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VwSen-110399/2/Kl/Rd/Be

Linz, 24.01.2003

 

 

 VwSen-110399/2/Kl/Rd/Be Linz, am 24. Jänner 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9. Oktober 2002, VerkGe96-171-2002, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und Z2 sowie 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9.10.2002, VerkGe96-171-2002, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 363 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 17 Abs.1 iVm § 23 Abs.1 Z7 des GütbefG 1995 verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma "L", 4252, zu vertreten hat, dass, wie anlässlich einer Verkehrskontrolle durch Organe des Landesgendarmeriekommandos für Oö, VAASt Neumarkt/Mkr, am 9.7.2002 um 11.47 Uhr auf der Mühlkreisautobahn (A7, Parkplatz Treffling, Strkm. 20,500, Fahrtrichtung Linz) festgestellt wurde, der Lenker (S, geb. 18.12.1970, wh. 4271 St. Oswald b. Fr., Brunngasse 15) des Kraftwagenzuges, mit den amtlichen Kennzeichen FR-64 BT (Lastkraftwagen) und FR-637 AN (Anhänger), den Kontrollorganen keinen Frachtbrief vorweisen konnte, obwohl es sich um eine Fahrt im gewerbsmäßigen Güterverkehr (über 3,5 t Gesamtgewicht; Ladegut: Milch) handelte und die Fahrtstrecke mehr als 50 Kilometer betrug (Sammelbereich: Schenkenfelden; Entladeort: Rottalmünster Deutschland).

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend führt der Bw aus, dass die Milch von einzelnen bäuerlichen Betrieben abgeholt und in Linz bei der B Milch reg. GenmbH zwischengelagert werde. Anschließend werde die Milch weiter von Linz nach Rottalmünster in Deutschland verbracht. Die Anhaltung erfolgte bereits bei der Abholung von den einzelnen bäuerlichen Betrieben im Bereich von Schenkenfelden und nicht wie im Straferkenntnis angeführt, auf der Fahrt von Linz nach Rottalmünster. Für die verfahrensgegenständliche Fahrt sei somit kein Frachtbrief erforderlich gewesen. Weiters bringt der Bw vor, dass es ihm sowohl faktisch als auch theoretisch unmöglich sei, für Milchbeförderungen Frachtbriefe auszustellen, da bei jedem Betrieb unterschiedliche Mengen an Milch geladen werden. Gleichzeitig regt der Bw an, wegen Gleichheitswidrigkeit § 17 des Güterbeförderungsgesetzes bezüglich Milchsammeltransporte beim VfGH anzufechten. Im Übrigen stellt der Bw die Anträge, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 17 Abs.1 Güterbeförderungsgesetz 1995 - GütbefG haben die Güterbeförderungsunternehmer bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen.

 

Nach dem eindeutigen Wortlaut der oa Gesetzesstelle hat der Güterbeförderungsunternehmer einen Frachtbrief mitzuführen.

 

Dem Bw wurde im verfahrensgegenständlichen Straferkenntnis vorgeworfen, er habe als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma "L GesmbH" zu vertreten, dass, wie anlässlich einer Verkehrskontrolle am 9.7.2002 um 11.47 Uhr auf der Mühlkreisautobahn A7 festgestellt worden sei, der Lenker des Kraftwagenzuges mit den amtlichen Kennzeichen (Lastkraftwagen) und (Anhänger), den Kontrollorganen keinen Frachtbrief vorweisen konnte, obwohl es sich um eine Fahrt im gewerbsmäßigen Güterverkehr handelte und die Fahrtstrecke mehr als 50 km betrug (Sammelbereich: Schenkenfelden, Entladeort: Rottalmünster, Deutschland).

 

Somit wurde dem Bw die Verwaltungsübertretung als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen gewerberechtlichen Geschäftsführer vorgehalten.

Mit Erkenntnis vom 30.1.2002, Zl. 2001/03/0283, hat der VwGH ausgesprochen, dass eine Vorschrift, die eine Verantwortlichkeit eines nach § 39 GewO oder nach sonstigen Verwaltungsvorschriften bestellten Geschäftsführers für die Einhaltung der Vorschriften des GütbefG normierte, nicht besteht. Eine besondere Regelung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit durch eine Verwaltungsvorschrift iSd § 9 Abs.1 zweiter Halbsatz VStG liegt somit nicht vor. Die Regelungen über die strafrechtliche Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39, 370 GewO) beziehen sich nur auf die Einhaltung von Verpflichtungen, die sich aus gewerberechtlichen Vorschriften für die Gewerbeausübung ergeben. Die Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers kommt somit nicht in Betracht; Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes hat nach dem Gesagten - unbeschadet der Regelung des § 9 Abs.2 VStG - der "handelsrechtliche" Geschäftsführer zu verantworten.

 

Im Grunde dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung war auch der Tatvorwurf hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Bw als gewerberechtlicher Geschäftsführer rechtswidrig und kann dem Bw eine Übertretung nach dem GütbefG als gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht angelastet werden.

 

Weiters wurde ihm zur Last gelegt, der Lenker hätte den Frachtbrief nicht vorweisen können.

§ 17 Abs.1 GütbefG verlangt jedoch, dass der Güterbeförderungsunternehmer den Frachtbrief mitzuführen und nicht, dass er diesen - wie von der belangten Behörde vorgeworfen - vorzuweisen hat.

Dass es sich bei den Begriffen des "Mitführens" und des "Vorweisens", zumal der § 17 Abs.1 GütbefG den Begriff "Vorweisen" nicht kennt, um zwei wesentliche Unterscheidungen handelt, ist nicht von der Hand zu weisen. Bestünde doch die Möglichkeit, dass der Frachtbrief zwar im Kraftfahrzeug mitgeführt wird, jedoch vom Lenker nicht ausgehändigt wird (zB weil er nicht gefunden wird). Im Übrigen kann das "Aushändigen" als physische Handlung nur in den Pflichtenumfang des Lenkers fallen und nicht in jenen des Güterbeförderungsunternehmers.

 

Aus diesen Gründen bildet die dem Bw vorgeworfene Tat ("... nicht vorweisen konnte") keine Verwaltungsübertretung, weshalb der Einstellungsgrund gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG vorliegt.

Eine Tathandlung des "Nichtmitführens" wurde dem Bw zu keiner Zeit im Verwaltungsstrafverfahren vorgeworfen.

 

4.2. Anzuführen wäre noch weiters, dass im angefochtenen Straferkenntnis zwar die erste Alternative des § 17 Abs.1 GütbefG - nämlich Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung ... - angelastet wurde, jedoch im letzten Satz des Spruches des Straferkenntnisses im Klammerausdruck neben dem Sammelbereich Schenkenfelden auch der Entladeort Rottalmünster, Deutschland, angeführt ist. Aus der Anzeige des LGK für , VAASt Neumarkt/Mkr., vom 22.7.2002 ist jedoch zu entnehmen, dass eine gewerbsmäßige Güterbeförderung nach Rottalmünster vorgenommen wurde und somit die zweite Alternative zur Anwendung hätte kommen müssen.

 

Auf die weiteren Berufungsausführungen war daher nicht mehr einzugehen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 
 

Dr. Klempt
 

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Frachtbrief mitführen, Unternehmerpflichtig, keine Aushändigung verlangt

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