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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110496/3/Li/WW/He

Linz, 12.07.2004

 VwSen-110496/3/Li/WW/He Linz, am 12. Juli 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des F B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. September 2003, VerkGe96-164-1-2003, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.


 
Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 2, 45 Abs.1 Z1 und Z3 sowie 51 VStG.
Zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 23. September 2003, VerkGe96-164-1-2003, über den Berufungswerber F B (im Folgenden: Bw) wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG 1995 iVm Art.3 Abs.1 und Art.6 Abs.4 erster Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992, idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 vom 1.3.2002, eine Geldstrafe von 1.453 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der B Transporte und Spedition GmbH (Unternehmer) mit dem Sitz in, am 10.07.2003, gegen 20.00 Uhr, auf der Innkreisautobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen habe, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: B Transporte und Spedition GmbH, Lenker: C K, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats sei (Staatsbürgerschaft: Türkei), einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und zwar eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (6.560 kg Textilien) von der Türkei nach Österreich mit einem Zielort in Deutschland durchgeführt habe, ohne dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung, in der dieser genannt ist, zur Verfügung gestellt zu haben.

 

Begründend wurde dabei vorgebracht, dass nach der Aktenlage fest stehe, dass der Fahrer C K, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Türkei) ist, anlässlich des im Spruch näher dargelegten grenzüberschreitenden gewerblichen Gütertransports keine Fahrerbescheinigung mitgeführt und der Bw ihm diese nicht zur Verfügung gestellt habe. Dieser Sachverhalt wurde vom Bw auch nicht bestritten, sodass der objektive Tatbestand erfüllt sei.

Der Bw sei Geschäftsführer der B Transporte und Spedition GmbH und bestünden dadurch, dass er keinen verantwortlichen Beauftragten bestellt habe, auch an der Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs.1 VStG keine Zweifel.

Der Bw habe als Unternehmer dem Fahrer die Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen. Dies habe der Bw offensichtlich unterlassen und sei er somit seiner unternehmerischen Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen, weshalb von einem schuldhaften, und zwar fahrlässigem Verhalten des Bw auszugehen gewesen sei.

Von der belangten Behörde sei die Mindeststrafe verhängt worden, zumal diese notwendig und angemessen erscheine. Von der Anwendung des § 20 VStG sei Abstand genommen worden. Die belangte Behörde ist von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung.

 

Begründend wurde darin ausgeführt, dass der Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen der Firma A in der Türkei überlassen sei. Die mögliche Verletzung von Rechtsvorschriften könne dem Berufungswerber daher nicht zur Last gelegt werden. In der Beilage wurde eine Kopie eines undatierten Vertragstextes übermittelt, demzufolge sich die B Transporte verpflichtet hätte, der A (Group) den Lastkraftwagen/Zugmaschinen Marke DAF, amtliches Kennzeichen, sowie andere Lastkraftwagen und Zugmaschinen (teilweise ebenfalls mit dem amtlichen Kennzeichen ....beginnend) zur ständigen Nutzung zu Transport- und Speditionseinsatzzwecken zu überlassen.

 

3. Mit Schriftsatz vom 11.2.2004 ergänzte der Berufungswerber sein Vorbringen und führte ins Treffen, seine Firma habe mit der Firma A aus Istanbul einen Kooperationsvertrag geschlossen. Er stelle seine Lkw bzw. Lkw, die er geleast oder gemietet habe, der Firma A für die Durchführung von Transporten zur Verfügung. Die Firma A organisiere die Transporte und besetze die Fahrzeuge auch mit Fahrern. Er selber könne nur für die Fahrer, die ihm die Firma A benenne, jeweils die Ausnahmegenehmigung vom Arbeitsamt einholen und die entsprechende EU-Fahrerbescheinigung beantragen. Im strafrechtlichen Sinne könne er daher für das Fehlverhalten der Firma A nicht zur Verantwortung gezogen werden.

Durch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen habe er auch eine EU-Fahrerbescheinigung für solche türkische Fahrer erhalten.

