Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107639/15/Le/La

Linz, 29.06.2001

VwSen-107639/15/Le/La Linz, am 29. Juni 2001 DVR.0690392      

E R K E N N T N I S  

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des P F, P 13/11, 1 W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17. April 2001, Zl. VerkR96-5648-OJ/KB, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 27.6.2001 zu Recht erkannt:  

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.   II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsver-fahrens in Höhe von 2.400 S (entspricht 174,41 Euro) zu entrichten.   Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.     Entscheidungsgründe:   Zu I.:   1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17.4.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 99 Abs.1b iVm § 5 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 288 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe sowie zum Ersatz der Barauslagen für Untersuchungskosten gemäß § 5a Abs.2 StVO in Höhe von 1.203 S verpflichtet.   Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 26.11.2000 gegen 13.50 Uhr den Kombi, VW-Golf, Kennzeichen W, auf der B von R kommend bis nach 4100 O, B 14a, in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt.   2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 3.5.2001, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen Zur Begründung führte er aus, dass der THC-Test keine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Feststellung der Drogenbeeinträchtigung darstelle, da weder Zeitpunkt noch Art der konsumierten Produkte festgestellt werden können. Er hätte weder am Tag der Untersuchung noch am Tag zuvor Drogen zu sich genommen.   3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.   3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat am 27.6.2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Berufungswerber sowie ein Vertreter der Erstbehörde teilnahmen; weiters wurde dem Verfahren eine medizinische Amtssachverständige beigezogen. Die Gemeindeärztin, die die klinische Untersuchung des Berufungswerbers durchgeführt hatte, wurde als Zeugin befragt. Auch die vom Berufungswerber beantragte Zeugin S Z wurde zeugenschaftlich vernommen. Der die Amtshandlung führende Gendarmeriebeamte RI NN. H ließ sich am Morgen des Verhandlungstages durch seinen Vorgesetzten wegen eines Freizeitunfalls entschuldigen.   Angeführt wird, dass die Verhandlung gleichzeitig mit den Berufungsverhandlungen gegen Mag. C F und DI G Z durchgeführt wurde.   3.2. Daraus steht folgender Sachverhalt fest:   Der Berufungswerber gab an, gemeinsam mit seinem Bruder Mag. C F und Herrn DI G Z den gemeinsamen Freund M G in O besucht zu haben. Am 25.11.2000 wurden Mag. F und DI Z von der Gendarmerie kontrolliert; die durchgeführten Harntests waren positiv und die durchgeführten klinischen Untersuchungen ergaben damals Fahruntüchtigkeit auf Grund von Suchtgift-beeinträchtigung. Der Berufungswerber erzählte weiters, dass auf Grund dieser Untersuchungsergebnisse beim Hause des M G eine Razzia durchgeführt wurde und geringe Mengen von Cannabis gefunden wurden. Daraufhin wäre auch er zum Gendarmerieposten nach O gebracht und wäre mit ihm dort eine Niederschrift aufgenommen worden. Gegen Mitternacht habe ihm der Gendarmeriebeamte RI H die Autoschlüssel für den von Mag. F verwendeten PKW gegeben, damit er zurück nach O fahren könne. Am nächsten Tag brachte der Berufungswerber seinen Bruder Mag. F und DI Z zur vereinbarten erkennungsdienstlichen Behandlung zum Gendarmerieposten O. Zunächst hätte ihm der Gendarmeriebeamte gesagt, er solle eine halbe Stunde warten und dann könnten sie heimfahren. Dann aber habe der Gendarmeriebeamte RI H auch ihn zur erkennungsdienstlichen Behandlung gebeten und ihm dabei gesagt, dass er es eigentlich unfair finde, dass er noch einen Führerschein habe und sein Bruder und Herr Z nicht mehr. Daraufhin wurde auch er zur Abgabe einer Harnprobe aufgefordert. Der nunmehrige Berufungswerber kam dieser Aufforderung nach. Nach dem Streifentest hätte der Beamte ihn zur klinischen Untersuchung aufgefordert. Vor dieser klinischen Untersuchung hätte er die Amtsärztin darauf hingewiesen, dass er noch nichts gegessen und nur Kaffee getrunken hätte. Er gab ihr gegenüber zu, zwei Tage zuvor Cannabis konsumiert zu haben. Bei der Autofahrt hätte er sich jedoch nicht beeinträchtigt gefühlt.   Die Amtsärztin Dr. E M schilderte als Zeugin den durchgeführten klinischen Test. Sie gab an, schon etwa 20 derartige klinische Untersuchungen durchgeführt und auch Patienten zu haben, die suchtgiftabhängig sind. Sie deutete daher den massiven Mundgeruch des Probanden als einen Geruch, der auf Cannabiskonsum hindeutet; es war kein Geruch nach Nikotinrauch oder Kaffeekonsum. Sie wies auf die verminderte Reaktionsfähigkeit des Probanden und vor allem seinen äußerst unsicheren Gang hin; die Rhombergprobe wäre praktisch nicht möglich gewesen, weil er nicht auf einem Bein stehen konnte. Im klinischen Erhebungsblatt sind auch noch die Rötung der Augenbindehäute und die träge Pupillenreaktion erwähnt. Der Proband habe selbst zugegeben, zwei Tage zuvor Suchtgift geraucht zu haben.   Aus der Zusammenschau dieser Auffälligkeiten wäre sie daher zum Ergebnis gekommen, dass der Proband suchtgiftbeeinträchtigt und aus diesem Grund fahruntüchtig war.   Dabei ist anzumerken, dass die Amtsärztin vom bereits zuvor durchgeführten Harntest nicht informiert war. Sie gab bei der Befragung an, deshalb keine Harnprobe durchgeführt zu haben, da sie der Meinung war, dazu nicht berechtigt zu sein.   Die Zeugin Z konnte zur Frage der allfälligen Beeinträchtigung durch Suchtgift keine Angaben machen. Sie wies lediglich darauf hin, dass in ihrer Anwesenheit kein Cannabis geraucht worden sei.   Angemerkt wird, dass sich der Berufungswerber - im Gegensatz zu seinem Bruder Mag. C F und Herrn DI G Z - nicht im nachhinein einem Labortest auf THC oder Cannabionoide unterzogen hat.     4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).   4.2. Nach § 5 Abs.1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen.   Es ist unbestritten, dass der Berufungswerber zur angelasteten Tatzeit über die im Straferkenntnis genannte Fahrtstrecke ein Kraftfahrzeug gelenkt hat. Inwieweit er sich dabei in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden hat, wurde durch die klinische Untersuchung festgestellt, die von der Amtsärztin Dr. M durchgeführt wurde. Nach diesen Erhebungen deuteten der fehlende Alkoholgeruch, der jedoch deutliche Geruch nach Cannabisrauch, die Rötung der Augenbindehäute, die schwankende und sehr unsichere Gehweise, die praktische Undurchführbarkeit des Rhombergtests, die träge Pupillenreaktion und die verminderte Reaktionsfähigkeit jedenfalls auf Suchtgiftbeeinträchtigung hin, die auch zur Fahruntauglichkeit führte.   Die Problematik bei der Beurteilung einer Suchtgiftbeeinträchtigung besteht darin, dass es einerseits keine absolut gesicherten Untersuchungsmethoden und andererseits keine fixen Grenzwerte (vergleichbar etwa mit dem Grenzwert einer Alkoholisierung von 0,4 mg/l) gibt. Ausschlaggebend ist vielmehr der persönliche Eindruck, den der untersuchende Arzt bei der klinischen Untersuchung erhält. Nach der Fachliteratur (vgl dazu Darok/G/Roll, Österreich - ein Paradies für suchtmittelbeeinträchtigte Lenker?, ZVR 2001, Seite 110 ff) umfasst die ärztliche Untersuchung Prüfungen des Gleichgewichtssinnes, der Koordination, Motorik und pupillendiagnostische Untersuchungen; auch die Abnahme einer Speichel- oder Harnprobe und deren Überprüfung (zB mittels eines Schnelltests) gehört zum Umfang einer ärztlichen Untersuchung. An anderer Stelle der erwähnten Arbeit sind typische Ausfallserscheinungen bei einer Beeinflussung durch Alkohol und/oder andere psychotrope Substanzen erwähnt, wie Rötung der Augenbindehäute, veränderte Weite und Reaktion der Pupillen, Störungen von motorischen Komponenten (lallende Sprache, schwankender Gang), psychische Auffälligkeiten (Benommenheit, Verwirrtheit, Aggressivität).   Der Berufungswerber hat eine Reihe dieser Merkmale aufgewiesen, so vor allem einen äußerst unsicheren Gang, eine Rötung der Augenbindehäute und träge Pupillenreaktion, eine verminderte Reaktionsfähigkeit und einen typischen Geruch aus dem Mund. Die Amtsärztin hat aus diesen Auffälligkeiten auf Grund ihrer Erfahrung mit suchtgiftbeeinträchtigten Personen geschlossen, dass der nunmehrige Berufungswerber zum Zeitpunkt der Untersuchung merkbar suchtgiftbeeinträchtigt und aus diesem Grunde fahruntüchtig war.   Ihre Angaben im Erhebungsblatt, aber auch ihre Aussagen als Zeugin vor dem erkennenden Verwaltungssenat waren schlüssig und nachvollziehbar, sodass für die Berufungsbehörde glaubwürdig feststeht, dass der Berufungswerber bei der im Straferkenntnis bezeichneten Fahrt durch Suchtgift beeinträchtigt war. Damit aber hat er den Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.   4.3. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.   Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.   Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.   4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde. Die Teilnahme am Straßenverkehr in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand stellt eine erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit dar. Die Übertretung wurde im Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges begangen, wodurch die Gefährdung der Verkehrssicherheit erhöht wurde. Die von der Erstbehörde verhängte Strafe ist daher aus spezial-, aber auch aus generalpräventiven Gründen erforderlich, um dem Berufungswerber, aber auch der Allgemeinheit, vor Augen zu führen, dass das Lenken von Fahrzeugen in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand besonders verwerflich ist.   Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind   Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da im vorliegenden Fall eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 2.400 S.     Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis:   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.   Dr. W e i ß   Beschlagwortung: Lenker eines KFZ in suchtgiftbeeinträchtigtem Zustand
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