Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300154/3/WEI/Bk

Linz, 16.06.1998

VwSen-300154/3/WEI/Bk Linz, am 16. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender Dr. Wegschaider, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Berufung des W gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12. Mai 1997, Zl. Pol 96-419-1995-Fu, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 2 Abs 3 lit c) O.ö. Polizeistrafgesetz - O.ö. PolStG (LGBl Nr.36/1979 idF LGBl Nr. 30/1995) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 12. Mai 1997 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben vom 10.6.1995, ca. 21.30 Uhr bis 11.6.1995, ca. 01.05 Uhr als Verfügungsberechtigter und Ausüber des Gastgewerbes 'B', welches im Gebäude in L untergebracht ist, Prostituierten Räumlichkeiten des Gebäudes in L, für Zwecke sowohl der Anbahnung als auch der Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt, da im vorangeführten Zeitraum mindestens zwei männlichen Lokalkunden die Ausübung der Prostitution von einigen der 9 anwesenden Prostituierten angeboten wurde und von zwei dieser Prostituierten in der Folge mit je einer männlichen Person, für die Gegenleistung von je S 2.000,-- (im Preis inbegriffen war ein Getränk), welche an die Barfrau zu entrichten war, in angrenzenden Separeés ein Geschlechtsverkehr ausgeübt wurde." Dadurch erachtet die belangte Behörde den § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung nach dem Strafrahmen des § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG eine Geldstrafe in Höhe von S 15.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 76 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Betrag von S 1.500,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seiner Rechtsvertreter am 23. Mai 1997 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 5. Juni 1997, die am 6. Juni 1997 bei der belangten Behörde einlangte. Der Bw beantragt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise die Strafhöhe herabzusetzen. 2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Der Bw besaß eine Konzession für das Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar im Standort L. Mit Bescheid des Magistrats Linz (richtig: des Bürgermeisters) vom 28. Mai 1993, Zl. 100-1/5, wurde ihm die Änderung der Betriebsart auf "Nachtclub" genehmigt. Beim Haus U handelt es sich um ein Gebäude, das nicht ausschließlich von Personen bewohnt und benützt wird, die die Prostitution ausüben. Nach der von der belangten Behörde eingeholten Meldeauskunft der Bundespolizeidirektion Linz waren zum Tatzeitpunkt vier Personen dort wohnhaft, die mit der "B" nichts zu tun hatten.

Aus der Darstellung der kriminalpolizeilichen Abteilung im Bericht der Bundespolizeidirektion Linz vom 13. Juni 1995 geht hervor, daß in der Nacht vom 10. auf 11. Juni 1995 das Lokal "B" überwacht und auch eine Lokalkontrolle durchgeführt wurde, bei der allerdings keine Gäste vorgefunden wurden, obwohl nach den Überwachungswahrnehmungen zwei Gäste im Lokal hätten sein müssen. Der Gast J der um 23.20 Uhr das Lokal verließ, wurde angehalten und befragt. Dabei gab er zu, daß er im Separee mit einer Thailänderin "J" den Geschlechtsverkehr gegen Bezahlung eines Betrages von S 2.000,-- ausgeübt hatte, wobei er angab, daß je ein Getränk im Preis inbegriffen war. Die Kriminalbeamten führten daraufhin die Lokalkontrolle durch und fanden eine Bardame, sieben Animierdamen, den Lokalbesitzer und dessen Freundin vor. Eine Durchsuchung von WC und angrenzenden Separees blieb ergebnislos. Danach wurde die Außenüberwachung fortgesetzt und beobachtet, daß zwei Männer kurz hintereinander um ca. 01.05 Uhr die Bar verließen. Der angehaltene F erklärte den Beamten, daß er mit einer Tschechin in einem Separee hinter der Bar den Geschlechtsverkehr gegen Bezahlung von S 2.000,-- durchführte, wobei eine Flasche Sekt im Preis inbegriffen war. Kurz vor Ablauf der vereinbarten Stunde im Separee hätte ein rotes Licht geblinkt, was entweder eine Kontrolle oder Razzia bedeuten sollte. Entwarnung erfolgte durch Klopfzeichen. Der andere Gast, dem Vertraulichkeit zugesichert wurde, habe mit einer Thailänderin entgeltlichen Geschlechtsverkehr gehabt.

Bei einer anschließenden weiteren Kontrolle des Lokals stellten die Kriminalbeamten die Identität der beiden fehlenden (bei der Erstkontrolle verschwiegenen) Animierdamen fest. Es handelte sich um die Thailänderin A, und die Tschechin S. Im Ergebnis hält der kriminalpolizeiliche Bericht fest, daß aufgrund der Zeugenaussagen feststünde, daß im überwachten Zeitraum die Thailänderin zweimal und die Tschechin einmal die geheime Prostitution im Separee ausgeübt hätten.

