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VwSen-110280/3/Kl/Rd

Linz, 17.04.2002

VwSen-110280/3/Kl/Rd Linz, am 17. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des S, gegen das Straferkenntnis (Spruchpunkt I) der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 7.5.2001, VerkGe96-23-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches vollinhaltlich bestätigt.

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 60 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden, herabgesetzt wird.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der verhängten Strafe, ds 6 Euro; zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 7.5.2001, VerkGe96-23-2001, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs.1 Z8 GütbefG idF BGBl. I Nr. 17/1998 sowie Art.3 und Art.5 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verhängt, weil er am 6.4.2001 als Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit dem amtl. Kennzeichen (D), zugelassen für die B, mit dem Sattelanhänger, Kennzeichen (A), zugelassen für die B, eine Leerfahrt im gewerblichen Güterverkehr von St. Pölten nach Geinberg durchgeführt hat, nachdem am 4.4. und 5.4. sechs Transporte von Rolltreppen von Wien in den Hafen Krems durchgeführt wurden und zeigte für diesen gewerblichen Gütertransport bei der Kontrolle um 11.00 Uhr bei der Autobahnausfahrt Ort i.I. der Innkreisautobahn A8, den kontrollierenden Organen der Zollwachabteilung Ried/MÜG über deren Verlangen keine zeitlich gültige beglaubigte Abschrift der EU-Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 vor, obwohl der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz unterliegt, von welcher eine beglaubigte Abschrift im Fahrzeug mitgeführt und den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorgezeigt werden muss.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und diese damit begründet, dass es sich bei der gegenständlichen Fahrt um eine Überstellungsfahrt gehandelt habe und um keinen gewerblichen Transport. Das Fahrzeug habe keine Ladung enthalten. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Stellungnahme hingewiesen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung kann unterbleiben, weil in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

Der Sachverhalt wurde weder im Verfahren erster noch im Verfahren zweiter Instanz bestritten und ist nach der Aktenlage geklärt. Nach den im Akt befindlichen Frachtpapieren und Schaublättern hat der Bw als Lenker bereits am 4. und 5.4.2001 Fahrten mit dem näher bezeichneten Sattelzug zwischen Wien und Hafen Krems vorgenommen. Am 6.4.2001 fuhr er ohne Beladung von St. Pölten Richtung Geinberg und wurde dann bei der Autobahnausfahrt Ort/Innkreis angehalten und kontrolliert, wobei er auf Verlangen keine gültige beglaubigte Abschrift der EU-Gemeinschaftslizenz mitgeführt und vorgezeigt hat.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl.Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Strafe verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß § 23 Abs.2 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Z7 bis 9 die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen.

Gemäß Art.1 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedsstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten (im Folgenden kurz Verordnung genannt) gilt diese Verordnung für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken.

Gemäß Art.2 der Verordnung gelten als "grenzüberschreitenden Verkehr"

- Fahrten eines Fahrzeugs mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt der Bestimmungsort in zwei verschiedenen Mitgliedsstaaten befinden

- Fahrten eines Fahrzeugs mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt in einem Mitgliedsstaat und der Bestimmungsort in einem Drittland oder umgekehrt befindet,

- Fahrten eines Fahrzeugs zwischen Drittländern mit Durchfahrt durch das Gebiet eines oder mehrerer Mitgliedsstaaten,

- Leerfahrten in Verbindung mit diesen Beförderungen.

Gemäß Art.3 Abs.1 der Verordnung unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz.

Gemäß Art. 5 Abs.4 der Verordnung wird die Gemeinschaftslizenz auf den Namen des Transportunternehmers ausgestellt. Sie darf von diesem nicht an Dritte übertragen werden. Eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz muss im Fahrzeug mitgeführt werden und ist den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

4.2. Das gelenkte Sattelzugfahrzeug war zugelassen auf die B GmbH in P und kombiniert mit dem Sattelanhänger, zugelassen auf die B GmbH in G.

Als Fahrzeug iSd Verordnung (EWG) gelten ein in einem Mitgliedsstaat amtlich zugelassenes Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination, bei der zumindest das Kraftfahrzeug in einem Mitgliedsstaat amtlich zugelassen ist, sofern sie ausschließlich für die Güterbeförderung bestimmt sind. Es ist daher der Begriff eines Fahrzeuges iSd Art.2 der Verordnung erfüllt. Auch ist der Begriff des grenzüberschreitenden Verkehrs iSd Art.2 der Verordnung erfüllt, zumal der Ausgangspunkt in einem Mitgliedsstaat vorliegt und der Bestimmungsort zunächst ebenfalls in einem Mitgliedsstaat bzw dann in einem Drittland, nämlich Rumänien. Ausdrücklich bestimmt der Art. 2 der Verordnung in seinem letzten Satz, dass unter grenzüberschreitendem Verkehr auch Leerfahrten in Verbindung mit den bereits genannten Beförderungen zu verstehen sind. Es hat daher der Bw einen grenzüberschreitenden Verkehr durchgeführt. Das Vorbringen des Bw, dass es sich um eine Leerfahrt und um keinen gewerblichen Transport gehandelt habe und er daher keine EU-Lizenz brauche, stimmt daher mit der Bestimmung des Art.2 iVm Art.3 der Verordnung nicht überein, zumal jeder grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz unterliegt. Es trifft daher den Lenker die Pflicht nach Art.5 Abs.4 der Verordnung, nämlich eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug mitzuführen und den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen. Eine beglaubigte Abschrift wurde aber vom Bw unbestrittenermaßen nicht mitgeführt und konnte daher auch den Kontrollorganen auf Verlangen nicht vorgezeigt werden. Es hat daher der Bw den objektiven Tatbestand erfüllt.

Auch das Argument des Bw, dass es sich um eine Überstellungsfahrt nach Rumänien gehandelt habe und er deshalb keine Gemeinschaftslizenz benötige, kann der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Gemäß Anhang II zu der Verordnung sind nämlich Überstellungsfahrten nicht in den dort genannten Ausnahmen genannt und daher nicht von einer Gemeinschaftslizenz befreit. Es sind daher auch nicht die Leerfahrten nur im Zusammenhang mit solchen Beförderungen von der Gemeinschaftslizenz befreit. Es hat daher der Bw die ihm vorgeworfene Tat zu verantworten. Auch trifft ihn Fahrlässigkeit als Verschulden. Wie die Behörde richtig ausgeführt hat, hat der Bw als Berufskraftfahrer die für die Berufsausübung geltenden Vorschriften zu kennen bzw sich Kenntnis zu verschaffen. Insbesondere hat er Kenntnis über die mitzuführenden Papiere zu haben und auch dafür Sorge zu tragen, dass diese tatsächlich mitgeführt werden. Indem er diese Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen hat, ist ihm Fahrlässigkeit anzulasten. Ein Entlastungsnachweis ist dem Bw nicht gelungen.

4.3. Im Hinblick auf die Strafbemessung wird darauf Bedacht genommen, dass der VfGH mit Erkenntnis vom 14.12.2001, G 181/01-9, ua ausgesprochen hat, dass die Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 verfassungswidrig war und die verfassungswidrige Bestimmung insofern nicht mehr anzuwenden ist, als sie sich auf die Ziffer 8 bezieht. In der Begründung führte der Gerichtshof aus, dass er eine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von 20.000 S für Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 nicht erkennen kann. Mit der hier gewählten Rechtsetzungstechnik wird weder auf das Gewicht und die Zielrichtung der im Einzelfall verletzten, im Gemeinschaftsrecht wurzelnden Vorschrift Bedacht genommen noch auf die konkreten Umstände, unter denen die Verwaltungsübertretung begangen wurde noch schließlich auf die persönlichen Verhältnisse desjenigen, der die Verwaltungsübertretung begangen hat.

Es hat schließlich der Gesetzgeber die genannten Überlegungen der Novelle zum GütbefG 1995, BGBl. I Nr. 106/2001, zu Grunde gelegt. Er hat nunmehr einerseits die Mindeststrafe für Lenker bei Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zur Gänze entfallen lassen und statt dessen eine Höchststrafe von 10.000 S festgelegt.

Im gegenständlichen Fall allerdings war die Bestimmung des § 23 Abs.2 idF BGBl. I Nr. 106/2001 nicht anwendbar, weil das erstbehördliche Straferkenntnis noch vor dem Inkrafttreten dieser Novelle (Inkrafttreten mit 11.8.2001) erlassen wurde, sodass das in § 1 Abs.2 VStG normierte Günstigkeitsprinzip nicht wirksam wurde. Die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung unterliegt daher noch einem Strafrahmen mit einer Obergrenze von 100.000 S, allerdings gibt es keine Mindeststrafe mehr.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis ein monatliches Nettoeinkommen von ca 10.000 S sowie Sorgepflichten für die Gattin und drei Kinder angeführt. Vorstrafen gehen aus dem Akt nicht hervor, sodass von Unbescholtenheit des Bw auszugehen ist. Es ist daher im Rahmen der Strafbemessung die Unbescholtenheit des Bw als strafmildernd zu werten. Es gab der Bw dem erkennenden Verwaltungssenat an, im Monat nur 100 DM plus 150 DM für eine Auslandsfahrt (pro Monat), also insgesamt 250 DM, entspricht ca. 125 Euro, zu verdienen. Diese doch sehr bescheidenen Einkommensverhältnisse des Bw sowie seine Sorgepflichten waren mildernd zu berücksichtigen. Es war daher die verhängte Geldstrafe auf das nunmehrige Ausmaß herabzusetzen. Die verhängte Geldstrafe ist aber erforderlich, um den Bw vor einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und auch generalpräventiv andere Lenker vor einer Tatbegehung abzuschrecken. Mit dem nunmehr festgesetzten Ausmaß kann aber das Auslangen gefunden werden.

Der Bw wird darauf hingewiesen, dass er bei der Bezirkshauptmannschaft Ried gemäß § 54b Abs.3 VStG einen Aufschub der Bezahlung der Geldstrafe oder die Bewilligung der Teilzahlung beantragen kann.

5. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG nicht vorzuschreiben. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich gemäß § 64 VStG auf 10 % der nunmehr verhängten Strafe.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Leerfahrt, Überstellungsfahrt, keine Ausnahme, Gemeinschaftslizenz

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