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VwSen-300129/2/WEI/Bk

Linz, 15.12.1997

VwSen-300129/2/WEI/Bk Linz, am 15. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des A vom 30. Oktober 1996 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I vom 18. Oktober 1996, Zl.Pol 96-19-1996, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. Polizeistrafgesetz - O.ö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 94/1985, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 30/1995) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 18. Oktober 1996 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben als Betreiber des Lokals "C" in R, und Eigentümer dieses Hauses der S ermöglicht, daß Sie am 09.05.1996, gegen 21.30 Uhr, die Prostitution anbahnte, indem Sie einem Gast die Durchführung des Geschlechtsverkehrs zu einem Preis von S 1.500,-- für eine halbe Stunde und S 3.000,-- für eine ganze Stunde bzw. Sonderwünsche anbot, obwohl in diesem Objekt die Ausübung und Anbahnung der Prostitution verboten ist, weil es sich in der Nähe der K und der Privaten Mädchenhauptschule befindet." Dadurch erachtete die Strafbehörde den § 7 VStG iVm §§ 2 Abs 2 und Abs 3 lit e) O.ö. PolStG sowie § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 2 Abs.3 lit.e und § 10 Abs.1 lit.b O.ö. PolStG" eine Geldstrafe in Höhe von S 10.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde ein Betrag von S 1.000,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 21. Oktober 1996 zu Handen seines Rechtsvertreters zugestellt worden ist, richtet sich die am 31. Oktober 1996 und damit rechtzeitig bei der belangten Strafbehörde eingelangte Berufung vom 30. Oktober 1996, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens und in eventu die wesentliche Herabsetzung der Strafe beantragt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t:

2.1. Die belangte Behörde führte am 9. Mai 1996 in der Zeit von 21.00 bis 23.30 Uhr eine Überprüfung des Lokales "C" in wegen des Verdachts der unbefugten Ausübung eines Gastgewerbes durch. Zunächst besuchten 2 Beamte der belangten Behörde das Lokal als Gäste und bestellten Bier und Kaffee, wofür je S 100,-- zu bezahlen war. Das Geld übergab die anwesende Animierdame S sogleich dem anwesenden Bw. Diese Animierdame setzte sich nach einiger Zeit an den Tisch der Beamten, die sie auf eine Piccolo-Flasche Sekt einluden. Im Zuge des Gesprächs bot F dem Mag. G entgeltliche Liebesdienste im Separee an, wobei sie für eine halbe Stunde Geschlechtsverkehr S 1.500,-- und für allfällige Sonderwünsche S 3.000,-- verlangte (vgl Zeugenaussage Mag Z, Niederschrift vom 4.6.1996, und Zeugenaussage B, Niederschrift vom 11.06.1996).

Die beiden Beamten verließen gegen 21.45 Uhr vorübergehend das Lokal, um es in der Folge um ca. 22.00 Uhr mit 2 Gendarmeriebeamten wieder zu betreten und gemäß § 360 Abs 3 GewO 1994 die Schließung des Lokales wegen unbefugter Gewerbeausübung durchzuführen. Dabei wurden auch die Räumlichkeiten des Objektes festgestellt. Das Gastlokal befindet sich auf der rechten Seite des Hausflurs. Der Gastraum besteht aus einer Bar mit fünf Barhockern, drei Tischen mit ca 10 Sitzplätzen und einer kleinen Tanzfläche. Über einen gegenüberliegenden Stiegenaufgang gelangt man in den ersten Stock, in dem sich zwei Separees und Wohnräume des Bw befinden. Im ersten Stock befindet sich auf der Nordseite des Objektes ein Hinterausgang (vgl näher Aktenvermerk vom 13.05.1996, Zl. Ge 96-7-1996).

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14. Mai 1996 wurde dem Bw im wesentlichen angelastet, er hätte als Lokalbetreiber vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung durch S erleichtert, indem diese einem Gast in dem in der Nähe der K und der Privat-Mädchenhauptschule befindlichen Lokal "C" die Prostitution angeboten hätte, obwohl eine solche Nutzung in der Nähe von Kirchen, Friedhöfen, Krankenanstalten, Schulen, Kindergärten, Kinder- und Jugendspielplätzen, Jugendheimen und dergleichen verboten ist.

In seiner Rechtfertigung vom 21. Mai 1996 bestritt der Bw eine solche Verwaltungsübertretung und brachte vor, daß S nur als Bardame beschäftigt gewesen wäre. Über den bisher nicht erwiesenen Vorfall wäre er nicht informiert gewesen und könne dieser auch nicht seinem Verantwortungsbereich zugerechnet werden. Außerdem verwies er auf ein gegen ihn eingeleitetes gerichtliches Strafverfahren zu 11 Vr 593/95 des LG Ried i.I. wegen Förderung fremder Unzucht iSd §§ 214 ff StGB, weswegen das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen werden möge. Zum unbestimmten Gesetzesbegriff "in der Nähe" verwies er auf fehlende Rechtsprechung und mangelnde Erkennbarkeit rechtswidrigen Verhaltens. In tatsächlicher Hinsicht brachte er vor, daß der Eingang auf der Vorderseite, die K aber durch einen Platz getrennt hinter dem Objekt K auf einem völlig anderen Niveau liege. Die Privat-Mädchenhauptschule sei schon räumlich so weit entfernt, daß nicht mehr von unmittelbarer Nähe gesprochen werden könnte.

Zu den Zeugeneinvernahmen der Beamten der belangten Behörde meinte der Bw in seiner Stellungnahme vom 15. Juli 1996, daß die Ernstlichkeit der Angaben der S zu bezweifeln wäre, weil diese die Beamten als "verdeckte Fahnder" bzw "agent provocateur" möglicherweise erkannt hätte. Diese Zeugin möge entsprechend und auch dahingehend befragt werden, daß Erklärungen welcher Art auch immer jedenfalls nicht mit Zustimmung und Wissen des Bw erfolgten. In der Folge wurde S im Rechtshilfeweg durch die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen einvernommen (vgl Niederschrift vom 12.08.1996). Sie verneinte, daß die Beamten der belangten Behörde auf sie den Eindruck der "verdeckten Fahnder" oder "agent provocateurs" gemacht hätten. Ihre Aufgabe wäre die Unterhaltung der Gäste und die Getränkeanimation gewesen. Wenn sie zu einem Gast etwas über die Ausführung eines Geschlechtsverkehrs sagte, wäre dies eine Angelegenheit zwischen ihr und dem Gast gewesen und hätte mit dem Bw nichts zu tun gehabt. In der Stellungnahme vom 30. September 1996 stellte der Bw dazu fest, daß sich aus der Aussage der Zeugin in keiner Weise ergäbe, daß er für deren Verhalten verantwortlich sein könnte. Frau F hätte aus Eigeninitiative gehandelt. Der Vorfall wäre auch Gegenstand des gerichtlichen Strafverfahrens zu 9 EVr 593/95, 9 EHv 110/96, in dem ihm das Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs 1 und 2 lezter Fall StGB angelastet werde. Da die Gefahr einer Doppelbestrafung bestünde, müßte die Rechtskraft des gerichtlichen Strafverfahrens abgewartet werden.

2.3. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Straferkenntnis aufgrund des Ermittlungsverfahrens davon aus, daß die Tatsache der Anbahnung der Prostitution durch S erwiesen sei. Weitere Beweisaufnahmen wären nicht notwendig gewesen. Aus dem aktenkundigen Katasterlageplan sei ersichtlich, daß das Objekt K - nur getrennt durch einen Weg - unmittelbar neben der Liegenschaft K mit Kirche liege. Der unbestimmte Gesetzesbegriff "in der Nähe" sei nicht so zu verstehen, daß nur Lokale gemeint sind, deren Eingangstür sich direkt vor einer Schule oder Kirche befindet. Im gegenständlichen Fall sei an der Rückseite des Objekts eine Kirche und der Eingang zur Schule nur durch eine Straße getrennt. Abgesehen davon gelange man vom ersten Stock des Hauses über einen Hinterausgang zu dem zur Kirche führenden K. Aufgrund der örtlichen Verhältnisse sei es jederzeit möglich, daß aus dem Lokal kommende Besucher auf Personen, die zur Kirche gehen oder von ihr kommen, oder auf Schülerinnen am Schulweg treffen. Damit seien die Voraussetzungen des § 2 Abs 2 O.ö. PolStG erfüllt und die Prostitution im Objekt K ex lege verboten. S sei mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom 4. Juli 1996, Pol 96-18-1996, wegen Übertretung des § 2 Abs 2 und 3 lit e) O.ö. PolStG mit S 10.000,-- bestraft woden. Da der Bw für das Zurverfügungstellen des Separees kein gesondertes Entgelt erhalten hätte, wäre er nicht als unmittelbarer Täter anzusehen. Allerdings stünde fest, daß der Bw von der Anbahnung und Ausübung der Prostitution gewußt hätte. Damit hätte er der S vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, was als Beihilfe gemäß § 7 VStG zu werten gewesen wäre.

2.4. Die vorliegende Berufung führt die Berufungsgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellungen, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen rechtlichen Beurteilung aus und bekämpft die Strafhöhe.

Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellungen wird gerügt, daß die Aussage der Zeugin F von der belangten Behörde nicht berücksichtigt wurde. Diese habe ausdrücklich bestätigt, daß der Bw nichts gewußt und mit der Sache zu tun gehabt hätte. Außerdem hätte es sich um eine provozierte Aktion der belangten Behörde, also eine verdeckte Fahndung, gehandelt, die Frau F nur zu Äußerungen veranlassen sollte. Zu tatsächlichen Prostitutionshandlungen hätte man es nicht kommen lassen wollen.

Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet die Berufung die doppelte Verfolgung desselben Sachverhaltes. Im gerichtlichen Strafverfahren zu 9 EVr 593/95 des LG Ried i.I. wäre dem Bw für den Zeitpunkt 9. Mai 1996 kein strafrechtlicher Schuldvorwurf hinsichtlich Frau S gemacht worden. Dieser Tatbestand (gemeint wohl Zuhälterei) wäre ausdrücklich verneint worden. Es hätte daher der Ausgang des gerichtlichen Strafverfahrens unbedingt abgewartet werden müssen.

Die belangte Behörde hätte auch prüfen müssen, ob nicht um 21.30 Uhr die Kirche längst geschlossen ist. Um diese Zeit werde nämlich mit Sicherheit niemand mehr zur Kirche gehen oder von ihr kommen, zumal die K abends bereits um 19.00 Uhr geschlossen werde.

Unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache rügt der Bw zunächst ausgehend von der Behauptung, daß die Anbahnung der Prostitution bereits als Versuch bestraft werde, es sich somit um ein Versuchsdelikt handle, weil die Beamten der belangten Behörde als verdeckte Fahnder nur provozierten und somit ein absolut untauglicher Versuch bezüglich des Verhaltens der Frau F anzunehmen wäre.

Da Beihilfe nur vorsätzlich strafbar sein könne und er keine Ahnung vom Inhalt des Gespräches gehabt hätte, könne keine vorsätzliche Beihilfe vorliegen.

Auch zum Begriff "in der Nähe" könnte mangels richtungsweisender Rechtsprechung kein Vorsatz angenommen werden. Dieser Begriff wäre im Einzelfall auszulegen, wobei nicht nur die örtliche, sondern auch die zeitliche Komponente eine Rolle spielen werde. § 2 Abs 2 O.ö. PolStG könne wohl nur eine Schutzbestimmung zugunsten von Personen und nicht bloß von Gebäuden sein. Im gegenständlichen Fall wäre nur auf einen bestimmten Zeitpunkt abgestellt worden. Die belangte Behörde hätte dabei übersehen, daß um 21.30 Uhr weder Schülerinnen noch Kirchenbesucher anzutreffen seien. Der Begriff sei jedenfalls so unbestimmt, daß er nicht ausreiche. Der Eingang zum Lokal sei auf der Vorderseite, die Kirche auf der Rückseite und durch einen Platz getrennt. Die K sei erheblich entfernt und liege zur Tatzeit auch kein Schulbetrieb vor. Der Tatbestand liege daher nicht vor, weshalb die Einstellung beantragt wird.

Zur Strafhöhe verweist die Berufung darauf, daß zur Tatzeit niemand aus dem geschützten Personenkreis hätte beeinträchtigt werden können und daß dem Bw höchstens Fahrlässigkeit zur Last fallen könnte. Bei richtiger Würdigung des Sachverhalts wäre die Strafe jedenfalls weit überhöht. Dies insbesondere auch wegen seines geringen Einkommens. Es hätte lediglich ein Bruchteil der Geldstrafe ausgesprochen werden dürfen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs 3 lit e) 3. Fall O.ö. PolStG idF LGBl Nr. 30 /1995 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Strafrahmen des § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG mit einer Geldstrafe bis zu S 200.000,-- und im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer einem Verbot gemäß § 2 Abs 2 O.ö. PolStG zuwiderhandelt. Nach dem ersten Satz des § 2 Abs 2 O.ö. PolStG idF LGBl Nr. 30/1995 ist die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution in der Nähe von Kirchen, Friedhöfen, Krankenanstalten, Schulen, Kindergärten, Kinder- und Jugendspielplätzen, Jugendheimen und dergleichen schon ex lege verboten.

Der zweite Satz des § 2 Abs O.ö. PolStG ermächtigt die Gemeinde zudem, die Nutzung von Gebäuden etc. zum Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution mit Verordnung zu untersagen, wenn die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt, das öffentliche Gemeinwesen gestört oder sonstige öffentliche Interessen, insb der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes verletzt werden können.

Nach dem Bericht des Ausschusses für allgemeine innere Angelegenheiten zum LGBl Nr. 30/1995, mit dem das Veranstaltungsgesetz 1992 und das O.ö. PolStG novelliert wurden, beruhen die neuen Bestimmungen über die Prostitution nach § 2 Abs 2 O.ö. PolStG auf der gleichen gesetzlichen Konzeption wie jene für die Peep-Shows nach dem § 14a O.ö. Veranstaltungsgesetz 1992. Da es in der Nähe von Kirchen, Schulen usw. immer wieder zu Bürgerprotesten komme, sollte durch ein generelles Verbot Abhilfe geschaffen werden. Daneben wollte man den Gemeinden die Möglichkeit geben, Peep-Shows oder die Nutzung von Gebäuden zur Prostitution in besonders schutzwürdigen Bereichen durch Verordnung auch vorbeugend zu untersagen (vgl AB Beilage 553/1995 zum kurzschriftlichen Bericht des o.ö. LT, 24. GP, 8f, zu Art I Z 18 und Art II Z 1).

Die Bestimmungen des § 2 Abs 2 O.ö. PolStG sind im systematischen Zusammenhang auszulegen. Zur Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "in der Nähe von .... " vertritt der erkennende Verwaltungssenat die Ansicht, daß der Gesetzgeber damit einen Bereich in unmittelbarer Nachbarschaft von Kirchen, Schulen usw. meint, der offenkundig und allgemein einsichtig besonderen Schutz verdient und deshalb durch ein generelles gesetzliches Prostitutionsverbot geschützt werden muß. Soweit im Einzelfall noch darüber hinaus schutzwürdige Interessen an einer prostitutionsfreien Sphäre feststellbar sind, besteht ergänzend die Untersagungsmöglichkeit in Verordnungsform nach dem zweiten Satz des § 2 Abs 2 O.ö. PolStG. Eine dem Bestimmtheitsgebot des Prinzips nullum crimen sine lege entsprechende und systematisch-logisch sinnvolle Deutung der Regelungen des § 2 Abs 2 O.ö. PolStG muß von der Prämisse ausgehen, daß Überschneidungen und Unschärfen der Anwendungsbereiche der Sätze 1 und 2 zu vermeiden sind. Deshalb ist der erste Satz mit seinem unbestimmten Gesetzesbegriff "in der Nähe von ..." in örtlicher Hinsicht einschränkend auszulegen. Entgegen der Berufung spielt die zeitliche Komponente der Öffnungszeiten dann keine Rolle mehr. Eine derartige Relativierung des Verbotes nach § 2 Abs 2 Satz 1 O.ö. PolStG entspräche nicht dem Willen des Landesgesetzgebers. Dieser wollte in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Schulen usw. im Interesse der betroffenen Bevölkerung schon allein wegen des engen örtlichen Naheverhältnisses die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution schlechthin verbieten. Für diese Sicht spricht der Wortlaut der Regelung ebenso wie die Materialien. Als Motiv für das Verbot nennt der Ausschußbericht ohne jede Einschränkung Bürgerproteste, wenn in der Nähe von Kirchen usw. Peep-Shows oder Prostitution stattfinden (vgl AB Beilage 553/1995 zum kurzschriftlichen Bericht des o.ö. LT, 24. GP, 8f, zu Art I Z 18).

4.2. Der Berufung ist allerdings unter dem Aspekt der bestimmten spruchmäßigen Darstellung der erwiesenen Tat iSd § 44a Z 1 VStG beizupflichten, daß der unbestimmte Gesetzesbegriff "in der Nähe von ..." einer näheren Konkretisierung anhand der Umstände des Einzelfalles bedurft hätte. Gerade bei diesem entscheidenden Merkmal der Strafbarkeit des angelasteten Verhaltens wäre eine genaue örtliche Umschreibung mit Entfernungsangaben zum Eingang des Gastlokals, in dem die Prostitution angebahnt oder ausgeübt wird, notwendig und zu erwarten gewesen. Für die im Einzelfall darzulegende unmittelbare Nähe kann nach h. Ansicht nicht schematisch auf die Luftlinie abgestellt werden, weil darin kein ausreichendes Kriterium für eine sachgerechte Lösung liegt. Vielmehr ist die Störungseignung der unmittelbaren Nähe des einschlägigen Etablissements anhand der konkreten örtlichen Situation in der Natur plausibel zu machen. Diese entscheidungswesentliche Konkretisierung hat die belangte Behörde sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im angefochtenen Straferkenntnis unterlassen, wenn sie die örtliche Dimension lediglich mit der weitgehend unbestimmten Wendung "... in der Nähe der K und der Privaten Mädchenhauptschule ... " zum Ausdruck brachte.

Auch die Begründung des Straferkenntnisses, die auf einen aktenkundigen Auszug aus dem Katasterlageplan Bezug nimmt, enthält nur unzureichende Angaben zum örtlichen Naheverhältnis. Die strafbehördliche Feststellung, wonach die Liegenschaft K mit Kirche nur durch einen Weg vom Haus K getrennt sei und sich daher unmittelbar neben diesem Objekt befinde, scheint nach dem Katasterlageplan nicht richtig zu sein. Die Berufung hält dem auch entgegen, daß sich die K auf der Rückseite des noch durch einen Platz davon getrennten Objektes befindet. Die Einsicht in den Auszug aus dem Katasterlageplan, aus dem mangels geeigneter Angaben keinerlei Entfernungen abgeleitet werden können, ergibt ein für die beweisrechtlichen Bedürfnisse des gegenständlichen Strafverfahrens zu undeutliches Bild. Die Liegenschaft K besteht danach aus den Grundstücken und , wobei der "C" von der belangten Behörde auf dem zur K relativ entferntesten Grundstück Nr. eingezeichnet wurde. Nordwestlich hinter diesem Grundstück befinden sich das Grundstück Nr. und der K Nr. und danach die K. Das Berufungsvorbringen, wonach sich ein Platz auf der Rückseite des Objektes K befindet, dürfte daher zutreffen. Lediglich das Grundstück Nr. ist nur mehr durch den K von der aus mehreren Grundstücken bestehenden Liegenschaft getrennt, auf der auch die K liegt. Wie vom Bw im erstbehördlichen Verfahren schon vorgebracht wurde, dürfte vom südlich gelegenen Eingang in den "E" bis zur Kirche am K ein erheblicher Höhenunterschied bestehen. Unklar geblieben sind auch die Entfernungen und Sichtverhältnisse zur Privat-Mädchenhauptschule. Ohne diese Daten kann nicht beurteilt werden, ob das Naheverhältnis so beschaffen ist, daß eine Störung des sittlichen Empfindens der betroffenen Bevölkerungskreise auf der Hand liegt. Mit dem bloßen Hinweis der belangten Behörde, daß aufgrund der örtlichen Verhältnisse Lokalbesucher auf Kirchgänger oder Schülerinnen treffen können, ist das besondere Naheverhältnis noch nicht dargetan. Allein der Umstand der Begegnung auf Straßen oder Wegen, die teilweise gemeinsam benutzt werden, ist kein maßgebliches Kriterium.

Durch den aktenkundigen Auszug aus dem Katasterlageplan erscheint die vom erkennenden Verwaltungssenat vertretene enge Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffs "in der Nähe von ..." nicht ausreichend dokumentiert. Das erforderliche unmittelbare Naheverhältnis zu den Einrichtungen nach § 2 Abs 2 Satz 1 O.ö. PolStG wird auch in der Begründung des Straferkenntnisses mangels konkreter fallbezogener Angaben betreffend die Lage und Entfernungen zum Eingang des "C" nicht mit der im Strafverfahren notwendigen Bestimmtheit dargestellt. Der Hinweis auf einen Hinterausgang im ersten Stock des Objektes K, über den man in weiterer Folge auch zur K gelangt, vermag nichts an dieser Beurteilung zu ändern. Nach der Aktenlage gibt es auch keinerlei Ermittlungsergebnisse dafür, daß die Benutzung dieses Hinterausganges durch Prostituierten und Lokalbesuchern üblich oder möglich war. Dem Aktenvermerk vom 13. Mai 1996 über die gewerbepolizeiliche Schließung gemäß § 360 Abs 3 GewO 1994 ist vielmehr zu entnehmen, daß durch den Hintereingang der Zugang zur Wohnung des Bw gewährleistet war, weshalb die vordere Eingangstür versperrt und verplomt werden konnte.

Mangels geeigneter fallbezogener Angaben ist davon auszugehen, daß das wesentliche Tatbestandsmerkmal "in der Nähe von ..." nicht genügend konkretisiert worden ist. Das verfassungsrechtliche Spannungsverhältnis von strafbewehrten unbestimmten Gesetzesbegriffen zum Prinzip "nullum crimen sine lege" zwingt zur Anlegung eines strengen Maßstabes an die Kronkretisierungsanforderungen nach § 44a Z 1 VStG. Die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlautes im Spruch des Straferkenntnisses wird dem in keiner Weise gerecht. Der Verfassungsgerichtshof hat im durchaus vergleichbaren Rahmen von Verordnungsprüfungen ausgesprochen, daß die Verordnungsermächtigung des § 52 Abs 4 GewO unter dem Blickwinkel des rechtsstaatlichen Gebots des Art 18 B-VG eine deutliche Grenze des erlaubten vom unerlaubten Verhalten erfordere und daher verfassungskonform nur dahin verstanden werden könne, daß die Gemeinde konkret festzulegen hat, wo im Gemeindegebiet die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten mittels Automaten untersagt wird. Die bloße Verwendung der einfachgesetzlichen Umschreibung "im näheren Umkreis von Schulen, die von unmündigen Minderjährigen besucht werden," weist nicht die gebotene Bestimmtheit auf (vgl VfSlg 11520/1987). Der gleiche strenge Maßstab muß für die Konkretisierungspflicht des unbestimmten Gesetzesbegriffes "in der Nähe von ..." durch ein Straferkenntnis gelten.

4.3. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses leidet weiters unter einer mangelhaften Darstellung der Beteiligungsverhältnisse. In Anknüpfung an seine Judikatur zur konkretisierten Tatanlastung nach § 44a Z 1 VStG, wonach die Zuordnung des Tatverhaltens bezüglich aller Tatbestandsmerkmale möglich sein und die Identität der Tat unverwechselbar feststehen muß (vgl näher verst Sen VwSlg 11466 A/1984 und VwSlg 11894 A/1985), hat der Verwaltungsgerichtshof in zwei Erkenntnissen aus dem Jahr 1990 zur Begehungsform der Beihilfe klargestellt, daß im Spruch sowohl die Tatumstände zu konkretisieren sind, welche eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglicht, als auch jenes konkrete Verhalten darzustellen ist, durch welches der Tatbestand der Beihilfe verwirklicht wird. Dabei bedarf es auch eines konkreten inhaltlichen Tatvorwurfes bezüglich der vorsätzlichen Begehungsweise (vgl VwSlg 13112 A/1990 und VwSlg 13224 A/1990).

Im Spruch des Straferkenntnisses wird zwar die Anbahnung der Prostitution im "C" durch Frau F und damit das Verhalten der unmittelbaren Täterin geschildert, nicht aber die Beihilfehandlung des Bw konkret umschrieben. Insofern beschränkt sich der Spruch auf die pauschale Behauptung, der Bw hätte als Lokalbetreiber und Eigentümer des Hauses diese Anbahnung ermöglicht. Durch welche konkreten Handlungen der Bw die Prostitution der Animierdame ganz bewußt und damit vorsätzlich gefördert habe, wird nicht einmal angedeutet. Der Umstand, daß der Bw Lokalbetreiber und Hauseigentümer war, macht ihn zwar ziemlich verdächtig, berechtigt aber noch nicht zu pauschalen Annahmen und Unterstellungen. Nach der Begründung des Straferkenntnisses ging die belangte Behörde davon aus, daß der Bw für die Benutzung der Separees kein gesondertes Entgelt erhielt. Er hätte von der Anbahnung und Ausübung der Prostitution aber ganz allgemein gewußt, womit er vorsätzlich die Verwaltungsübertretung ermöglicht hätte. Selbst wenn man mit der Strafbehörde von diesem Wissen des Bw ausgeht, folgt daraus weder eo ipso ein für den Vorsatz notwendiges Wollen noch ein bestimmtes Tun, durch das der Bw eine Beihilfe gesetzt hat. Die belangte Behörde hätte eine konkrete Handlung des Bw angeben müssen, die nach ihrer Ansicht die zeitlich und örtlich bestimmte Verwaltungsübertretung der Anbahnung der Prostitution durch Frau F erleichtert oder gefördert hat. Dazu bedarf es der Feststellung eines Zusammenwirkens zwischen Täter und Gehilfen, aus dem die Annahme der vorsätzlichen Beteiligung ableitbar ist (vgl dazu die Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, E 2a bis 2f und E 3 zu § 7 VStG). Die Strafbehörde muß im Spruch Zeit, Ort und Inhalt der Beihilfehandlung ebenso umschreiben und nicht bloß die Erleichterung einer Verwaltungsübertretung behaupten (vgl VwGH 23.2.1995, 92/18/0277).

Die belangte Behörde hat keine Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs 2 VStG vorgenommen, die den beschriebenen Anforderungen genügte. Die angelastete Beihilfe wurde weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht ausreichend konkretisiert. Die vorhandenen entscheidungswesentlichen Feststellungsmängel lassen die von der belangten Behörde vorgenommene Subsumtion unter den Tatbestand der Beihilfe im Ergebnis als unrichtig erscheinen.

5. Bei diesem Ergebnis war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels ausreichenden Tatvorwurfes innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen. Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

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