Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110295/11/Kl/Rd

Linz, 24.09.2002

VwSen-110295/11/Kl/Rd Linz, am 24. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.7.2001, VerkGe96-159-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 18.9.2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Hinsichtlich des Strafausmaßes wird der Berufung Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 72 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag, herabgesetzt.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 7,20 Euro; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.7.2001, VerkGe96-159-2001, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 iVm Art.1 Abs.1 lit.a und b und Art.5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idFd Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 verhängt, weil er am 5.4.2001 um 14.00 Uhr auf der Innkreisautobahn A8 bei Strkm 75,400, Gemeindegebiet Suben, als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, nämlich dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen (Zulassungsbesitzer: T), gewerbsmäßig einen Straßengütertransitverkehr durch Österreich (Ausgangspunkt: Türkei; Zielpunkt: Deutschland), für welchen Ökopunkte benötigt wurden durchgeführt hat, ohne

- ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt oder

- ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglichte und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird, mitgeführt hat (der im Lastkraftwagen eingebaute "Umweltdatenträger" ("ecotag") mit der Identifikationsnummer war defekt, sodass keine automatische Entwertung der Anzahl von Ökopunkten, die den auf dem Umweltdatenträger des Fahrzeugs gespeicherten Angaben über die NOx-Emissionen entspricht, ermöglicht wurde).

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und fehlerhafter Beweiswürdigung die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Es sei nicht erwiesen, dass der Beschuldigte trotz Kenntnis des Defektes des Gerätes unterwegs gewesen sei. Es wäre denkbar, dass zwischenzeitig anderswo die Ökopunkte abgerechnet wurden. Auch wenn die Signallampe entweder grün oder rot blinkte, könne immer noch ein Defekt des Gerätes eingetreten sein. Weiters wurde die Strafhöhe angefochten.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat wurde die Kündigung des Vollmachtsverhältnisses durch den Rechtsvertreter bekannt gegeben.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18.9.2002, zu welcher die Parteien nicht erschienen sind. Es wurde der Meldungsleger BI G von der Zollwacheabteilung Achleiten/MÜG als Zeuge geladen und einvernommen. Dieser gab unter Wahrheitspflicht und in glaubwürdiger Weise an, dass das ecotag-Gerät des gegenständlichen Kraftfahrzeuges nicht funktionsfähig gewesen sei. So konnte mit der Messantenne kein Kontakt zum Gerät hergestellt werden und leuchteten weder das rote noch das grüne Signallicht auf. Die darin befindliche Batterie war entweder schon leer oder es war keine Batterie vorhanden. Eine Angabe des Lenkers, dass das ecotag-Gerät bei Einreise nach Österreich noch funktionstüchtig gewesen sei, gab es nicht. Vielmehr gab er an, dass er nicht gewusst hätte, dass das Gerät defekt sei.

Diese Angaben entsprechen den Lebenserfahrungen und können daher auch diesem Strafverfahren zu Grunde gelegt werden. Weiters hat bereits die belangte Behörde im Verfahren erster Instanz und auch in der Begründung des Straferkenntnisses erhoben und ausgeführt, dass kein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular und keine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt wurden. Es wurde ein ecotag-Gerät mitgeführt und dieses Gerät war nicht funktionsfähig, sodass eine automatische Entwertung der Ökopunkte nicht ermöglicht wurde. Auch ist aus dem Auszug aus dem Ökopunkte-Zentralrechner eine Kontaktnahme zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich nicht ersichtlich. Vielmehr war als letzte Kontaktnahme eine Ausreise in Nickelsdorf am 25.9.2000 elektronisch erfasst.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG, BGBl.Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß § 23 Abs.2 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z7 bis 9 die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen.

Die belangte Behörde hat in rechtsrichtiger Weise die maßgeblichen europäischen Vorschriften angeführt und in rechtsrichtiger Weise dargelegt, dass der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt ist. Sie hat frei von Rechtsirrtum dargelegt, dass für den Fall einer ökopunktebefreiten Fahrt bzw einer bilateralen Fahrt das ecotag-Gerät so eingestellt werden muss, dass ersichtlich wird, dass keine Transitfahrt durchgeführt wird. Vom Bw wurde nicht behauptet, dass er eine dementsprechende Einstellung vorgenommen hat. Auch wurde vom Bw nicht behauptet und dargelegt, dass das Gerät schon bei Einreise in das Bundesgebiet Österreich funktionsunfähig war. Vielmehr gab er an, dass er nicht wisse, dass das Gerät defekt sei.

Nach der Judikatur des VwGH (vgl. VwGH vom 14.11.2001, Zl. 2001/03/226-4) treffen die Verpflichtungen nach Art.1 Abs.1 leg.cit. den Beschwerdeführer als den eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführenden Lenker. Es wäre daher Sache des Bw gewesen, sich vor Antritt der Transitfahrt zu vergewissern, ob das ecotag wie nach Anhang F und G der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idFd Verordnung (EG) Nr. 1524/96 vorgesehen mit dem Kraftfahrzeug untrennbar verbunden montiert war. Weiters hat er sich vor Antritt der Fahrt von der ordnungsgemäßen Montage zu vergewissern.

