Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-120061/2/Ki/Ka

Linz, 21.03.2003

 

 

 VwSen-120061/2/Ki/Ka Linz, am 21. März 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des MR, vertreten durch Rechtsanwälte DDr. MN, vom 27.2.2003, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 6.2.2003, VerkR96-7021-2000, wegen Übertretungen des Schifffahrtsgesetzes, zu Recht erkannt:

 

I. Bezüglich der Fakten 1 und 3 wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

 

Bezüglich Faktum 2 wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, dass von der Verhängung einer Strafe abgesehen und gemäß § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung erteilt wird. Hinsichtlich des Schuldspruches wird die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch "Sie führten das Motorboot, welches eine Leistung von mehr als 4,4 KW aufweist, ohne den Befähigungsnachweis (Schiffsführerpatent) in Original mitzuführen" zu lauten hat und diesbezüglich als verletzte Rechtsvorschrift § 119 Abs.2 iVm § 138 Abs.2 Z2 Schifffahrtsgesetz und als Strafnorm § 138 Abs.2 Z2 Schifffahrtsgesetz festgestellt wird.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 21 Abs.1, 24, 45 Abs.1 Z1 und Z3 und 51 VStG.

zu II: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Straferkenntnis vom 6.2.2003, VerkR96-7021-2000, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 29.8.2000 um 16.40 Uhr in Traunkirchen, am Traunsee, in Winkl kurz vor Traunkirchen, das Motorboot, Regal Valanti, gesteuert,

1. obwohl in der Zeit vom 1.7. bis 31.8. jeden Jahres jeglicher Betrieb von Fahrzeugen mit Maschinenantrieb durch einen Verbrennungsmotor verboten ist (Motorboot-Sommersperre),

2. welches eine Leistung von mehr als 4,4 KW aufweist, ohne den Befähigungsnachweis (Schiffsführerpatent) im Original mitzuführen und

3. er habe die Zulassungsurkunde nicht im Original an Bord mitgeführt.

 

Er habe dadurch 1.) § 3 iVm § 8 Abs.1 Z2 und Abs.2 Oö. Seen-Verkehrsordnung 1995 idgF, 2.) § 119 Abs.2 iVm § 138 Abs.2 Z1 Schifffahrtsgesetz, BGBl.Nr. 62/1997 und 3.) § 7 Abs.1 Schiffszulassungsverordnung, BGBl.Nr.296/1997 iVm § 103 Abs.5 und § 114 Abs.1 und Abs.2 Z7 Schifffahrtsgesetz, BGBl.Nr.62/1997, verletzt.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Z1 und Abs.2 Oö. Seen-Verkehrsverordnung 1995 idgF, § 138 Abs.2 Z1 Schifffahrtsgesetz, BGBl.Nr.62/1997 und § 114 Abs.1 und Abs.2 Z7 Schifffahrtsgesetz, BGBl.Nr. 62/1997, wurden jeweils Geldstrafen in Höhe von 72,67 Euro (EFS jeweils 24 Stunden) verhängt.

 

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 21,80 (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 27.2.2003 Berufung mit dem Antrag, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, gegebenenfalls unter Anwendung des § 21 VStG von einer Strafe abzusehen und eine Ermahnung auszusprechen.

 

Bezüglich Faktum 2 wird im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Verletzung des § 138 Abs.2 Z1 Schifffahrtsgesetz nicht vorliege, weil er einen entsprechenden Befähigungsausweis besitze. Er habe lediglich die Urkunde nicht im Schiff gehabt, was nicht strafbar sei. Tatsächlich besitze er das Schiffsführerpatent, dies sei weder von der Gendarmerie noch von der Bezirkshauptmannschaft in Frage gestellt worden.

 

Die Zulassungsurkunde habe er an Bord mitgeführt, er habe diese erst zusammen mit dem Befähigungsausweis den Gendarmeriebeamten gezeigt.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil hinsichtlich der Fakten 1 und 3 bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG) bzw weil das nicht Mitführen des Befähigungsausweises (Schiffsführerpatent) im Original unbestritten bleibt. Der Bw hat sich bereits im erstinstanzlichen Verfahren dahingehend gerechtfertigt, dass er diese Urkunde in seiner Geldbörse am Ufer vergessen habe.

 

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des GP Gmunden vom 13.9.2000 zugrunde. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat zunächst, datiert mit 8.2.2001, unter VerkR96-7021-2000 eine Strafverfügung hinsichtlich der drei zu beurteilenden Punkte erlassen. In Faktum 2 wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe das (bezeichnete) Motorboot, welches eine Leistung von mehr als 4,4 KW aufweist, ohne den Befähigungsausweis (Schiffsführerpatent) im Original mitzuführen, geführt. Dies stellt hinsichtlich Faktum 2 jedenfalls eine taugliche Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 VStG) innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist dar. Im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens gestand der Bw ein, dass er bei der gegenständlichen Fahrt das Schiffsführerpatent nicht dabei gehabt habe, da er es an diesem Tag in seiner Brieftasche, in welcher sich dieses Dokument befunden hat, am Ufer vergessen habe. Die Schiffszulassungsurkunde habe er aber an Bord stets mit dabei und er habe den Beamten nach Rückkehr zum Boot beide Papiere gleichzeitig ausgehändigt.

 

I.5.1. Zu Faktum 1:

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses) wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Z2 Oö. Seen-Verkehrsverordnung 1995 idgF begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung, wer gegen die im § 3 normierte Motorboot-Sommersperre verstößt, in dem er den Verbrennungsmotor seines Fahrzeuges in Betrieb setzt. Eine Verwaltungsübertretung liegt demnach nur dann vor, wenn während der Zeit der Motorboot-Sommersperre (§ 3) der Verbrennungsmotor eines Fahrzeuges in Betrieb gesetzt wird. Dieses Faktum stellt ein wesentliches Tatbestandsmerkmal im Sinne des obzitierten § 44a Z1 VStG dar.

