Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300077/4/WEI/Bk

Linz, 17.06.1997

VwSen-300077/4/WEI/Bk Linz, am 17. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender Dr. Wegschaider, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Berufung des P (richtig: K), geb. T, vertreten durch Dr. R 1, vom 17. Juni 1996, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3. Juni 1996, Zl. Pol 96-4-1996, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz - GSpG (BGBl Nr. 620/1989, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 747/1996) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der belangten Behörde vom 3. Juni 1996 wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Der Beschuldigte P hat als zur Vertretung nach außen berufenes und damit als gemäß § 9 VStG. verantwortliches Organ der Fa. 'C Handels-GesmbH.' mit dem Sitz in R, zu verantworten, daß im Lokal in V, seit 6.1.1996 bis dato, jedenfalls am 15.1.1996 und am 18.1.1996 (festgestellt bei Überprüfungen durch Gendarmeriebeamte) ein Glücksspiel in Form eines Kartenspieles, bezeichnet als 'Seven Card Stud Poker', veranstaltet wurde und weiter veranstaltet wird, obwohl es sich bei diesem Spiel um ein Glücksspiel im Sinne des § 1 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes handelt." Dadurch erachtete die belangte Strafbehörde § 1 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 und § 52 Abs 1 Z 1 des Glücksspielgesetzes als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 leg.cit." (richtig: Strafrahmen des § 52 Abs 1 Einleitungssatz GSpG) eine Geldstrafe von S 50.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 5.000,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 11. Juni 1996 zugestellt wurde, richtet sich die am 17. Juni 1996 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung gleichen Datums, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Aus einer aktenkundigen "Einladung zur Eröffnung" für Donnerstag , den 18. Jänner 1996 (Beginn 20.00 Uhr), geht hervor, daß die C ihr Cin der R, eröffnete und im festlichen Rahmen mit Buffet das Firmenkonzept vorstellte. Am Schluß heißt es: "Auf Ihren Besuch freuen sich P P" Im Auftrag der belangten Behörde führte der Gendarmerieposten V Erhebungen durch. Zwei Gendarmeriebeamte in Zivil besuchten am 15. Jänner 1996 um 21.05 Uhr das Casino, wobei sie zunächst einen Lichtbildausweis vorweisen mußten und wie jeder Besucher eine Mitgliedskarte erhielten. Im Casino waren ca 15 Gäste anwesend. Es wurde das Kartenspiel "Seven Card Stud Poker" gespielt. Spielgeld in Form von Jetons konnte an der Kassa neben dem Eingang zu verschiedenen Werten (S 20,--, S 50,--, S 100,-- und S 250,--) angekauft und wieder eingewechselt werden. Im Spiellokal befinden sich acht ovale Spieltische. Croupiers und Spielkarten werden alle 30 Minuten ausgetauscht. Es gibt Spieltische mit verschiedenem Mindesteinsatz.

Der Spielverlauf des "Seven Card Stud Poker" im C:

An jedem Spieltisch sitzt ein Croupier, der die Poker-Karten (52 Stück) an die Spieler verteilt. Jeder Spieler muß pro Spielrunde die Karten um den Mindesteinsatz des jeweiligen Spieltisches vom Casino "kaufen", S 10,-- davon gehen in den Jackpot, der unter qualifizierten Voraussetzungen (Royal oder Straight Flash schlägt Poker) zusätzlich gewonnen werden kann. Es gibt Tische mit Einsätzen von S 20 bis S 40,-- und von S 50 bis S 100,--. Der Croupier des Casinos ist selbst nicht am Spiel beteiligt, sondern erbringt nur organisatorische Dienstleistungen durch Mischen und Teilen der Karten und Kontrolle des regelkonformen Spielablaufes.

