Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107806/11/Br/Bk

Linz, 13.09.2001

VwSen - 107806/11/Br/Bk Linz, am 13. September 2001 DVR.0690392    

ERKENNTNIS    

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des R, vertreten durch D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 11. Juli 2001, Zl.: VerkR96-2489-2000-BB/KB, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach der am 11. September 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:  

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.  

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 26/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 134/2000 - VStG.   II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.   Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.     Entscheidungsgründe:   1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem Straferkenntnis vom 11. Juli 2001, Zl.: VerkR96-2489-2000-BB/KB, über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach der StVO 1960 eine Geldstrafe von 3.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 86 Stunden verhängt, weil er am 22. Mai 2000 um 17.51 Uhr den Pkw, Porsche Carrera 911, Kz. in B auf der B38 bei Strkm 121,806 mit einer Geschwindigkeit von 92 km/h gelenkt und damit die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 42 km/h überschritten habe.   1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihren Schuldspruch in der Substanz auf die Feststellung mittels geeichtem und vorschriftsmäßig verwendetem Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser, LTI 20.20 TS/KM-E. Hinsichtlich der ausgesprochenen Strafhöhe vermeinte die Erstbehörde, diese angesichts der gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitung verbundene Rechtsgutbeeinträchtigung als angemessen erachten zu können.   2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine ag. Rechtsvertreter erhobenen Berufung, in welcher die Verletzung von Verfahrensvorschriften, eine unrichtige rechtliche Beurteilung und die Höhe der verhängten Geldstrafe gerügt wird. Er beantragt abermals die Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen für Lasermessungen, seine persönliche Vernehmung, die Beischaffung der Verwendungsrichtlinien des Messgerätes. Ebenfalls wurde neben der Verfahrenseinstellung auch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und die Durchführung eines Ortsaugenscheins beantragt. 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war sowohl mit Blick auf § 51e Abs.1 VStG und Art. 6 Abs.1 MRK erforderlich.   4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde erster Instanz und der einvernehmlichen Verlesung der vor der Behörde erster Instanz einvernommenen Zeugen. Im Verfahrensakt, dem ein formal detailliertes jedoch in der Beweiswürdigung eher ein bloß hülsenhaft anmutendes erstinstanzliches Ermittlungsverfahren zu Grunde lag, findet sich neben der Anzeige als Beweismittel der Eichschein, das Messprotokoll und die Zeugenaussagen der Messbeamten, die Verordnung betreffend des Ortsgebietes von B auf der B38 (bei Strkm 122,115, sowie bei der Einmündung an der B). Ergänzend Beweis erhoben wurde durch Beischaffung von Luftbildern aus dem System Doris (digitales Rauminformationssystem des Landes Oberösterreich) mit der darin festgehaltenen Straßenkilometrierung, sowie von zwei Lichtbildern, die unmittelbar vor der Berufungsverhandlung vom Oö. Verwaltungssenat angefertigt wurden. Vor Ort wurde die Messentfernung mittels Lasermessung und die Örtlichkeit im Rahmen der Berufungsverhandlung nachvollzogen. Zeugenschaftlich wurden die Meldungsleger und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz erschien zur Berufungsverhandlung ohne Angabe von Gründen nicht.   