Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107747/7/Br/Bk VwSen107748/7/Br/Bk

Linz, 12.09.2001

VwSen-107747/7/Br/Bk

VwSen-107748/7/Br/Bk Linz, am 12. September 2001 DVR.0690392    

E R K E N N T N I S  

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn KomRat J vertreten durch den Leiter der Rechtsabteilung der Fa. P, gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt, vom 1. Juni 2001, Zlen.: 101-5/19/3-330128298 und 101-5/19/3-330128299, nach der am 7. August 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafen auf je 2.000 S (145,35 €) und die Ersatzfreiheitsstrafen auf zwei Tage ermäßigt werden. Der Schuldspruch wird jeweils vollinhaltlich bestätigt.   Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1 VStG, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1, Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 138/2000 - VStG.     II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich auf je 200 S (14,53 €), für das Berufungsverfahren entfallen Verfahrenskosten-beiträge.     Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.       Entscheidungsgründe:   1. Die Behörde erster Instanz hat mit den o.a. Straferkenntnissen über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 84 Abs.2 StVO 1960 je eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S und im Nichteinbringungsfall je vierzehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er "es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "P" W zu verantworten habe, daß nachstehende Werbung auf einem Werbeträger an nachstehender Örtlichkeit außerhalb des Ortsgebietes weniger als 100 m vom Fahrbahnrand entfernt (§ 84 Abs. 2 StVO) laut einer Anzeige/Meldung des Magistrates Linz, Bezirksverwaltungsamtes, vom 8.5.2001, zumindest am 27.4.2001 angebracht war, obwohl dies gem. § 84 Abs.2 StVO verboten ist und keine Ausnahmebewilligung gem. § 84 Abs. 3 StVO vorgelegen habe. Text der Werbung: "ONE TAKE ONE" Örtlichkeit: A7 Abfahrt N, W Rampe Gem. L, Fahrbahnentfernung: 6 m," und (betreffend das Verfahren VwSen-107747) "es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "P" W zu verantworten habe, daß nachstehende Werbung auf einem Werbeträger an nachstehender Örtlichkeit außerhalb des Ortsgebietes weniger als 100 m vom Fahrbahnrand entfernt (§ 84 Abs. 2 StVO) laut einer Anzeige/Meldung des Magistrates Linz, Bezirksverwaltungsamtes, vom 8.5.2001, zumindest am 27.4.2001 angebracht war, obwohl dies gem. § 84 Abs.2 StVO verboten ist und keine Ausnahmebewilligung gem. § 84 Abs. 3 StVO vorgelegen habe. Text der Werbung: "Klassenlotterie" Örtlichkeit: A7 Abfahrt N, W Rampe Gem. L, Fahrbahnentfernung: 6 m".     1.1. Begründend führte die Erstbehörde im Ergebnis auf die zweifelsfreie Etablierung dieser Werbungen innerhalb des Verbotsbereiches nach § 84 Abs.2 StVO hin. Auf das Erkenntnis des VwGH v. 27.6.1980, Zl. 101/78, wird in diesem Zusammenhang hingewiesen. Ferner verweist die Behörde erster Instanz auf § 5 Abs.1 2. Satz VStG, wonach es dem Berufungswerber nicht gelungen sei, einen Schuldentlastungsbeweis zu erbringen. Die Höhe der Geldstrafen wurde auf fünfzehn einschlägige Vormerkungen gestützt.   2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner durch seinen bevollmächtigten Vertreter fristgerecht erhobenen Berufung, worin er im Ergebnis zum Ausdruck bringt, dass diese Werbungen innerhalb des verbauten bzw. des 'gekennzeichneten Ortsgebietes von L' liegen würden. Mit Blick darauf, so der Berufungswerber, sei auch seinerzeit die Baubewilligung vom Magistrat der Stadt Linz (gemeint wohl für die Plakatwände) nach Rechtswirksamkeit des sogenannten "Gestattungsvertrages" erteilt worden. Der Berufungswerber verweist in diesem Zusammenhang auch auf eine durchgeführte Standortbesichtigung der zuständigen Straßenmeisterei und eines Referenten des Straßenerhalters. Im guten Glauben auf diese Verfahren habe man auf die Rechtmäßigkeit der verfahrensgegenständlichen Werbungen vertraut. Es wurde die Durchführung ergänzender standortspezifischer Ermittlungen, die anschließende Verfahrenseinstellung beantragt und eine an der subjektiven Tatschuld und dem objektiven Tatunwert orientierte Ermäßigung der Geldstrafe beantragt. 