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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110554/2/Li/Rd/Gam

Linz, 28.04.2004

 

 
VwSen-110554/2/Li/Rd/Gam
Linz, am 28. April 2004

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des H B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 21. Jänner 2004, VerkGe96-183-2003, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.


 
Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 2, 45 Abs. 1 Z1 und Z3 sowie § 51 VStG.
Zu II.: § 66 VStG.
 

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hat mit Straferkenntnis vom 21. Jänner 2004, VerkGe96-183-2003, über den Berufungswerber H B (im Folgenden: Bw) wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 iVm Art.3 Abs.1 und Abs.3 sowie Art.6 Abs.4, 1. Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 eine Geldstrafe von 1.453 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er als Inhaber der Firma K-N Internationale Transporte (nunmehr angebl. KNB Transporte) mit dem Sattelkraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen eine Güterbeförderung (Transport von Textilien) von Belgien durch Österreich in die Türkei durchgeführt und für diesen Transport den türkischen Staatsangehörigen F N Y als Fahrer verwendet habe. Er habe hierbei der Verpflichtung nicht entsprochen, dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen, welche der Lenker den Kontrollberechtigten auf Verlangen hätte vorzeigen können, obwohl der Fahrer ein Fahrzeug im grenzüberschreitenden Verkehr mit einer ihm als Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz geführt habe. Dies sei bei der Kontrolle dieses Fahrzeuges am 06.11.2003 um 12.00 Uhr auf der A8 Innkreisautobahn, Abkm 62.250, Gemeinde Ort im Innkreis, Bezirk Ried/I. festgestellt worden.

Der grenzüberschreitende Verkehr unterliegt einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaats ist - mit einer Fahrerbescheinigung, die der Verkehrsunternehmer dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

1.1. Begründend wurde von der belangten Behörde ausgeführt, dass der Bw als Güterbeförderungsunternehmer eine Güterbeförderung im grenzüberschreitenden Güterverkehr mit einer ihm erteilten Gemeinschaftslizenz durchgeführt habe und dabei der Verpflichtung, dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen, welche dieser den Kontrollberechtigten auf Verlangen hätte vorweisen können, nicht nachgekommen sei, obwohl es sich beim Lenker um einen Drittstaatangehörigen gehandelt habe.

Laut Aktenlage sei erwiesen, dass die gegenständliche Güterbeförderung mittels einer EU-Lizenz und nicht wie vom Bw behauptet, mit einer CEMT-Genehmigung durchgeführt worden sei. Die Ablehnung der Ausstellung von Fahrerbescheinigungen durch deutsche Behörden bewirke nicht, dass der Lenker ohne diese Bescheinigung im grenzüberschreitenden Güterverkehr tätig sein darf. Die Folge wäre daher, dass der Bw einen Lenker, der türkischer Staatsangehöriger und somit Drittstaatsangehöriger iSd EU-Verordnung ist, nicht im grenzüberschreitenden, sondern - wenn der Fahrer keine Arbeitserlaubnis in Deutschland benötigt - nur im innerstaatlichen Güterverkehr verwenden dürfe, bis eine Fahrerbescheinigung ausgestellt werde.

 

Hinsichtlich des Verschuldens stellte die belangte Behörde fest, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handle. Der Bw habe auch nicht glaubhaft machen können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, da er den Lenker ohne Fahrerbescheinigung im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt habe.


Zur Strafbemessung stellte die belangte Behörde fest, dass die verhängte Geldstrafe von 1.453 Euro die gesetzliche Mindeststrafe darstelle, die sowohl tat- als auch täterangemessen zu bezeichnen sei. Besondere Erschwerungs- oder Milderungsgründe würden sich aus dem Verfahrensakt nicht ergeben, und wären somit bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen gewesen. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Bw ist die belangte Behörde mangels konkreter Angaben von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Begründend wurde ausgeführt, dass vom Bundesamt für Güterkraftverkehr in der BRD die Rechtsauffassung vertreten werde, dass Fahrer mit Wohnsitz in der Türkei, die bei einem türkischen Unternehmen angestellt seien und im Rahmen einer konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung auf in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen eingesetzt werden, einer solchen Fahrerbescheinigung nicht bedürfen.

Die verhängte Geldstrafe sei aufgrund näher bezeichneter Milderungsgründe als überhöht anzusehen, weshalb die Herabsetzung der Geldstrafe in eventu der Ausspruch einer Ermahnung beantragt werde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Bw als Inhaber der Firma K-N vorgeworfen, dass die Firma K-N Internationale Transporte (nunmehr angeblich KNB Transporte) die im Spruch des Straferkenntnisses näher angeführte Güterbeförderung durch einen Lenker, welcher türkischer Staatsangehöriger ist, vornehmen ließ und dabei der Verpflichtung nicht nachgekommen ist, dem Fahrer eine Fahrerbescheinigung zur Verfügung zu stellen, obwohl der Fahrer ein Fahrzeug im grenzüberschreitenden Verkehr mit einer Gemeinschaftslizenz durchgeführt hat.

 

Mit diesem Tatvorwurf wird dem Bw zur Last gelegt, dem namentlich genannten Fahrer die erforderliche Fahrerbescheinigung nicht zur Verfügung gestellt zu haben und somit eine Zuwiderhandlung gegen die Anordnung gemäß Art.6 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 begangen zu haben, wonach die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers ist, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z9 Güterbeförderungsgesetz idF BGBl. I Nr. 32/2002 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu bestrafen ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 2 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Nach dem zitierten Tatvorwurf hat der Bw der bereits näher ausgeführten Verpflichtung der Zurverfügungstellung einer Fahrerbescheinigung nicht entsprochen, also nicht gehandelt, obwohl er hätte handeln sollen. Allerdings ist die Handlung am Sitz des Güterbeförderungsunternehmens vorzunehmen, weil von dort aus die Fahrerbescheinigung beantragt und dann auch dem jeweiligen Fahrer zur Verfügung gestellt wird bzw die beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren ist. Tatort im Sinne der vorzitierten Bestimmung des § 2 Abs.2 VStG ist daher der Sitz der Firma KNB Transporte in Hadamar (Deutschland). Gemäß der Regelung des § 2 Abs.1 VStG sind aber nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Es ist daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung mangels eines Tatortes im Inland nicht strafbar, wodurch das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen war.

 

4.2. Eine ausdrückliche gesetzliche Sonderregelung, die § 2 Abs.1 erster Halbsatz VStG verlangt, wurde hingegen nicht getroffen.

 

Gemäß § 23 Abs.3 GütbefG wird nämlich eine Sonderregelung nur dahingehend getroffen, dass ein Unternehmer auch dann nach Abs.1 Z3 oder Z6 strafbar ist, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 GütbefG wird unter Strafe gestellt, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt.

In § 7 Abs.1 GütbefG sind die Berechtigungen taxativ aufgezählt und ist in Z1 dieser Gesetzesstelle die Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 angeführt. Auf die allenfalls mit einer Gemeinschaftslizenz verbundene Fahrerbescheinigung wird nicht Bezug genommen. Gemäß dem Grundsatz der restriktiven Auslegung von Verwaltungsstraftatbeständen und dem Grundsatz, dass als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (§ 1 Abs.1 VStG), war daher die Sonderregelung über einen im Inland liegenden Tatort nicht auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung auszudehnen. Auch gemäß § 9 Abs.1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden. Da ausdrücklich auf die angeführten Berechtigungen Bezug genommen und dort nur die Gemeinschaftslizenz angeführt wird, war auch in diesem Wege eine Sonderregelung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 23 Abs.3 GütbefG nicht abzuleiten.

 

5.3. Überdies darf noch angemerkt werden, dass im angefochtenen Straferkenntnis dem Bw zur Last gelegt wurde "... eine Güterbeförderung ...." durchgeführt zu haben. Gemäß § 1 Abs.1 des Güterbeförderungsgesetzes findet dieses Bundesgesetz jedoch nur für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs durch Beförderungsunternehmen und für den Werkverkehr mit solchen Kraftfahrzeugen Anwendung. Eine solche "gewerbsmäßige" Beförderung wurde dem Bw jedoch im gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht zur Last gelegt. Dadurch wurde dem Erfordernis des § 44a Z1 VStG nicht entsprochen, weshalb auch diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG zur Einstellung zu bringen war.

 

6. Weil der Berufung Erfolg beschieden war, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Dr. Linkesch

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