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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110586/2/Kl/Rd/Pe

Linz, 17.06.2004

 

 

 VwSen-110586/2/Kl/Rd/Pe Linz, am 17. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des N S, vertreten durch Rechtsanwältin I B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4.5.2004, VerkGe96-263-1-2003, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4 iVm 68 AVG iZm §§ 24 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4.5.2004, VerkGe96-263-1-2003, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.453 Euro, sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z3 und § 7 Abs.1 GütbefG verhängt, weil er als Unternehmer mit dem Sitz in, am 13.12.2003 gegen 11.55 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, bei Strkm 75,200, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: N S, Lenker: Y S, welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats ist (Staatsbürgerschaft: Türkei), einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr und zwar eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (10.727 kg Textilien) von Rumänien nach Österreich mit einem Zielort in Deutschland ohne die hierfür erforderliche Fahrerbescheinigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92, idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002, durchgeführt hat. Er sei nicht Inhaber einer solchen Fahrerbescheinigung. Die mitgeführte Fahrerbescheinigung mit der Nr. D/1399/BW/GP/Nr. 10/03, ausgestellt vom Landratsamt Göppingen ist am 12.5.2003 abgelaufen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin sowohl die Aufhebung des Straferkenntnisses als auch die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bw eine CEMT-Genehmigung mit sich geführt habe, wäre dies nicht der Fall gewesen, wäre dieser Umstand in der ersten Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7.1.2004 aufgeführt worden. Der Bw sei im Besitz von 10 CEMT-Genehmigungen, wobei Lkw, für die keine Jahresgenehmigungen für Ungarn vorliegen, immer CEMT-Genehmigungen mit sich führen. Dies sei auch am 13.12.2003 beim Fahrer Y S mit dem Sattelzugfahrzeug und dem Sattelanhänger der Fall gewesen. Der Fahrer habe zudem möglicherweise seine abgelaufene Fahrerbescheinigung bei sich gehabt. Der Bw habe für den Fahrer Y S wiederum eine Fahrerbescheinigung, sodass davon auszugehen sei, dass auch in der Zwischenzeit eine Fahrerbescheinigung gegeben und die Rechtmäßigkeit der Beschäftigung des Fahrers über die mitgeführte CEMT-Genehmigung hinaus gegeben gewesen sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4. Aufgrund der Aktenlage steht fest, dass mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 23.4.2004, VwSen-110561/2/Kl/Rd/Pe, ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20.2.2004, mit welchem wegen desselben Sachverhaltes wie im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 1.453 Euro verhängt wurde, aufgehoben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 68 Abs.1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Diese Regelung des § 68 Abs.1 AVG entspricht dem Grundsatz "ne bis in idem". Dies bedeutet, dass die Rechtskraft eines Bescheides dessen Unanfechtbarkeit sowie Unabänderbarkeit bewirkt ("entschiedene Sache").

 

Es hat daher der VwGH in seiner ständigen Judikatur ausgesprochen, dass die materielle Rechtskraft es allen Strafverfolgungsbehörden verbietet, wegen derselben Tat gegen denselben Beschuldigten noch einmal ein Strafverfahren durchzuführen (ne bis in idem), auch wenn die Richtigkeit der rechtkräftigen Entscheidung zweifelhaft geworden ist. Der EuGMR hat im Fall Gradinger und Oliveira ausgeführt, dass wegen derselben "Tat", gemeint bei denselben Tatumständen, nicht ein weiteres Mal eine Person verfolgt und bestraft werden darf.

 

Weil aber in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache bereits rechtskräftig ein Straferkenntnis durch den Oö. Verwaltungssenat aufgehoben und gleichzeitig das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurde, steht einer weiteren Entscheidung im selben Strafverfahren die Rechtskraft dieses einstellenden Bescheides entgegen. Es wurde daher durch die Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses durch die belangte Behörde gegen den Grundsatz der Doppelbestrafung verstoßen.

 

5.2. Von der neuerlichen Einstellungsverfügung konnte zum einen deshalb Abstand genommen werden, da mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 23.4.2004, VwSen-110561/2/Kl/Rd/Pe, das Verfahren bereits zum damaligen Zeitpunkt eingestellt worden ist und die Wirkung dieser Einstellung durch keinerlei Wiederaufnahmeverfügung der belangten Behörde außer Kraft gesetzt worden ist. Sohin ist und bleibt das Verfahren eingestellt.

 

Zum anderen hat die belangte Behörde auch keinerlei Verfahrenshandlungen gesetzt, die eine neuerliche entsprechende Verfügung geboten erscheinen ließen.

Sohin konnte mit der Aufhebung des Straferkenntnisses ohne weitere Verfügungen das Auslangen gefunden werden.

 

5.3. Weil die Berufung Erfolg hatte, brauchte auf die Vorbringen im Berufungsschriftsatz nicht näher eingegangen werden.

 

Gemäß § 66 VStG entfallen jegliche Kostenbeiträge, weil die Berufung Erfolg hatte.

 

6. Die gegenständliche Angelegenheit wird vom Oö. Verwaltungssenat unter Hinweis auf dessen ständige einschlägige Judikatur zum Anlass für folgende generelle Feststellung genommen:

§ 7 Abs.1 Z1 bis 4 GütbefG enthält nicht das Erfordernis einer Fahrerbescheinigung. Es wurde daher auch keine Verwaltungsübertretung gemäß § 7 Abs.1 und § 23 Abs.1 Z3 GütbefG begangen. Vielmehr wurde die EG-VO Nr. 484/2002 (in Verbindung mit § 23 Abs.1 Z9 GütbefG) verletzt.

Die Tatortfiktion des § 23 Abs.3 GütbefG - abweichend von der generellen Regelung des § 2 Abs.1 VStG - betrifft die dort taxativ aufgezählten Tatbestände. Der verfahrensgegenständliche des § 23 Abs.1 Z9 GütbefG findet sich in dieser Bestimmung nicht und kann auch nicht hineininterpretiert werden (§ 1 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt
 

 

Beschlagwortung:

Aufhebung und Einstellung des Strafverfahrens, Rechtskraft, entschiedene Sache

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