Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-120066/8/Ki/Ps

Linz, 07.03.2006

 

 

 

VwSen-120066/8/Ki/Ps Linz, am 7. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des H M, N, D, vom 6. Dezember 2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. Oktober 2005, Zl. VerkR96-14371-2005, wegen einer Übertretung der Oö. Seen-Verkehrsverordnung nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 2. März 2006 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 28. Oktober 2005, Zl. VerkR96-14371-2005, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 24. Juli 2005 um 16:15 Uhr in der Gemeinde N, A, Höhe P, ein Segelboot mit 15 PS Außenbordmotor in der Motorbootsommersperre geführt. Er habe dadurch § 3 Oö. Seen-Verkehrsordnung 1995 verletzt.

 

Gemäß § 6 Abs.1 Z2 Oö. Seen-Verkehrsordnung 1995 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 15 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 6. Dezember 2005 Berufung. Darin führt er aus, dass am Vorfallstag zunächst durchaus Windverhältnisse herrschten, die ein Segeln bis P ermöglicht hätten. Er habe in P Freunde zusteigen lassen und nach N fahren wollen. Mittlerweile sei völlige Flaute eingetreten, sodass er gezwungen gewesen sei, den Flautenschieber zu starten. In P oder naher Umgebung habe keine Möglichkeit bestanden, das Schiff über Nacht zu versorgen, es sei nur möglich, kurzfristig bei dem Landungssteg der A Personen aus- oder einsteigen zu lassen. Sein Abstellplatz sei in N eine Boje. Er ersuche deshalb von einer Bestrafung abzusehen.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 2. März 2006. An dieser Verhandlung nahmen der Berufungswerber sowie eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck teil, als Zeuge wurde Gruppeninspektor S von der Polizeiinspektion U einvernommen.

 

I.5. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Polizeiinspektion U vom 26. Juli 2005 zugrunde. Darin führte der Meldungsleger aus, dass Herr M zum Vorfallszeitpunkt ein Segelboot (ohne Segel) mit einem 15 PS Verbrennungsmotor geführt habe. An Bord hätte kein Segel entdeckt werden können, offensichtlich habe er dieses nicht mitgeführt.

 

In einer weiteren Stellungnahme vom 2. September 2005 führte der Meldungsleger dann aus, dass zur Tatzeit bzw. am Tattag totale Windstille geherrscht habe und der Verdächtige mit dem Segelboot überhaupt nicht hätte ausfahren können.

 

Bei seiner Befragung bei der mündlichen Berufungsverhandlung verblieb der Berufungswerber bei seiner Rechtfertigung, dass sehrwohl auf Grund der Windverhältnisse am Vorfallstag zunächst ein Segeln möglich gewesen wäre. Nachdem er jedoch Bekannte in P zusteigen ließ, habe dann eine totale Windstille geherrscht und er habe auf Grund der aktuellen Witterungsverhältnisse auch nicht mehr erwartet, dass an diesem Tag nochmals Wind aufkommen würde. Er habe dann zusammen mit Helfern die Segel geborgen und im Boot verstaut. Bei der Amtshandlung habe der Meldungsleger nicht im Boot Nachschau gehalten und daher vermutlich auch die Segel nicht gesehen. Er habe von P aus auf direktem Kurs seinen Liegeplatz in N angesteuert.

 

Der Meldungsleger konnte sich bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme nicht mehr konkret an den Vorfall erinnern und auf Befragen erklärte er auch, dass er nicht im Boot des Berufungswerbers Nachschau wegen der Segel gehalten habe, ihm seien keine Segel aufgefallen. Was die Windverhältnisse anbelangt, so konnte er auch nicht mehr mit Sicherheit seine ursprüngliche Aussage bestätigen, dass tatsächlich am Vorfallstag totale Windstille geherrscht hat. Er habe die Amtshandlung vorgenommen und anschließend die Anzeige erstattet. Der Meldungsleger bestätigte jedoch, dass zum Zeitpunkt seiner Beobachtung bzw. der Amtshandlung das Boot des Berufungswerbers von P aus auf direktem Kurs in Richtung N unterwegs gewesen ist.

 

I.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Auffassung, dass die durchaus schlüssigen Angaben des Berufungswerbers zumindest im Zweifel der Realität entsprechen könnten. Andererseits konnte der Meldungsleger im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung keine entsprechenden Angaben mehr machen, welche die Rechtfertigung des Beschuldigten widerlegen würden. Nachdem im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, jedenfalls bei der mündlichen Berufungsverhandlung, der Grundsatz der Unmittelbarkeit anzuwenden ist, konnte die Aussage des Polizeibeamten die Rechtfertigung des Beschuldigten nicht erschüttern.

 

I.7. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Zunächst wird festgestellt, dass zum Vorfallszeitpunkt am 24. Juli 2005 nicht mehr, wie von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck im Straferkenntnis zitiert wurde, die Oö. Seen-Verkehrsverordnung 1995 in Geltung stand, ab 1. Juli 2005 ist die Oö. Seen-Verkehrsverordnung 2005, LGBl. Nr. 68/2005, in Kraft getreten.

 

Gemäß § 3 der Oö. Seen-Verkehrsverordnung 2005 ist in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August jeden Jahres jeglicher Betrieb von Fahrzeugen mit Maschinenantrieb durch einen Verbrennungsmotor verboten.

 

Gemäß § 7 Abs.5 Z1 der zitierten Verordnung sind jedoch Segelfahrzeuge, die mit einem Maschinenantrieb (Hilfsmotor = Flautenschieber) ausgestattet sind, vom Verbot des § 3 ausgenommen, wobei der Hilfsmotor nur in Betrieb genommen werden darf, um sich bei Auftreten einer Gefahr in Sicherheit zu bringen oder um bei Windstille auf kürzestem Weg das Ufer oder den Abstellplatz zu erreichen.

 

Dazu wird festgestellt, dass im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz in dubio pro reo (im Zweifel für den Beschuldigten) anzuwenden ist, wonach dann, wenn dem Beschuldigten die Tat nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit trotz Aufnahme aller Beweise vorgeworfen werden kann, eine Einstellung des Verfahrens zu verfügen ist.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass dem Beschuldigten nicht nachzuweisen ist, dass im vorliegenden konkreten Falle der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs.5 Z1 Oö. Seen-Verkehrsverordnung nicht vorliegen würde. Nachdem zur Tatzeit offensichtlich Windstille herrschte und auch nicht erwartet werden konnte, dass sich die Windverhältnisse noch ändern würden, war die Inbetriebnahme des Verbrennungsmotors des (laut im Verfahrensakt aufliegender Kopie der internationalen Zulassungsurkunde für Sportfahrzeuge) zugelassenen Segelfahrzeuges mit Außenbootmotor jedenfalls unter Zugrundlegung des zitierten Grundsatzes in dubio pro reo zulässig bzw. kann Gegenteiliges nicht erwiesen werden.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Nachdem, wie bereits dargelegt wurde, dem Beschuldigten die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht erwiesen werden kann, war in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

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