 

Tatsächlich hat die Erstbehörde diesbezüglich dem Bw lediglich vorgeworfen, er habe das bezeichnete Motorboot zur bezeichneten Tatzeit am bezeichneten Tatort gesteuert. Dies alleine besagt jedoch noch nicht, dass auch der Verbrennungsmotor des Fahrzeuges in Betrieb gesetzt worden ist, zumal es durchaus möglich wäre, das Boot zu steuern, ohne dass der Verbrennungsmotor in Betrieb gesetzt wurde. Dass letztlich allenfalls aus der Begründung abgeleitet werden könnte, dass der Verbrennungsmotor in Betrieb gesetzt war, vermag die mangelhafte Spruchkonkretisierung hinsichtlich dieses wesentlichen Tatbestandsmerkmales nicht zu ersetzen. Demnach ist der Tatvorwurf bezüglich Faktum 1 nicht den Anforderungen des § 44a Z1 VStG entsprechend konkretsiert und daher der Spruch diesbezüglich mit einem qualifizierten Mangel belastet. Dieser ist, da mittlerweile Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) eingetreten ist, einer zulässigen Korrektur durch den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr zugänglich, weshalb in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

I.5.2. Gemäß § 138 Abs.2 Schifffahrtsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs.1, wer den Befähigungsausweis beim Führen eines Fahrzeuges nicht im Original mitführt (§ 119 Abs.2).

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass dieser Tatvorwurf unbestritten blieb. Der Bw hat im erstinstanzlichen Verfahren erklärt, er habe diese Urkunde in seiner Geldbörse am Ufer vergessen. Demnach ist sowohl der objektive als auch der subjektive Sachverhalt in diesem Falle verwirklicht.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Bestimmung des § 21 Abs.1 VStG die Behörde nicht zur Ermessensausübung ermächtigt (vgl. VwGH 26.5.1986, 86/08/004 ua).

 

Diese Bestimmung ist somit als eine Anordnung zu verstehen, die die Behörde im Rahmen der gesetzlichen Gebundenheit ermächtigt, bei Zutreffen der entsprechenden Kriterien von der Strafe abzusehen bzw mit einer Ermahnung vorzugehen. Für die Annahme, dass die Behörde in Fällen, in denen die tatbestandsbezogenen Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG erfüllt sind, eine Wahlmöglichkeit zwischen einem Strafausspruch und dem Absehen von der Strafe offenstehe, bleibt bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung kein Raum.

 

Im vorliegenden Falle hat der Beschuldigte glaubhaft darlegen können, dass er die Urkunde bloß in seiner Geldbörse am Ufer vergessen hat und es stellt dies ein bloß geringfügiges Verschulden dar. Die Urkunde konnte sodann den Gendarmeriebeamten sofort vorgewiesen werden, weshalb auch die Folgen der Tat eher unbedeutend sind. Zu berücksichtigen ist ferner im Zusammenhang mit der Strafbemessung auch der Umstand, dass zwischen dem letzten erstbehördlichen Verfahrensschritt (Einvernahme des Beschuldigten am 26.3.2001) und der Erlassung des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses vom 6.2.2003 doch ein eher langer Zeitraum verstrichen ist. Diese lange Verfahrensdauer ist grundsätzlich laut gängiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bei der Strafbemessung zu berücksichtigen (VfGH B 4/01-18 vom 5.12.2001).

 

Aus diesem Grunde war es im vorliegenden Falle geboten, von der Verhängung einer Strafe abzusehen, unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ist der Beschuldigte jedoch zu ermahnen, um ihn künftighin von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Die Umformulierung des Spruches bzw die Änderung der verletzten Rechtsvorschrift war zur Konkretisierung im Sinne des § 44a VStG erforderlich.

 

I.5.3. Zu Faktum 3:

 

Gemäß § 114 Abs.2 Z7 Schifffahrtsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs.1, wer ein zugelassenes Fahrzeug einsetzt, ohne die Zulassungsurkunde im Original an Bord mitzuführen (§ 103 Abs.5).

 

Der Bw hat sich diesbezüglich dahingehend gerechtfertigt, er führe die Originalzulassungsurkunde stets an Bord mit. Er habe diese zusammen mit dem - vergessenen - Befähigungsnachweis dann den Gendarmeriebeamten vorgezeigt. Diese Rechtfertigung erscheint der Berufungsbehörde durchaus als schlüssig, zumal es nicht der Lebenserfahrung widerspricht, eine entsprechende Zulassungsurkunde an Bord des Fahrzeuges zu belassen, damit sie dort jederzeit zur Verfügung steht. Außerdem hat der Bw ja auch eingestanden, dass er den Befähigungsausweis zunächst nicht mitgeführt hat, während er dies im Hinblick auf die Zulassungsurkunde bereits im erstinstanzlichen Verfahren bestritten hat. Jedenfalls nach dem Grundsatz "in dubio pro reo", ist in diesem Punkt der Verantwortung des Beschuldigten zu folgen, dh, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung kann nicht als erwiesen angesehen werden, weshalb auch diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war (§ 45 Abs.1 Z1 VStG).

 

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 

 

Beschlagwortung:

Inbetriebsetzen des Verbrennungsmotors ein wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 8 Abs.1 Z2 Oö. Seen-Verkehrsordnung 1995

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