass keine Transitfahrt durchgeführt wird. Vom Bw wurde nicht behauptet, dass er eine dementsprechende Einstellung vorgenommen hat. Wenn hingegen der Bw bestreitet, dass es sich um eine ökopunktepflichtige Fahrt handle, so ist ihm vorzuhalten, dass das Gerät auf Transitfahrt gestellt war und diese Einstellung bei der Einfahrt in das Bundesgebiet beim Kontaktbalken eine Abbuchung der Ökopunkte bewirkt hätte, sofern Ökopunkte vorhanden wären. Im gegenständlichen Fall wurden Ökopunkte nicht abgebucht, weil der Frächter gesperrt war, also Ökopunkte nicht vorhanden waren.

Die vom Bw vorgebrachten Urkunden als Beweisanbote für eine bilaterale Fahrt konnten jedoch aufgrund der differierenden Angaben ein von vornherein feststehendes Fahrtziel in Österreich für den 14.12.2000 nicht dokumentieren und es konnte daher diesem Entlastungsnachweis nicht näher getreten werden. Hinsichtlich des mangelnden Funktionierens des ecotag-Gerätes entbehrt dieses Vorbringen des Bw einer nachvollziehbaren Grundlage bzw eines entsprechenden Nachweises. Vielmehr hat sich der Bw als Lenker vor Antritt der Fahrt über die Funktionstüchtigkeit des Gerätes und mit der Bedienung des Gerätes vertraut zu machen. Er hätte sich um die Pflichten eines Fahrers erkundigen müssen.

Der Bw bringt nichts vor, was ihn von seiner Sorgfaltspflicht entlasten würde. Hingegen hat er als Lenker des Fahrzeuges die Funktionstüchtigkeit des Gerätes vor Antritt der Fahrt zu überprüfen, vor Eintritt in das Bundesgebiet das Gerät richtig zu betätigen und auf die Kontaktnahme und Registrierung durch den Abbuchungsbalken zu achten.

Wenn hingegen der Bw geltend macht, dass das ecotag-Gerät bei Einreise richtig eingestellt war, nämlich auf grün gestellt war, und nur eine falsche Kontaktaufnahme stattgefunden habe, nämlich rot (ökopunktepflichtig), so widerspricht dieses Vorbringen jeglicher Lebenserfahrung. Bei dem Aufleuchten des grünen Lichtes beim ecotag-Gerät im Fahrzeug bedeutet dies die Einstellung einer bilateralen Fahrt und wird es beim Abbuchungsbalken als ökopunktebefreite Fahrt registriert. Eine Registrierung als ökopunktepflichtige Fahrt setzt voraus, dass das ecotag-Gerät auf Standard eingestellt ist und eine weitere Betätigung durch den Lenker nicht erforderlich ist. Der Bw spricht aber in seiner Berufung lediglich von einer "richtigen Einstellung" verteidigt sich aber nicht damit, dass er selbst das ecotag-Gerät richtig umgestellt hätte, nämlich auf ökopunktefreie Fahrt gedrückt hätte. Ein solches wäre aber nötig gewesen, ansonsten ist das Gerät "automatisch" auf Standard-Einstellung eingestellt, was bedeutet, dass es sich um eine ökopunktepflichtige Fahrt handelt. Für eine Funktionsunfähigkeit des Gerätes hingegen bringt der Bw keine Beweisanbote wie zB Reparatur des Gerätes oder Austausch des Gerätes vor. Mangels Anhaltspunkte einer Funktionsunfähigkeit des Gerätes konnte daher von einer solchen nicht ausgegangen werden.

Es war daher eine Sorgfaltsverletzung gegeben. Auch konnte aufgrund des Umstandes, dass bei der Einfahrt eine Kontaktnahme des Gerätes mit der Kontaktstelle stattgefunden hat, von einer Funktionsuntüchtigkeit des Gerätes nicht ausgegangen werden. Allerdings hat der Lenker bei Antritt der Fahrt darauf zu achten, wie das Gerät eingestellt ist und hat sorgfältig zu beobachten, ob eine Abbuchung bzw Kontaktnahme mit dem Abbuchungsbalken stattfindet. Dies ist auch durch entsprechendes Aufleuchten des ecotag-Gerätes erkenntlich. Es war daher von der Tatbegehung auszugehen.

5.3. Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen:

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 14.12.2001, G 181/01-9 ua, ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 verfassungswidrig war und die verfassungswidrige Bestimmung insofern nicht mehr anzuwenden ist, als sie sich auf die Ziffer 8 bezieht. In der Begründung führte der Gerichtshof aus, dass er eine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von 20.000 S für Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 nicht erkennen kann. Mit der hier gewählten Rechtsetzungstechnik wird weder auf das Gewicht und die Zielrichtung der im Einzelfall verletzten, im Gemeinschaftsrecht wurzelnden Vorschrift Bedacht genommen noch auf die konkreten Umstände, unter denen die Verwaltungsübertretung begangen wurde noch schließlich auf die persönlichen Verhältnisse desjenigen, der die Verwaltungsübertretung begangen hat.

Es hat schließlich der Gesetzgeber die genannten Überlegungen der Novelle zum GütbefG 1995, BGBl. I Nr. 106/2001, zu Grunde gelegt. Er hat nunmehr einerseits die Mindeststrafe für Lenker bei Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zur Gänze entfallen lassen und statt dessen eine Höchststrafe von 10.000 S festgelegt.

Im gegenständlichen Fall allerdings war die Bestimmung des § 23 Abs.2 idF BGBl. I Nr. 106/2001 nicht anwendbar, weil das erstbehördliche Straferkenntnis noch vor dem Inkrafttreten dieser Novelle (Inkrafttreten mit 11.8.2001) erlassen wurde, sodass das in § 1 Abs.2 VStG normierte Günstigkeitsprinzip nicht wirksam wurde. Die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung unterliegt daher noch einem Strafrahmen mit einer Obergrenze von 100.000 S, allerdings gibt es keine Mindeststrafe mehr.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat Unbescholtenheit als strafmildernd und keine straferschwerenden Gründe berücksichtigt. Zu den persönlichen Verhältnissen hat sie kein Vermögen und keine Sorgepflichten sowie ein monatliches Nettoeinkommen von 20.000 S zu Grunde gelegt. Diesen Strafbemessungsgründen wurde in der Berufung nicht entgegengetreten und sind sie auch nunmehr zu Grunde zu legen. Weitere Umstände für die Strafbemessung wurden nicht vorgebracht und traten nicht hervor. Weil aber die Mindeststrafe nicht mehr anzuwenden war, konnte mit einer erheblichen Reduktion der Strafe vorgegangen werden. Im Hinblick auf die erstmalige Tatbegehung durch den Bw konnte die Strafe im untersten Bereich des Strafrahmens verhängt werden. Eine weitere Herabsetzung war nicht gerechtfertigt, weil der Bw durch die verhängte Strafe zu einem gesetzeskonformen Verhalten gelenkt werden soll und von einer weiteren Tatbegehung abgehalten werden soll. Auch hat die belangte Behörde zu Recht ausgeführt, dass Geringfügigkeit des Verschuldens nicht vorliegt, zumal das tatbildmäßige Verhalten des Bw genau jenen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat der in der Strafdrohung typisiert ist, erfüllt. Es mangelt daher an einer wesentlichen Voraussetzung gemäß § 21 VStG.

Gemäß § 16 VStG war auch die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen.

6. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, war kein Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 65 VStG vorzuschreiben. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der nunmehr verhängten Strafe gemäß § 64 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

keine bilaterale Fahrt, keine richtige Einstellung, Sorgfaltsverletzung

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