5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:   5.1. Der Berufungswerber lenkte wohl am späten Nachmittag des 22. Mai 2000 das Fahrzeug der Marke Porsche Carrera 911 Cabrio, mit dem Kennzeichen , an der fraglichen Örtlichkeit. Die B38 verläuft nach der Linkskurve bei Strkm 122,0 in Richtung B auf etwa 300 m mäßig ansteigend gänzlich geradlinig und übersichtlich. Es findet sich im unteren Bereich keine Einmündung und auch keine Verbauung. Dennoch ist dieser Bereich etwa ab Strkm 122,115 als Ortsgebiet gemäß § 2 Abs.1 Z15 StVO kundgemacht. Ebenfalls findet sich auf der B, ca. 25 m vor der Einmündung in die B38 das Hinweiszeichen nach § 53 Abs.1 Z17a StVO.   5.1.1. Die Gendarmeriebeamten RI Z und RI P führten am 22.5.2000, laut Messprotokoll von 17.20 Uhr bis 18.00 Uhr, in Richtung B, auf der rechten Straßenseite der B38, bei Strkm 121.955, Lasermessungen durch. Während dieses Einsatzes sollten 51 Fahrzeuge gemessen und sechs Lenker zur Anzeige gebracht worden sein. Das o.a. Fahrzeug des Berufungswerbers bog in unmittelbarer Nähe des Standortes der Meldungsleger von T kommend nach rechts in die B38 ein. Die Meldungsleger konnten dabei den ihnen bekannten Berufungswerber erkennen. Sie waren im genannten Kreuzungsbereich auf einer Grünfläche vor der Fahrschule Ing. S positioniert, wobei die Messung freihändig durch RevInsp. Z ausgeführt wurde. Von dieser Position ist die Sicht in die in Richtung B bergwärts verlaufende B38 grundsätzlich gewährleistet, wobei jedoch gegenwärtig zwei Verkehrszeichen in einer Entfernung von 29 m und etwa 100 m vom Standort entfernt, das Geäst mehrerer am Fahrbahnrand stehender Birken ein Messhindernis bilden könnten. Geht man davon aus, dass der Berufungswerber mit etwa 20 km/h in die B38 einbog und anschließend - so auch die Angabe des RevInsp. Z - mit dem mehr als 200 PS-starken Pkw mit fünf m/sek² beschleunigte, erreichte er bereits nach etwa 4,4 Sekunden die angeblich gemessene Fahrgeschwindigkeit und nach weiteren zwei Sekunden den 120 m von der Einmündung entfernt gelegenen Messpunkt. Geht man nun von der durchaus glaubwürdigen Angabe des Meldungsleger aus, wonach dieser in der Folge drei Mal "nachgemessen" hat, wobei sich im Zuge dieser mehrfachen Messungen die Beschleunigung bereits erkennen habe lassen, bedeutet dies, dass innerhalb von vier bis fünf Sekunden drei Messungen erfolgt sein müssten. Wenn man weiter bei praxisorientierter Betrachtung davon ausgeht, dass ein Fahrzeug erst bei einer gewissen Auffälligkeit, hier bei der Erkennbarkeit einer wahrscheinlichen Überschreitung der dort erlaubten Höchstgeschwindigkeit eines sich entfernenden Fahrzeuges (Ortsgebiet) gemessen wird, so ist der vom Meldungsleger beschriebene Messvorgang sachlich nur schwer nachvollziehbar und lässt damit auf die Behaftung mit einem dabei unterlaufenen Fehler schließen. Es ist nämlich aus der Sicht der Praxis kaum möglich, in so kurzer Zeit bzw. auf eine so kurze Wegstrecke gleich drei identifizierbare Messungen anzubringen. Aus der Schilderung des Meldungslegers muss der Schluss gezogen werden, dass diese Messungen auch am Display verifiziert worden sein müssten. Dies wäre jedoch wiederum nur durch Absetzen des freihändig geführten Messgerätes möglich. Im Zusammenhang mit der Messung ist vor allem auch auf die - gegenwärtig - unmittelbar in den Messbereich hineinhängenden Äste Bedacht zu nehmen. Darüber hinaus werden vom Berufungswerber auch Ungereimtheiten im Messprotokoll aufgezeigt. Diese erwiesen sich bei der Berufungsverhandlung als evident. Diesbezüglich ist etwa auf die Beifügung einer zweiten Uhrzeit (zu "17.20 Uhr" [in der Rubrikmitte] noch "17.50 Uhr" in kleinerer Schrift als Beifügung zu interpretieren) in der Rubrik "Gerätekontrolle - Test vom Anbeginn der Messung nach je 30 Minuten" hinzuweisen. Unrichtig wurde, wie im Rahmen der Berufungsverhandlung zweifelsfrei feststellbar, im Messprotokoll auch das Messorgan "RevInsp. P" anstatt dem tatsächlichen Messorgan, "RevInsp. Z", vermerkt. Diesbezüglich musste von RevInsp. Z bei der Berufungsverhandlung ein Irrtum auch eingeräumt werden. Über Vorhalt seiner nahezu gleichlautenden Aussagen vor der Behörde erster Instanz mit jener des Kollegen RevInsp. P, erklärte dies der Zeuge im Ergebnis mit der Protokollierungspraxis durch das Vernehmungsorgan der Behörde erster Instanz. Den Widerspruch im Messprotokoll konnte auch der Zeuge RevInsp. P nicht plausibel erklären. Dabei muss dies insbesondere im Licht der Darstellung beurteilt werden, dass diese Aufzeichnungen angeblich sofort nach dem Einrücken, kurz nach der Feststellung des dem Berufungswerber zur Last gelegten Verhaltens, gemacht worden sein sollten. Mit Blick darauf scheint es nicht überzeugend, dass zu diesem Zeitpunkt der die Messung tatsächlich durchführende Beamte "Z" vom Verfasser des Eintrags im Messprotokoll bereits vergessen worden sein könnte. Als von der vielfach bekannten Praxis abweichend sei abschließend bemerkt, dass hier die Meldungsleger den ihnen bekannten und in unmittelbarer Nähe zum Vorfallsort wohnhaften Berufungswerber - der bei der Vorbeifahrt erkannt und dessen Kennzeichen notiert worden sei soll - nicht noch am gleichen Tag mit seinem Fehlverhalten konfrontierten. All die vorhin genannten Ungereimtheiten müssen hier zum Schluss führen, dass wegen der dieser Anzeige anhaftenden Widersprüchlichkeiten, der darauf für den Berufungswerber im Ergebnis weittragende Schuldspruch (und auch ein damit verbundener Entzug der Lenkberechtigung) nicht haltbar scheint. Diese Schlussfolgerung wird ferner durch die zeugenschaftlich untermauerte Verantwortung des Berufungswerbers gestützt, wonach dessen Fahrzeug zur fraglichen Zeit noch von seiner von einem Seminar zurückkehrenden Frau gelenkt worden sein soll. Gemäß der Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, Zl: GZ E - 40 766/95, vom 5. Juli 1995, etwa betreffend die Zuordnung einer Geschwindigkeitsanzeige zu einem gemessenen Fahrzeug ist diese zur Gänze in der Verantwortung des die Messung durchführenden Beamten zu legen. Er hat das zu messende Fahrzeug sicher und eindeutig anzuvisieren und dabei Entfernung, Sichtverhältnisse und Verkehrsdichte zu berücksichtigen. Die Laser-VKGM ermöglichen jedenfalls rein auf Grund ihrer Geräteeigenschaften einwandfreie Zuordnungen in dem vom BEV in den Verwendungsbestimmungen dafür festgelegten Entfernungsbereich von 30 m bis 500 m. Hier konnten die Messbeamten nicht hinreichend überzeugen, dass sie bei ihrer vermeintlichen Messung und der diesbezüglichen Anzeigelegung fehlerfrei verfahren wären.   6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Folgendes erwogen:   6.1. Da bereits bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist, war hier spruchgemäß zu entscheiden (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122,sowie in Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, RZ 57 ff). Bemerkt sei abschließend noch, dass den bloß auf einen Erkundungsbeweis hinauslaufenden Beweisanträgen jedoch nicht zu folgen wäre (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 339, E 6a zu § 46 AVG zitierte Rechtsprechung des VwGH). Gänzlich unbelegt bleibende und im Ergebnis bloß inhaltsleere Vermutungen darstellende Einwände könnten ein mit dem Stand der Technik in Einklang stehendes und behördlich anerkanntes Messverfahren nicht in Frage stellen. Eine Beweiserhebung zum Beweis dafür, dass nicht näher definierte Mängel vorliegen hätten können, müsste wohl in aller Regel ins Leere gehen und käme einem reinen Erkundungsbeweis gleich.     Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   H i n w e i s:   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.       Dr. B l e i e r
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