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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110690/2/Kl/Pe

Linz, 03.11.2005

 

 

 

VwSen-110690/2/Kl/Pe Linz, am 3. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des H K, vertreten durch Rechtsanwälte H-U S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 16.9.2005, VerkGe96-85-2005, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis samt Verfallsausspruch vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat einen Verfahrenskostenbeitrag von 40 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 37 Abs.5 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 16.9.2005, VerkGe96-85-2005, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.2 GütbefG iVm Art.3 Abs.1 und Art.6 Abs.4 Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF Verordnung (EG) Nr. 484/2002 verhängt, weil er am 6.7.2005 als Lenker des Kraftwagenzuges mit dem amtlichen Kennzeichen, zugelassen für O K in, mit dem Anhänger, amtliches Kennzeichen, zugelassen für O K in, eine Fahrt im gewerblichen Güterverkehr von der Türkei nach Deutschland durchführte. Für diesen grenzüberschreitenden Güterverkehr händigte er bei der Kontrolle um 17.23 Uhr auf der Innkreisautobahn A 8, auf dem Autobahnparkplatz im Freiland, Gemeindegebiet Utzenaich, Bezirks Ried/Innkreis, bei Abkm. 57,050, den Aufsichtsorganen des Landesgendarmeriekommandos über deren Verlangen keine auf das Güterbeförderungsunternehmen O K lautende Fahrerbescheinigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 aus, obwohl er Staatsbürger der Türkei und somit Drittstaatangehöriger ist und die Fahrt mit einer für O K ausgestellten Gemeinschaftslizenz durchgeführt wurde. Der grenzüberschreitende Verkehr unterliegt einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung. Diese ist den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde zunächst auf das Schreiben vom 3.8.2005 hingewiesen und weiters dargelegt, dass die Firma O K Inhaber der Gemeinschaftslizenz mit der Nr. D/0189/HH ist, die berechtigt, Anträge auf Erteilung einer Fahrerbescheinigung bei den zuständigen Behörden zu stellen. Die Freie und Hansestadt Hamburg lehnt die Ausstellung im vorstehenden Fall mit der Begründung ab, dass die EU-Fahrerbescheinigung nicht auszustellen ist, wenn die grenzüberschreitenden Beförderungen unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen ausgeführt werden. Ein Schreiben vom 15.7.2005 wurde vorgelegt. Weiters wurde auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Hamburg vom 15.8.2003 hingewiesen, welcher die Rechtsauffassung zur Nichterteilung der Fahrerbescheinigung bestätigte. Der Berufungswerber ist Angestellter der Firma K, S E C M K, mit Anschrift in, die mit der Firma O K einen Agenturvertrag unterhält. Es war dem Berufungswerber nicht vorzuwerfen, dass er bei gehöriger Sorgfalt erkennen müsste, dass er ohne Fahrerbescheinigung österreichische Straßen nicht befahren darf.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, weil eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde sowie lediglich die rechtliche Beurteilung angefochten wurde und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme; danach ist der Sachverhalt vollkommen geklärt. Im Übrigen wurde der Sachverhalt auch nicht bestritten. Laut Anzeige ist der Berufungswerber mit dem näher angeführten Kraftfahrzeug, zugelassen auf die Firma O K mit Sitz in, in Utzenaich auf der Innkreisautobahn angetroffen worden. Dabei wurde festgestellt, dass der Lenker türkischer Staatsangehöriger ist und einen gewerblichen Gütertransport von der Türkei nach Deutschland durchgeführt hat, wobei eine auf O K, lautende EU-Gemeinschaftslizenz Nr. D/0189/HH, gültig bis 30.11.2007, vorgewiesen wurde. Weiters wurde eine Fahrerbescheinigung Nr. 0047 des Landratsamtes München ausgestellt für die E S und T GmbH, gültig bis zum 10.7.2005 vorgelegt. Eine auf die Firma O K ausgestellte Fahrerbescheinigung wurde nicht vorgewiesen. Im mitgeführten Frachtbrief ist als Frächter K aus zu entnehmen. Auch die verwendeten Fahrzeuge sind auf Os K zugelassen. Weiters wurde eine vorläufige Sicherheit von 200 Euro eingehoben.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 23 Abs.2 GütbefG 1995, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 32/2002, ist, wer als Lenker unmittelbar anwendbare Vorschriften der europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß Art.3 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002, unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung - sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist - mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.6 Abs.4 der zitierten Verordnung ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt. Eine beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung ist in den Geschäftsräumen des Verkehrsunternehmers aufzubewahren. Die Fahrerbescheinigung ist dem Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

 

5.2. Aufgrund des festgestellten und erwiesenen Sachverhaltes wurde ein grenzüberschreitender gewerblicher Güterverkehr, nämlich von der Türkei über Österreich nach Deutschland durchgeführt und wurde bei dieser Fahrt vom Beschuldigten als Lenker eine gültige Gemeinschaftslizenz des Güterbeförderungsunternehmens, nämlich O K, vorgelegt. Da der Beschuldigte erwiesenermaßen türkischer Staatsangehöriger ist, ist nach der vorzitierten Bestimmung iVm der Gemeinschaftslizenz auch eine Fahrerbescheinigung des Unternehmens O K für den Berufungswerber als Lenker vorzulegen. Eine Fahrerbescheinigung lag nicht vor und wurde daher auch nicht vom Lenker mitgeführt und den Kontrollorganen vorgezeigt. Es ist daher der vorgeworfene Straftatbestand erfüllt. Die belangte Behörde ist daher in rechtsrichtiger Beurteilung von der Begehung der Verwaltungsübertretung ausgegangen.

 

Auch hat der Beschuldigte die Tat subjektiv zu verantworten. Ein Entlastungsnachweis wurde nicht erbracht. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und ist Fahrlässigkeit zu vermuten, sofern nicht der Beschuldigte glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Wenn der Berufungswerber in seiner Berufung zuletzt anführt, dass ihm ein rechtmäßiges Verhalten nicht zuzumuten sei und daher kein Verschulden gegeben sei, so ist ihm entgegenzuhalten, dass der Berufungswerber als Lenker die ihn betreffenden Vorschriften kennen muss bzw. sich bei Unkenntnis Kenntnis zu verschaffen hat. Diese Kenntnis hat er sich bei der hiefür zuständigen Behörde zu verschaffen. Dies sind gegenständlich die österreichischen Behörden. Dass er sich entsprechend erkundigt hätte, nämlich bei österreichischen oder deutschen Behörden, wird nicht einmal vorgebracht und auch nicht unter Beweis gestellt. Es ist daher das Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld vollinhaltlich zu bestätigen.

 

5.3. Hinsichtlich des weiteren Berufungsvorbringens, nämlich Hinweis auf ein Schreiben der Freie und Hansestadt Hamburg und einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes Hamburg wird auf die rechtskräftige Judikatur des Oö. Verwaltungssenates, insbesondere auf das Erkenntnis zu VwSen-110674/2/kl/Pe vom 12.7.2005 hingewiesen. Darin wird ausdrücklich und klar ausgeführt, dass eine Fahrerbescheinigung eines drittstaatsangehörigen Lenkers nur dann nicht nötig ist, wenn die gewerbliche Güterbeförderung über die Grenze unter Einsatz von CEMT- oder bilateralen Genehmigungen ausgeführt wird. Dies ist aber im gegenständlichen Fall auszuschließen, weil eine Gemeinschaftslizenz mitgeführt und vorgewiesen wurde. Aufgrund der vorzitierten EU-Verordnungen ist aber iVm einer Gemeinschaftslizenz eine Fahrerbescheinigung vorzuweisen. Im Übrigen wurde auch bei der gegenständlichen Anhaltung keine CEMT-Genehmigung oder bilaterale Genehmigung vorgewiesen.

 

Zu dem vom Berufungswerber vorgelegten Schreiben der Freie und Hansestadt Hamburg vom 14.7.2005 ist allerdings zu entgegnen, dass der dort zitierte Art.1 Abs.2 der Verordnung 881/92 idgF nur für die in dem Mitgliedstaat zurückgelegte Wegstrecke anwendbar ist, in dem die Be- oder Entladung stattfindet. Dies ist im vorliegenden Fall Deutschland. Diese Bestimmung ist daher für das Durchfahrtsland Österreich nicht anwendbar. Dies bedeutet, dass in Österreich die Gemeinschaftslizenz und bei einem Lenker mit Drittstaatsangehörigkeit auch die Fahrerbescheinigung vorzulegen ist. Auch ist weiters in dem Schreiben richtig angeführt, dass anstelle der Gemeinschaftslizenz auch mit einer CEMT- oder bilateralen Genehmigung gefahren werden kann. Die CEMT-Genehmigung - wenn eine solche entwertet und benützt wird - reicht für sich aus und es ist zu einer CEMT-Genehmigung keine Fahrerbescheinigung mehr vorzulegen. Allerdings ist dann zu beachten, dass das Staatsgebiet von EU-Staaten nicht durchfahren werden darf. Im vorliegenden Fall allerdings wurde eine CEMT-Genehmigung nicht verwendet, vielmehr wurde eine Gemeinschaftslizenz verwendet. Es war daher von den Bestimmungen über die Gemeinschaftslizenz auszugehen. Es wäre aber dem Güterbeförderungsunternehmen und somit dem Lenker offen gestanden - sofern vorhanden - anstelle mit einer Gemeinschaftslizenz mit einer CEMT-Genehmigung zu fahren. Diese ist entsprechend zu entwerten und dann den Kontrollorganen vorzulegen.

 

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes Hamburg sind aber insofern unzutreffend, als der grenzüberschreitende Verkehr ausdrücklich in Art.2 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 geregelt ist, nämlich Fahrten eines Fahrzeuges mit oder ohne Durchfahrt durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten oder ein oder mehrere Drittländer, bei denen sich der Ausgangspunkt in einem Mitgliedstaat und der Bestimmungsort in einem Drittland oder umgekehrt befindet. Bei der gegenständlichen Fahrt ist der Ausgangspunkt in der Türkei (Drittstaat) und der Bestimmungsort in Deutschland, also einem Mitgliedstaat. Österreich, ebenfalls ein Mitgliedstaat, wird durchfahren. Es ist daher gemäß Art.1 Abs.1 der Verordnung diese Verordnung im grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr auf den im Gebiet der Gemeinschaft zurückgelegten Wegstrecken, also jedenfalls in Österreich anwendbar. Hingegen ist die Auffassung des Berufungswerbers richtig, dass für das Gebiet bzw. die Wegstrecken in Deutschland die Verordnung aufgrund der Ausnahmebestimmung des Art.1 Abs.2 der zitierten Verordnung nicht gilt, weil in Deutschland die Entladung stattfindet und ein entsprechendes Abkommen nicht geschlossen wurde. Hingegen für Österreich treffen die Voraussetzungen des Art.1 Abs.2 nicht zu, weil keine Be- oder Entladung erfolgt (Arg. "für die in dem Mitgliedstaat, in dem die Be- oder Entladung stattfindet, zurückgelegte Wegstrecke").

 

5.4. Das Strafausmaß wurde vom Berufungswerber nicht angefochten. Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung einen Ermessensspielraum, welcher nicht in gesetzwidriger Weise ausgeübt wurde. Die verhängte Geldstrafe befindet sich im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens. Auch ist die verhängte Geldstrafe unter Voraussetzung von bescheidenen Einkommensverhältnissen und keinem Vermögen angemessen. Sie soll den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abhalten. Erschwerungs- und Milderungsgründe kamen nicht hervor und wurden auch nicht vorgebracht. Es war daher die Strafe zu bestätigen.

 

5.5. Die Ausführungen der belangen Behörde zum Verfall der vorläufigen Sicherheit werden vollinhaltlich bestätigt. Insbesondere ist der Verfall der vorläufigen Sicherheit in Anbetracht der Unmöglichkeit des Strafvollzuges in der Türkei gerechtfertigt. Es war daher auch dieser Spruch zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 40 Euro, festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an denVerwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Fahrerbescheinigung, grenzüberschreitender Verkehr

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 26.03.2008, Zl.: 2005/03/0242-8

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