Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110580/16/Li/Wa/Sta

Linz, 23.02.2005

 

 VwSen-110580/16/Li/Wa/Sta Linz, am 23. Februar 2005

DVR.0690392

 
 
 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über die Berufung des A G, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16. April 2004, VerkGe96-208-1-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz (GütbefG) 1995 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 16. Februar 2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt.
  2. Der Rechtsmittelwerber hat keine Kostenbeiträge zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16. April 2004, VerkGe96-208-1-2003, wurde über den Berufungswerber (in Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 1.453 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs.3 iVm § 23 Abs.1 Z6 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 32/2002 verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in veranlasst habe, "dass der Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, nämlich dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen; Herr C D, am 10.10.2003 um 13.00 Uhr auf der Innkreisautobahn A 8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, einen gewerbsmäßigen Straßengütertransitverkehr durch Österreich (Ausgangspunkt: Türkei; Zielpunkt: Deutschland), für welchen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 Ökopunkte zu entrichten waren, durchführte und dabei den Umweltdatenträger mit der Nr. benützte, ohne sich davon überzeugt zu haben, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen", weil er zu diesem Zeitpunkt über kein Ökopunkteguthaben verfügt habe.

 

Die erstinstanzliche Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Beschuldigte nicht glaubhaft dargelegt habe, dass ihn an der angelasteten Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe. Die Anweisung an den Fahrer, das Bundesgebiet nicht zu durchfahren, vermöge ohne nachweislich erfolgter Kontrolle über deren Einhaltung nicht von einem Verschulden zu entlasten. Im Übrigen erscheine die behauptete Anweisung nicht glaubhaft, weil keine Beweise dafür vorgelegt worden seien, dass eine andere Fahrtroute als die tatsächlich gefahrene angeordnet wurde.

 

Der Bw hätte glaubhaft machen müssen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft und wäre es ihm oblegen, ein wirksames begleitendes Kontrollsystem einzurichten, durch welches die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften jederzeit sichergestellt werden könne. Damit ein solches Kontrollsystem ihn von der vorliegenden Verwaltungsübertretung befreien könne, hätte er konkret darlegen müssen, welche Maßnahmen getroffen wurden, um derartige Verstöße - im gegenständlichen Fall eine Transitfahrt durch österreichisches Bundesgebiet ohne Entrichtung von Ökopunkten - zu vermeiden. Insbesondere hätte er darlegen müssen, wann, wie oft, auf welche Weise und von wem Kontrollen der angewiesenen Maßnahmen vorgenommen wurden. Es sei daher von einem fahrlässigem Verhalten des Bw auszugehen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung erhoben, der genannte Bescheid zur Gänze angefochten und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Bw habe den Lenker C D ordnungsgemäß belehrt, welche Maßnahmen zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen sind bzw. wie sich dieser zu überzeugen habe, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und wie er zu kontrollieren habe, dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert.

 

Dem Fahrzeuglenker sei die Frächtersperre bekannt gewesen, weshalb er auch beim Beschuldigten telefonisch nachfragte, ob es gelungen sei, Ökopunkte zu besorgen oder ob er Österreich umfahren müsse.

 

Es sei weder mit technischen noch mit sonstigen Mitteln zu verhindern, dass der Lenker eines LKW entgegen anderslautender Weisungen eine Transitfahrt durchführt. Die einzige Möglichkeit zur Reaktion bliebe dem Unternehmer insofern, als er nach erfolgter Transitfahrt (auch ohne Anhaltung durch die Exekutive) arbeitsrechtliche Maßnahmen setzten könne. Dies hätte jedoch nicht die vorangegangene Verwaltungsübertretung verhindern können.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der erstinstanzlichen Behörde sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2005, zu welcher die Verfahrensparteien sowie Herr Rev. Insp. J B und Herr C D als Zeugen geladen wurden. An der Verhandlung nahm der Bw und dessen rechtskundiger Vertreter teil und wurden die geladenen Zeugen einvernommen. Die belangte Behörde blieb entschuldigt fern.

 

4.1. Unbestritten ist, dass der Lenker des Lastkraftwagens mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, nämlich dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen - Herr C D - am 10.10.2003 um 13.00 Uhr auf der Innkreisautobahn A 8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, einen gewerbsmäßigen Straßengütertransitverkehr durch Österreich mit einem Ausgangsort in der Türkei und einem Zielort in Deutschland, für welchen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 Ökopunkte zu entrichten waren, durchführte und dabei den Umweltdatenträger mit der Nr. benützte. Ebenfalls unstrittig ist, dass zu diesem Zeitpunkt das Unternehmen des Bw, in dessen Auftrag der Lenker diesen Transport durchführte, über kein Ökopunkteguthaben verfügte.