Ähnliches gilt auch für die Funktionsfähigkeit des Gerätes. Diese kann durch Drücken des vorgesehenen Knopfes und Aufleuchten entweder der roten oder grünen Lampe kontrolliert werden. Der Bw als Lenker des Lkw hat aber keine Ausführungen dahingehend gemacht, dass er vor Fahrtantritt bzw vor Einfahrt in das Bundesgebiet Österreich das Gerät ordnungsgemäß betätigt hätte bzw dessen Funktionsfähigkeit durch das Aufleuchten der Leuchten kontrolliert hätte. Auch gab er nicht an, dass er während der Fahrt durch das Bundesgebiet Österreich die Funktionsfähigkeit überwacht hätte und das Aufleuchten der Leuchten kontrolliert hätte. Er hat daher die ihm zukommende Sorgfaltspflicht verletzt. Es ist ihm daher auch keine Entlastung iSd § 5 Abs.1 VStG gelungen. Er konnte nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es war daher der Tatvorwurf hinsichtlich der Schuld vollinhaltlich zu bestätigen.

5.2. Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen: Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 14.12.2001, G 181/01-9 ua, ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 17/1998 verfassungswidrig war und die verfassungswidrige Bestimmung insofern nicht mehr anzuwenden ist, als sie sich auf die Ziffer 8 bezieht. In der Begründung führte der Gerichtshof aus, dass er eine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung einer Mindeststrafe in der Höhe von 20.000 S für Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 nicht erkennen kann. Mit der hier gewählten Rechtsetzungstechnik wird weder auf das Gewicht und die Zielrichtung der im Einzelfall verletzten, im Gemeinschaftsrecht wurzelnden Vorschrift Bedacht genommen noch auf die konkreten Umstände, unter denen die Verwaltungsübertretung begangen wurde noch schließlich auf die persönlichen Verhältnisse desjenigen, der die Verwaltungsübertretung begangen hat.

Es hat schließlich der Gesetzgeber die genannten Überlegungen der Novelle zum GütbefG 1995, BGBl. I Nr. 106/2001, zu Grunde gelegt. Er hat nunmehr einerseits die Mindeststrafe für Lenker bei Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zur Gänze entfallen lassen und statt dessen eine Höchststrafe von 10.000 S festgelegt.

Im gegenständlichen Fall allerdings war die Bestimmung des § 23 Abs.2 idF BGBl. I Nr. 106/2001 nicht anwendbar, weil das erstbehördliche Straferkenntnis noch vor dem Inkrafttreten dieser Novelle (Inkrafttreten mit 11.8.2001) erlassen wurde, sodass das in § 1 Abs.2 VStG normierte Günstigkeitsprinzip nicht wirksam wurde. Die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung unterliegt daher noch einem Strafrahmen mit einer Obergrenze von 100.000 S, allerdings gibt es keine Mindeststrafe mehr.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat zur Strafbemessung dargelegt, dass durch die Entrichtung der Transitgebühr in Form von Ökopunkten insbesondere die Folgekosten des Transits (vor allem Instandhaltung und Erneuerung der befahrenen Autobahnen) gemäß der in Österreich im Transit zurückgelegten Strecken abgegolten werden sollen, weshalb schon allein dadurch nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat. Sie hat die Unbescholtenheit des Bw als strafmildernd gewertet und keine straferschwerenden Gründe berücksichtigt. Es wurde kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe iSd § 20 VStG festgestellt. Die persönlichen Verhältnisse des Bw wurden mit einem Einkommen von monatlich netto 20.000 S, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten geschätzt. Diesen Umständen hat der Bw nichts entgegengehalten und auch nichts Neues vorgebracht. Es konnten daher die Strafbemessungsaspekte bestätigt werden. Weil aber die Mindeststrafe nicht mehr anzuwenden war, konnte mit einer erheblichen Reduktion der Strafe vorgegangen werden. Weil es sich um eine erstmalige Tatbegehung handelte, konnte die Strafe im untersten Bereich des Strafrahmens angesetzt werden. Eine weitere Herabsetzung war aber nicht gerechtfertigt, weil der Bw durch die verhängte Strafe zu einem gesetzeskonformen Verhalten gelenkt werden soll und von einer weiteren Tatbegehung abgehalten werden soll. Auch hat die belangte Behörde zu Recht ausgeführt, dass Geringfügigkeit des Verschuldens nicht vorliegt, zumal das tatbildmäßige Verhalten des Bw genau jenen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat, der in der Strafdrohung typisiert ist, erfüllt. Es mangelt daher auch an einer wesentlichen Voraussetzung gemäß § 21 VStG.

Gemäß § 16 VStG war auch die Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen.

6. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, war kein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG vorzuschreiben. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der nunmehr verhängten Strafe gemäß § 64 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

ecotag-Gerät außer Betrieb, Sorgfaltspflicht des Lenkers, Verschulden, keine Entlastung

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