Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-110512/2/Kon/Rd/Ni

Linz, 12.07.2004

 

 

 VwSen-110512/2/Kon/Rd/Ni Linz, am 12. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Konrath über die Berufung des G S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. J W. Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21.10.2003, VerkGe96-18-2003-GRM, wegen Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.
 
Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und Z2 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber G S (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung zu 1) gemäß § 23 Abs.1 Z6 iVm § 9 Abs.3 GütbefG idF BGBl. I Nr. 106/2001 und Art.15 und Art.24 (4) BGBl. 823/1992 und Art.1 und 2 der VO (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21.12.1994 idF VO (EG) Nr. 2012/2000 (Ökopunkteverordnung) und 2) § 23 Abs.1 Z7 iVm § 17 Abs.3 Z18 GütbefG idgF für schuldig erkannt und über ihn Geldstrafen zu 1) von 1.453 Euro und 2) 363 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen zu 1) von 10 Tagen und 2) 2 Tagen, verhängt.

 

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet, insgesamt 181,60 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG 1991 idgF der Firma G KG mit dem Sitz in E b L, (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter FN 25765 s) in Ausübung des Gewerbes "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 100 Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs (Güterfernverkehr)" (Gewerbeschein ausgestellt vom Landeshauptmann von Oberösterreich am 4.9.1984, GZ: VerkGe-1977/6-1984) sowie des Gewerbes "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 300 Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs im Güterfernverkehr" (Gewerbeschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 7.5.1991, GZ: VerkGe96-210.822/5-1991) am Standort E b L, und somit als verantwortlicher Unternehmer veranlasst, dass - festgestellt am 31.1.2003 um 15.15 Uhr auf dem Parkplatz Ried der Autobahn A10 von Italien kommend in Richtung Deutschland fahrend anlässlich einer Zollkontrolle durch einen Beamten der Zollwachabteilung Mauthen/MÜG - Herr A T, geb. in L (GR), wh. A G GR L, als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, Sattelzugfahrzeug, Marke M, amtl. Kennzeichen, mit dem Sattelanhänger, Marke K, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (Ladegut: 33 Paletten Nahrungsmittel, Bruttogewicht 5.676 kg; Absender: C International, GR-L; Empfänger: G KG, L) im Transit durch Österreich, von Italien kommend mit Zielland Deutschland vorgenommen hat, für die gemäß der Verordnung EG Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung EG Nr. 2012/2000 (Ökopunkteverordnung), Ökopunkte zu entrichten sind. Der Fahrer konnte keine Ökopunkte vorweisen.

Weiters konnte kein Frachtbrief (CMR) vorgewiesen werden, der den Bestimmungen § 17 Abs.3 Güterbeförderungsgesetz entspricht. Es wurde ein vom Fahrer selbst ausgefüllter CMR-Frachtbrief für eine Fahrt zu einem Empfänger in Deutschland und einem Entladeort in L bei der Fa. G vorgelegt, der im Punkt 22 nicht mit Unterschrift und Stempel des Versenders versehen war.

Gemäß Art.14 der EG-Verordnung Nr. 3298 idF EG-VO 609/2000 hat der Fahrer geeignete Nachweisunterlagen mitzuführen, dass die Ladung in Österreich abgesetzt wird. Solche Nachweisunterlagen waren nicht vorhanden."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde vom Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass, wie aus den vorgelegten Urkunden zu entnehmen sei, beabsichtigt gewesen sei, den gegenständlichen Transport von der Firma C in L nach Thessaloniki zu transportieren, um von dort den Container mittels Bahn zum neuen Logistik-Terminalzentrum der G KG in L zu versenden, welches über einen eigenen Gleisanschluss verfüge. Die Ware hätte in L vom Container abgeladen, gesplittet und in weiterer Folge zur Firma F S S GmbH nach Deutschland transportiert werden sollen. Dies sei auch der Grund, weshalb auf dem Lieferschein der Firma C angeführt sei, dass die Rechnung an die Firma F & S S GmbH zu richten sei und die Ware selbst an die Firma Spedition H in K zu transportieren sei, dies mit dem verfahrensgegenständlichen Lkw.

Als Beweis hiefür wurden Kopien der Tachografenscheiben und des CMR-Frachtbriefes der Berufung angeschlossen.

Ergänzend wurde durch den Bw noch angeführt, dass die Firma G KG in Griechenland mehrere Lkw stationiert habe, welche für die Transporte von Absendern zum Bahnhof in Thessaloniki eingesetzt werden. Diese Lkw seien von griechischen Frächtern bestreikt worden, in dem Transporte in Griechenland verwehrt wurden. Da bei gegenständlichem Transport eine sofortige Abhilfe der Fahrzeugblockade der Fahrzeuge der Firma G nicht möglich gewesen sei, wurde der Kraftfahrer angewiesen, den gegenständlichen Transport nicht auf der Schiene, sondern auf der Straße nach L durchzuführen. Dies deshalb, da das Transportgut, welches in Containern per Bahn nach L zu transportieren beabsichtigt gewesen sei, gesplittet und zur Firma F & S S GmbH weiter zu transportieren beabsichtigt gewesen sei. Aus alledem ergebe sich, dass mit dem verfahrensgegenständlichen Transport keineswegs eine ökopunktepflichtige Transitfahrt vorgenommen worden sei bzw vorgenommen hätte werden sollen.