 

4.2. Aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Bw und des Zeugen D steht fest, dass es zu einem Zeitpunkt, als das Transportfahrzeug im Zuge des gegenständlichen Transportes rumänisches Staatsgebiet durchfuhr, zu einem Telefonat zwischen dem Lenker und dem Bw kam, in dem ersterer angewiesen wurde, den Transport über das slowakische und das tschechische Staatsgebiet durchzuführen. Die Route durch Österreich ist angesichts der im Frachtbrief genannten Zielorte in Deutschland, nämlich Essen und Tönisvorst, und eines Ausgangsortes in der Türkei zwar - wie der Zeuge D selbst vorgebracht hat - "schneller und einfacher", jedoch erscheint vorliegend die Anordnung einer über die slowakische und tschechische Republik führenden Wegstrecke hinsichtlich des diesbezüglichen Zeitaufwandes und der Streckenlänge nicht von vornherein unglaubwürdig.

Dass der Bw - und nicht der Lenker - den Anruf tätigte, steht für den Oö. Verwaltungssenat fest, da der Bw - entgegen den Angaben in der Berufungsschrift, aber in Übereinstimmung mit den Angaben des Lenkers D - in der Verhandlung selbst vorbrachte, er habe den Lenker D angerufen.

 

4.3. Der unter Wahrheitspflicht stehende Zeuge Rev. Insp. J B sagte im Rahmen der Berufungsverhandlung aus, er könne sich an die gegenständliche Kontrolle nicht mehr erinnern, entnehme jedoch seiner anlässlich dieser Kontrolle erstatteten Anzeige gegen den Lenker C D, dass der Lenker bei der Kontrolle gesagt habe, er hätte erstens keine Ahnung, warum der Frächter gesperrt ist, und habe zweitens laut Auskunft seiner Firma diese genügend Ökopunkte.

Dies wurde durch die Zeugenaussage des Lenkers C D im Rahmen der Berufungsverhandlung sowie durch die Tatsache, dass der Lenker bei Einfuhr in das österreichische Bundesgebiet das ecotag-Gerät auf ökopunktepflichtige Fahrt eingestellt hat, bestätigt.

 

Zwar gab der Bw an, dem Fahrzeuglenker sei bekannt gewesen, dass das Ökopunkteguthaben erschöpft war, jedoch wird bezüglich der Frage, ob der Lenker den Grund für die angeordnete Umfahrung Österreichs kannte, den Angaben des Zeugen D im Rahmen der Berufungsverhandlung mehr Glauben geschenkt, da diese mit seinen Angaben gegenüber Rev. Insp. B anlässlich der Kontrolle (er habe keine Ahnung, warum der Frächter als gesperrt aufscheine) übereinstimmen und er bei Einfuhr in das österreichische Bundesgebiet das ecotag-Gerät auf ökopunktepflichtige Fahrt eingestellt hat.

Festgehalten wird, dass es vorliegend auch gar nicht von Bedeutung ist, ob der Bw den Grund für die Routenänderung bei der Weisungserteilung nannte oder nicht, da auch eine Kenntnis des Lenkers vom mangelnden Ökopunkteguthaben letztlich kein anderes Ergebnis zur Folge gehabt hätte.

 

4.4. Dem Vorbringen des Zeugen D wird auch soweit Glauben geschenkt, als dieser angab, er habe der Anweisung seines Vorgesetzten, Österreich zu umfahren, deshalb nicht Folge geleistet, weil er auf Grund der bevorstehenden Hochzeit seiner Tochter möglichst schnell in die Türkei zurückkehren wollte und ihm Kollegen mitgeteilt hätten, dass die Strecke über das tschechische Staatsgebiet zu stark befahren ("zu") sei. Weil er der Auffassung gewesen ist, dass die Route über Österreich hinsichtlich des Verkehrsaufkommens vorliegend die schnellere war, hat der Lenker diese Strecke gewählt. Generell kommt Lenkern des Unternehmens G nach Angaben des Zeugen D bei der Streckenwahl insofern eine selbstständige Entscheidungsmöglichkeit zu, da diese nicht nur aufgrund von Verständigungen seitens der Unternehmensleitung sondern erforderlichenfalls auch aufgrund von Auskünften seitens Lenkerkollegen über Schwierigkeiten auf bestimmten Strecken selbst die Fahrtroute ändern.

 

4.5. Den übereinstimmenden Angaben des Bw sowie des Zeugen C D war weiters zu entnehmen, dass es sich bei der vorliegenden Fracht um keine Terminsendung gehandelt hat und legte auch diese Feststellung der Unabhängige Verwaltungssenat seiner Entscheidung zu Grunde.

 

4.6. Ebenso ergaben die übereinstimmenden Aussagen des Bw und des Zeugen D, dass es sich bei dem Lenker um einen guten und verlässlichen Fahrer handelt, der normalerweise die Weisungen der Firmenleitung einhält, und es sich bei dessen gegenständlichem Verhalten um einen "einmaligen Ausrutscher" gehandelt habe. Weiters hat sich nach der glaubhaften Aussage des Lenkers D vor diesem Anlassfall im Rahmen eines von ihm durchgeführten Transportes noch nie das Problem eines erschöpften Ökopunkteguthabens gestellt. Bei Verstößen gegen Weisungen reagiert der Bw seinen eigenen Angaben nach im Hinblick auf die betroffenen Lenker jeweils verschieden. Bei äußerst verlässlichen Fahrern - wie dem Lenker D - werden diese auf die Folgen der Missachtung der Anweisung hingewiesen und ihnen mitgeteilt, dass ein solches Verhalten nicht tragbar sei. Dass auch im gegenständlichen Fall diese Vorgehensweise gewählt wurde, ergab wiederum die Aussage des Lenkers D, er sei vom Bw gerügt worden, als er ihm das Protokoll über die gegenständliche Kontrolle vorlegte. In Fällen, in denen sich Fahrer grundsätzlich nicht um Rechtsvorschriften oder Weisungen kümmern, kommt es der Aussage des Bw zu Folge letztlich zu einer Auflösung des Dienstverhältnisses.

 

4.7. Im Übrigen schadete der Umstand, dass der Zeuge C D angab, die Zielorte vorliegender Lieferung wären in Aschaffenburg und Mönchengladbach (anstatt - laut Frachtbriefen - in Essen bzw in Tönisvorst) gelegen, dessen Glaubwürdigkeit nicht, da zwischen dem gegenständlichen Transport und seiner Aussage im Rahmen der Berufungsverhandlung ein langer Zeitraum - circa 14 Monate - liegt, und eine fehlerfreie, vollständige Erinnerung sohin unwahrscheinlich ist.

 

5. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.3 des Güterbeförderungsgesetzes hat sich jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000, (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten sind und bei welcher ein Umweltdatenträger benützt wird, davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Der Unternehmer hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Bw den Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges, als sich der Transport noch auf rumänischem Staatsgebiet befand, angewiesen hat, nicht durch das österreichische Bundesgebiet, sondern über die slowakische und tschechische Republik nach Deutschland zu fahren. Dieser Anweisung widersetzte sich der Lenker aus persönlichen Gründen.

 

Soweit die belangte Behörde die Auffassung vertritt, die Anweisung an den Fahrer, das Bundesgebiet nicht zu durchfahren, vermöge ohne nachweislich erfolgter Kontrolle über deren Einhaltung nicht von einem Verschulden zu entlasten, ist zu bemerken, dass dem Bw vorliegend die Darlegung gelang, dass er bei Verstößen gegen Weisungen im Hinblick auf die betroffenen Lenker je nach deren bisherigem Verhalten differenziert reagiert. Dass bei verlässlichen Fahrern mit milderen Maßnahmen - nämlich mit einem Verweis auf die Folgen der Missachtung und der Mitteilung, dass ein solches Verhalten nicht tragbar sei - das Auslangen gefunden wird, es jedoch bei Fahrern, die sich wiederholt nicht an Anweisungen halten, letztlich auch zu einer Auflösung des Dienstverhältnisses kommt, erscheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat für ein Kontroll- und Sanktionssystem des Bw hinsichtlich der Einhaltung von Weisungen ausreichend. Noch strengere Anforderungen an ein solches Kontroll- und Sanktionssystem zu stellen, wäre überspannend und realitätsfremd.

 

Da der Bw vorliegend den Lenker im Rahmen seines Unternehmens, in dem die Einhaltung von Weisungen hinreichend kontrolliert wird und diesbezügliche Verstöße ausreichend sanktioniert werden, angewiesen hat, Österreich zu umfahren, hat er die gegenständliche Fahrt durch Österreich nicht veranlasst und daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Folglich war das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

Zu II.:

Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 
 

Dr. Linkesch

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