Insgesamt werden 7 Karten pro Spielteilnehmer verteilt. Die ersten beiden werden verdeckt gegeben. Nur der jeweilige Spieler darf sie sehen. Die dritte bis sechste Karte werden offen geteilt, die siebte wieder verdeckt. Nach der Verteilung von zwei verdeckten und einer offenen Karte beginnt der Spieler mit der niedrigsten offenen Karte mit dem Setzen, wobei zu diesem Zeitpunkt nur der Mindesteinsatz gebracht wird. Nach jeder nachfolgenden offenen Karte wird abermals gesetzt, wobei nunmehr der Spieler mit der höchsten Karte beginnt. Hat dieser mit den offenen Karten bereits ein Paar, darf er auch den für den Spieltisch vorgesehenen Höchsteinsatz bringen und die anderen müssen mitgehen, wenn sie nicht ausscheiden wollen. Nach Teilung der verdeckten siebten Karte wird abermals gesetzt. Danach werden alle Karten aufgedeckt und der Spieler mit dem höchsten Blatt gewinnt den "Pot". Daraufhin beginnt eine neue Spielrunde.

Der Gendarmerieposten V erstattete dem Bezirksgericht V den Vorfallenheitsbericht vom 21. Jänner 1996, Zl. P 149/96-Vo.

2.2. Auf Anfrage hat das BMF mit Schreiben vom 18. Jänner 1996, Zl. 26 1100/3-V/14/96, zum obigen Sachverhalt der belangten Behörde mitgeteilt, daß nach den erteilten Informationen beim Unternehmen "C" in V, R, der dringende Verdacht der gewerbsmäßigen Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 168 StGB bestünde. Bei dem "Seven Card Stud Poker" spielten die Spieler gegeneinander und fungiere das Casino nicht als Bankhalter, es habe aber die Organisation des Spiels (Mischen und Teilen der Karten, Kontrolle der Einsatzleistung, Feststellung des Siegers) übernommen und hebe pro Spiel eine Gebühr ein. Eine Konzession oder sonstige Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz wäre nicht erteilt worden. Beim angebotenen Kartenspiel handle es sich eindeutig um ein Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG.

2.3. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7. Februar 1996, erweitert hinsichtlich § 2 Abs 1 GSpG mit Schreiben vom 25. April 1996, hat die belangte Behörde die Tat im Sinne des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet. In den Rechtfertigungen vom 22. Februar und 7. Mai 1996 wird im wesentlichen vorgebracht, daß es sich beim Seven Card Stud Poker um kein Glücksspiel, sondern ein Geschicklichkeitsspiel handle. Zum Beweis wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens verlangt. Die HandelsgesmbH sei nicht Bankhalter und werde auch nur um geringe Beträge gespielt. In Salzburg und Wien gäbe es ähnliche Unternehmen. Die Fa C betreibe seit Jahren auf gleicher Basis ein Unternehmen in .

2.4. Dem von der belangten Behörde zum Stichtag 9. Mai 1996 eingeholten ADV-Firmenbuchauszug zur FN w ist zu entnehmen, daß die"C" Handels-GmbH mit dem Sitz in R, mit Gesellschaftsvertrag vom 5. September 1995 (Eintragung am 12.09.1995) errichtet wurde. Geschäftsführer ist P, geb. , der seit 12. September 1995 selbständig vertritt.

2.5. In der Berufung wird das Kartenspiel "Seven Card Stud Poker" abermals als Geschicklichkeitsspiel bezeichnet. Da jeder Spieler vier Karten des anderen kennt, habe er einen wesentlichen Einfluß auf den Spielverlauf und den Spielausgang. Er könne nicht nur sein Blatt sondern auch mehr als 50% der Karten der Mitspieler einschätzen, wodurch der Glücksspielcharakter völlig in den Hintergrund trete. Der Spielausgang hänge im wesentlichen vom Geschick des Spielers ab. Die Subsumtion Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GspG sei unrichtig.

Den Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte die belangte Strafbehörde jedenfalls nicht einfach übergehen dürfen. Insofern liege Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor und werde dieser Beweisantrag für das Verfahren zweiter Instanz ausdrücklich wiederholt. Die Beischaffung des Aktes GA 9-601/94 der Finanzlandesdirektion Wien, die Fa C und Freizeitgestaltung GesmbH betreffend, insbesondere des darin einliegenden Sachverständigengutachtens, werde auch beantragt.

Die belangte Behörde unterstelle vorsätzliche Übertretung und übersehe dabei, daß eine einschlägige Judikatur zum Spiel "Seven Card Stud Poker" nicht existiere und daß die Rechtslage ungeklärt sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 1995, Zl. 95/16/0047, ausgesprochen, daß nur durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden könnte, ob das Kartenspiel "Seven Card Stud Poker" ein Glücksspiel oder ein Geschicklichkeitsspiel ist. Der Bescheid wäre daher wegen des "Stoffsammelmangels" aufgehoben worden. Die unsichere Rechtslage dürfe nicht zum Nachteil des Betroffenen führen. Einen Katalog verbotener Spiele gäbe es nicht mehr. Eine präjudizielle Entscheidung sei nicht vorhanden. Die belangte Behörde hätte daher nicht böse Absicht annehmen, sondern guten Glauben zubilligen müssen und auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Bw eine wesentlich niedrigere Geldstrafe festsetzen müssen.

2.6. Die belangte Behörde hat ihren Strafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und im Begleitschreiben angeführt, daß nach Auskunft des BMF kein österreichischer Sachverständiger für Glücksspiel bekannt wäre. Der Erfolg in diesem Spiel hinge aber überwiegend vom Zufall ab. Die belangte Behörde habe sich der mitgeteilten Rechtsauffassung des BMF angeschlossen. Das Verfahren vor der Finanzlandesdirektion für Wien wäre nicht vergleichbar. Vorsätzliches Handeln habe man angenommen, weil der Beschuldigte die Bestrafung bewußt in Kauf nahm. Der Spielbetrieb wäre auch nach dem behördlichen Einschreiten nicht eingestellt sondern unbeirrt fortgesetzt worden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der wesentliche Sachverhalt bis auf die Frage des Glücksspielcharakters des Kartenspiels "Seven Card Stud Poker" unstrittig ist. Die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens im Berufungsverfahren war aber entbehrlich, weil das angefochtene Straferkenntnis schon aus anderen rechtlichen Gründen aufzuheben war.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG idgF BGBl Nr. 344/1991 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 300.000,-- zu bestrafen, wer Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet.

§ 1 Abs 1 definiert Glücksspiele als Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen.

Ausnahmen vom Glücksspielmonopol regelt § 4 GSpG. Nach dem § 4 Abs 1 GSpG unterliegen Glücksspiele, die nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt werden, nicht dem Glücksspielmonopol, wenn kein Bankhalter mitwirkt oder der Einsatz S 5,-- nicht übersteigt.

Gemäß § 2 Abs 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine vermögensrechtliche Gegenleistung in Aussicht stellt.

Da die Teilblankettnorm des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG auf die Vorschriften des Glücksspielgesetzes verweist, sind diese für das Tatbild mitzuberücksichtigen. Strafbar ist nicht schon die Veranstaltung eines Glücksspiels an sich, diese muß auch entgegen den Vorschriften des Glücksspielgesetzes erfolgen. Daraus folgt, daß auch der Begriff der Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG erfüllt sein muß, weil ansonsten die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs 1 GSpG greift.

4.2. In Anlehnung an eine mitgeteilte Ansicht des BMF hat die belangte Strafbehörde ausgeführt, daß eine Ausspielung gemäß § 2 GSpG (Fassung vor GSpG-Nov BGBl Nr. 747/1996) auch dann vorläge, wenn die Gegenleistung zwar nicht vom Veranstalter erbracht, die Möglichkeit der Erlangung der Gegenleistung aber vom Veranstalter entsprechend organisiert wird. In diesem Zusammenhang wird auf den Begriff des Veranstaltens (bei Foregger/Serini,Kommentar zu § 168 StGB und bei Erlacher zu § 2 GSpG) verwiesen, was bedeute, einem bestimmten oder unbestimmten Kreis von Interessenten Gelegenheit zum Glücksspiel zu geben. Deshalb liege auch ein dem Bund vorbehaltenes Glücksspiel vor, wenn bei entgeltlich organisierten Kartenglücksspielen die Spieler gegeneinander spielen.

