Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110547/6/Li/WW/Sta

Linz, 25.08.2004

 VwSen-110547/6/Li/WW/Sta Linz, am 25. August 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des F B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W B, L, C, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 17. Dezember 2003, VerkGe96-157-2003, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.


 
Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 2, 45 Abs.1 Z1 und Z3 sowie 51 VStG.
Zu II.: § 66 VStG.
 
 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Straferkenntnis vom
17. Dezember 2003, VerkGe96-157-2003, über den Berufungswerber F B (im Folgenden: Bw) wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 des Güterbeförderungsgesetzes - GütbefG, BGBl.Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 106/2001 sowie iVm Art.3 Abs.1 und Abs.3 und Art.6 Abs.4, erster Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002, eine Geldstrafe von 1.453 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er die für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften verantwortliche Person der B T und S GmbH sei und Verwaltungsstrafen gemäß § 9 VStG somit gegen ihn zu verhängen seien. Er habe mit dem Sattelkraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen eine Güterbeförderung (Transport von Sammelgut) von Deutschland durch Österreich in die Türkei durchgeführt und für diesen Transport den türkischen Staatsangehörigen M B als Fahrer verwendet. Er habe hiebei der Verpflichtung nicht entsprochen, dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen, welche der Lenker den Kontrollberechtigten auf Verlangen hätte vorzeigen können, obwohl der Fahrer ein Fahrzeug im grenzüberschreitenden Verkehr mit einer ihm als Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz geführt habe. Dies sei bei der Kontrolle des Fahrzeuges am: 5.9.2003 um 22.15 Uhr, an folgendem Ort: Innkreisautobahn A 8, Autobahnkilometer 2,245, Gemeinde Tumeltsham, Bezirk Ried im Innkreis festgestellt worden. Der grenzüberschreitende Verkehr unterliege einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaats sei - mit einer Fahrerbescheinigung, die der Verkehrsunternehmer dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stelle, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führe.

 

Begründend wurde dabei vorgebracht, die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sei aufgrund der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 11.9.2003 als erwiesen anzusehen. Der Bw sei als Geschäftsführer der B T und S GmbH namhaft gemacht worden. Er habe angegeben, dass der Lkw an die Firma A weiter vermietet worden sei.

Es sei festzustellen, dass der Bw als Güterbeförderungsunternehmer für den gegenständlichen grenzüberschreitenden Güterverkehr angesehen werden müsse. Dies deshalb, da im Fahrzeug, welches auf das Unternehmen des Bw in der BRD zugelassen sei, eine beglaubigte Abschrift der für sein Unternehmen ausgestellten EU-Gemeinschaftslizenz mitgeführt worden sei. Dadurch, dass der Bw dafür gesorgt habe, dass dieses Dokument im Fahrzeug während der gesamten Fahrt für Kontrollzwecke mitgeführt worden sei, habe er zum Ausdruck gebracht, dass sein Unternehmen das Güterbeförderungsunternehmen für diese Fahrt sei. Andere Dokumente, welche auf die Firma A gelautet hätten, seien bei dieser Fahrt nicht mitgeführt und auch jetzt im Verfahren nicht vorgelegt worden. Die im Verfahren nunmehr behauptete Vermietung des Fahrzeuges an die Firma A müsse als Schutzbehauptung gewertet werden. Der Kooperationsvertrag mit der Fa. A gebe nicht die tatsächlichen Umstände anlässlich der Güterbeförderung wieder, auf die es für die Entscheidung ankomme. Somit habe er als Güterbeförderungsunternehmer eine Güterbeförderung im grenzüberschreitenden Güterverkehr mit einer ihm als Güterbeförderungsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz durchgeführt. Dieser grenzüberschreitende Verkehr unterliege einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung mit - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - einer Fahrerbescheinigung. Der Lenker habe bei der Kontrolle keine Fahrerbescheinigung vorzeigen können, obwohl er als türkischer Staatsangehöriger ein Drittstaatsangehöriger iS der zitierten EG-Verordnung sei. Jedoch habe er dem Fahrer keine solche Fahrerbescheinigung zur Verfügung gestellt und somit der gesetzlichen Verpflichtung nicht entsprochen, dem Fahrer, der Drittstaatsangehöriger ist, eine Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung sei von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.453 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen worden, zumal der Bw hiezu in seiner Rechtfertigung keine anderslautenden Angaben gemacht habe. Die festgesetzte Strafe stelle die gesetzliche Mindeststrafe dar, die sowohl als tat- als auch täterangemessen zu bezeichnen sei. Besondere Erschwerungs- oder Milderungsgründe würden sich aus dem Verfahrensakt nicht ergeben und es seien solche somit bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen gewesen.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, wobei der Bw sein Vorbringen mit Schriftsatz vom 11.2.2004 ergänzte. Begründend führte er aus, seine Firma habe mit der Firma A aus Instanbul einen Kooperationsvertrag geschlossen. Er stelle seine Lkw bzw. Lkw, die er geleast oder gemietet habe, der Firma A für die Durchführung von Transporten zur Verfügung. Die Firma A organisiere die Transporte und besetze die Fahrzeuge auch mit Fahrern. Er selber könne nur für die Fahrer, die ihm die Firma A benenne, jeweils die Ausnahmegenehmigung vom Arbeitsamt einholen und die entsprechende EU-Fahrerbescheinigung beantragen. Im strafrechtlichen Sinne könne er daher für das Fehlverhalten der Firma A nicht zur Verantwortung gezogen werden.