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in den zwei Straferkenntnissen jeweils keine 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war hier in Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich; sie wurde darüber hinaus auch vom Berufungswerber gesondert beantragt (§ 51e Abs.1 VStG).   4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den oben genannten Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde und dessen inhaltliche Erörterung und auszugsweise Verlesung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welcher auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teilnahm. Beigeschafft wurden einerseits Luftaufnahmen von der bezughabenden Örtlichkeit und ebenfalls wurden vor Ort Lichtbilder angefertigt, welche die Plakatwände bzw. die Werbeflächen im geografischen Bezug zur Kundmachung des Ortsgebietes L im Sinne des § 2 Abs.1 Z15 StVO gemäß dem VZ nach § 53 Z17a StVO erkennen lassen. Über Antrag des Berufungswerbers wurde schließlich noch eine Stellungnahme hinsichtlich der Verordnung des Ortsgebietes an der Abfahrtsrampe der A eingeholt und dem Berufungswerber zur Stellungnahme übermittelt.   4.1. Der Berufungswerber ist Geschäftsführer der Firma "P" Gesellschaft, welche in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gestaltet ist. Er hat aus dieser Funktion in unbestrittener Weise zu verantworten, dass die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses beschriebene "Werbung" zum fraglichen Zeitpunkt an der genannten Örtlichkeit angebracht war. Die verfahrensgegenständliche Plakatwand ist auf einem Holzständer fix im Boden verankert, wobei offenbar die Werbung mit der Plakatwand keine untrennbare Einheit darstellte. Die Werbung war (ist) hier als Papierplakat gestaltet und offenbar auf der Plakatwand mechanisch oder durch Kleber fixiert. Sowohl die Funktion des Berufungswerbers als Verantwortlicher als auch das Faktum der angebrachten Werbung ist unbestritten. Das Vorliegen einer gesonderten Bewilligung wurde selbst vom Berufungswerber nicht behauptet. Der Berufungswerber könnte sich auf Grund seiner bestehenden einschlägigen Rechtskenntnis auch nicht mit Erfolg (entschuldigend) darauf berufen, dass ihm die Notwendigkeit einer gesonderten Bewilligung für Werbungen außerhalb von Ortsgebieten iS der StVO nicht bekannt gewesen wäre. Sowohl an der Abfahrtsrampe 4 der A7, als auch im Bereich der daran anschließenden W im Bereich der Autobahnüberführungen befinden sich zahlreiche Plakatwände und darauf angebrachte Werbungen. Insgesamt vier Plakatwände, u.a. die hier verfahrensgegenständlichen, befinden sich noch im Bereich von 50 bis zehn Meter vor dem "Ortsbeginn" L, dessen Hinweiszeichen (§ 53 Abs.1 Z15a StVO) in Verbindung mit dem Zeichen "Autobahn Ende" (§ 53 Abs.1 Z8b StVO) im Bereich des Einmündungstrichters in die W deutlich sichtbar aufgestellt ist (siehe Bild oben). Faktum ist jedoch, dass hier die Werbung "außerhalb des Ortsgebietes" liegend, nämlich noch vor dem Ortsbeginn von L etabliert ist. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde vom Berufungswerber jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass diese Plakatwände bereits seit 1995 bewirtschaftet werden und bislang unbeanstandet geblieben sind. Der Berufungswerber betreibt laut seinen Ausführungen nicht weniger als 108 derartige Standorte im Stadtgebiet von L. Evident ist ferner, dass diese Abfahrtsrampe auch kaum schneller befahren wird als mit 50 km/h, sodass sich ein allfälliger - schutznormspezifischer - Ablenkungseffekt im Ergebnis nicht anders als im Ortsgebiet gestaltet. In diesem Zusammenhang muss angemerkt werden, dass Werbungen in Ortsgebieten auch in Bereichen mit höherer erlaubter Höchstgeschwindigkeit als 50 km/h zulässig bleiben und in der Praxis mehrfach zu beobachten sind (etwa auf der B1 im östlichen Ortsteil von F). Zuletzt stellte auch der Berufungswerber die rechtmäßige Kundmachung des Ortsgebietes nicht mehr in Frage, wobei daran insofern kein Zweifel bestehen kann, da Autobahnen einerseits typischer Weise am Ende der Ausfahrt enden und Ortsgebiete gegebenenfalls dann an jener Stelle beginnen! Als amtsbekannt festzustellen ist vom Oö. Verwaltungssenat in diesem Zusammenhang auch, dass vom Berufungswerber die von h. im Rahmen von Strafberufungen als rechtswidrig festgestellte Werbungen (etwa auf der B1 in Richtung Asten oder in Regau auf der Salzkammergut Bundesstraße) entfernt bzw. nicht mehr bewirtschaftet wurden. Daher kann auch für diesen Fall auf eine solche Vorgangsweise vertraut werden.   