Dieser pauschalen Rechtsmeinung kann die erkennende Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates nicht beitreten. Wäre die vorgetragene extensive Auslegung des Begriffs der Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG schon immer zutreffend gewesen, so hätte es der GSpG-Novelle BGBl Nr. 747/1996, die eine erhebliche Ausdehnung des Begriffs der Ausspielung in diesem Sinne vorsieht, gar nicht bedurft. Der Hinweis auf § 168 StGB geht dabei ins Leere, weil es für diese Strafbestimmung - anders als für § 52 Abs 1 Z 1 GSpG - nur auf das Veranstalten oder die Förderung eines Glücksspiels, nicht aber auch auf die Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG ankommt.

Im Erkenntnis vom 25. Juli 1990, Zl. 86/17/0062, das noch zum insoweit vergleichbaren Glücksspielgesetz 1962 erging, hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Begriff der Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG auseinandergesetzt und dargelegt, daß es nach dem Gesetzeswortlaut darauf ankommt, ob der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine Gegenleistung in Aussicht stellt. Wem gegenüber der Spieler die Leistung zu erbringen hat und ob sie dem Unternehmer zufließt, sei nicht maßgeblich. Der Begriff der Gegenleistung war nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls so zu verstehen, daß der Unternehmer (Veranstalter) an den Erlag des Spieleinsatzes die Zusage knüpft, gemäß den Spielregeln einen Gewinn auszuzahlen. Das mit dem Begriff der Gegenleistung umschriebene Synallagma sei damit aus der Sicht des Spielteilnehmers gegeben, gleichgültig an wen er die Leistung erbringt und welche Rechtsbeziehungen zwischen dem Unternehmer (Veranstalter) mit Dritten bestehen. Auch wenn der Unternehmer die Leistung der Spieler einer caritativen Organisation zufließen läßt, läge eine Ausspielung vor.

Der Gesetzestext des § 2 Abs 1 GSpG sowie das dargestellte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zeigen, daß die Rechtsmeinung, wonach die Organisation der Möglichkeit der Erlangung der Gegenleistung für den Begriff der Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG genüge, nicht vertretbar ist. Denn der synallagmatische Begriff der Ausspielung hat bisher verlangt, daß der Unternehmer (Veranstalter) die Gegenleistung gemäß den Spielregeln zusagt und erbringt. Eine andere Situation liegt aber vor, wenn Spieler Leistung und Gegenleistung wechselseitig erbringen und ein Unternehmer (Veranstalter) nur entgeltliche Dienstleistungen für diesen Zweck anbietet. Bei der erwerbsmäßigen Organisation des Kartenspiels "Seven Card Stud Poker" im C für interessierte Spielteilnehmer handelt es sich um entgeltliche Dienstleistungen, die durchaus den Begriff des Veranstaltens iSd § 168 StGB erfüllen werden. Für den Begriff der Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG fehlt es aber an der synallagmatischen Gegenleistung des Unternehmers im Sinne einer Gewinnzusage für den vom einzelnen Spielteilnehmer geleisteten Spieleinsatz.

Erst mit der GSpG-Novelle BGBl Nr. 747/1996 hat der Gesetzgeber im neuen § 2 Abs 4 GSpG, der am 1. Jänner 1997 in Kraft getreten ist, den Begriff der Ausspielung wesentlich erweitert. Danach liegt nunmehr eine Ausspielung auch dann vor, wenn die Möglichkeit zur Erlangung der Gegenleistung (§ 2 Abs 1) zwar nicht vom Unternehmer (Veranstalter) erbracht wird, aber von diesem oder einem Dritten entsprechend organisiert, veranstaltet oder angeboten wird. Mit dieser Ausdehnung wurde das bisherige Synallagma des Ausspielungsbegriffes in Wahrheit aufgegeben. Der gegenständlich relevante Tatzeitraum, der im übrigen im angefochtenen Straferkenntnis nicht exakt umschrieben ist, bezieht sich jedenfalls auf das Jahr 1996, in dem die GSpG-Novelle noch nicht galt. Zur Zeit der angelasteten Tat, aber auch zur Zeit der Erlassung des Straferkenntnisses war noch § 2 GSpG in der Fassung vor der zitierten GSpG-Novelle anzuwenden.

