Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110345/5/Li/Bek

Linz, 18.03.2003

 

 

 VwSen-110345/5/Li/Bek Linz, am 18. März 2003

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch über die Berufung des Herrn H. P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19. März 2002, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 
Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 Z3, 51 und 51e Abs. 2 Z1 VStG.

 

zu II.: § 66 Abs. 1 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

 

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 19. März 2002, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 363,36 Euro, eine Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit in der Dauer von 48 Stunden und ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 36,33 Euro wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs. 1 Z. 7 i.V.m. § 17 Abs. 3 Z. 10, Z. 11 und Z. 12 Güterbeförderungsgesetz 1995 i.d.g.F. verhängt und es wurde ihm folgende Tat vorgeworfen:

"Sie haben es als bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer (mit Wirkung 13.02.1999) der Firma H. P. GmbH (gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1994 und sohin zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 VStG 1999, jeweils idgF.) in Ausübung des Gewerbes "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 10 Lastkraftwagen des Straßenverkehrs im Güterfernverkehr" (Gewerbeschein ausgestellt vom Magistrat der Stadt Wels am 06.06.1988) am Standort Buchkirchen (begründet am 02.12.1999) zu verantworten, dass - festgestellt auf der A 14 in Hörbranz auf Höhe ABZ, in Fahrtrichtung Deutschland fahrend, Vorarlberg, anlässlich einer Verkehrskontrolle durch Beamte der Verkehrsabteilung Bregenz des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg am 18.01.2001 um 15.45 Uhr - der Kraftfahrer E.H., geb. 09.07.1975 in Setici (Bosnien), mit dem Sattelkraftfahrzeug, Sattelzugfahrzeug, Kombi, amtl. Kennzeichen, Sattelanhänger, Marke Schwarzmüller, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern ohne Frachtbrief durchführte, in dem die Angaben zum Frachtführer, zum Kennzeichen des verwendeten Fahrzeuges und zu dessen Nutzlast enthalten sind."

Gegen dieses, dem Bw am 22.3.2002 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung.

Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde in der Begründung aus, dass mittels Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.2.2002 dem Bw der Tatbestand der unerlaubten Güterbeförderung zur Kenntnis gebracht worden sei. Er habe daraufhin in seiner schriftlichen Rechtfertigung vom 25.2.2002 angegeben, dass sein Mitarbeiter, Herr E. H.,

  1. keinen CMR Frachtbrief ausgefüllt hätte, weil er vergessen hätte, ihn wegen der laufenden CMR Nummer anzurufen,
  2. beim mitgeführten Frachtbrief die laufende Nummer rechts oben vom Fahrer nicht eingetragen worden sei.

Die objektive Tatseite wäre durch das Fehlen des für die Güterbeförderung erforderlichen Frachtbriefes gegeben. Es hätten keine Erschwerungs- und Milderungsgründe festgestellt werden können. Es sei die gesetzliche Mindeststrafe verhängt worden, da die Tat sowohl in subjektiver als auch objektiver Hinsicht als verwirklicht vorlag.

Dagegen bringt der Bw in seiner Berufung vor, dass Herr H. sehr wohl einen Frachtbrief geschrieben habe. Warum die belangte Behörde in ihrer Strafbegründung angegeben habe, dass in seiner schriftlichen Rechtfertigung stehe, dass Herr H. keinen CMR Frachtbrief ausgefüllt hätte und dass eine Bestrafung erfolgt sei, obwohl der Fahrer nur auf eine fortlaufende Nummer vergessen habe, könne er nicht verstehen.

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs. 2 Z1 VStG).

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 
Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.
 

Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Eine Verfolgungshandlung muss, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt

  1. von einer Behörde ausgehen,
  2. gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet,
  3. innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten sein
  4. wegen eines bestimmten (strafbaren) Sachverhaltes erfolgen.

Dies erfordert unter anderem, dass sie sich auf alle, die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.(VwGH 19.9.1984, Slg. 11525 A, vgl. auch VwGH 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).

Es ist daher schon in der Aufforderung zur Rechtfertigung die Tat ausreichend zu konkretisieren.

Aus der im Akt erliegenden Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg, Verkehrsabteilung, vom 24.1.2002 wurde die Tat folgendermaßen dargestellt:

"Der Inhaber der Fa. H. P. oder der Geschäftsführer der Fa. H. P. ist für die nachfolgende(n) Übertretungen nach dem Güterbeförderungsgesetz verantwortlich:

Im Auftrag des Zulassungsbesitzers lenkte E. H. am 18.01.2002 um 15.45 Uhr das KFZ (Lkw, Sattelkfz, Zugm. Kombi) mit dem Kennzeichen d Zgfzg, Auflieger (Anhänger) Schwarzmüller, Kennzeichen, mit einer Nutzlast von 25 t auf der A 14 in Hörbranz auf Höhe ABZ, in Fahrtrichtung Deutschland, obwohl er

.....keinen Frachtbrief mitführte (§§ 17 Abs. 1 i.V.m. § 23 Abs. 1 Z. 7 u 23 Abs. 4 1. Satz GütbefG)...."

H. habe keinen Frachtbrief mitgeführt und das CMR an Ort und Stelle ausgefüllt. E. H. habe angegeben, dass er vergessen habe ein CMR zu schreiben.

Allein aufgrund dieser Anzeige forderte die belangte Behörde den Bw mit Schreiben vom 18.2.2002 zur Rechtfertigung auf. Diese Aufforderung zur Rechtfertigung hatte folgenden Inhalt:

"Sie haben es als bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer (mit Wirkung 13.02.1999) der Firma H. P. GmbH (gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1994 und sohin zur Vertretung nach außen berufenes Organ gem. § 9 VStG 1999, jeweils idgF.) in Ausübung des Gewerbes "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 10 Lastkraftwagen des Straßenverkehrs im Güterfernverkehr" (Gewerbeschein ausgestellt vom Magistrat der Stadt Wels am 06.06.1988) am Standort Buchkirchen, (begründet am 02.12.1999) zu verantworten, dass - festgestellt auf der A 14 in Hörbranz auf Höhe ABZ, in Fahrtrichtung Deutschland fahrend, Vorarlberg, anlässlich einer Verkehrskontrolle durch Beamte der Verkehrsabteilung Bregenz des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg am 18.01.2001 um 15.45 Uhr - der Kraftfahrer E. H., geb. 09.07.1975 in Setici (Bosnien), mit dem Sattelkraftfahrzeug, Sattelzugfahrzeug, Kombi, amtl. Kennzeichen, Sattelanhänger, Marke Schwarzmüller, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern ohne Frachtbrief durchführte, in dem die Angaben zum Frachtführer, zum Kennzeichen des verwendeten Fahrzeuges und zu dessen Nutzlast enthalten sind.

Verwaltungsübertretung(en) nach § 23 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 17 Abs. 3 Z. 10, Z. 11 u. Z. 12 Güterbeförderungsgesetz 1995 idgF."

Nach Akteneinsicht ist aufgrund der vorliegenden Aktenlage nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde, obwohl in der Anzeige von einem "Nichtmitführen des Frachtbriefes" die Rede und keine Kopie eines Frachtbriefes beigelegt war, dem Bw die Verwaltungsübertretung des § 17 Abs.3 Z. 10, Z.11 u Z. 12 zur Last gelegt hat, wonach der Frachtbrief unrichtig ausgefüllt gewesen sei.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde liegt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes u.a. in der gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 22.2.1985, VfSlg. 10338/1985, und vom 26.2.1987, VfSlg. 11213/1987).

Die belangte Behörde hat offensichtlich den angezeigten Sachverhalt außer Acht gelassen. Da das Nichtmitführen eines Frachtbriefes angezeigt worden ist, konnte die Behörde ohne Durchführung weiterer Ermittlungen dem Bw nicht vorwerfen, dass er die Beförderung ohne Frachtbrief, in dem bestimmte Angaben nicht enthalten waren, durchführte.