2.2. Die belangte Strafbehörde ging im angefochtenen Straferkenntnis im wesentlichen vom oben geschilderten Sachverhalt aus und nahm an, daß der Bw die Separees bewußt zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellte, wofür der in den Zeugenaussagen der Gäste geschilderte Bordellbetrieb mit Bezahlung an die Bardame vor der Separeebenutzung, das rote Warnlicht im Separee und das unaufrichtige Verhalten des Bw gegenüber den Kriminalbeamten spräche. Den gegenteiligen Aussagen der beschäftigten Animierdamen könne keine Glaubwürdigkeit zukommen, zumal diese durch ein Zugeben der Prostitutionsausübung sich selbst belasteten.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. August 1995 legte die belangte Behörde dem Bw folgende Taten zur Last:

"Sie haben am 10.6.1995 zwischen ca. 21.30 Uhr und 01.05 Uhr 1) Räumlichkeiten des Hauses L (Lokal 'B' und das diesem Lokal angrenzende Separee) 9 Prostituierten zur Anbahnung und zumindest zwei dieser Prostituierten zur Ausübung der Prostitution (sexuelle Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken) zur Verfügung gestellt, ohne diese beabsichtigte Verwendung mindestens zwei Monate vor Aufnahme dieser Tätigkeiten dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz angezeigt zu haben und 2) Räumlichkeiten des Hauses (Lokal 'B' und das diesem Lokal angrenzende Separee) als Verfügungsberechtigter (Pächter und Betreiber des Lokals) 9 Prostituierten für Zwecke der Anbahnung und zumindest zwei dieser Prostituierten zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt, obwohl in Gebäuden, in denen das Gastgewerbe ausgeübt wird, die Anbahnung und Ausübung der Prostitution verboten ist." In der rechtsfreundlich vertretenen Stellungnahme vom 20. September 1995 bekannte sich der Bw nicht schuldig und bestritt, daß er Räumlichkeiten für Prostitutionszwecke zur Verfügung gestellt hat. Er betreibe unter der Bezeichnung "B" ein Nachtlokal, das auch Separees hat. Er habe sämtliche Animierdamen ausdrücklich angewiesen, keinesfalls den Geschlechtsverkehr im Separee auszuüben. Seiner Kenntnis nach hätten sich sämtliche beschäftigten Damen an diese Vorschrift gehalten. Selbst wenn einzelne Animierdamen dagegen verstoßen haben sollten, könnte dem Bw kein wie immer geartetes Verschulden angelastet werden.

2.3. Daraufhin ersuchte die belangte Behörde unter Hinweis auf die ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung um Einvernahme der Zeugen W und G im Rechtshilfeweg. Bei der Beweisaufnahme hinsichtlich des Zeugen G traten durch Ladungsprobleme Verzögerungen auf. Schließlich wurde er am 13. März 1996 von der Bundespolizeidirektion einvernommen, verweigerte aber die Unterschrift. Das Rechtshilfeersuchen vom 14. Jänner 1997 an die Bundespolizeidirektion Linz war auf Einvernahme von einigen Animierdamen gerichtet, die bei ihren Einvernahmen die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution in der "B" bestritten. Mit formalisiertem Schreiben vom 6. März 1997 hat die belangte Behörde unter dem Titel "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" dem Bw mitgeteilt, daß Beweise in der Angelegenheit "Übertretung des OÖ. Polizeistrafgesetzes in L, am 10.6.1995 zwischen 21.30 und 01.05 Uhr" aufgenommen wurden und angekündigt, daß der Bescheid auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme erlassen werden werde, soweit nicht die Stellungnahme des Bw anderes erfordere. Dem Bw wurde freigestellt, zur mündlichen Bekanntgabe des Ergebnisses der Beweisaufnahme am 18. März 1997 von 08.00 bis 11.00 Uhr persönlich zu erscheinen oder einen Vertreter zu entsenden. Daraufhin nahm der Bw am 19. März 1997 durch seine Rechtsvertreter Akteneinsicht und erstattete die schriftliche Stellungnahme vom 2. April 1997. In dieser wird auf die bereits abgegebene Stellungnahme verwiesen und ergänzend ausgeführt, daß der Bw durch die belangte Behörde von den die Animierdamen A und betreffenden Vorfälle Kenntnis erlangt habe. Diese beiden Damen hätten allerdings einen Verstoß gegen das Verbot des Bw, keinen Geschlechtsverkehr im Separee durchzuführen, geleugnet. Trotz des schon zwei Jahre dauernden Ermittlungsverfahrens lägen keine Beweisergebnisse vor, aus denen sich ein Verschulden des Bw ergeben könnte. Selbst wenn die Aussagen der einvernommenen Zeugen der Wahrheit entsprächen, wäre damit noch kein Nachweis erbracht, daß der Bw vom verbotswidrigen Verhalten der beiden Damen Kenntnis erlangt hatte.