In der Beilage übermittelte er einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes Gelsenkirchen vom 4. Juni 2003 sowie einen Antrag an das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vom 25. April 2003. Der Fahrer C K ist in diesen Dokumenten allerdings nicht genannt.

 

4. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

Weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufenen der B Transporte und Spedition GmbH mit dem Sitz in , vorgeworfen, die im Spruch des Straferkenntnisses näher angeführte gewerbsmäßige Güterbeförderung durch einen Lenker, welcher türkischer Staatsangehöriger ist, durchgeführt zu haben, ohne dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung, in der dieser genannt ist, zur Verfügung gestellt zu haben.

 

Mit diesem Tatvorwurf wird dem Bw zur Last gelegt, dem namentlich genannten Fahrer die erforderliche Fahrerbescheinigung nicht zur Verfügung gestellt zu haben und somit eine Zuwiderhandlung gegen die Anordnung gemäß Art. 6 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 begangen zu haben, wonach die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers ist, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z9 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 32/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu bestrafen ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 2 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Nach dem zitierten Tatvorwurf hat der Bw der bereits näher ausgeführten Verpflichtung der Zurverfügungstellung einer Fahrerbescheinigung nicht entsprochen, also nicht gehandelt, obwohl er hätte handeln sollen. Allerdings ist die Handlung am Sitz des Güterbeförderungsunternehmens vorzunehmen, weil von dort aus die Fahrerbescheinigung beantragt und dann auch dem jeweiligen Fahrer zur Verfügung gestellt wird bzw. die beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren ist. Tatort im Sinne der vorzitierten Bestimmung des § 2 Abs.2 VStG ist daher der Sitz der Firma B Transporte und Spedition GmbH in Deutschland. Gemäß der Regelung des § 2 Abs.1 VStG sind aber nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Es ist daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung mangels eines Tatortes im Inland nicht strafbar, wodurch das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

6. Eine ausdrückliche gesetzliche Sonderregelung, die § 2 Abs.1 erster Halbsatz VStG einräumt, wurde nicht getroffen.

 

Gemäß § 23 Abs.3 GütbefG wird nämlich eine Sonderregelung nur dahingehend normiert, dass ein Unternehmer auch dann nach Abs.1 Z3 oder Z6 strafbar ist, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt. Verwaltungsübertretungen nach Abs.1 Z9 werden von dieser Sonderregelung nicht erfasst.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG wird unter Strafe gestellt, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Bewilligung durchführt.

In § 7 Abs.1 GütbefG sind die Berechtigungen taxativ aufgezählt und ist in Z1 dieser Gesetzesstelle die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 angeführt. Auf die allenfalls mit einer Gemeinschaftslizenz verbundene Fahrerbescheinigung wird nicht Bezug genommen. Gemäß dem Grundsatz der restriktiven Auslegung von Verwaltungsstraftatbeständen und dem Grundsatz, dass als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (§ 1 Abs.1 VStG), war daher die Sonderregelung über einen im Inland liegenden Tatort nicht auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung auszudehnen. Auch gemäß § 9 Abs.1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden. Da ausdrücklich auf die angeführten Berechtigungen Bezug genommen und dort nur die Gemeinschaftslizenz angeführt wird, war auch in diesem Wege eine Sonderregelung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 23 Abs.3 GütbefG nicht abzuleiten.

Im Übrigen geht aus der Anzeige gar nicht hervor, auf Grund welcher Berechtigung iSd § 7 Abs.1 GütbefG die gewerbsmäßige grenzüberschreitende Güterbeförderung überhaupt erfolgte.

 

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kann es auch dahingestellt bleiben, ob ggf. eine rechtsgültige Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten stattgefunden hat oder ob nach deutschem Recht (auch) für den Fahrer C K (Staatsbürgerschaft: Türkei) eine Fahrerbescheinigung zu erteilen gewesen wäre.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

7. Weil der Berufung Erfolg beschieden war, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. L i n k e s c h

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