Aufgrund des Gesetzeswortlauts von § 17 Abs 1 GütbefG haben die Güterbeförderungsunternehmer bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen.

Gemäß § 17 Abs. 3 GütbefG hat der Frachtbrief folgende Angaben zu enthalten:

....

10. den Namen und die Anschrift des Frachtführers,

11. das behördliche Kennzeichen des Kraftfahrzeuges und der mitgeführten Anhänger,

12. die höchste zulässige Nutzlast des Kraftfahrzeuges und der mitgeführten Anhänger,

.....

Dem Bw wurde vorgeworfen, dass er den Frachtbrief nicht ordnungsgemäß ausgefüllt habe, obwohl in der Anzeige unmissverständlich zum Ausdruck kommt, dass er keinen Frachtbrief mitgeführt hat, den er folglich auch nicht falsch ausgefüllt haben konnte.

Aus der Anzeige geht hervor, dass der Lenker einen Frachtbrief an Ort und Stelle ausgefüllt hat. Da der Anzeige kein Frachtbrief beilgelegt war, geht jedoch nicht hervor, ob er richtig ausgefüllt wurde. Die Behörde konnte dies nicht wissen.

Die Behörde hat daher aufgrund mangelnder Ermittlungstätigkeit einen Sachverhalt angenommen, der durch den Akteninhalt nicht gedeckt war. Sie ist somit vom Akteninhalt abgegangen.

Es ändert auch nichts daran, dass der Bw im weiteren Verfahren auf die Vorwürfe inhaltlich eingeht und zugesteht, dass die fortlaufende Nummer vom Fahrer nicht eingetragen worden sei. Zum einen ist ihm dieser Sachverhalt nicht angelastet worden und zum anderen wird der Mangel der willkürlichen Aufforderung zur Rechtfertigung nicht geheilt.

Das Straferkenntnis leidet somit an einem Verfahrensmangel. Dem Bw ist nie vorgeworfen worden, er habe die Gebotsvorschrift, dass der Güterbeförderungsunternehmer gemäß § 17 Abs. 1 GütbefG bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen hat, verletzt bzw. er sei für eine solche Gebotsverletzung verantwortlich.

 

Da während der Verfolgungsverjährungsfrist diesbezüglich keine Verfolgungshandlung gesetzt wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten.

Weiters wurde dem Bw im Straferkenntnis vorgeworfen, er habe als bestellter gewerberechtlicher Geschäftsführer die gegenständliche Verwaltungsübertretung begangen.

Mit Erkenntnis vom 30.1.2002, Zl. 2001/03/0283, hat der VwGH ausgesprochen, dass eine Vorschrift, die eine Verantwortlichkeit eines nach § 39 GewO oder nach sonstigen Verwaltungsvorschriften bestellten Geschäftsführers für die Einhaltung der Vorschriften des GütbefG normierte, nicht besteht. Eine besondere Regelung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit durch eine Verwaltungsvorschrift iSd § 9 Abs. 1 zweiter Halbsatz VStG liegt somit nicht vor. Die Regelungen über die strafrechtliche Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39, 370 GewO) beziehen sich nur auf die Einhaltung von Verpflichtungen, die sich aus gewerberechtlichen Vorschriften für die Gewerbeausübung ergeben. Die Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers kommt somit nicht in Betracht; Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes hat nach dem gesagten - unbeschadet der Regelung des § 9 Abs. 2 VStG - der "handelsrechtliche" Geschäftsführer zu verantworten.

Im Grunde dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung war auch der Tatvorwurf hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Bw als gewerberechtlicher Geschäftsführer rechtswidrig und kann dem Bw eine Übertretung nach dem GütbefG als geweberechtlicher Geschäftsführer nicht angelastet werden.

Weiters wird darauf hingewiesen, dass der Tatzeitpunkt in der Aufforderung zur Rechtfertigung und im Straferkenntnis mit "18.1.2001" angegeben wurde. Richtigerweise wäre der "18.1.2002" anzugeben gewesen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 
 
 
 

Dr. Linkesch

 

 

 
 

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