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VwSen-110432/16/Kon/Rd/Ni

Linz, 17.02.2004

 

 

 VwSen-110432/16/Kon/Rd/Ni Linz, am 17. Februar 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Konrath über die Berufung der Frau C S, vertreten durch die Rechtsanwälte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 20. Jänner 2002, VerkGe96-7-2002, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.
 
Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 
 
 

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird die Berufungswerberin C S (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß Art.1 Abs.1 lit.a bis lit.d der Verordnung Nr. 3298/94 und 1524/96 der Europäischen Kommission vom 30.7.1996 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich, Abl. Nr. L 190 vom 31.7.1996, Seite 0013-0019, iVm §§ 9 und 23 Abs.1 Z9 iVm § 23 Abs.1 Einleitungssatz iVm Abs.4 letzter Satz Güterbeförderungsgesetz - GütbefG für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe in der Höhe von 1.453 Euro, unter Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, verhängt.

 

Ferner wurde die Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet, 145,30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der S Speditionsgesellschaft mbH, welche im Standort B-W, die Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 158 Lkw des Straßenverkehrs (Güterfernverkehr) ausübt, zu verantworten, dass der Lenker des Sattelzugfahrzeuges mit dem österreichischen Kennzeichen wurde am 24.8.2001 verloren und das Kennzeichen wurde zugewiesen; dies hätte im ecotag berichtigt werden müssen, daher das falsche Kennzeichen auf der Blacklist des elektronischen Ökopunktesystems) Herr K N am 13.11.2001 um 9.32 Uhr bei der Grenzeintrittsstelle Walserberg (Grenzaustrittsstelle Arnoldstein um 16.22 Uhr) eine Transitfahrt im grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterbeförderungsverkehr, für welche Ökopunkte benötigt werden, durchgeführt hat, ohne

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkte für die betreffende Fahrt oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" (ecotag) bezeichnet wird oder

c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden oder

d) geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist,

 

mitgeführt zu haben, obwohl laut Artikel 1 Abs.1 lit.a bis d der EU-Verordnung 3298/94 und 1524/96 der Fahrer eines Sattelzugfahrzeuges im Hoheitsgebiet Österreich diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen hat und derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt.

 

Jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten sind, hat dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat."

 

Hiezu führt die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass aus dem Ermittlungsverfahren ua zutage getreten sei, dass das Kennzeichen am 24.8.2001 von der Bw der Behörde als verloren gemeldet worden sei und durch das Kennzeichen ersetzt wurde. Es sei jedoch von der Bw unterlassen worden, das ecotag-Gerät auf das neue Kennzeichen initialisieren zu lassen. Es sei als erwiesen anzusehen, dass K N für die S Speditionsgesellschaft mbH am 13.11.2001 um 9.32 Uhr mit dem Sattelzugfahrzeug über die Grenzeintrittsstelle Walserberg eingefahren und um 16.22 Uhr über die Grenzaustrittsstelle Arnoldstein ausgefahren, somit eine Transitfahrt ohne die für diese Fahrt erforderlichen Ökopunkte abzubuchen, durchgeführt worden sei. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für das Abbuchen von Ökopunkten komme dem Güterbeförderungsunternehmer zu, bei juristischen Personen dem gewerberechtlichen Geschäftsführer. Der Rechtfertigung der Bw, den Lenker mittels Einschulung durch einen Disponenten bzw durch Aushändigen eines Handbuches, mit einem ausreichenden Weisungs- und Kontrollsystem Vorsorge getroffen zu haben, vermag sich die belangte Behörde nicht anzuschließen. Vielmehr reiche die bloße Übergabe von Handbüchern an die Lenker nicht aus, für ein ausreichendes Kontrollsystem Vorsorge getroffen zu haben. Es sei vielmehr die Pflicht des Unternehmers, die Lenker nachweislich einzuschulen, Kontrollen durchzuführen, Beanstandungen rückzumelden, diese zu vermerken und allfällige Nachschulungen zu veranlassen. Diesbezüglich werde auf die Erläuterung in der Besprechung vom 4.10.2002 mit den verantwortlichen Organen der Firmengruppe S und der Behörde - dokumentiert unter VerkGe96-148-2002 - verwiesen.

Bezüglich der Strafbemessung wird von der belangten Behörde ausgeführt, dass Milderungsgründe im Verfahren nicht hervorgetreten sind, erschwerend eine Verwaltungsstrafvormerkung zu werten war, aber dennoch mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden konnte.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde von der Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass materielle Rechtswidrigkeit aufgrund unrichtiger Sachverhaltsfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung geltend gemacht werde.

Begründend wurde vorgebracht, dass sich die Rechtfertigung als auch die Stellungnahme der Bw mit jener Aussage des W A deckt. Die Aussage des N K rühre wohl daher, dass gegen ihn bei der BH Salzburg zum selben Sachverhalt ein Verfahren anhängig ist oder war. Der Zeuge N K habe bei seiner Befragung zwar angegeben, dass er anhand eines Handbuches eingeschult worden sei, jedoch nicht ausgeführt habe, dass zusätzlich zu diesem Handbuch auch noch eine Einschulung in den ersten paar Wochen sowohl durch den zuständigen Disponenten als auch durch einen anderen erfahrenen Fahrer erfolgt sei. Zudem habe er noch angegeben, dass die Fahrer eigenverantwortlich das Handbuch auf den neuesten Stand zu halten haben. Die Austauschblätter mit den neuesten Bestimmungen werden von der Fa. S dem Fahrer übergeben. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des GütbefG werden ua mittels Lohnabzüge sanktioniert. Ob die jeweiligen Disponenten ihre Fahrer auch dementsprechend kontrollieren und schon vorher angedrohte dienstrechtliche Konsequenzen im Rahmen der Fahrerabrechnung durchgeführt werden, werde von der Bw in regelmäßigen Abständen kontrolliert und für den Fall, dass der zuständige Disponent diesen Anweisungen zuwiderhandeln sollte, seien auch gegen diesen dienstrechtliche Konsequenzen durchsetzbar. Der Fahrer N K sei in seiner fünfjährigen Betriebszugehörigkeit bis zum verfahrensgegenständlichen Vorfall noch nie negativ aufgefallen, was auf ein funktionierendes Kontroll- und Überwachungssystem hindeute. Weshalb der Fahrer trotz strikter Weisung seines Disponenten die Bestimmung nicht eingehalten habe, kann nicht nachvollzogen werden. Es würde jedoch zu weit führen, wenn man jeden Fahrer auf "Schritt und Tritt" überwachen müsste.

Da das Verschulden der Bw gering ist, hätte mit dem Ausspruch einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden können, um die Bw in Hinkunft von strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Es wird daher beantragt, der Berufung Folge zu geben, das Verwaltungsstrafverfahren nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung einzustellen in eventu eine Ermahnung auszusprechen.

 

Nach Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 zweite Alternative VStG entfallen, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

Wie aus dem angefochtenen Straferkenntnis ersichtlich ist, wurde darin der Bw zur Last gelegt, sie habe als gewerberechtliche Geschäftsführerin zu verantworten, dass der Lenker an dem im Spruch näher bezeichneten Tattag eine Transitfahrt im grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterbeförderungsverkehr durchgeführt habe, ohne bei dieser Fahrt gemäß die in Art.1 Abs.1 lit.a bis d der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 und 1524/96 geforderten Unterlagen bzw. ecotag-Gerät mitgeführt zu haben, obwohl der Fahrer eines Sattelzugfahrzeuges im Hoheitsgebiet Österreich diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen hat und derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt. Im Anschluss daran wurde noch § 9 Abs.3 GütbefG wie folgt zitiert.

 

Gemäß § 9 Abs.3 GütbefG hat jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000, (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten sind, dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat.

 

Somit ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde diese Bestimmung als übertreten angesehen hat, wenngleich sich in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses keine näheren Ausführungen diesbezüglich finden.

 

Wie bereits aus § 9 Abs.3 GütbefG "... Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert ..." entnommen werden kann, trifft die Verpflichtung des "Mitführens" und "Aushändigens" der in Art.1 Abs.1 lit.a bis d angeführten Unterlagen den Fahrer und nicht den Unternehmer.

Der Unternehmer wiederum hat dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben und, wenn ein Umweltdatenträger benützt wird, sich davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert.

 

Die bloße undifferenzierte Zitierung des gesamten § 9 Abs.3 GütbefG lässt sohin nicht erkennen, gegen welche Verpflichtung innerhalb dieser Bestimmung die Bw verstoßen habe, welcher Umstand letztendlich dazu führt, dass dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG nicht entsprochen wurde.

 

Es wurde sohin innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist der Bw kein bestimmtes Tatverhalten zur Last gelegt, weshalb mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen war (§ 45 Abs.1 Z3 VStG).

 

Unbeschadet dessen wird hinsichtlich der Geschäftsführereigenschaft noch Folgendes ausgeführt:

 

Wie aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hervorgeht, wurde die Bw als gewerberechtliche Geschäftsführerin verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Diesbezüglich ist Nachstehendes auszuführen:

 

Mit Erkenntnis vom 30.1.2002, Zl. 2001/03/0283, hat der VwGH ausgesprochen, dass eine Vorschrift, die eine Verantwortlichkeit eines nach § 39 GewO oder nach sonstigen Verwaltungsvorschriften bestellten Geschäftsführer für die Einhaltung der Vorschriften normierte, nicht besteht. Eine besondere Regelung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit durch eine Verwaltungsvorschrift iSd § 9 Abs.1 zweiter Halbsatz VStG liegt somit nicht vor. Die Regelungen über die strafrechtliche Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer (§§ 39, 370 GewO) beziehen sich nur auf die Einhaltung von Verpflichtungen, die sich aus gewerberechtlichen Vorschriften für die Gewerbeausübung ergeben. Die Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers kommt somit nicht in Betracht: Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes hat nach dem Gesagten - unbeschadet der Regelung des § 9 Abs.2 VStG - der "handelsrechtliche" Geschäftsführer zu verantworten.

 

Wie dem Firmenbuchauszug zu entnehmen ist, war die Bw zum Tatzeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführerin und wäre daher in dieser Funktion zu belangen gewesen. Da jedoch das angefochtene Straferkenntnis - wie bereits oben ausgeführt - aufzuheben war, konnte von einer möglichen Spruchkorrektur Abstand genommen werden.

 

 

Zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

 

Dr. Konrath

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