Durch das Verwaltungsgericht G habe er auch eine EU-Fahrerbescheinigung für solche türkische Fahrer erhalten.

Als Beilage übermittelte er einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes G vom 4. Juni 2003 sowie einen Antrag an das Verwaltungsgericht G vom 25. April 2003. Weiters wurde ein Schreiben der Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsamt R, vom 8.1.2004, übermittelt, in dem bestätigt wird, dass auf Grund einer einstweiligen Anordnung des Sozialgerichtes N für näher angeführte türkische Arbeitnehmer (ua M B) keine Arbeitserlaubnis nach § 285 Sozialgesetzbuch - 3. Buch (SGB III) für die Tätigkeit als Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Güterfernverkehr benötigt werde. Diese Bescheinigung habe Gültigkeit bis zum 30.6.2004.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

 

Weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Bw als der für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften verantwortlichen Person der B T und S GmbH vorgeworfen, die im Spruch des Straferkenntnisses näher angeführte gewerbsmäßige Güterbeförderung durch einen Lenker, welcher türkischer Staatsangehöriger ist, durchgeführt zu haben, ohne dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung, in der dieser genannt ist, zur Verfügung gestellt zu haben.

 

Mit diesem Tatvorwurf wird dem Bw zur Last gelegt, dem namentlich genannten Fahrer die erforderliche Fahrerbescheinigung nicht zur Verfügung gestellt zu haben und somit eine Zuwiderhandlung gegen die Anordnung gemäß Art. 6 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 begangen zu haben, wonach die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers ist, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z9 Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 32/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu bestrafen ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 2 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Nach dem zitierten Tatvorwurf hat der Bw der bereits näher ausgeführten Verpflichtung der Zurverfügungstellung einer Fahrerbescheinigung nicht entsprochen, also nicht gehandelt, obwohl er hätte handeln sollen. Allerdings ist die Handlung am Sitz des Güterbeförderungsunternehmens vorzunehmen, weil von dort aus die Fahrerbescheinigung beantragt und dann auch dem jeweiligen Fahrer zur Verfügung gestellt wird bzw. die beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren ist. Tatort im Sinne der vorzitierten Bestimmung des § 2 Abs.2 VStG ist daher der Sitz der Firma B T und S GmbH in Deutschland. Gemäß der Regelung des § 2 Abs.1 VStG sind aber nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Es ist daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung mangels eines Tatortes im Inland nicht strafbar, wodurch das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

5. Eine ausdrückliche gesetzliche Sonderregelung, die § 2 Abs.1 erster Halbsatz VStG einräumt, wurde nicht getroffen.

 

Gemäß § 23 Abs.3 GütbefG wird nämlich eine Sonderregelung nur dahingehend normiert, dass ein Unternehmer auch dann nach Abs.1 Z3 oder Z6 strafbar ist, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt. Verwaltungsübertretungen nach Abs.1 Z9 werden von dieser Sonderregelung nicht erfasst.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG wird unter Strafe gestellt, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Bewilligung durchführt.

In § 7 Abs.1 GütbefG sind die Berechtigungen taxativ aufgezählt und ist in Z1 dieser Gesetzesstelle die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 angeführt. Auf die allenfalls mit einer Gemeinschaftslizenz verbundene Fahrerbescheinigung wird nicht Bezug genommen. Gemäß dem Grundsatz der restriktiven Auslegung von Verwaltungsstraftatbeständen und dem Grundsatz, dass als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (§ 1 Abs.1 VStG), war daher die Sonderregelung über einen im Inland liegenden Tatort nicht auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung auszudehnen. Auch gemäß § 9 Abs.1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden. Da ausdrücklich auf die angeführten Berechtigungen Bezug genommen und dort nur die Gemeinschaftslizenz angeführt wird, war auch in diesem Wege eine Sonderregelung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 23 Abs.3 GütbefG nicht abzuleiten.

 

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kann es auch dahingestellt bleiben, ob ggf. eine rechtsgültige Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten stattgefunden hat oder ob nach deutschem Recht (auch) für den Fahrer M B (Staatsbürgerschaft: Türkei) eine Fahrerbescheinigung zu erteilen gewesen wäre.

 

Anzumerken ist noch, dass die belangte Behörde den Bw im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses - ohne weitere Konkretisierung - als die verantwortliche Person der B T und S GmbH bezeichnet und lediglich aus der Begründung des Straferkenntnisses hervorgeht, dass der Bw Geschäftsführer der B T und S GmbH ist (und sich darauf seine Verantwortlichkeit nach § 9 Abs.1 VStG gründet). Gemäß § 44a Z 1 VStG muss die als erwiesen angenommene Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände im Spruch des Straferkenntnisses enthalten sein (vgl. VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A). Als Grundvoraussetzung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Bw hätte daher auch seine Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses angeführt werden müssen. Es liegt somit auch ein Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG vor. Eine eingehendere Erörterung der Konsequenzen dieses Verstoßes gegen § 44a Z1 VStG konnte unterbleiben, da das Straferkenntnis ohnedies aufzuheben war.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Weil der Berufung Erfolg beschieden war, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. L i n k e s c h

 
 

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