Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107794/7/Br/Rd

Linz, 28.09.2001

VwSen-107794/7/Br/Rd Linz, am 28. September 2001 DVR.0690392     ERKENNTNIS    

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, vom 2. Juli 2001, Zl.: VerkR96-1288-2001-GG, wegen Übertretung des Tiertransportgesetz-Straße - TGSt, nach der am 26. September 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:    

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.     Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 138/2000 - VStG.     II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.   Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.   Entscheidungsgründe:   1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem Straferkenntnis vom 2. Juli 2001, Zl.: VerkR96-1288-2001-GG, wegen der Übertretung nach § 5 Abs.2 iVm § 16 Abs.2 Z3 TGSt über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Nichteinbringungsfall zehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, und ihm zur Last gelegt, "er habe es als der seit 31.5.1997 zur selbständigen Vertretung nach außen (§ 9 Abs.1 VStG 1991 berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma Ö mit Sitz L, als Verfügungsberechtigter (§ 2 Z.6 TGSt) zu verantworten, dass der Lenker A am 17.1.2001 um 11.40 Uhr in Arnwiesen auf der A2 Südautobahn auf Höhe Strkm 154,0 in Fahrtrichtung Graz den Kraftwagenzug, Kennz. , samt Anhänger, Kennz. , beladen mit 21 Stück Schlachttiere (Schlachtrinder), von Michelhausen/Niederösterreich nach Graz einen Tiertransport durchgeführt hat, was einer Wegstrecke von 270 km entspricht, obwohl Schlachttiertransporte nur bis zum nächstgelegenen geeigneten inländischen Schlachtbetrieb durchgeführt werden dürfen und eine Gesamtdauer von 6 Stunden und eine Entfernung von 130 km, wobei auf Autobahnen zurückgelegte Kilometer nur zur Hälfte bei der Berechnung der Entfernung berücksichtigt werden dürfen, nicht überschritten werden darf."   1.1. Begründend führte die Erstbehörde sinngemäß aus, dass sich aus den Beförderungspapieren als Verfügungsberechtigter die ö ergebe. Die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers ergebe sich als deren handelsrechtlicher Geschäftsführer. Hinsichtlich der Überschreitung der gesetzlich zulässigen Transportentfernung stützte die Behörde erster Instanz den Schuldspruch auf die Ausführungen des Meldungslegers in der Anzeige, die mit 270 km angegeben wurde. Die Behörde erster Instanz folgte der umfassend vorgetragenen Verantwortung des Berufungswerbers in keinem Punkt und verhängte die gesetzliche Mindeststrafe.   2. Der Berufungswerber verwies in seiner fristgerecht erhobenen Berufung auf die beim Vertreter der Behörde erster Instanz am 25. Juni 2001 vorgetragenen Darstellungen, welche zu Unrecht als Schutzbehauptungen bezeichnet worden seien. Er bestreitet insbesondere auch die Verfügungsberechtigung für diesen Transport. Das genannte Geschäft sei nicht als Rechtsgeschäft der Ö, sondern sei vom Unternehmen Genossenschaft NÖ F (kurz G genannt) durchgeführt worden. Sowohl das "G" als auch die Ö seien landwirtschaftliche Erzeugergemeinschaften, die für ihre Mitglieder die Vermarktung durchführten. Nach Rücksprache mit dem Gesellschafter der "R" und dem "G" weise er nochmals darauf hin, dass der Rindfleischabsatz in Österreich aufgrund der BSE-Krise teilweise um über 50 % zurückgegangen sei. Es hätten Schlachthöfe, die ausschließlich am Inlandmarkt tätig gewesen seien, ihre Schlachtungsmengen deutlich zurückgenommen. Nur jene Schlachtunternehmen, die EU-weit vermarkten bzw. Exportvermarktungen durchführten, hätten die angebotenen Tiere übernommen. In der konkreten Periode hätten die Tiere am regionalen Markt nicht untergebracht werden können und hätten über Schlachtunternehmen abgewickelt werden müssen, die in größeren Entfernungen lagen, zB in G. Diese Situation sei besonders in Niederösterreich sehr kritisch gewesen, da ein Hauptschlachtbetrieb für niederösterreichische Rinder und zwar der kommunale Betrieb W - S - geschlossen worden sei.   3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts der Bestreitung von Fakten insbesondere mit Blick auf die nach Art. 6 EMRK intendierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).   4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, Zl.: VerkR96-1288-2001-GG, hier eingelangt am 1. August 2001. Im Vorfeld wurde vom Oö. Verwaltungssenat über diverse Routenplaner die für den gegenständlichen Transport (M N bis G) entscheidungswesentliche Wegstrecke nachvollzogen, wobei sich diese als die zulässige Kilometerzahl (Autobahnkilometer zur Hälfte plus die auf Freilandstraßen zurückgelegte Strecke) kaum überschreitend ergab. Über dieses Zwischenergebnis wurde der Bezirkshauptmannschaft Freistadt mit h. Schreiben vom 9. August 2001 Parteiengehör gewährt. Darauf wurde mit Schreiben vom 14. August im Ergebnis dahingehend Stellung bezogen, dass der Transport laut Schaublatt bereits über 230 km bis zur Anhaltung (auf der A2, Strkm 154,0) geführt worden sei. Weiters wurde vorgängig Beweis erhoben durch Anfrage bei der Transportfirma J GesmbH, sowie der Genossenschaft N in A- S betreffend die Verfügungsberechtigung über die transportierten Tiere. Im Rahmen der Berufungsverhandlung, an welcher auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teilnahm, legte der Berufungswerber die Rechnungen betreffend der hier transportgegenständlichen Rinder und die Protokolle über die Gesellschaftersitzungen vor, woraus sich im Ergebnis schlussfolgern lässt, dass der Gesellschafter des "G" berechtigt ist, Geschäfte nicht über die Geschäftsstelle in L, sondern selbständig abzuwickeln. Diese Beweismittel wurden im Rahmen der Berufungsverhandlung vollständig verlesen.   5. Demnach steht als Sachverhalt einerseits schlüssig fest, dass hier nicht mit einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit, die Transportdistanz, die etwa laut Routenplaner von "G-Data-Software" insgesamt eine Strecke von maximal 246 km ergibt, wobei diese überwiegend über Autobahnen führt. Auch die mit dem Routenplaner "tiscover.com" und selbst die im Zwischenverfahren von der Behörde erster Instanz im Wege der Gendarmerie beigeschaffte Planung von "Map&Guide", ergibt lediglich eine Gesamtstrecke von 249,7 km. Nicht zielführend ist, wenn die Behörde erster Instanz im Zwischenverfahren die Auffassung vertrat, dass laut Rückfrage bei der "DORIS-Gruppe" in Erfahrung gebracht worden sei, wonach die über das Internet zugänglichen Routenplanern zu errechnenden Fahrtstrecken nicht unbedingt der Realität entsprächen. Mit einer solchen Argumentationslinie würde die Behörde erster Instanz im Ergebnis jedoch zum Ausdruck bringen, dass im Zweifelsfall ein Sachverhalt zum Nachteil eines Beschuldigten ausgelegt würde. Wenn die Behörde erster Instanz im Rahmen des Berufungsverfahrens schließlich den Vorwurf auf die Auswertung des Schaublattes in Form der sich daraus für diesen Transport ableitenden Wegstrecke von 270 km zu stützen versuchte, lässt sich daraus für den Tatvorwurf keine rechtsrelevante Schlussfolgerung iSd § 5 Abs.2 TGSt ziehen. Damit würde übersehen, dass etwa ein verkehrsbedingt erforderlich werdender und kaum vorhersehbarer Umweg zu Lasten des Transportverantwortlichen ginge und es damit potenziell immer nur dem Zufall überlassen wäre, ob sich letztlich ein spezifischer Transport als noch legal oder allenfalls wegen eines notwendigen Umweges illegal durchführen ließe. Daher kann bereits in diesem Punkt der Tatvorwurf nicht als erwiesen erachtet werden. Aber auch mit Blick auf die Verfügungsberechtigung über das Transportgut kam diese dem Berufungswerber hier offenbar nicht zu. Dies lässt sich sowohl aus der Mitteilung der Transportfirma S vom 10. September 2001, als auch aus den vorgelegten Einkaufsrechnungen (Nr. 900332 v. 29.1.2001, welche als Geschäftspartner gegenüber den verkaufenden Bauern die "Genossenschaft S" und die Verkaufsrechnungen (Nr. 900110 v. 29.1.2001) an den Schlachthof "Firma S GesmbH in G", eben diese Genossenschaft ausweist.   5.1. Mit den obigen Feststellungen lässt sich, im Gegensatz zu der vom Vertreter der Behörde erster Instanz auch noch anlässlich der Berufungsverhandlung, die auf die Schaublattaufzeichnung gestützte Wegstrecke als tatsächliche Entfernung, nicht mit einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit als erwiesen annehmen. Darüber hinaus überzeugte der Berufungswerber ebenfalls mit der bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens und ebenfalls in der Berufung aufrechterhaltenen Verantwortung hinsichtlich der fehlenden Verfügungsberechtigung. Dieses Vorbringen findet eine glaubhafte und nicht widerlegte Stütze in der Mitteilung des Transportunternehmens Setzer vom 10. September 2001, in der Mitteilung der Genossenschaft S vom 8. August 2001, sowie in den vom Berufungswerber vorgelegten obzitierten Rechnungen. Schließlich ergibt sich die fehlende Verfügungsberechtigung auch aus dem vom Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung vorgelegten Beschluss der Gesellschafter der ö. Mit diesem bereits im erstinstanzlichen Verfahren evidenten Vorbringen setzte sich die Behörde erster Instanz inhaltlich nicht auseinander. Somit erbrachte das umfangreich zu führen gewesene Berufungsverfahren das Ergebnis, dass der Tatvorwurf mit Blick auf die Transportdistanz zumindest nicht zweifelsfrei erwiesen gilt und hinsichtlich der Verfügungsberechtigung überhaupt auszuschließen ist. Beide Elemente sind für eine Tatzurechnung Sachverhaltsvoraussetzung.   6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat Folgendes erwogen:   6.1. Nach § 5 Abs.2 TGSt dürfen Schlachttiertransporte nur bis zum nächstgelegenen geeigneten inländischen Schlachtbetrieb durchgeführt werden, wenn bei Einhaltung der kraftfahrrechtlichen und straßenpolizeilichen Vorschriften eine Gesamttransportdauer von sechs Stunden und eine Entfernung von 130 km nicht überschritten werden. Die auf Autobahnen zurückgelegten Kilometer werden nur zur Hälfte gerechnet. Das Abstellen auf die tatsächlich gefahrene Wegstrecke würde dem Gesetz eine mit Blick auf das verfassungsrechtliche Determinierungsgebot unzulässige Bedeutung zuordnen. Wie oben schon erwähnt, würde die Rechtswidrigkeit eines Transportes von verkehrsbedingten Zufälligkeiten in Form von nicht vorhersehbaren Umleitungen oder sonst einer kurzfristig erforderlich werdenden verkehrsbedingt erzwungenen Änderung der Route, abhängen. Ungeprüft und nicht vom Tatvorwurf umfasst blieb, ob hier allenfalls ein geeigneter Schlachthof näher gelegen wäre als der hier, von der Entfernung her an der distanzmäßig äußersten Grenze liegend, angefahrene. Dahingestellt hat auch zu bleiben, ob angesichts der damals herrschenden BSE-Krise mangels Übernahmemöglichkeit von Schlachtrindern durch mehrere zu den Standorten von M in N näher liegenden Schlachthöfe oder einer wegen einer allenfalls dadurch zwingenden unvermeidbaren Überschreitung der Transportdistanzen - wovon hier jedoch nicht auszugehen war - nicht auch die Anwendung des § 21 VStG oder zumindest die Bestimmung des § 20 VStG in Betracht zu ziehen gewesen wäre. Unhaltbar schiene in diesem Zusammenhang einen Rechtsstandpunkt einzunehmen, der für diesen Fall Schlachttiertransporte überhaupt versagen würde.   6.2. Verfügungsberechtigter ist, wer im Sinne des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches berechtigt ist, das Eigentum an den transportierten Tieren zu übertragen (§ 2 Z6 TGSt). Nach § 2 Abs.1 Z6 TGSt ist Verfügungsberechtigter, wer im Sinne des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches berechtigt ist, das Eigentum an den transportierten Tieren zu übertragen (VwGH 20.5.1998, 98/03/0016). Das Übertragungsrecht des Eigentums kommt mit den vorliegenden Rechnungen in rechtsverbindlicher Form zum Ausdruck. Weitergehender zivilrechtlicher Ausführungen bedarf es in diesem Zusammenhang nicht.   6.3. Abschließend sollte angesichts der Beweislage, wie sie sich im Hinblick auf die Transportentfernung schon zum Zeitpunkt der Aktenvorlage darstellte, im Sinne des Gebotes einer ökonomischen Verwaltungsführung nicht unerwähnt bleiben, dass bereits bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung nach § 45 Abs.1 Z1 VStG zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).   Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.   Dr. B l e i e r     Beschlagwortung: Wegstrecke
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