Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107818/3/BI/KM

Linz, 17.09.2001

VwSen-107818/3/BI/KM Linz, am 17. September 2001 DVR.0690392  

E R K E N N T N I S      

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender: Mag. Alfred Kisch, Berichterin: Mag. Karin Bissenberger, Beisitzer: Mag. Christian Stierschneider) über die Berufung der Frau M S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. R Z, vom 11. Juli 2001 gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 17. Mai 2001, III/S 1426/01 V1S-Bu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:    

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.   Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z2 und 66 VStG     Entscheidungsgründe:  
  1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat im Punkt 1) des oben bezeichneten Straferkenntnisses über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.2 iVm 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 16.000 S (14 Tage EFS) verhängt, weil sie am 8. Jänner 2001 um ca 12.15 Uhr in L, nächst Nr. , in Fahrtrichtung stadteinwärts das Damenfahrrad, grau, 5-Gang, in einem vermutlich durch Suchtgift und Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt und sich am 8. Jänner 2001 um 13.25 Uhr in L, Polizeigefangenenhaus, ärztl. Untersuchungszimmer, geweigert habe, sich einer Untersuchung durch ein Organ des amtsärztlichen Dienstes zur Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung zu unterziehen.

Gleichzeitig wurde ihr ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 1.600 S auferlegt.   2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin (Bw) fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäfts-verteilung zuständige 4. Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).   3. Die Bw bestreitet im Rechtsmittel, das Fahrrad gelenkt zu haben; vielmehr habe sie es entlang der Goethestraße auf der linken Seite stadteinwärts am Park geschoben. Die Schilderung der Zeugin Mag. G sei unrichtig. Sie habe sich auch niemals geweigert, eine Atemluftkontrolle durchzuführen oder sich der ärztlichen Untersuchung beim Amtsarzt zu unterziehen. Sie habe sich freiwillig einer Harnprobe unterzogen und über die klinische Untersuchung liege ein Gutachten des Amtsarztes vor. Beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis nach Durchführung eines Ortsaugenscheins zu beheben, in eventu die Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG anzuwenden.   4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Da sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass das Straferkenntnis in seinem Punkt 1) aufzuheben ist, erübrigt sich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung samt dem beantragten Ortsaugenschein.   Laut dem vorliegenden Verfahrensakt war die Bw am Vorfallstag um 12.15 Uhr im Bereich Goethestraße nächst Nr. in einen Verkehrsunfall verwickelt, nach dem die Unfallgegnerin die Polizei verständigte. Im Zuge der Unfallsaufnahme wurden bei der Bw Alkoholisierungssymptome, insbesondere deutlicher Alkoholgeruch der Atemluft und gerötete Augenbindehäute, festgestellt und sie zur Durchführung eines Alkotests aufgefordert. Dieser wurde im Funkwagen durchgeführt, wobei laut Anzeige die Versuche seitens der Bw mangelhaft erfolgten und sie schließlich unter Hinweis auf Suchtmittelabhängigkeit erklärte, sie sei nicht fähig, mit entsprechender Kraft in das Gerät zu blasen. Im Polizeigefangenenhaus wurde vom Polizeiarzt Dr. G H zunächst um 13.25 Uhr nochmals versucht, mit der Bw eine Atemluftalkoholuntersuchung durchzuführen, was erneut misslang. Anschließend wurde eine klinische Untersuchung durchgeführt, die in dem der Anzeige beiliegenden Alkoholerhebungsbogen dokumentiert ist. Daraus lässt sich ersehen, dass die einzelnen im Rahmen einer klinischen Untersuchung gemäß § 5 Abs.5 StVO 1960 vorgesehenen Teiluntersuchungen - bis auf die Nystagmusprobe - durchgeführt wurden. Die Alkoholbeeinträchtigung wurde als "stark" beurteilt. Laut ärztlichem Gutachten Dris. H war die Bw alkoholbeeinträchtigt in einem Zustand, der mindestens 0,8 %o BAG entspricht bei einem Abbauwert von 0,1 %o pro Stunde, und außerdem fahruntüchtig, verursacht durch verminderte Reaktionsfähigkeit infolge Alkoholeinwirkung, Übermüdung und Medikamente. Die Bw gab Kokain- und Cannabiskonsum zu und erklärte, wegen eines Bandscheibenleidens 200 mg Vendal ret. alle 12 Stunden einzunehmen. Die Laboruntersuchung der Harnprobe ergab Überschreitungen der Schwellenwerte für Kokain, Cannabis und Opiate, allerdings gilt das Ergebnis des Drogentests als unbestätigt. In seinem Ergänzungsgutachten vom 30. März 2001 verweist Dr. H inhaltlich auf sein auf den Ergebnissen der klinischen Untersuchung basierendes Gutachten und bekräftigt nochmals eine zum Unfallzeitpunkt bei der Bw bestehende Substanzbeeinträchtigung, verursacht durch Alkohol in Verbindung mit anderen Suchtmitteln, verweist allerdings auf die Erforderlichkeit einer nochmaligen gerichtsmedizinischen Nachprüfung des Drogentests.   In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen: Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht. Gemäß § 5 Abs.5 sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt oder zum diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs.2

  1. keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs.1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder
  2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen.   Im gegenständlichen Fall wurde der Bw zur Last gelegt, sich geweigert zu haben, sich einer Untersuchung durch einen Amtsarzt zur Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung zu unterziehen. Es wurde ihr im Sinne des § 44a Z1 VStG nicht vorgeworfen, sich der Atemluftalkoholuntersuchung nicht unterzogen zu haben, obwohl § 5 Abs.2 StVO im Tatvorwurf zitiert wurde. Die Verfolgungsverjährungsfrist diesbezüglich ist bereits verstrichen. Abgesehen davon, dass der wörtlich umschriebene Tatvorwurf § 5 Abs.5 Z2 StVO zu unterstellen gewesen wäre, liegt eine solche Weigerung auch tatsächlich nicht vor, zumal gerade das oben zitierte Gutachten des die klinische Untersuchung "zwecks Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung" durchgeführt habenden Polizeiarztes Dr. H belegt, dass diese Untersuchung mit der Bw tatsächlich durchgeführt wurde. Von einer Weigerung diesbezüglich kann daher keine Rede sein, weshalb der im Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses formulierte Tatvorwurf unverständlich ist.   Es war daher auf der Grundlage des § 45 Abs.1 Z2 1. Alt VStG ohne weiteres Ermittlungsverfahren (Ortsaugenschein) spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht vorzuschreiben waren. Hinsichtlich Punkt 2. des Straferkenntnisses wird vom zuständigen Einzelmitglied gesondert entschieden werden.   Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.     Mag. K i s c h

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