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VwSen-110463/10/Kl/Pe

Linz, 15.07.2003

VwSen-110463/10/Kl/Pe Linz, am 15. Juli 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des OK, vertreten durch Herren Rechtsanwälte HS und SD, Deutschland, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 2. Mai 2003, VerkGe96-87-1-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17. Juni 2003, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 sowie § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 2.5.2003, VerkGe96-87-1-2003, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG 1995 idF BGBl.I Nr.32/2002 iVm Art.3 Abs.1 und Art.6 Abs.4 erster Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in , am 28.3.2003 gegen 10.55 Uhr auf der Innkreisautobahn A8 bei Strkm 75,100 im Gemeindegebiet von Suben mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen , deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen habe, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: OK, Lenker: IA, welcher Staatsbürger eines Drittstaats ist (Staatsbürgerschaft: Türkei), einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und zwar eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (5.204 kg Bekleidung) von der Türkei nach Österreich mit einem Zielort in Deutschland durchgeführt habe, ohne dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung, in der dieser genannt ist, zur Verfügung gestellt zu haben.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Bau und Verkehr, eine Fahrerbescheinigung, wie sie von der Bezirkshauptmannschaft Schärding verlangt wird, nicht ausstellt. Begründend wurde von dieser Behörde insbesondere dargelegt, dass die EU-Fahrerbescheinigung nicht auszustellen ist, wenn die grenzüberschreitenden Beförderungen unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen durchgeführt werden. Der gewerbliche Güterkraftverkehr wird in Richtung Ost-/ Südosteuropa bzw. in die Türkei und zurück unter Verwendung einer CEMT- oder bilateralen Genehmigung vorgenommen. Der gewerbliche Güterverkehr wird nicht im Bereich der europäischen Gemeinschaft abgewickelt.

Nach diesen Feststellungen der Behörde ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass eine Fahrerbescheinigung nicht auszustellen ist, da der Beschuldigte grenzüberschreitende Beförderungen unter Einsatz von CEMT- bzw. bilateralen Genehmigungen durchführt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17.6.2003. Zu dieser wurden der Bw und sein Rechtsvertreter sowie die belangte Behörde als Parteien geladen. Der Rechtsvertreter hat an der Verhandlung teilgenommen. Der Beschuldigte ist nicht erschienen, ein Vertreter der belangten Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurde der Zeuge GI EZ als Meldungsleger geladen und einvernommen.

4.1. Der Zeuge gab an, dass bei der gegenständlichen Kontrolle neben Überschreitungen der Lenkzeit, nicht eingebautem Geschwindigkeitsbegrenzer und abgefahrener Reifen auch festgestellt wurde, dass der türkische Lenker keine Fahrerbescheinigung mitführte. Zur Genehmigung führte er aus, dass er zwar keine Kopie angefertigt habe, aber noch in Erinnerung habe, dass eine Einzelgenehmigung mitgeführt wurde. Ob eine EU-Lizenz mitgeführt wurde, habe er nicht kontrolliert und hat er eine solche nicht gesehen. Er führte aber aus, dass für diese Fahrt keine EU-Lizenz nötig sei. Der Lenker gab an, dass er nicht wisse, dass er eine Fahrerbescheinigung brauche.

Der Bw-Vertreter verwies nochmals auf das Schreiben der Freie und Hansestadt Hamburg und legte eine Kopie des Schreibens vom 9.5.2003 vor. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass keine Fahrerbescheinigung ausgestellt wird und wurde dies im Wesentlichen damit begründet, dass eine EU-Fahrerbescheinigung nicht auszustellen ist, wenn die grenzüberschreitenden Beförderungen unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen durchgeführt werden. Der gewerbliche Güterkraftverkehr wird in Richtung Ost-/ Südosteuropa bzw. in die Türkei und zurück unter Verwendung einer CEMT- oder bilateralen Genehmigung vorgenommen. Der gewerbliche Güterverkehr wird nicht im Bereich der europäischen Gemeinschaft abgewickelt.

4.2. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung teilte der einvernommene Zeuge der Verhandlungsleiterin weiters telefonisch mit, dass er aus der Einschulung wisse, dass für solche Fahrten keine Gemeinschaftslizenz und auch keine CEMT-Genehmigung oder Einzelgenehmigung erforderlich ist. Es wurde daher die Entrichtung der Ökopunkte überprüft und wurde die Entrichtung der Ökopunkte festgestellt. Aufgrund der neu in Kraft getretenen Bestimmung, dass eine Fahrerbescheinigung erforderlich ist, wurde dann der Lenker nach der Fahrerbescheinigung gefragt und konnte er diese nicht vorweisen.

