Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-110677/2/Kl/Pe

Linz, 14.09.2005

 

 

 

VwSen-110677/2/Kl/Pe Linz, am 14. September 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des S H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 8.6.2005, VerkGe96-62-1-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz (GütbefG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 8.6.2005, VerkGe96-62-1-2004, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 365 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z7, § 17 Abs.4 Z3 und § 17 Abs.3 Z10 und 11 GütbefG verhängt, weil er als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG der M S- und L GmbH mit dem Sitz in, und somit verantwortlicher Güterbeförderungsunternehmer und Frachtführer, wie am 24.8.2004 um 9.35 Uhr von der Verkehrsabteilung des LGK f. Oö. anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle auf der Autobahn A 8 in Kematen an der Krems bei Strkm. 24,90 festgestellt wurde, mit dem Lkw, Anhänger ebenfalls, Lenker K M, eine gewerberechtliche Güterbeförderung im grenzüberschreitenden Verkehr, es wurden Aluminium Billets befördert, von Rotterdam nach Marktl durchgeführt hat, wobei auf dem mitgeführten Frachtbrief folgende Angaben fehlten, für deren Eintragung der Frachtführer verantwortlich ist:

Z10 der Name und Anschrift des (aktuellen) Frachtführers

Z11 das behördliche Kennzeichen des Kraftfahrzeuges.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser ausgeführt, dass der Beschuldigte keine Unterschrift gegenüber der Firma M S- und L GmbH als Verantwortlicher zur Einhaltung der Frachtbriefpflichten oder anderer Pflichten geleistet habe. Dies werde strikt bestritten. Sollte eine Unterschrift in diesem Zusammenhang vorliegen, so handle es sich um eine Fälschung. Der Berufungswerber sei nie bei der Firma M angestellt gewesen. Wieso solle er für einen Fahrer die Verantwortung übernehmen, den er nicht einmal kenne.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Weil die Berufung Erfolg hat und das Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e VStG).

 

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

 

Aus der dem Verfahren zugrundeliegenden Anzeige vom 5.9.2004 ist ersichtlich, dass am 24.8.2004 um 9.35 Uhr ein gewerblicher Gütertransport von Rotterdam, Niederlande, nach Marktl durch die M S- und L GmbH, durch den Lenker M K mit dem Lkw und dem Anhänger durchgeführt wurde, wobei im mitgeführten Frachtbrief Name und Anschrift des Frachtführers und das Kennzeichen des Kraftfahrzeuges fehlten.

Aus dem Firmenbuchauszug geht Herr L D als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M S- und L GmbH, hervor. Laut Gewerberegisterauszug ist die M S- und L GmbH im Besitz einer Konezession zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs (Güterfernverkehr), beschränkt auf die Verwendung von zwei Lkw.

In dem zunächst gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer durchgeführten Strafverfahren wurde von diesem Berufung gegen ein Straferkenntnis der belangten Behörde am 26.11.2004 eingebracht und eine Urkunde, datiert vom 12.11.2003 über "Frachtbriefpflicht" betreffend den Berufungswerber vorgelegt. Danach sollte sinngemäß eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung des Mitführens des Frachtbriefes und der ordnungsgemäßen Eintragung der den Frachtführer betreffenden Angaben im Frachtbrief sowie die fortlaufende Nummerierung des Frachtbriefes erfolgen. Diese Urkunde wurde vom Berufungswerber unterfertigt und erklärt sich dieser sowohl mit der Verantwortung als auch der Beauftragung einverstanden.

Daraufhin wurde gegen den verantwortlichen Beauftragten das Strafverfahren fortgesetzt, wobei aber nunmehr zunächst als Tattag der 20.10.2004 vorgeworfen wurde und als Kennzeichen des Lkw und des Anhängers mit ausgeführt wurde. Im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wird als Tatzeit der 24.8.2004 angeführt und als Fahrzeug der Lkw und der Anhänger benannt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 17 GütbefG 1995 haben die Güterbeförderungsunternehmer bei Güterbeförderungen ab 50 km Entfernung oder über die Grenze über jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen (Abs.1), wobei der Frachtbrief u.a. den Namen und die Anschrift des Frachtführers, das behördliche Kennzeichen des Kraftfahrzeuges und der mitgeführten Anhänger zu enthalten hat (§ 17 Abs.1 und Abs.3 Z10 und 11 leg.cit.).

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z7 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer andere als die in Z1 bis 6 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes nicht einhält.

 

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist bei juristische Personen für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich das zur Vertretung nach außen berufene Organ, also im gegenständlichen Fall der handelsrechtliche Geschäftsführer der GmbH.

Ist jedoch ein verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG bestellt, so geht die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit auf den verantwortlichen Beauftragten über. Bei nicht zur Vertretung nach außen berufenen Personen ist eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten nur für einen bestimmten räumlich oder sachlich abgegrenzten Bereich des Unternehmens möglich (§ 9 Abs.2 letzter Satz VStG).

 

5.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dürfen die Bestellungen (Namhaftmachungen) von verantwortlichen Beauftragten keine Zweifel über den Umfang der Übertragung der Verantwortlichkeit offen lassen (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens, Auflage 6, S.1.284 mit Judikaturnachweisen). Aus dem § 9 Abs.3 und 4 VStG ist zu schließen, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, "klar abzugrenzen" ist. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor. Das Tatbestandsmerkmal des klar abzugrenzenden Bereiches im § 9 Abs.4 VStG muss schon beim Nachweis der Zustimmung des verantwortlichen Beauftragten vorgelegen haben und darf nicht erst während des anhängigen Strafverfahrens entscheidend ergänzt werden (vgl. Hauer/Leukauf, Anm.106 u. 107 sowie 116 zu § 9 Abs.2 VStG mit Nachweisen).

 

Die im Akt vorliegende Bestellungsurkunde weist ein Datum vor Tatbegehung auf. Sie ist auch vom Beschuldigten unterzeichnet. Sie ist aber nicht vom nach außenvertretungsbefugten Organ der M S- und L GmbH unterzeichnet. Schon aus diesem Grunde kann eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht erfolgen. Darüber hinaus geht aber aus dieser Urkunde auch nicht ein sachlich oder räumlich abgegrenzter Bereich des Unternehmens hervor. Vielmehr besteht aufgrund dieser Urkunde überhaupt keine Abgrenzung. Die Benennung der Pflicht für die Obsorge des Ausfüllens der Frachtbriefe hingegen ist ein sachlicher Verantwortungsbereich, aber unbegrenzt für das gesamte Unternehmen. Dem Oö. Verwaltungssenat - wie auch der belangten Behörde - ist aber aus weiteren vorgelegten Urkunden und aus zahlreichen parallel laufenden Strafverfahren gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit nach außen Vertretungsbefugten der M S- und L GmbH bekannt, dass auch andere Personen zu verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen über den Frachtbrief bestellt sind. Es ist daher kein klar abgegrenzter sachlicher Bereich vorhanden. Eine überlappende Zuständigkeitsübertragung ist hingegen nach der Judikatur des VwGH unzulässig und macht die Bestellung unwirksam. Eine wirksame Bestellung ist daher auch aus dieser Sicht nicht erfolgt. Dies bedeutet daher, dass die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit weiter beim handelsrechtlichen Geschäftsführer als nach außenvertretungsbefugtes Organ der M S- und L GmbH mit dem Sitz in liegt.

 

Es hat daher der Beschuldigte die Tat nicht begangen und war daher das Straferkenntnis gegen ihn aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Darüber hinaus wird aber die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass im gesamten Verwaltungsstrafverfahren Unstimmigkeiten hinsichtlich des Kennzeichens des angehaltenen Lkw und des Anhängers auftreten. Dies wäre im Zuge der Fortsetzung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer noch zu klären.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

verantwortlicher Beauftragter, sachlich abgegrenzter Bereich fehlt, keine Unterschrift

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum