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VwSen-110628/2/Kl/Rd/Pe

Linz, 23.02.2005

 

 

 VwSen-110628/2/Kl/Rd/Pe Linz, am 23. Februar 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des H I, vertreten durch Rechtsanwälte Dres. N & N & N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 12.11.2004, VerkGe96-185-2004, wegen Zurückweisung des Einspruches vom 9.11.2004 wegen Verspätung und wegen Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 iVm 71 Abs.1 AVG iZm §§ 24, 49 Abs.1 und 51 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Bescheid vom 12.11.2004, VerkGe96-185-2004, unter Spruchpunkt I. den Einspruch des Bw vom 9.11.2004 gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4.10.2004, VerkGe96-185-2004, als verspätet eingebracht zurückgewiesen und unter Spruchpunkt II. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Einspruchs gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4.10.2004, VerkGe96-185-2004, abgewiesen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher eine unrichtige rechtliche Beurteilung sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht wurden.

Begründend wurde dargelegt, dass der Bw aufgrund der Beanstandung am 27.9.2004 nicht damit rechnen musste, dass ein Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn eingeleitet werde. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass der Bw bereits seit 27.9.2004 die Möglichkeit besessen habe, sich um eine geeignete Person umzusehen, welche ihm das behördliche Schreiben übersetzt. Der Bw konnte nicht wissen, dass im gegenständlichen Fall die Zustellung in die Türkei ohne Übersetzung erfolgen werde. Gemäß § 11 Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen vorzunehmen. Der Bw habe damit rechnen können, dass ihm ein behördliches Schriftstück als Nichtösterreicher im Ausland übersetzt zugestellt wird.

Der Vorwurf der belangten Behörde, wonach sich der Bw um einen Übersetzer zu kümmern gehabt hätte, werde dadurch entkräftet, dass er zwar bemüht war einen solchen ausfindig zu machen, es ihm aber leider nicht gelungen sei. Da der Bw somit nicht gewusst habe, dass es sich bei dem gegenständlichen Schriftstück um eine Strafverfügung mit einer Einspruchsfrist von 14 Tagen gehandelt habe, liege ein Ereignis vor, das für ihn unabsehbar und unabwendbar war, welches ihn an der rechtzeitigen Erhebung des Einspruches gehindert habe. Es sei jedenfalls nur ein minderer Grad des Versehens vorhanden, welcher die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht hindere.

Da die vom Bw beantragten Einvernahmen des Meldungslegers und des Arbeitgebers des Bw von der belangten Behörde unterlassen wurden, liege daher ein mangelhaftes Verfahren vor.

Es wird daher die Stattgebung der Berufung, in eventu die Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz sowie die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten entgegensteht (§ 51e Abs.4 VStG). Der Meldungsleger war im gegenständlichen Verfahren nicht einzuvernehmen, weil er zur Zustellung keine Aussagen treffen kann, die Tat aber nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist.

Von der Einvernahme des A T konnte Abstand genommen werden, weil die Kenntnisnahme vom Inhalt der Strafverfügung am 5.11.2004 - dies in türkischer Sprache, was sich aus dem übrigen Vorbringen ergibt - dem Bw geglaubt wird und daher nicht weiters unter Beweis zu stellen war.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

  1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
  2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

4.2. Zur Frage der ordnungsgemäßen Zustellung der Strafverfügung bzw der Verspätung des Einspruches (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Aus dem Akt ist ersichtlich, dass die belangte Behörde die Strafverfügung gegen den Bw mit 5.10.2004 abgefertigt hat. Am "Aufgabeschein" des internationalen Rückscheins ist der 6.10.2004 als Aufgabedatum vermerkt. Überdies befindet sich der Poststempel des Empfängerpostamtes und ein weiterer Poststempel vom 11.10.2004 auf dem Rückschein, sowie zwei Unterschriften (vom Postzusteller und Empfänger).

Mangels einer besonderen internationalen Vereinbarung ist eine ordnungsgemäße und wirksame Zustellung erfolgt. Die Annahme des Schriftstückes wurde nicht verweigert (bei ausländischen, fremdsprachigen Schriftstücken würde dieses Recht der internationalen Übung entsprechen). Es ist daher von einer wirksamen, die Einspruchsfrist auslösenden Zustellung auszugehen. Diese Frist ist mit 25.10.2004 abgelaufen.

 

Ob der Adressat und wann er tatsächlich Kenntnis vom Inhalt des Schriftstückes nimmt bzw erhält, ist für die Frage der ordnungsgemäßen Zustellung nicht von Relevanz. Es war daher ein Beweisverfahren zur Frage des Zeitpunktes der Kenntnisnahme vom Inhalt mangels Relevanz für die Entscheidung nicht vorzunehmen.

Im Übrigen kann nur bei einer ordnungsgemäßen Zustellung eine Fristversäumnis eintreten und ist dann ein Wiedereinsetzungsantrag zulässig. Dies wurde ohnehin vom Bw vorausgesetzt.

 

4.3. Zu Spruchpunkt II (Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) wird vom Oö. Verwaltungssenat Folgendes ausgeführt:

 

4.3.1. Der Bw verantwortet sich in seinem Einspruch vom 9.11.2004 gegen die Strafverfügung als auch in der Berufung gegen den oa Bescheid dahingehend, dass

aufgrund des Umstandes, dass er als türkischer Staatsbürger der deutschen Sprache nicht mächtig sei, daher seinen Auftraggeber (gemeint wohl: Arbeitgeber) um die Übersetzung gebeten hat, sodass er erst mit Übersetzung am 5.11.2004 Kenntnis vom Inhalt der Strafverfügung und von der Einspruchsfreist erhielt.

Entgegen dem Vorbringen des Bw, dass die Einspruchsfrist am 5.11.2004 zu laufen begonnen habe, ist die Kenntnis bzw der Wegfall des Hindernisses (mit Übersetzung am 5.11.2004 ist das Hindernis für die Fristversäumnis gemäß § 71 Abs.2 AVG weggefallen) maßgeblich für die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages. Der Antrag vom 9.11.2004 ist daher fristgemäß.

 

4.3.2. Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides bereits dargelegt hat, ist in Österreich die deutsche Sprache als Amtssprache anzuwenden (vgl Art.8 B-VG).

Danach stellen mangelnde deutsche Sprachkenntnisse nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Wiedereinsetzungsgrund dar (vgl. VwGH vom 27.2.1989, 88/10/0120, vom 29.5.1990, 88/04/0033 sowie vom 18.6.1990, 90/19/0165). Es trifft daher jede Partei in Anbetracht der Bedeutung von Rechtsmittelfristen in Bezug auf deren Einhaltung eine erhöhte Sorgfaltspflicht (vgl. VwGH vom 19.12.1996, 95/11/0187). Gerade das Wissen des Bw um seine mangelhafte Beherrschung der deutschen Sprache hätte ihn zu besonderer Aufmerksamkeit veranlassen müssen (vgl. VwGH vom 7.8.2001, 98/18/0068).

 

4.3.3. Dieser geforderten Sorgfaltspflicht ist der Bw nicht ausreichend nachgekommen. Dies deshalb, da er, wie der Anzeige der Zollverwaltung vom 27.9.2004 zu entnehmen ist, am selben Tag von österreichischen Gendarmeriebeamten anlässlich einer Zollkontrolle beamtshandelt wurde, im Zuge derer ein Betrag von 100 Euro als vorläufige Sicherheit von ihm eingehoben wurde. Aufgrund dieses Vorfalles hätte ihm bewusst sein müssen, dass er gegen ein österreichisches Gesetz verstoßen haben konnte. Ob ein Strafbescheid für den Betreffenden unerwartet zugestellt wird oder nicht, ist aber ohnehin generell ohne rechtliche Relevanz in Bezug auf einen dadurch ausgelösten Fristenlauf. Das Gleiche gilt dahingehend, welchen Zeitraum sich der Bw für die Inanspruchnahme einer Übersetzungsmöglichkeit des Bescheidinhaltes in die türkische Sprache genommen hat. Von Bedeutung ist lediglich, dass er dies innerhalb der dafür vorgesehenen gesetzlichen Frist, die weder verlänger- noch verkürzbar ist, unabhängig davon, welcher Nationalität der Beschuldigte angehört, erledigt.

 

Der Bw durfte auch nicht quasi im Zweifel davon ausgehen, das ihm zugekommene behördliche Schriftstück werde schon keine fristgebundene Reaktion erfordern.

Dazu kommt noch, dass die Strafverfügung auch ohne detaillierte Kenntnisse der deutschen Sprache soweit verständlich ist, dass es dort um einen Geldbetrag von 100 Euro geht. Legt man auch nur einen geringen Sorgfaltsmaßstab an den Bescheidadressaten an, wäre zu erwarten gewesen, dass sich dieser sogleich kundig macht, worum es hier gehen könnte.

 

Die Behauptung des Mangels jeglicher Deutschkenntnisse des Bw steht im Übrigen im Widerspruch zu seinen Angaben laut Anzeige, wo davon die Rede ist, er habe nicht darauf geschaut, ob die Lizenz bzw die Fahrerbescheinigung gültig ist und ansonsten nichts dazu sagen zu können.

 

4.3.4. Zu den Ausführungen im Einspruch in Bezug auf die Einschaltung des Arbeitgebers des Bw ist zu bemerken:

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gehört zu den Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, dass die Partei an der Versäumung der Frist kein Verschulden trifft. Selbst ein unabwendbares Ereignis wird nicht als Wiedereinsetzungsgrund anerkannt, wenn der Eintritt durch die Partei zumindest leicht fahrlässig verursacht wurde.

 

Gründe, weshalb es dem Bw nicht möglich war, bereits vor dem 5.11.2004 mit seinem Arbeitgeber in Kontakt zu treten, um für eine fristgerechte Einspruchserhebung zu sorgen, wurden nicht vorgebracht. Es erscheint auch nicht lebensnah, dass, wenn ein Strafverfahren anhängig ist, welches im Rahmen von dienstlichen Ausführungen für den Arbeitgeber herrührt, nicht sogleich mit dem Arbeitgeber Rücksprache gehalten bzw Vorkehrungen für die weiteren Schritte getroffen wurden, sondern dass der Bw erst nahezu drei Wochen verstreichen lässt, bevor er sich mit seinem Arbeitgeber diesbezüglich in Verbindung setzt.

 

Es konnte daher der Bw aufgrund der obigen Ausführungen weder ein mangelndes Verschulden noch einen minderen Grad des Versehens glaubhaft machen.

 

Aus diesem Grunde war der Bescheid der belangten Behörde vollinhaltlich zu bestätigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Klempt
 

 

Beschlagwortung:

Zustellung ohne Übersetzung, ordnungsgemäß und wirksam, Sprachkenntnisse, Wiedereinsetzungsgrund

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