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß Art.1 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr.881/92 idF Verordnung (EG) Nr.484/2002 gilt diese Verordnung für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken.

Nach Art.2 dieser Verordnung gilt als grenzüberschreitender Verkehr unter anderem Fahrten eines Fahrzeuges mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedsstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt in einem Mitgliedsstaat und der Bestimmungsort in einem Drittland oder umgekehrt befindet.

Gemäß Art.3 der zit. Verordnung unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung.

Gemäß Art.6 Abs.4 der zit. Verordnung ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer den Verkehrsunternehmen erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

Gemäß § 23. Abs.1 Z9 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Nach § 23 Abs.4 leg.cit hat dabei die Geldstrafe mindestens 1.453 Euro zu betragen.

5.2. Unbestritten steht aus dem Akt fest, dass der gegenständliche Transport ein grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr iSd Art.1 Abs.1 und Art.2 der zit. Verordnung ist. Nach Art.3 der zit. Verordnung unterliegt dieser grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz iVm einer Fahrerbescheinigung, sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist.

Es ist erwiesen, dass der gegenständliche Fahrer türkischer Staatsangehöriger ist und für ein Güterkraftverkehrsunternehmen der Bundesrepublik Deutschland mit einem in Deutschland zugelassenen Kfz gefahren ist. Es hätte daher der Fahrer eine Gemeinschaftslizenz mit einer Fahrerbescheinigung mitführen und auf Verlangen den Kontrollorganen vorweisen müssen. Der Beschuldigte hätte die Gemeinschaftslizenz und die Fahrerbescheinigung dem Fahrer zur Verfügung stellen müssen.

Allerdings ist im Grunde des Verhandlungsergebnisses, insbesondere der Zeugenaussage, davon auszugehen, dass vom Kontrollorgan nicht kontrolliert wurde, ob eine Gemeinschaftslizenz oder eine CEMT- oder bilaterale Genehmigung mitgeführt wurde. Es wurde nur nach der Fahrerbescheinigung gefragt und die Entrichtung der Ökopunkte kontrolliert.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art.3 der zit. Verordnung ist aber die Fahrerbescheinigung immer nur iVm der Gemeinschaftslizenz mitzuführen. Im Hinblick auf das Erfordernis einer Gemeinschaftslizenz ist jedoch auf die Bestimmung des § 7 Abs.1 GütbefG hinzuweisen, wonach die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kfz von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet ist, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kfz befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

  1. Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr.881/92,
  2. Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT),
  3. Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,
  4. aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigungen des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Dies bedeutet daher, dass eine der zuletzt angeführten Genehmigungen ausreicht.

Zurecht weist daher die Behörde für Bau und Verkehr der Freie und Hansestadt Hamburg in ihrem Schreiben vom 9.5.2003 darauf hin, dass gewerblicher Güterkraftverkehr in Richtung Ost-/ Südosteuropa bzw. in die Türkei und zurück unter Verwendung einer CEMT- oder bilateralen Genehmigung vorgenommen wird. Wird aber eine CEMT-Genehmigung oder bilaterale Genehmigung mitgeführt, so ist eine Gemeinschaftslizenz nach der obzit. Bestimmung des § 7 Abs.1 GütbefG nicht erforderlich. Es wurde daher auch - wahrscheinlich mangels des Vorliegens einer Gemeinschaftslizenz - die Ausstellung einer Fahrerbescheinigung verweigert.

Weil aber auch vom Kontrollorgan nicht kontrolliert und erfragt wurde, ob eine Gemeinschaftslizenz oder CEMT-Genehmigung oder bilaterale Genehmigung mitgeführt wurde und eine solche nicht festgestellt wurde, kann daher auch nicht das Erfordernis des Mitführens bzw. des Zurverfügungstellens einer Fahrerbescheinigung mit Sicherheit festgestellt werden.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Im gegenständlichen Fall konnte nicht erwiesen werden, dass der Beschuldigte mit einer Gemeinschaftslizenz den grenzüberschreitenden Verkehr vorgenommen hat. Es konnte daher nicht mit eindeutiger Sicherheit gesagt werden, ob daher das Mitführen einer Fahrerbescheinigung bzw. das Zurverfügungstellen einer Fahrerbescheinigung erforderlich ist.

Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6. Weil die Strafe aufgehoben wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Fahrerbescheinigung nur in Verbindung mit Gemeinschaftslizenz, nicht bei CEMT oder bilateraler Genehmigung

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen;

VwGH vom 18.11.2003, Zl.: 2003/03/0229-5

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