4.3. Im Ergebnis ist festzuhalten, daß es beim gegebenen Sachverhalt an dem vor der GSpG-Novelle BGBl Nr. 747/1996 geltenden Begriff der Ausspielung mangelt. Deshalb kam auch die Ausnahme vom Glücksspielmonopol des § 4 Abs 1 GSpG in der Variante des fehlenden Bankhalters zur Anwendung. Da beim "Seven Card Stud Poker" weder eine Ausspielung stattfand, noch ein Bankhalter vorgesehen war, unterlag dieses Kartenspiel eben nicht dem Glücksspielmonopol. Die Blankettstrafnorm des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG konnte nicht erfüllt sein, zumal es amTatbildmerkmal des Veranstaltens "entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes" mangelte. Anders mag es sich beim gerichtlich strafbaren Delikt des Glücksspiels nach dem § 168 StGB verhalten, weil dieser Straftatbestand mangels Blankettnormeigenschaft nicht auf die Vorschriften des GSpG abstellt.

4.4. Bei diesem Ergebnis konnte die Frage, ob es sich beim "Seven Card Stud Poker" um ein Glücksspiel oder Geschicklichkeitsspiel handelt, offen bleiben. Dennoch sieht sich die erkennende Kammer aus prozeßökonomischen Gründen veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß ansonsten entgegen der Ansicht der belangten Behörde die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Glücksspielfrage notwendig gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich nämlich im Erkenntnis vom 18. Dezember 1995, Zl. 95/16/0047, im Hinblick auf die Gewinstgebühr bei Glücksspielen u.a. auch mit der Frage des Glücksspielcharakters des in einem Karten-Casino veranstalteten Kartenspiels "Seven Card Stud Poker" auseinandergesetzt und im Hinblick auf ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegtes Gutachten von Prof. Dr. B.B. v.d. Genugten (Prof. für Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik) und Dozent Dr. P.E.M. Borm (Dozent für Spieltheorie), beide katholische Universität B, das hinsichtlich des "Seven Card Stud Pokers" ein Geschicklichkeitsspiel annahm, die Ansicht vertreten, daß die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht die tatbestandsrelevante Sachfrage, welche Rolle bei den der Gebühr unterworfenen Spielen der Zufall in Relation zu anderen Faktoren spiele, hätte erheben und dazu gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hob wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf und sprach für das fortgesetzte Verfahren aus, daß sich die Finanzbehörde mit den Ergebnissen des erwähnten Gutachtens auseinandersetzen und gegebenenfalls auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten werde müssen.

Diese Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes sind auf das gegenständliche Strafverfahren, in dem die Glücksspieleigenschaft des "Seven Card Poker Spiels" ebenfalls eine entscheidungswesentliche Vorfrage darstellt, durchaus übertragbar. Die gegenteilige Ansicht der belangten Behörde entbehrt einer nachvollziehbaren Grundlage. Das BMF hat zur zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes der belangten Behörde an sich richtig mitgeteilt, daß dieser einen Gebührenbescheid der Finanzverwaltung aus formalen Gründen aufgehoben und die Frage der Glücksspieleigenschaft nicht entschieden hätte. Daraus folgt aber keineswegs der strafbehördliche Standpunkt, daß keine Vergleichbarkeit der verfahrensrechtlichen Ermittlungserfordernisse in bezug auf das Kartenspiel "Seven Card Stud Poker" bestünde.

5. Da das gegenständliche Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels Vorliegens einer Verwaltungsübertretung einzustellen war, entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. W e g s c h a i d e r

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