Mit Schreiben vom 9. April 1997 ersuchte die belangte Behörde schließlich das Meldeamt der Bundespolizeidirektion Linz um Auskunft, wer am 10. Juni 1995 an der Adresse L wohnhaft war. Daraufhin gab die Meldebehörde drei Personen bekannt, die dort mit ordentlichem Wohnsitz gemeldet waren. In der Folge erließ die Strafbehörde das angefochtene Straferkenntnis vom 15. Mai 1997.

2.4. Die Berufung wendet zunächst Verfolgungsverjährung ein, weil innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden sei. In der Aufforderung zur Rechtfertigung wären nur die verba legalia und kein konkretes Verhalten vorgeworfen worden. Das nahezu zwei Jahre später ergangene Straferkenntnis zeige, daß der Vorwurf unzureichend gewesen sei.

Im übrigen verkenne die belangte Behörde den Grundsatz "in dubio pro reo" und verlange vom Bw den Beweis seiner Unschuld. Der Bw führe ein Nachtlokal mit Separees, die nur dazu dienten, in Ruhe mit dem Gast ein Getränk zu konsumieren und sich mit ihm zu unterhalten. Je nach Sektmarke koste eine 0,7 l Flasche Sekt zwischen S 1.200,-- (Hausmarke) und S 1.950,-- (Krimsekt). Der Gast habe bei der Kellnerin den Preis für die Sektflasche zu bezahlen, bevor er mit dem Animiermädchen das Separee betritt. Daß sich im Separee rotes Licht mit Warnfunktion befindet, sei unrichtig. Richtig sei vielmehr, daß weißes Licht das Ende der Stunde im Separee anzeigt. Verfehlt sei auch die Mutmaßung, daß sich irgendwo geheime Separees befinden. Dem Magistrat Linz seien anläßlich der Änderung der Betriebsart auf Nachtclub sämtliche Pläne über die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt worden, weshalb der Bw davon ausging, daß den Polizeibeamten sämtliche Separees bekannt waren. Verstöße gegen das Verbot, anläßlich eines Aufenthaltes im Separee den Geschlechtsverkehr auszuüben, seien dem Bw noch nie gemeldet worden. Durch das gegenständliche Strafverfahren habe er vom Vorwurf gegen die beiden Damen erfahren, die allerdings - zur Rede gestellt - leugneten. Selbst wenn die bedenklichen Zeugenaussagen W und G der Wahrheit entsprechen sollten, wäre damit kein Nachweis erbracht, daß der Bw Kenntnis gehabt hätte oder hätte haben müssen. Die gegenteilige Begründung der Behörde basiere auf einer reinen Spekulation. Abschließend wird noch die verhängte Geldstrafe von S 15.000,-- als überhöht gerügt, zumal der Bw unbescholten sei und keine Straferschwerungsgründe vorlägen. 2.5. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und auf einen Schreibfehler in der Begründung des Straferkenntnisses, wo irrtümlich von S 10.000,-- die Rede ist, hingewiesen. 3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG mit Geldstrafe bis zu S 200.000,-- und im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung oder in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe oder die Privatzimmervermietung ausgeübt wird, eine Wohnung, Teile einer Wohnung oder sonstige Räumlichkeiten oder wer einen Wohnwagen oder andere Bauten auf Rädern oder Wasserfahrzeuge und dgl. für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nutzt oder zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet. Im zweiten Satz des § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG wird einschränkend klargestellt, daß keine Verwaltungsübertretung vorliegt, wenn und solange die Prostitution in Gebäuden ausgeübt oder angebahnt wird, die ausschließlich von Personen bewohnt oder benutzt werden, die die Prostitution ausüben.

4.2. Die Berufung bringt unter dem Gesichtspunkt der Verfolgungsverjährung zum Thema Spruchkonkretisierung iSd § 44a VStG vor, daß in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. August 1995 nur die verba legalia und kein konkretes Tatverhalten vorgeworfen worden sei. Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist sei keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden.

Bereits mit diesem Einwand ist die Berufung im Recht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen des § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, daß eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Erk verst Sen VwSlg 11466 A/1984 und VwSlg 11894 A/1985). Im Bescheidspruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch, 5. A, 971).