 

Zu Faktum 2 wurde vorgebracht, dass ursprünglich beabsichtigt gewesen sei, dass der verfahrensgegenständliche Container per Bahn, dh im kombinierten Verkehr nach L transportiert werde. Es sei daher nicht vorgesehen gewesen, dafür einen CMR-Frachtbrief auszustellen. Erst nachdem der Kraftfahrer die Anweisung erhalten habe, infolge der Bestreikung der Zufahrt zum Bahnhof, mit dem Container direkt nach Österreich nach E/L zu fahren, habe der Kraftfahrer eigenhändig - dies sei auch unschwer aus dem CMR-Frachtbrief zu entnehmen - einen solchen ausgefüllt, da es sich ja aufgrund des Transportes von Thessaloniki nach Österreich um eine Fahrt im internationalen Verkehr gehandelt habe, für welche jedenfalls ein CMR-Frachtbrief zu eröffnen gewesen sei.

Der Fahrer habe sich bereits ca. 260 km vom Absender (Firma C) entfernt befunden, sodass es ihm nicht möglich gewesen sei, sich von diesem im CMR-Frachtbrief in der Position 22 als Absender stempeln und fertigen zu lassen. Ausschließlich diese besonderen Umstände im Zusammenhang mit dem nicht vorgesehenen Transport mittels Lkw sei der Grund dafür, weshalb der Fahrer den CMR-Frachtbrief in Position 22 durch den Absender nicht mehr stempeln und unterfertigen lassen konnte. Es wird daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einzustellen.

 

 

3. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 zweite Alternative VStG entfallen, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

 

4. Nach Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Bezüglich Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses ist Folgendes auszuführen:

 

Gemäß § 9 Abs.3 GütbefG hat jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 (Ökopunkteverordnung), Ökopunkte zu entrichten sind, dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat.

 

Gemäß Art.1 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 vom 30.7.1996, hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als Ökokarte bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als Umweltdatenträger (ecotag) bezeichnet wird; oder

c) die in Art.13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist.

 

4.2. Wie aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu entnehmen ist, wurde dem Bw zur Last gelegt, er habe als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG zu verantworten, dass er veranlasst habe, dass der Lenker T am 31.1.2003 um 15.15 Uhr an einem im Spruch des Straferkenntnisses näher angeführten Ort, eine gewerbsmäßige Güterbeförderung durchführte, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten sind. Der Fahrer konnte keine Ökopunkte vorweisen.

 

Schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 9 Abs.3 GütbefG ist ersichtlich, dass in dieser Bestimmung dem Unternehmer mehrere Verpflichtungen auferlegt werden, nämlich

a) dem Fahrer eine entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben,

b) sich davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen,

c) sich davon zu überzeugen, dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert und

d) den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat.

 

Eine Zuwiderhandlung bzw Nichtbeachtung jede(r) dieser einzelnen angeführten Pflichten erfüllt das Tatbild gemäß § 23 Abs.1 Z6 und stellt jeweils für sich eine Verwaltungsübertretung dar.

 

Ein konkretes, den verba legalia des § 9 Abs.3 GütbefG entsprechendes Tatverhalten wurde dem Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zur Last gelegt. Vielmehr wurde ihm zum Vorwurf gemacht, dass der Fahrer keine Ökopunkte vorweisen konnte bzw gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 3298 idF EG-VO 609/2000 keine diesbezüglichen Nachweisunterlagen mitgeführt habe.

Das "Vorweisen" und "Mitführen" von Unterlagen stellen Handlungen dar, die ohne Zweifel dem Pflichtenumfang des Fahrers zuzuordnen sind und somit dem Unternehmer nicht angelastet werden können.

 

Das angefochtene Straferkenntnis war daher hinsichtlich Faktum 1 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

Zu Faktum 2:

Der objektive Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung, nämlich das Nichtmitführen eines ordnungsgemäß, nämlich vollständig ausgefüllten Frachtbriefes ist unstrittig erfüllt. Allerdings ermangelt es dieser angelasteten Verwaltungsübertretung an der subjektiven Tatseite, weil der Bw mit seinem Berufungsvorbringen glaubwürdig darlegen konnte, dass ihn an der Verletzung der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift (§§ 17 und 18 GütbefG) kein Verschulden trifft. Es kann anhand der der Berufung beigeschlossenen Unterlagen mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass seitens der Firma des Bw ein kombinierter Verkehr im Sinne der Litera f des Art.1 des Protokolls Nr. 9 über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union beabsichtigt gewesen war, dessen tatsächliche Durchführung auf Grund der in der Berufung geschilderten Umstände nicht vorgenommen werden konnte. Dieser Umstand kann jedoch nicht als vom Bw zu vertreten erachtet werden. Dafür dass ein kombinierter Verkehr beabsichtigt war, spricht der Umstand, dass die Firma G KG in E b L einen Bahnterminal für Transporte für den Güterverkehr aus und nach Griechenland eingerichtet hat, wie weiters das von ihr vorgelegte Schreiben des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 23.4.2003, wonach es sich bei der von der Firma G KG durchgeführten Transportart um kombinierten Verkehr handelt. Entschuldbar ist auch der Umstand, dass der Lenker T nicht mehr zu der ca. 260 km vom Verladebahnhof Thessaloniki entfernten Absenderfirma C in L zurückgefahren ist, um von dieser Firma die Fertigung und Stempelung des CMR-Frachtbriefes (Spalte 22) vornehmen zu lassen. Auf Grund des Termindruckes für einen fristgerechten Transport einerseits und wohl auch des Zeit- und Kostenaufwandes für eine Hin- und Rückfahrt von Thessaloniki nach L (zweimal 260 km) war unter den gegebenen Umständen rechtstreues Verhalten diesfalls nicht mehr zumutbar. Dies vor allem auch deshalb, weil, wie schon oben angeführt, die hiefür ursächlichen Umstände nicht vom Bw zu vertreten sind.

 

Aus den dargelegten Gründen war der Berufung daher Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Zu II:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

 

Dr. Konrath

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum