Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110367/2/Le/Ni

Linz, 05.07.2002

VwSen-110367/2/Le/Ni Linz, am 5. Juli 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9.10.2001, Zl. VerkGe96-8, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten
beiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9.10.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (im Folgenden kurz: GBG) iVm Artikel 1 Abs.1 und Artikel 3 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2,8 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es zu vertreten, dass am 27.10.2000 durch den Arbeitnehmer S mit einem Sattelzugfahrzeug und einem Sattelanhänger auf Namen und Rechnung des Beschuldigten ein gewerblicher Gütertransport von Österreich nach Deutschland durchgeführt wurde, ohne im Besitz einer hiefür nötigen Gemeinschaftslizenz gewesen zu sein, obwohl gemäß Artikel 3 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 881/92 der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz unterliege.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 12.11.2001, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass das verwendete Fahrzeug ein Mietfahrzeug gewesen sei, da das eigene Fahrzeug dringend in die Werkstatt musste. Herr S hätte vergessen, seine Papiere, unter anderem auch die EG-Lizenz, aus seinem Stammfahrzeug mitzunehmen.

In der Beilage werde die EG-Lizenz übersandt.

Tatsächlich findet sich in der Beilage eine Kopie der Lizenz mit der Nummer D/SN für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr, ausgestellt auf K, gültig vom 31.1.2000 bis zum 30.1.2005.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen konnte.

3.2. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:

Herr S, Kraftfahrer für die Spedition K, wurde am 27.10.2000 im Gemeindegebiet von P aus Richtung L kommend in Fahrtrichtung S von der Gendarmerie kontrolliert, wobei er keine Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr vorweisen konnte und auch keinen Frachtbrief mitführte.

In der daraufhin erfolgten Anzeige vom 30.10.2000 stellte die Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für den Sachverhalt dar. Unter der Überschrift "Beweismittel" ist Folgendes vermerkt:

"Als durchführende Spedition scheint die Firma K auf."

Tatsächlich ist den Beilagen zu dieser Anzeige ein Hinweis auf eine Firma "K" nicht zu entnehmen. Dagegen findet sich auf der Urlaubsbestätigung für den 25.10.2000 ein Firmenstempel, wonach diese Bestätigung von der "Spedition K" ausgestellt wurde.

Die Anfrage der Erstbehörde an das Bundesamt für Güterverkehr in K bezog sich ebenfalls auf den "Transportunternehmer K" und wurde von diesem Amt am 14.12.2000 festgestellt, dass auf "K" keine Gemeinschaftslizenz ausgestellt ist.

Mit seiner Berufung hat der nunmehrige Berufungswerber eine Gemeinschaftslizenz, ausgestellt auf "K", vorgelegt.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Gemäß § 23 Abs.1 Z8 GBG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I Nr. 17/1998 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer

8. unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist; ...

Nach Abs. 2 leg.cit. hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z7 bis 9 die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen.

Die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 sieht in Artikel 1 Abs.1 vor, dass diese Verordnung für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken gilt.

Gemäß Artikel 3 Abs.1 leg.cit unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz.

Nach Artikel 3 Abs.2 leg.cit wird die Gemeinschaftslizenz von einem Mitgliedstaat gemäß den Artikeln 5 und 7 jedem gewerblichen Güterkraftverkehrsunternehmer erteilt, der

Die Tat wurde dem nunmehrigen Berufungswerber von der Formulierung im Spruch her als Einzelunternehmer angelastet.

Darauf aber, dass der Berufungswerber Einzelunternehmer ist und in dieser Eigenschaft für den gegenständlichen gewerblichen Gütertransport verantwortlich war, gibt es keinerlei Hinweise. Aus der der Anzeige angehefteten Urlaubsbestätigung geht vielmehr hervor, dass der Transport von der Spedition K, somit einer juristischen Person, durchgeführt wurde. Ob diese juristische Person im Besitz einer Gemeinschaftslizenz ist, wurde von der Erstbehörde nicht festgestellt. Ihre Anfrage bezog sich auf Herrn K persönlich, weshalb die Antwort des Bundesamtes für Güterverkehr daher auch für den tatsächlichen Transporteur, nämlich die Transportgesellschaft mbH, keine Aussage traf.

Es fehlt also ein wesentliches Element des Tatvorwurfs, nämlich, ob die den Transport durchführende GesmbH im Besitz einer EU-Lizenz war oder nicht.

4.3. Das Straferkenntnis ist aber auch aus einem weiteren (formalen) Grund mangelhaft:

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat; ...

Nach Lehre und Judikatur zu dieser Vorschrift kommt dem Spruch des Straferkenntnisses im Hinblick auf die im § 44a VStG festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtssprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw. Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 969).

Nach dem Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 16.1.1987, 86/18/0073, und weiteren Erkenntnissen steht fest, dass in der Tatumschreibung gemäß 44a lit.a (nunmehr § 44a Z1) VStG zum Ausdruck kommen muss, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche begangen hat.

Es besteht iSd § 44a Z1 VStG die Notwendigkeit, die Merkmale, denen zu Folge der Beschuldigte die Eigenschaft "als Verantwortlicher" hat, im Spruch des Straferkenntnisses anzuführen (siehe VwGH 16.3.1987, 87/10/0024).

Die spruchmäßige Kennzeichnung des Beschuldigten mit den Worten "als Verantwortlicher einer GmbH und Co KG" ohne Anführung der Merkmale, denen zu Folge der Beschuldigte die Eigenschaft als "Verantwortlicher" habe, trägt dem Konkretisierungsgebot des § 64a lit.a VStG nicht Rechnung (VwGH 19.9.1983 Slg 11.143A).

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten nur vorgeworfen, er habe zu vertreten dass auf seinen Namen und Rechnung ein gewerblicher Gütertransport durchgeführt wurde, ohne dass die näheren Umstände seiner Verantwortlichkeit für diesen Gütertransport zum Ausdruck gebracht wurden. Die Aussage "auf Ihren Namen und Rechnung" ist überdies aus dem Ermittlungsergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens nicht ableitbar.

Dieser Tatvorwurf entspricht somit nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG. Eine Sanierung dieses Verfahrensmangels durch die Berufungsbehörde ist u.a. wegen mittlerweile eingetretener Verfolgungsverjährung nicht möglich.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden konnte und die Umstände, die seine Strafbarkeit begründen sollen, nicht mit der erforderlichen Sicherheit geklärt wurden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung (zumindest teilweise) Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Spruchkonkretisierung

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