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. August 1995 werden abgesehen von einer zeitlichen und örtlichen Groborientierung lediglich die verba legalia gebraucht, um die Tat nach dem § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG zu umschreiben. Zur Veranschaulichung sei der Tatvorwurf hier wiederholt:

"Sie haben am 10.6.1995 zwischen ca. 21.30 Uhr und 01.05 Uhr 1) ........ 2) Räumlichkeiten des Hauses , (Lokal '' und das diesem Lokal angrenzende Separee) als Verfügungsberechtigter (Pächter und Betreiber des Lokals) 9 Prostituierten für Zwecke der Anbahnung und zumindest zwei dieser Prostituierten zur Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt, obwohl in Gebäuden, in denen das Gastgewerbe ausgeübt wird, die Anbahnung und Ausübung der Prostitution verboten ist." Eine konkrete Straftat kann nicht allein mit den vom Gesetzgeber gebrauchten verba legalia umschrieben werden. Sie ist vielmehr tatbildbezogen entsprechend den Gegebenheiten des Einzelfalles zu individualisieren. Dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG ist daher nur entsprochen, wenn alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale einzelfallbezogen individualisiert wurden. Die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes unter Angabe von Tatzeit und Tatort reicht dafür noch nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch, 5. A, 1996, 970, Anm 2 zu § 44a VStG).

Die erste taugliche Verfolgungshandlung erfolgte im Zusammenhang mit der Akteneinsicht der Rechtsvertreter des Bw vom 19. März 1997, bei der die belangte Behörde den gesamten Akteninhalt und damit auch die näheren Umstände des Einzelfalles mit der Aufforderung zur fristgebundenen Stellungnahme zur Kenntnis brachte. Bis zu diesem Zeitpunkt verwies die belangte Behörde in ihren Verfahrensschritten stets nur auf ihre unzureichende Aufforderung zur Rechtfertigung. Die rechtfertigende Stellungnahme des Bw vom 20. September 1995 blieb erwartungsgemäß ebenso allgemein gehalten und unkonkretisiert wie die zuvor ergangene Anlastung in der Aufforderung zur Rechtfertigung. Es trifft demnach zu, daß innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von sechs Monaten gemäß § 31 Abs 1 und 2 VStG keine taugliche, alle wesentlichen Tatbildmerkmale konkretisierende Verfolgungshandlung vorgenommen wurde. 4.3. Aber auch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht noch immer nicht den Bestimmtheitsanforderungen. Die belangte Behörde hat dem Bw eine lediglich hinsichtlich Zeit und Gastlokal bezeichnete Tat unter Verwendung der (oben fett hervorgehobenen) verba legalia angelastet, ohne eine ausreichende einzelfallbezogene Konkretisierung des Spruches vorzunehmen. Der von der belangten Behörde im Spruch angeführte Kausalsatz ist hinsichtlich der an der angelasteten Prostitution beteiligten Personen weitgehend unbestimmt. Es ist lediglich davon die Rede, daß zwei von neun anwesenden Prostituierten in angrenzenden Separees Geschlechtsverkehr mit je einer männlichen Person hatten und daß einige der Prostituierten den Geschlechtsverkehr angeboten hätten. Ein derartiger Pauschalvorwurf, der keine bestimmten Personen nennt und das Anbahnen und Ausüben der Prostitution als verschiedene Taten nicht genau auseinanderhält, entspricht nicht der nach § 44a Z 1 VStG erforderlichen Konkretisierung. Die handelnden Personen werden nicht unverwechselbar bezeichnet. Außerdem macht der gewählte Kausalsatz nicht hinreichend deutlich, worin die belangte Behörde das vorsätzliche Zur-Verfügung-Stellen von Räumlichkeiten durch den Bw sieht. Wie der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich bereits ausgesprochen hat, können die Tatbegehungsvarianten des § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG nur vorsätzlich begangen werden, weil die jeweilige Tatbegehung "für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution" finalen Charakter hat und damit ein Wissen und Wollen des Täters voraussetzt (vgl VwSen-300075 vom 17.4.1997). Der Spruch umschreibt das dem Bw angelastete Zur-Verfügung-Stellen für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nicht anhand konkreter Umstände, die unter die verba legalia subsumiert werden könnten. Das im Kausalsatz sehr allgemein formulierte Verhalten von nicht genannten Prostituierten läßt nicht unmittelbar auf ein zweckorientiertes Zur-Verfügung-Stellen durch den Bw schließen. Diese Möglichkeit bleibt vielmehr offen. Eine präzisierende Ergänzung des Tatvorwurfes im Sinne der Begründung des Straferkenntnisses konnte allerdings nach Ablauf der Verfolgungsverjährung nicht mehr erfolgen.

5. Im Ergebnis war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren schon mangels geeigneter Tatanlastung und eingetretener Verfolgungsverjährung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen. Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfiel damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. Auf die erstmals in der Berufung aus Anlaß der Begründung des Straferkenntnisses näher ausgeführten Einwände im Tatsachenbereich brauchte die erkennende Kammer nicht mehr eingehen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e g s c h a i d e r Beschlagwortung: Spruchkonkretisierung

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