Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107708/2/Br/Bk

Linz, 29.06.2001

VwSen-107708/2/Br/Bk Linz, am 29. Juni 2001 DVR.0690392  

E R K E N N T N I S    

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn J, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 9. Mai 2001, AZ. VerkR96-5835-2001, wegen Übertretungen nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960, zu Recht:  

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und der Strafausspruch vollumfänglich bestätigt.   Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 29/2000 - AVG, iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 138/2000 - VStG;     II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 800 S (20% der verhängten Geldstrafe, entspricht 58,14 €) auferlegt.   Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.   Entscheidungsgründe:   1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 4.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 108 Stunden verhängt, weil er am 20.3.2001 in einem Baustellenbereich auf der A1, bei Km 256,771, mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw die Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h missachtete, indem er mit 144 km/h fuhr.   1.1. Die Erstbehörde begründete die verhängte Geldstrafe im Ergebnis mit dem Unrechtsgehalt der hier in einer gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitung und der damit erhöhten Unfallneigung vorgelegen habe. Diesen Umstand wertete die Behörde erster Instanz als straferschwerend, mildernd wurde die Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet. Das Monatseinkommen wurde schätzungsweise mit 19.000 S netto angenommen, wobei von keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen wurde.   2. Dagegen wendete sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen und nur gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung. Er verwies dabei auf seinen Einkommenssteuerbescheid vom Mai 2001, aus welchem sich ein geringeres Einkommen ableiten lässt, weil daraus lediglich eine Einkommenssteuer-vorschreibung im Ausmaß von 19.240 S hervorgeht. Ebenso wendet der Berufungswerber Sorgepflichten ein.   3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung ohne einer Berufungsvorentscheidung vorgelegt. Damit wurde die h. Zuständigkeit begründet.   3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war angesichts der bloßen Strafberufung in Verbindung mit den Berufungsausführungen nicht erforderlich (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).   4. Für die Beurteilung des objektiven Tatunwertes und der Tatschuld liegen der Berufungsentscheidung nachfolgende Fakten zu Grunde: Der Berufungswerber lenkte sein Fahrzeug in einer sogenannten Baustellenbeschränkung mit 144 km/h. Beim Vorfallstag handelte es sich um einen Dienstag, wobei um 14.57 Uhr von einem zumindest regen Verkehrsaufkommen ausgegangen werden kann. Es bedarf keiner ausführlichen Erörterung um darzulegen, dass sich insbesondere im Bereich von Autobahnbaustellen häufig schwere Verkehrsunfälle ereignen, die vielfach auf (zu) hohe Fahrgeschwindigkeit zurückzuführen sind.   5. Zur Strafzumessung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:   5.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.   5.2. Es mag wohl zutreffen, dass der Berufungswerber über ein geringeres Einkommen als monatlich 19.000 S verfügen mag und für ihn darüber hinaus auch Sorgepflichten bestehen. Dennoch vermag er mit seinem Berufungsvorbringen einen Ermessensfehler bei der Strafzumessung der Behörde erster Instanz nicht aufzeigen. Das Fahrverhalten des Berufungswerbers ist von der qualifizierten Schuldform des Vorsatzes umfasst zu sehen. Geht man davon aus, dass die Beschilderung "Geschwindigkeitsbeschränkung" wohl kaum übersehen worden sein konnte, ist andererseits evident, dass ihm auch das hohe Ausmaß der Fahrgeschwindigkeit bewusst war und somit das Befahren der Baustelle mit 144 km/h zumindest bewusst in Kauf genommen wurde. Es wäre wohl kaum denkbar und widerspräche jeglicher empirischer Logik, dass eine so hohe Fahrgeschwindigkeit mit dem nicht ständigen Beobachten des Tachometers erklärbar sein könnte. In dieser Richtung wurde vom Berufungswerber auch nichts vorgebracht. Ferner ist zur Strafzumessung auszuführen, dass die von der Erstbehörde verhängte Strafe in Höhe von 4.000 S durchaus maßvoll festgesetzt wurde und diesem Strafausmaß daher selbst bei ungünstigeren Einkommens- und Wirtschaftsverhältnissen objektiv nicht entgegenzutreten ist. Der besonders hohe Tatunwert dieser Übertretungen muss darin erblickt werden, dass mit einem so krassen Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten - wie empirisch vielfach belegt - gerade in Baustellen eine erhebliche Gefahrenpotenzierung in Form einer erhöhten Unfallsneigung ausgeht. Bei einer Geschwindigkeit von über 140 km/h haben Unfallfolgen häufig einen tödlichen Ausgang für Beteiligte. Diese gründet beispielsweise darin, dass bei der vom Berufungswerber getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg etwa 167 Meter betragen hätte. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bei einer verhältnismäßig starken Bremsung (= 6,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) nur knappe 90 Meter beträgt. Jener Punkt, wo bei der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h ein Pkw unter den gegebenen Annahmen zum Stillstand gelangt, wäre bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit noch mit 114 km/h durchfahren worden (Berechnung mittels "EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm v. Prof. Dr. Gratzer). Diesem Ergebnis liegt zugunsten des Berufungswerbers schon die Berücksichtigung einer Verkehrsfehlergrenze von fünf km/h zu Grunde. Grundsätzlich darf jeder Fahrzeuglenker darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten, ist es nur unschwer nachvollziehbar, dass es bei so eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitungen sehr leicht zu nicht mehr beherrschbaren (unfallvermeidenden) Konstellationen kommen kann. Dies sind dann jene Verkehrsunfälle, die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften des Straßenverkehrs eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung begründet. Der Vorfallstag war ein Wochentag, wobei tagsüber wie oben schon erwähnt auf der A1 zumindest reges Verkehrsaufkommen insbesondere aber viel Schwerverkehr herrscht. Eine Bestrafung ist, wie die Erstbehörde zutreffend ausführte, somit insbesondere auch aus Gründen der Generalprävention, aber auch aus spezialpräventiven Gründen indiziert. Der Berufung musste aus diesen Überlegungen daher trotz des geringeren Einkommens der Erfolg versagt bleiben. Auf die Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren kann von der Berufungsbehörde angesichts der diesbezüglichen zwingenden Rechtslage (§ 64 Abs.1 und 2 VStG) nicht verzichtet werden.   Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   H i n w e i s:   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.   Dr. B l e i e r   Beschlagwortung: Gefährdungspotenzial, Fahrgeschwindigkeit
DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum