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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110520/2/Kon/Rd/Ni

Linz, 16.07.2004

 

 

 VwSen-110520/2/Kon/Rd/Ni Linz, am 16. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Konrath über die Berufungen des J P, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19.11.2003, VerkGe96-44-1-2002, wegen Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11.9.2003, VerkGe96-44-1-2002, wegen einer Bestrafung nach dem Güterbeförderungsgesetz, zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages wird als unbegründet abgewiesen.

 

II. Die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 11.9.2003 wird als verspätet zurückgewiesen.
 


Rechtsgrundlage:

zu I. und II.: §§ 66 Abs.4, 71 und 63 Abs.5 AVG iVm §§ 24 und 51c VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 11.9.2003, VerkGe96-44-1-2002, gegen den Berufungswerber (kurz: Bw) wegen einer Übertretung des GütbefG eine Geld- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde durch Übernahme einer Postbevollmächtigten für RSb-Briefe der Rechtsanwaltskanzlei L am 15.9.2003 rechtswirksam zugestellt.

 

Mit Schriftsatz vom 12.11.2003 wurde vom Rechtsvertreter des Bw ein Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt sowie auch Berufung an den Oö. Verwaltungssenat eingebracht.

 

Begründend wurde vorgebracht, dass dem ausgewiesenen Vertreter die Zahlungsaufforderung vom 8.11.2003 zur Entrichtung der Geldstrafe von 1.598,30 Euro zugestellt worden sei. Bei der Aushebung des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes habe der Rechtsvertreter zur Kenntnis nehmen müssen, dass am 15.9.2003 das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 11.9.2003 zugestellt wurde, mit dem die gegenständliche Geldstrafe gegen den Bw verhängt wurde. Der Rechtsvertreter habe keine fristgerechte Berufung gegen das Straferkenntnis erhoben, da die Kanzleimitarbeiterin des Rechtsvertreters, Frau P, das Straferkenntnis dem Kanzleiakt J P zugeordnet habe, allerdings nicht dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren VerkGe96-44-1-2003, sondern jenem mit der GZ: VerkGe96-157-2002, welches bereits mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 7.7.2003 rechtskräftig abgeschlossen wurde. Frau P habe irrtümlich dieses Straferkenntnis dem bereits als erledigt gekennzeichneten Strafverfahren zugeordnet. Aus diesem Grunde sei das Straferkenntnis vom 11.9.2003 dem Rechtsvertreter nicht vorgelegt und keine separate Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels eingetragen worden. Lediglich dem Zuordnungsirrtum der Kanzleimitarbeiterin sei es zuzuschreiben, dass die Frist zur Erhebung der Berufung gegen das Straferkenntnis vom 11.9.2003 übersehen worden sei und sei dieses Versehen durch die Zustellung der Zahlungsaufforderung am 12.11.2003 erkannt worden. Es handle sich bei der Kanzleimitarbeiterin um eine absolut verlässliche und sorgfältige Kanzleikraft, die bereits seit 10 Jahren in der Kanzlei beschäftigt sei. In dieser Zeit sei es noch nie vorgekommen, dass ihrerseits Fristen übersehen wurden. Wenngleich vorgelegte Schriftstücke auf die Eintragung von Rechtsmittelfristen vom ausgewiesenen Vertreter regelmäßig überprüft werden und daher niemals Fristen zur Einbringung von Rechtsmitteln übersehen worden seien, sei es in gegenständlicher Angelegenheit zufolge unglücklicher Umstände dazu gekommen, dass das Straferkenntnis dem falschen Verwaltungsstrafakt (mit demselben Beschuldigten und derselben Strafnorm) zugeordnet worden sei. Es wird daher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen das Straferkenntnis vom 11.9.2003 beantragt, da diese Versäumung auf ein Versehen der Kanzleimitarbeiterin P zurückzuführen sei, welches nur als minderer Grad des Versehens betrachtet werden kann. Dem Antrag wurde eine eidesstattliche Erklärung der Kanzleimitarbeiterin angeschlossen.

 

 

2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19.11.2003, VerkGe96-44-1-2002, wurde dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine Folge gegeben.

 

Gegen diesen Bescheid wurde nunmehr rechtzeitig Berufung erhoben und darin ausgeführt, dass die belangte Behörde zu Unrecht dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattgegeben habe, da konkret vorgebracht und belegt worden sei, inwieweit in der Kanzlei des Rechtsvertreters ein Kontroll- und Überwachungssystem eingerichtet sei. Wie bereits konkret vorgebracht wurde, sei das gegenständliche Straferkenntnis seitens der Kanzleimitarbeiterin P in einen falschen Teilakt des Aktes P eingelegt und aus diesen Gründen dem Vertreter des Bw überhaupt nicht vorgelegt worden. Es konnte daher seitens des Rechtsvertreters keine Rechtsmittelfrist gesehen und eingetragen werden. Überdies wurde klar dargelegt, dass die Fristen in der Kanzlei ordentlich kontrolliert, eingetragen und überwacht werden. Bislang sei es aufgrund des installierten Eintragungs- und Kontrollmechanismus zu keinem Übersehen von Fristen gekommen. Diese Vorgangsweise führe auch dazu, dass Rechtsmittelfristen immer ordnungsgemäß eingetragen, überwacht und kontrolliert werden. Dieses Versehen der falschen Zuordnung dürfe nur als minderer Grad des Versehens gewertet werden. Immer dann, wenn das Versehen als leichte Fahrlässigkeit zu verstehen sei, sei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen und könne nach Ansicht des Einschreiters das geschilderte Versehen der Kanzleikraft, das letztlich nicht nur zur Falschablage des Straferkenntnisses, sondern auch zur irrtümlichen Nichtvorlage des Aktes an den Rechtsvertreter nur als minderer Grad des Versehens betrachtet werden, der zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand berechtige. Es würde auch Überspannung der Sorgfaltspflicht des Rechtsanwaltes bedeuten, wenn jede manipulative Arbeit seiner Mitarbeiter noch separat überprüft werden müsste. Es erscheine als ausreichend, wenn Mitarbeitern genaue Anweisungen zur Durchführung von Arbeiten gegeben werden, diese regelmäßig überprüft werden, sodass es keine separate Überprüfung jedes einzelnen Handgriffes bedarf, wenn es sich um einen erwiesenermaßen sorgfältigen Mitarbeiter handle. Ein diesbezüglicher Fall sei gegenständlich gegeben.

Es wird somit beantragt, den Bescheid vom 19.11.2003 aufzuheben, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zu gewähren, sowie die Einbringung der Berufung gegen das Straferkenntnis vom 11.9.2003 zu gewähren und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einzustellen.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

Weil sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine solche nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.4 VStG).

 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 71 Abs.1 AVG, welcher nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1) die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2) die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden. Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat (§ 71 Abs.2 und 4 AVG).

 

4.2. Wie bereits im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom Rechtsvertreter vorgebracht wurde, hat die Kanzleikraft - welche im Übrigen sehr zuverlässig sei - irrtümlich das Straferkenntnis mit der Geschäftszahl VerkGe96-44-1-2002 in einen anderen, den Bw mit derselben Strafnorm betreffenden Kanzleiakt eingelegt, ohne das behördliche Schriftstück vor Ablage dem Rechtsvertreter zur Kenntnis zu bringen.

 

4.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Hinblick darauf, dass der Fristenkontrolle vom Rechtsvertreter ein besonderes Augenmerk zu widmen ist, ausgesprochen, dass er auch durch entsprechende Kontrollmaßnahmen sicherzustellen hat, dass ihm tatsächlich die gesamte eingehende Post täglich vorgelegt wird (VwGH 18.11.1992, 92/03/0104). Wäre der Rechtsvertreter dieser Verpflichtung nachgekommen, hätte sichergestellt werden können, dass der Posteingang (hier: ein Mängelbehebungsauftrag) nicht von der Kanzleikraft einem anderen Akt "zugeordnet" wird (VwGH 25.4.2001, 2001/03/0080).

 

4.4. Beweismittel dahingehend, dass vom Rechtsvertreter Maßnahmen getroffen wurden, die gewährleisten, dass ihm der gesamte tägliche Posteingang vorgelegt wird, wurden nicht vorgebracht. Wären entsprechende Weisungen bzw Vorkehrungen diesbezüglich getroffen worden, hätte der Rechtsvertreter einen entsprechenden Fristvermerk bzw Zuordnungsvermerk anbringen können, sodass es nicht in der Disposition der Kanzleikraft gestanden wäre, eine eigenständige Zuordnung treffen zu müssen. Zudem besteht auch noch eine erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Anbringung von Fristvormerkungen, insbesondere dann, wenn der Rechtsvertreter den Bw offenkundig in mehreren Verfahren vertritt und somit besondere Vorsorge zu treffen hat, dass eine irrtümliche Vermengung bzw Verwechslung der jeweils anhängigen Verfahren ausgeschlossen werden kann. Dass er solche konkrete Maßnahmen getroffen hat, wurde in der Berufung nicht einmal ansatzweise vorgebracht. Vielmehr lässt der Umstand, dass ein noch anfechtbares Straferkenntnis, dessen Adressat vom Bw als Rechtsfreund vertreten wird, diesen nach Einlangen in der Kanzlei nicht vorgelegt wird, sondern offenbar gleich in den Akt einer als erledigt geltenden Rechtssache abgelegt wird, das Bestehen eines Kontrollsystems zur Verminderung von Verfügungen für zweifelhaft erscheinen.

Es konnte daher der Rechtsvertreter weder glaubhaft machen, dass er durch ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten noch konnte er mangelndes Verschulden seinerseits glaubhaft machen.

 

Aus diesem Grunde war über die Berufung gegen die Abweisung der Wiedereinsetzung spruchgemäß zu entscheiden (Spruchabschnitt I).

 

4.5. Was die Berufung gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 11.9.2003, VerkGe96-44-1-2002, anbelangt, ist Folgendes auszuführen:

 

Das angefochtene Straferkenntnis wurde laut Postrückschein am 15.9.2003 von einer Postbevollmächtigten für RSb-Briefe der Rechtsanwaltskanzlei L übernommen. Damit begann die gemäß § 63 Abs.5 AVG iVm § 24 VStG mit zwei Wochen bemessene Berufungsfrist zu laufen und endete diese sohin am 29.9.2003. Trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung wurde die Berufung jedoch erst am 12.11.2003 - sohin nach Ablauf der Rechtsmittelfrist - eingebracht (zur Post gegeben).

 

Aufgrund dieses Umstandes war über die Berufung spruchgemäß (Spruchab-
schnitt II) zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Konrath

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