Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130098/2/Gb/Shn

Linz, 11.06.1996

VwSen-130098/2/Gb/Shn Linz, am 11. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des George L, gegen die Ermahnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 29. März 1996, Zl.933-10-4799033, zu Recht:

Die Berufung wird abgewiesen und die Ermahnung bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde oben genannte Ermahnung ausgesprochen, weil er am 20.3.1995 von 11.56 Uhr bis 12.13 Uhr in L, das mehrspurige Kraftfahrzeug, Toyota blau, mit dem polizeilichen Kennzeichen in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt habe und somit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen sei.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Diese hat die Erstbehörde samt Verwaltungsakt mit Schreiben vom 18. April 1996 dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt und somit seine Zuständigkeit begründet. Da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, hat das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Da zudem die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt worden ist, konnte eine solche unter Zugrundelegung von § 51e Abs.2 VStG unterbleiben.

In der Berufung wird vorgebracht, daß die Ermahnung ungerechtfertigt sei, weil die Überziehung der Parkzeit unvermeidbar gewesen sei oder allenfalls durch ganz unverhältnismäßigem Aufwand an Zeit und Unkosten hätte vermieden werden können. Überdies könne eine Ermahnung nur einen Zweck haben, wenn sie dazu führe, daß ein Vergehen nicht wiederholt werden würde. Dies treffe im vorliegenden Fall nicht zu. Der Berufungswerber beantragt abschließend die "bedingungslose Rückziehung der Ermahnung".

3. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Gemäß § 21 Abs.1 leg.cit. kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Zunächst ist festzuhalten, daß das Tatbild unbestritten und somit als erwiesen anzusehen ist. In der Berufung wird lediglich die Erforderlichkeit der Ermahnung bestritten:

Diese sei auszusprechen, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Wenn der Berufungswerber lediglich vorbringt, daß dieser spezialpräventive Aspekt im vorliegenden Fall nicht zutreffe, kann dieses Vorbringen der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Der Berufungswerber hätte konkrete Angaben in der Weise vorbringen müssen, warum der Aspekt der Spezialprävention im konkreten Fall nicht zu berücksichtigen gewesen sei. Dementsprechende Angaben hat der Berufungswerber aber nicht gemacht, was nicht zu seinen Gunsten ausschlagen kann.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite beruft sich der Berufungswerber offensichtlich auf den Schuldausschließungsgrund des Notstands iSd § 6 VStG. Was unter Notstand zu verstehen ist, wird vom Verwaltungsstrafgesetz als bekannt vorausgesetzt.

§ 10 Abs.1 Strafgesetzbuch bestimmt den entschuldigenden Notstand genauer als eine Situation, in der eine Person eine mit Strafe bedrohte Handlung begeht, um einen unmittelbar drohenden Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden, wenn der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt, als der Nachteil, den sie abwenden soll und in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Mensch kein anderes Verhalten zu erwarten ist. Dieser Begriff ist als maßgebend für das Verwaltungsstrafgesetz anzusehen (siehe Walter-Mayr, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, Rz 751 mit entsprechenden Literaturangaben).

Nach der Judikatur des VwGH wird der Notstand als schwere und unmittelbare (nicht bloß mögliche) Gefahr (VwGH 27.10.1977, Zl.1967/76), die zu einem "unwiderstehlichen Zwang" führt (VwGH 3.11.1981, Zl.81/07/0091; 13.9.1989, Zl.89/18/0092), qualifiziert. Wirtschaftliche Nachteile werden nur dann als relevant angesehen, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedrohen (VwGH 12.5.1989, Zl.87/17/0153; 22.3.1991, Zl.88/18/0049).

Mit der Berufung auf einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit und Unkosten ist die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht. Die Überziehung der Parkzeit ist auch nicht auf einer schweren und unmittelbaren Gefahr, die zu einem unwiderstehlichen Zwang, nämlich zur Nichtentrichtung der Parkgebühr führte, begründet. Schon aus der Zitierung der höchstgerichtlichen Judikatur ist ersichtlich, daß das Berufungsvorbringen diese Qualität des Notstandes nicht erreicht, sodaß das Berufungsvorbringen zur subjektiven Tatseite der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen konnte.

Es darf noch darauf hingewiesen werden, daß die Ermahnung anders als die frühere (seit 1964) "Verwarnung" - keine Strafe ist. Schon aus diesem Grunde ist dem Berufungswerber ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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