5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen: 5.1. Nach § 84 Abs.2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten (dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit. f. [für die Nutzung der Rückseite von Verkehrszeichen.....]). Der Absatz 1 leg.cit. normiert, dass an Straßen außerhalb von Ortsgebieten diverse Ankündigungen nur mit in der StVO normierten Hinweiszeichen erfolgen dürfen. Der Behörde erster Instanz könnte jedoch in der vorgeblich herrschenden Rechtsauffassung nicht gefolgt werden, wenn ungeachtet der geografischen Positionierung der Werbung, auf die Sichtbarkeit von 100 m auch außerhalb des Ortsgebietes liegenden Straßen abstellen wollte. Davon scheint die Behörde erster Instanz mit dem Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH vom 27.6.1980, Zl. 101/78 auszugehen. Damit würde aber eine über den klaren Wortlaut hinausschießende und im Ergebnis eine verfassungswidrige Ausdehnung einer Strafnorm erfolgen (vgl. h. Erk. v. 12.9.2000, VwSen-107109/7/2000 u.a.). Nicht gefolgt kann jedoch auch der zumindest angedeuteten Rechtsauffassung des Berufungswerbers werden, wonach der § 84 Abs.2 StVO bloß auf ein "zusammenhängendes verbautes Gebiet" abstellte.   5.2. Zur Strafzumessung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:   5.2.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.   6. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Objektiv und sachlich nicht nachvollziehbar erweist sich hier die Straffestsetzung der Behörde erster Instanz, weil hier sowohl objektiv als auch subjektiv tatseitige Aspekte gänzlich unberücksichtigt blieben. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung, ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980). Wie der Oö. Verwaltungssenat bereits in seinen Erkenntnissen vom 11.5.1999, VwSen-106296 bis 106299/4/Br ausführte, ist mit Blick auf den objektiven Unrechtsgehalt der Tat in Form der Ablenkung der Verkehrsteilnehmer vom Straßenverkehr und das damit vom Gesetzgeber hinanzuhalten gewollte Gefährdungspotenzial abzustellen. Hier erweist sich dieses ob der geringen Fahrgeschwindigkeit an der Abfahrtsrampe nicht anders als es im Ortsgebiet zutrifft. Subjektiv tatseitig ist auf das Vertrauen auf die bauliche Bewilligung der Werbung Duldung derselben, welche immerhin über sechs Jahre vorgelegen sein dürfte. Bemerkt muss auch die ausdrückliche Einschränkung des Tatvorwurfes auf nur einen Tag werden, wenngleich aus dem Hinweis "zumindest" und in Verbindung mit empirischen Betrachtungen davon ausgegangen werden kann, dass Plakatwerbungen vertragsspezifisch längerdauernd in der Figur des Dauerdeliktes die - allgemein anzunehmende - gesetzlich verpönte Wirkung entfalten. Die nunmehr festgesetzte(n) Geldstrafe(n) in Höhe von nur 2.000 S scheinen im Lichte obiger Ausführungen und selbst mit Blick auf spezialpräventive Gesichtspunkte ausreichend und angesichts der bekannten Praxis, dass vom Berufungswerber als von h. als rechtswidrig erkannte Werbungen auch tatsächlich entfernt wurden, ausreichend. Eine Bestrafung als gleichsam letztes Mittel zur Erzwingung eines rechtmäßigen Verhaltens bzw. zur Sanktionierung eines Fehlverhaltens muss im Lichte einer doch gut nachvollziehbaren Rechtsunsicherheit, die hier insbesondere in einer über eine jahrelange Zeitspanne bestehenden Duldung verstärkt wurde, besehen werden. Der straferschwerende Umstand der zahlreichen einschlägigen Vormerkungen, welche naturgemäß als Ausfluss des wirtschaftlichen und hier darüber hinaus auf einen vertretbaren Rechtsstandpunkt basierenden Agierens des Berufungswerbers, kann daher hier nicht im üblichen Ausmaß ins Gewicht fallen. Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.   H i n w e i s:   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.               Dr. B l e i e r
DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum