Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-110418/3/Li/Ta

Linz, 14.02.2003

 

 

 VwSen-110418/3/Li/Ta Linz, am 14. Februar 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung der Fa. H. & H., bzw. durch Frau H., W., und Herrn H., wh. W., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. N., G., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27.6.2002,
Zl. VerkGe96-28-2002, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 zu Recht erkannt:
 
 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.
 
 
Rechtsgrundlage:
 

§ 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24 und 51, 51c, 51e Abs2 Z1 VStG.
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat folgendes Straferkenntnis erlassen:

 

"Zustellung zu eigenen Handen; Firma H. & H. vertreten durch Frau H., Herrn H., W.; Straferkenntnis:

Sie haben es als Gewerbeinhaber und sohin Güterbeförderungsunternehmer der Firma H. & H. am Standort W., in Ausübung des Güterbeförderungsgewerbes zu verantworten, dass - festgestellt von einem Organ der Zollwachabteilung Linz/MÜG anlässlich einer Zollkontrolle am 11.2.2002 um 11.50 Uhr auf dem Parkplatz P 6, Sinndersdorf von Suben kommend in Richtung Nettingsdorf fahrend der Autobahn A 25, bei Strkm 6,3, Gemeindegebiet Weißkirchen, Bezirk Wels-Land, , - der Kraftfahrer K., R., mit dem Sattelkraftfahrzeug, Sattelzugfahrzeug, Marke MAN, amtl. Kennzeichen R (D), Sattelanhänger, Marke Knapen (NL), amtl. Kennzeichen R (D), eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern im gewerbsmäßigen Güterverkehr (Ladeort: R. (D), Entladeort: N.) durchführte, wobei die erforderliche Gemeinschaftslizenz nicht mitgeführt wurde und den Kontrollberechtigten auf Verlangen nicht vorgezeigt werden konnte, obwohl der grenzüberschreitende Verkehr sowie die Leerfahrten in Verbindung mit diesen Beförderungen einer Gemeinschaftslizenz unterliegen. Gem. der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 ist die Transportlizenz in beglaubigter Abschrift mitzuführen. Es konnte lediglich die bis zum 29.12.2001 gültige EU-Lizenz Nr. BYA 0054 R2 vorgewiesen werden. "

Aufgrund dieser Übertretung wurde eine Geldstrafe von 1.453 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen, verhängt.

 

Mit Schreiben vom 12. August 2002 wurde die Regierung der Oberpfalz ersucht, "das beiliegende Schriftstück an folgende Person zuzustellen: H. & H., W.; Straferkenntnis vom 12. Aug. 2002 zu VerkGe96-36-2002-GRM". Die Zustellung sollte durch die Post mit Zustellungsurkunde eigenhändig erfolgen. Aus der Zustellungsurkunde geht hervor, dass am 16.10.2002 dem Adressaten, das war die "Firma H. & H." persönlich zugestellt wurde. Mit FAX vom selben Tag wurde gegen Aktenzeichen VerkGe96-28-2002-GRM durch "H. & H." Einspruch eingelegt.

Schließlich wurde am 30.10.2002 und somit rechtzeitig vom Rechtsvertreter von "H. & H., vertr. durch H. und H., W., BRD" Berufung gegen das Straferkenntnis VerkGe96-28-2002 vom 27.6.2002 erhoben, wobei in dieser Berufung auch die Aktenzahl VerkGe96-36-2002 alternativ angeführt ist.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt den ergänzenden Berufungsausführungen vom 12.12.2002 und dem Verfahrensakt mit Schreiben vom 18. Dezember 2002 dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hat, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Die mündliche Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs2 Z1 VStG).

 

Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass die Berufung zurückzuweisen ist und folgendes erwogen:

 

Vorerst ist festzuhalten, dass nach Auskunft der belangten Behörde die Aktenzahl VerkGe96-28-2002 des Straferkenntnisses auf einen Schreibfehler zurückzuführen ist. Ein Verwaltungsstrafakt betreffend (die Firma) "H. & H." existiert bei der belangten Behörde nach dieser Auskunft ausschließlich unter der Aktenzahl VerkGe96-36-2002. Demnach hat die Berufung den angefochtenen Bescheid aus ihrer Sicht auch richtig bezeichnet.

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm § 24 VStG hat die Berufungsbehörde in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist. Ein Grund für die Unzulässigkeit liegt ua. vor, wenn die angefochtene Erledigung keinen (rechtswirksam erlassenen) Bescheid darstellt (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 536).

 

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27.6.2002 als Bescheidadressat die Firma H. & H., vertreten durch Frau H. und Herrn H., W., angeführt wird. Auch aus dem Spruch dieses Erkenntnisses geht nicht hervor, wem (welcher physischen Person) die Tat angelastet wird ("Sie haben es als Gewerbeinhaber ... zu verantworten").

Im Zustellersuchen wurde als Empfänger die Firma H. & H. genannt.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. Erk v. 6.4.1994, 91/13/0234; v. 19.5.1994, 92/07/0040) ist die mit der "Personsumschreibung" getroffene Wahl des Normadressaten wesentlicher Bestandteil jedes Bescheides. Die Benennung jener Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will, ist notwendiges Inhaltserfordernis des individuellen Verwaltungsaktes und damit konstituierendes Bescheidmerkmal (Hinweis Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, zweite Auflage, 472; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, fünfte Auflage, Randzahl 411/1; Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, Entscheidung 31 f zu § 59 AVG).

 

Aus dem Bescheid muss also hervorgehen, an wen er sich richtet, da jede individuelle Norm an eine bestimmte Person gerichtet sein muss. Der Adressat kann sich aus der "Anschrift" des Bescheides, aus dem Spruch oder aus der Zustellverfügung ergeben. Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. Erk. v. 14.4.1993, 93/18/0050, v. 28.1.1994, 93/17/0082) können nur physische Personen nach den Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes zur Verantwortung gezogen werden. Die Benennung jener Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will, ist einer Umdeutung nur in Fällen zugänglich, in welchen der gesamte Bescheidinhalt die von der Behörde gewählte Personsumschreibung als ein - den wahren behördlichen Willen verfälschendes - Vergreifen im Ausdruck erkennen lässt (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. Mai 1992, 91/15/0085).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass einer "Firma" als dem Namen, unter dem ein Kaufmann seine Geschäfte betreibt, und mit dem er fertigt, Rechtspersönlichkeit nicht zukommt (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 440, angeführte Judikatur); ebenso wurde ausgesprochen, dass der an eine "Firma" gerichtete Bescheid keinen normativen Gehalt entfalten könne, weil er an eine "Nichtperson" ergehe (vgl. Walter - Mayer, a.a.O., RZ 443). Ob diese Judikatur auch in Fällen zutrifft, in denen einem in seiner Identität überhaupt nicht zweifelhaften Bescheidadressaten die Bezeichnung "Firma" vorangestellt wurde, braucht im vorliegenden Fall nicht untersucht werden, weil hier die Firmenbezeichnung gleich zwei physischen Personen vorangestellt wurde. Selbst unter Außerachtlassung der Firmenbezeichnung würde somit ein "Bescheid" vorliegen, der dem Gebot einer Entscheidung hinsichtlich einer bestimmten physischen Person schon deshalb nicht entspricht, weil er eben gleichzeitig zwei solche Personen erfasst. Auch in einer Zusammenschau von Bescheidadressierung, Spruch, Gründen und Zustellverfügung benennt die behördliche Erledigung das davon betroffene Rechtssubjekt nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, insbesondere ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dahingehend, dass zwei unverwechselbare physische Personen mit zwei selbständigen Straferkenntnissen, in denen bei jeweils gleichem Verschulden gleich hohe Strafen verhängt wurden, bedacht werden sollten.

 

Das offensichtlich gewordene Fehlen eines im Bescheid individuell bestimmten Adressaten als des Trägers der bescheidmäßig begründeten Rechte und Pflichten führt zur absoluten Nichtigkeit eines so erlassenen "Bescheides" (vgl. VwGH v. 10.3.1992, 92/07/0047). Die Erledigung der belangten Behörde geht somit ins Leere und konnte ihres fehlenden Bescheidcharakters wegen weder in die Rechtssphäre der nach der Bezeichnung in der Berufung als Berufungswerber anzusehenden Fa. H. & H. noch in jene der H. und/oder des H. eingreifen (vgl. VwGH 92/07/0040 v. 19.5.1994). Aus ihr geht kein objektiv erkennbarer Wille der Behörde hervor, gegenüber welcher individuell bestimmten natürlichen Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit getroffen werden soll.

 

Es liegt daher kein rechtswirksam erlassenes Straferkenntnis vor, sodass dagegen auch keine Berufung zulässig war.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Linkesch

 

Beschlagwortung: Nichtbescheid, Straferkenntnis an Firma, Bescheidadressat, Individualstrafrecht;

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum