Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300201/5/WEI/Bk

Linz, 29.12.1998

VwSen-300201/5/WEI/Bk Linz, am 29. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der Aloisia K, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 4. Dezember 1997, Zl. 101-6/3-330053276, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 19 Abs 1 Z 2 Oö. Tierschutzgesetz 1995 (LGBl Nr. 118/1995) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 200,-- zu leisten.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 4. Dezember 1997 hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"1. Sie haben zumindest vom 1.10.1996 (erste Überprüfung durch einen Veterinärsachverständigen) und bis 18.6.1997 (Vollzug der Zwangsabnahme) im Rahmen einer landwirtschaftlichen Nutztierhaltung in Linz, I, in einem Holzstadel mehr als 100 Schafe bei eklatanter Vernachlässigung hinsichtlich Unterbringung, Fütterung, Tränkung und Pflege gehalten, so daß den Tieren ungerechtfertigt und vorsätzlich erhebliche Schmerzen und Leiden und sohin eine ständige Tierquälerei zugefügt wurde.

Insbesondere wird Ihnen vorgeworfen, daß die Böden und Laufflächen der Stallungen derart stark mit Kot und Mist verunreinigt waren, daß die Tiere teilweise an der Decke angestanden sind (meterhohe Kot- und Mistschicht), der Holzstadel unzureichend belüftet war (Hitzestau im Sommer), die Schafe keinen oder nur ungenügenden Auslauf ins Freie hatten und die Haltung und Pflege der Tiere eklatant vernachlässigt wurde (kotverklebte Körper, unzureichende Tränkung und Fütterung, unbehandelte Krankheiten und Verletzungen, etc.). Demzufolge waren alle Tiere hochgradig verwahrlost, in ihrer Gesundheit stark beeinträchtigt und gefährdet und sind zahlreiche Schafe - von August 1996 bis Mai 1997 mindestens 50 Tiere - verendet." Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 19 Abs 1 Z 2 iVm § 4 Z 2 des Oö. Tierschutzgesetzes 1995 (LGBl Nr. 118/1995) als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 19 Abs 1 Oö. Tierschutzgesetz 1995 eine Geldstrafe von S 1.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 100,-- vorgeschrieben. Im Spruchpunkt 2. erklärte die belangte Behörde die gegenständlichen Schafe gemäß § 20 Abs 1 Oö. Tierschutzgesetz 1995 iVm § 17 VStG für verfallen.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 10. Dezember 1997 eigenhändig zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 20. Dezember 1997, die diese am 23. Dezember 1997 bei der belangten Behörde, Altes Rathaus, einbrachte. Teile der Berufung, und zwar die letzten drei Seiten, übersendete die Bwin zusätzlich per Post. Nach dem Inhalt der Berufung wird die Schuldfrage bekämpft und im Ergebnis sinngemäß die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche Sachverhalt:

2.1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt ergibt sich, daß die Abteilung Allgemeiner Veterinärdienst des Gesundheitsamtes des Magistrats Linz auf Grund der mehrjährigen Erfahrungen mit der Bwin die Ansicht vertrat, daß die Mißstände der Tierhaltung durch die Bwin nicht ohne Zwangsmaßnahmen zu beseitigen sein werden (vgl Aktenvermerk vom 14.11.1996, Aktblatt 2). In der Zeit vom 1. bis 14. Oktober 1996 verendeten ca. 15 Schafe. Zwei dieser Tierkörper wurden der Bundesanstalt für veterinärmedizinische Untersuchungen übermittelt, die in ihren Befunden von 23. Oktober 1996 zur Protokollnummer 015927 und vom 14. November 1996 zur Protokollnummer 014859 hochgradige Verwahrlosung (zB dicke Kotkrusten am Körper) und diverse Krankheiten feststellte.

Bei einer Revision des Gesundheitsamtes am 13. November 1996 stellten drei Amtstierärzte an Ort und Stelle einen desolaten und verwahrlosten Zustand fest. Im Innenhof türmte sich der Schafkot bis zu 1m, so daß man sich nur auf freigeschaufelten schmalen Pfaden bewegen konnte. Die im Innenhof herumlaufenden Schafe blieben buchstäblich im Dreck stecken. In einem außerhalb befindlichen Holzstadel wurden 30 bis 40 Schafe angetroffen. Der Schafkot war fest zusammengetreten und mit Stroh bedeckt. Teilweise war diese Schicht so hoch, daß die Schafe an der Decke anstanden. Die Bwin hatte keinen Überblick über den Bestand und ließ offensichtlich die Schafe planlos durch einen Schafbock decken.

Wegen mangelhafter bzw nicht artgerechter Nutztierhaltung erfolgten im Hinblick auf die damit verbundene Geruchsbelästigung und Fliegenplage auch Beschwerden durch Anrainer (Restaurant L). Schließlich berichtete der Meldungsleger RevInsp Walter H vom Wachzimmer Stadthafen der BPD Linz über eine am 22. Oktober 1996 erfolglos versuchte Fahrnisexekution im Objekt Industriezeile 53A, bei der er den Auftrag hatte, den Gerichtsvollzieher zu unterstützen. Nur mit Hilfe eines Aufsperrdienstes gelangten sie in den Innenhof des Bauernhauses, wo sie feststellten, daß der ganze Boden ca 10 bis 15 cm mit Tierkot bedeckt und stellenweise sogar bis ca 1,20 m aufgetürmt war. Die Geruchsbelästigung war eklatant. Vereinzelt wurden Schafe im Innenhof oder in angrenzenden Räumen angetroffen. In den besichtigten Räumlichkeiten befanden sich kaum Einrichtungsgegenstände, dafür aber allerlei Unrat. In einer Holzscheune hielten sich weitere 20 bis 25 Schafe auf, wobei der Meldungsleger bemerkte, daß die Wiese rund um das eingezäunte Anwesen unberührt war. Er schloß daraus, daß die Schafe schon längere Zeit nur im Stall und in den anderen Räumen gehalten wurden, und äußerte die Ansicht, daß die Tierhaltung in keiner Weise dem § 10 Oö. Tierschutzgesetz entsprechen dürfte.

2.2. Der Bürgermeister der Stadt Linz ordnete als Bezirksverwaltungsbehörde auf Grund der geschilderten hygienischen Mißstände nach Anhörung des Veterinärdienstes mit Bescheid vom 19. Dezember 1996, Zl. 101-6/3-330053276, zur Erreichung des rechtmäßigen Zustandes Maßnahmen gemäß dem § 10 Abs 4 Oö. Tierschutzgesetz 1995 an. Danach wurde die Bwin verpflichtet, binnen zwei Wochen sämtliche von den Tieren benutzten Flächen von Kot und Mist zu befreien und ständig sauber zu halten und den Bestand der Schafe auf höchstens 15 Stück zu reduzieren.

Die Bwin kam diesem behördlichen Auftrag, der nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 3. Jänner 1997 beim Postamt 4020 Linz hinterlegt wurde, nicht nach. Sie verschaffte sich davon mangels Behebung der RSa-Sendung innerhalb der Abholfrist nicht einmal Kenntnis. Am 4. Juni 1997 führte der Veterinärdienst des Gesundheitsamtes des Magistrats Linz einen weiteren Lokalaugenschein durch und fand unverändert schlechte Verhältnisse vor.

Im Gutachten des Amtstierarztes des Gesundheitsamtes/Veterinärdienst vom 9. Juni 1997 wird über die im Zeitraum vom 1. Oktober 1996 bis 4. Juni 1997 festgestellten Mißstände berichtet. In dem aus drei Etagen bestehenden Holzstadel wurden am 4. Juni 1997 zahlreiche Schafkadaver bzw Teile von Schafkadavern vorgefunden. In der ersten Etage war der Schafkot bzw Mist abermals so hoch, daß die Schafe an der Decke anstehen. Auch eine zweite Etage, die wegen der durch die Mistlage unbenutzbaren Eingangstür nur mehr über den Heuboden erreichbar war, diente der Schafhaltung. Die Tiere hatten keine Möglichkeit zum Auslauf ins Freie. Die Trinkwasserversorgung konnte nur händisch erfolgen. Die Tiere hatten keine Möglichkeit zum Auslauf ins Freie. Im Holzstadel kommt es bei Sonneneinstrahlung zu sehr hohen Temperaturen. Die Schafe befanden sich in hochgradig verwahrlostem Zustand und waren am ganzen Körper mit dicken Kotkrusten verklebt. In der Zeit von August 1996 bis Mai 1997 holte die Tierkörpersammelstelle über 50 verendete Schafe vom Anwesen der Bwin ab.

Nach der fachlichen Beurteilung des Amtstierarztes wurden die Schafe auf zu engem Raum, bei fallweise zu hoher Temperatur im Sommer ohne ausreichende Trinkwasserversorgung und fehlender Pflege gehalten. Durch die Gärung des Streulagers und die Nichtentfernung von Kot werden die Klauen aufgeweicht und kommt es zu Klauenerkrankungen, die die Tiere an einer ordnungsgemäßen Aufnahme von Futter und Wasser hindern. Eine solche Haltung der Tiere verursacht Leiden und Schmerzen. Klauenpflege und Schafschur fanden nicht statt. Den minderen Nährzustand und hohen Parasitenbefall betonte auch die Bundesanstalt für Veterinärmedizinische Untersuchungen. Aufgrund der beschriebenen tierquälerischen Haltung und unversorgter Verletzungen veren-deten monatlich zahlreiche Tiere. Da sich die Bwin gegenüber den Amtstierärzten uneinsichtig zeigte und die tierquälerische Haltung trotz zahlreicher Gespräche nicht abstellte, empfiehlt das Amtsgutachten nach § 18 Abs 2 Oö. Tierschutzgesetz 1995 vorzugehen.

In der Folge ordnete die Behörde mit Verfahrensanordnung vom 16. Juni 1997 die Zwangsabnahme der Schafe an, die am 18. Juni 1997 vom Veterinärdienst unter Assistenzleistung von 2 Polizeiwachebeamten und 3 Feuerwehrleuten durchgeführt wurde. Etwa 100 Schafe wurden mittels LKW zur Fa. N, transportiert. Von den restlichen 20 Schafen mußten 7 getötet werden, der Rest wurde zur Pflege und Behandlung untergebracht, wobei wegen des schlechten Allgemeinzustandes am Aufkommen dieser Tiere zu zweifeln war. Überdies wurden weitere 40 bis 50 Tierkadaver vorgefunden, die in die Tierkörpersammelstelle verbracht wurden. Zur endgültigen Sanierung und Behebung der Geruchs- und Fliegenbelastung wäre auch noch eine Räumung des Grundstückes von Schafmist erforderlich gewesen. Die Bwin hat allerdings am 4. Juli 1997 einem Organ des Gesundheitsamtes keinen Einlaß gewährt. Eine entsprechende Mitteilung zu den sanitären Übelständen erging in der Folge mit Note vom 16. Juli 1997 an das Bauamt des Magistrats Linz.

2.3. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. Oktober 1997 hat die belangte Strafbehörde der Bwin die Tat wie im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt und den 23. Oktober 1997 als Einvernahmetermin zur Rechtfertigung festgelegt. Zu diesem Termin ist die Bwin zwar erschienen, jedoch war es der belangten Behörde im Hinblick auf das renitente Verhalten der Bwin nicht möglich, eine Niederschrift mit ihr aufzunehmen. Es mußte schließlich sogar die Polizei gerufen werden, da sie das Amtsbüro nicht mehr verlassen wollte (vgl näher Aktenvermerk vom 23.10.1997, Aktblatt 53). Es wurde ihr aber eine Nachfrist zur Abgabe einer schriftlichen Rechtfertigung bis 30. Oktober 1997 gewährt. Eine Stellungnahme brachte sie dann mit dem schwer lesbaren - weil handschriftlich verfaßten - Schreiben vom 8. November 1997, eingelangt am 12. November 1997, ein. Die belangte Behörde erließ daraufhin das Straferkenntnis vom 4. Dezember 1997, in dem die wesentliche Einlassung der Bwin, sie hätte alles zum Wohle der Tiere vorgekehrt und keine Tierquälerei begangen, schon im Hinblick auf die zahlreichen verendeten Tiere als unbegründet und haltlos verworfen wurde.

2.4. In der Berufung behauptet die Bwin zwar, daß nach ihrer Meinung eine veterinärbehördliche Überprüfung der Schafehaltung nie stattgefunden hätte, gibt aber andererseits zu, daß Veterinäre mehrfach bei ihr waren, die eine Ausfolgung der Schafe verlangt haben. Dies habe sie aber verweigert. Zur Erläuterung ihres Standpunktes schildert die Bwin verschiedene nebensächliche Ereignisse und ihre angeblichen Bemühungen um die Schafe. Die Begründung des Straferkenntnisses betreffend den Vorwurf eines Fehlverhaltens wird entschieden zurückgewiesen. In weiterer Folge versucht die Bwin zu erklären, warum die Schafschur, Klauenpflege und Entmistung längere Zeit unterblieb. Der langjährige Schafscherer hätte im Sommer 1995 das Schafescheren aufgegeben und ein bekannter Landwirt, der seit Jahrzehnten den Schafmist im Frühjahr abhole, hätte wegen des schlechten Wetters nicht den ganzen Schafmist entfernen können. Außerdem hätte es Probleme beim Verkauf von Schafen gegeben (Absatzprobleme mit der Fa. R, fehlende jugoslawische Einfuhrgenehmigung). Die Kitze und Lämmer hätten das Euter der Mutterschafe wegen der langen Wolle nicht gefunden. Die Verklebung mit Kot wäre nicht die Ursache gewesen. Es stünden 7.000 m2 Auslauf zur Verfügung. Da die Bwin von früh bis spät mit der Fütterung beschäftigt gewesen wäre, hätte sie auch rasch helfen können, wenn dies notwendig war. Von der Tierkörperverwertung wären nicht 40 Schafe, sondern laut vorliegenden Bestätigungen nur 18 Schafe und 8 Lämmer abgeholt worden. Die Todesursachen wären nicht schlechte Ernährung, unzureichende Tränkung, unbehandelte Krankheiten und Verletzungen, völlige Vernachlässigung (kotverklebte Körper), fehlender Auslauf, unzureichende Belüftung und Hitzestau und die starke Verunreinigung der Böden und Laufflächen mit Schafkot gewesen. Vielmehr hätten die Schafe beim Verlassen der Scheune alle zugleich ins Frei laufen wollen, wobei Schafe und Lämmer zu Sturz gekommen und zu Tode getrampelt worden wären. Ein Fehlverhalten trotz behördlicher Interventionen und monatelange Tierquälerei wären aus der Luft gegriffene Vorwürfe. Ein fortgesetzter Tathergang und eine schwere Übertretung hätten nie stattgefunden. Die Bwin erhebt dagegen und gegen die Anwendung des § 20 Abs 1 Oö. Tierschutzgesetz 1995 iVm § 17 VStG Einspruch.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage hinreichend geklärt werden konnte und verweist dazu auf die obige Darstellung in den Punkten 2.1. bis 2.3. Den Behauptungen und Einwendungen der Bwin kann nicht gefolgt werden. Das Vorbringen der Bwin in der Berufung und im bisherigen Verfahren besteht - soweit es überhaupt nachvollziehbar ist - aus bloßen Schutzbehauptungen. Die Bwin stellt entweder nur unrichtige, allein durch die Aktenlage eindeutig widerlegte Behauptungen auf oder sie argumentiert mit Umständen, die nicht entscheidungswesentlich sind. Daß ihre Schafehaltung jedenfalls nicht ordnungsgemäß erfolgte, kommt indirekt auch durch die Ausreden der Bwin zum Ausdruck. Im Berufungsverfahren hat die Bwin einen Zeitungsartikel vom 21. Juni 1997 betreffend die Abnahme der Schafe, 5 Lichtbilder von ihrem Anwesen, eine fachärztliche Bestätigung über ihre hochgradige Schwerhörigkeit und eine Zusammenstellung der gekauften Futtermittel vorgelegt (vgl Aktenvermerke vom 7. und 9.4.1998). Weiters legte sie am 12. Mai 1998 eine maschingeschriebene Information über eine Rücksprache mit Polizeibeamten vom Wachzimmer Hafen, einige handschriftliche Vermerke und ein Foto, auf dem drei Schafe in einer Scheune oder einem Stall erkennbar sind, sowie eine Visitenkarte des Ing. Franz H, Geschäftsführer des Landesverbandes für Schafzucht und -haltung vor. All diese Unterlagen wurden auf Wunsch der Bwin kopiert und im DIN A4 Format zum Akt genommen. Sie sind im gegenständlichen Verfahren nicht von Bedeutung, weil keine entscheidungswesentlichen Beweisthemen betroffen sind. Die nach der Abnahme der Schafe aufgenommenen Fotos zeigen nur eine ausgedehnte Wiese, die zum Anwesen der Bwin gehört und einen unberührten, nicht von den Schafen abgegrasten Eindruck vermittelt. Die belangte Behörde hat nie in Abrede gestellt, daß die Möglichkeit zum Auslauf ins Freie bestand. Mit Recht bezweifelt wurde allerdings, ob die Bwin ihren Schafen diese Möglichkeit auch in ausreichendem Umfang einräumte. Die nicht näher überprüfbare Aufstellung der Bwin über die angeschafften Futtermittel ist kein Beweis dafür, daß alle Schafe ausreichend Futter aufnehmen konnten. Zahlreichen Schafen war die ordnungsgemäße Futter- und Wasseraufnahme schon wegen unbehandelter Krankheiten und Verletzungen nicht möglich (vgl Gutachten des Veterinärdienstes, Aktblatt 30). Auch zum Hitzestau im Stadel und zur Tränkung der Schafe wird dadurch überhaupt nichts ausgesagt. Die von den Amtstierärzten, aber auch von anderen Zeugen (Gerichtsvollzieher, Polizeibeamte) geschilderte hochgradige Verwahrlosung der Tiere und der diversen Räumlichkeiten des Anwesens der Bwin spricht ebenso wie der Umstand, daß zahlreiche verendete Schafe zur Tierkörpersammelstelle gebracht werden mußten, für sich. Die aktenkundigen Beweise widerlegen die eher pauschalen Gegenbehauptungen der Bwin eindeutig. Der erkennende Verwaltungssenat hat keinen Grund gefunden, an der Richtigkeit des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts zu zweifeln.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 19 Abs 1 Z 2 Oö. Tierschutzgesetz 1995 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis zu S 50.000,--, im Wiederholungsfall bis zu S 200.000,--, zu bestrafen, wer ungerechtfertigt und vorsätzlich einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt.

Nach § 4 Oö. Tierschutzgesetz 1995 darf niemand ein Tier quälen, das heißt, ungerechtfertigt und vorsätzlich: 1. ein Tier in qualvoller Weise töten, 2. einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, 3. ein Tier in schwere Angst versetzen.

§ 5 Abs 1 Oö. Tierschutzgesetz 1995 listet besondere Formen der Tierquälerei iSd § 4 leg.cit. beispielsweise auf. Die Z 15 nennt das Aussetzen von Temperaturen, die Schmerzen und Leiden bereiten, durch die Verwahrung in abgeschlossenen Behältnissen und die Z 18 ein Vernachlässigen, das Schmerzen und Leiden bereitet oder das mit Schäden oder schweren Ängsten für das Tier verbunden ist, als solche Fälle der Tierquälerei.

Nach dem festgestellten Sachverhalt ist davon auszugehen, daß die Bwin ihre weit über 100 Schafe zumindest im Zeitraum Oktober 1996 bis zur Zwangsabnahme am 18. Juni 1997 nicht artgerecht, sondern unter sehr schlechten Verhältnissen in einem Holzstadel gehalten hat. Die Tiere mußten auf hohen Kotschichten bei unzureichender Belüftung verweilen, wurden nicht geschoren und hatten keine Klauenpflege. Sie wurden bei mehreren Überprüfungen durch den Veterinärdienst der belangten Behörde in hochgradig verwahrlostem Zustand vorgefunden. Nach Mitteilung des Amtstierarztes (vgl Befund, Aktblatt 29) wurden von August 1996 bis Mai 1997 über 50 verendete Schafe von der Tierkörpersammelstelle abgeholt. Bei der Zwangsabnahme am 18. Juni 1997 sind weitere 40 bis 50 tote Schafe (teilweise frische, teilweise eingetrocknete Tierkadaver) vorgefunden worden (vgl Bericht vom 19.06.1997, Aktblatt 37). Aus dem vorgelegten Akt geht hervor (vgl zB. Bericht des Veterinärdienstes vom 14.11.1996), daß die Bwin trotz mehrerer Revisionen des Veterinärdienstes, die auch unter Hilfeleistung von Polizeiwachebeamten erfolgten, nicht zu einer ordnungsgemäßen Form der Tierhaltung zu bewegen war. Sie zeigte sich vielmehr uneinsichtig und setzte die beanstandete Haltung ihrer Schafe monatelang fort. Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates handelt es sich bei der tierquälerischen Tierhaltung durch die Bwin im angelasteten Tatzeitraum um ein Dauerdelikt und nicht um ein fortgesetztes Delikt. Das gemäß § 19 Abs 2 Z 2 iVm § 4 Z 2 Oö. Tierschutzgesetz 1995 strafbare Verhalten des ungerechtfertigten Zufügens von Schmerzen, Leiden und Schäden dauert so lange wie die dafür ursächliche unsachgemäße Tierhaltung an.

Die belangte Behörde hat mit Recht angenommen, daß die Bwin vorsätzlich gehandelt hat, zumal sie auch ihr Fehlverhalten trotz behördlicher Interventionen nicht änderte. Sie hat die durch ihre Tierhaltung verursachten Leiden und Schäden ihrer Schafe auf Grund der gegebenen Umstände zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, auch wenn sie sich vielleicht überfordert fühlte. Es mußte der Bwin auch im Hinblick auf die für jedermann erkennbaren widrigen Umstände und wegen der vielen Todesfälle klar sein, daß die Schafe unter den gegebenen Verhältnissen leiden. Vorsätzlichkeit in Form eines Eventualvorsatzes (vgl § 5 Abs 1 StGB) liegt zweifellos vor. Böse tierquälerische Absicht wurde der Bwin auch von der belangten Strafbehörde nicht vorgeworfen. In diesem Fall wäre die Strafe beim gegebenen Strafrahmen wesentlich höher anzusetzen gewesen. Die Einwendungen der Bwin waren nicht geeignet, sie vom Vorwurf der Tierquälerei zu entlasten. Die Bwin durfte sich nicht einfach auf den Standpunkt zurückziehen, daß ihre langjährigen Geschäftspartner und Helfer - aus welchen Gründen immer - nicht zur Verfügung standen. Sie hätte unverzüglich für eine artgerechte Tierhaltung sorgen und gegebenenfalls andere Personen mit der Räumung und Entsorgung des Schafmistes, der Schafschur und der Klauenpflege beauftragen müssen. Außerdem hätte sie ihre Tiere, die sich in einem schlechten Allgemeinzustand befanden, entweder selbst oder durch andere ausreichend mit Nahrung und Trinkwasser versorgen und entsprechend pflegen müssen. Das zu ihrer Entlastung erstattete Vorbringen zeigt nur einmal mehr ihre Uneinsichtigkeit. Es bewegte sich durchwegs auf dem Niveau von Schutzbehauptungen.

4.2. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von geordneten persönlichen Verhältnissen aus, ohne eine konkrete Einschätzung vorzunehmen und dem Parteiengehör zu unterziehen. Straferschwerend wertete sie den fortgesetzten Tathergang und die Schwere der Übertretung, milde die absolute Unbescholtenheit. Der erkennende Verwaltungssenat hat anläßlich von persönlichen Vorsprachen der Bwin erfahren, daß sie aus einer früheren Teilzeitbeschäftigung eine monatliche Pension von ca. S 5.000,-- und erhebliches Einkommen in Höhe von nahezu S 300.000,-- jährlich aus der Verpachtung von Grund an die Fa Denzel und an eine Bank erziele. Sorgepflichten hat die Bwin keine (vgl Aktenvermerk vom 09.04.1998).

Die von der belangten Behörde angenommenen Erschwerungsgründe treffen bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht ganz zu. Da ein Dauerdelikt vorliegt, bei dem die Dauer des strafbaren Verhaltens ohnehin das Schuldmaß beeinflußt, kann der fortgesetzte Tathergang als solcher nicht erschwerend gewertet werden. Nur eine Fortsetzung des strafbaren Verhaltens durch längere Zeit wäre gemäß § 33 Z 1 StGB iVm § 19 Abs 2 VStG erschwerend. Dies kann beim gegenständlichen Tatzeitraum wohl noch nicht gesagt werden. Ein Erschwerungsgrund kann auch nicht pleonastisch durch die "Schwere" der Übertretung begründet werden. Vielmehr hätte die Strafbehörde die erschwerenden Umstände konkretisieren müssen. Im vorliegenden Fall kann man aber von schweren Folgen der tierquälerischen Tierhaltung sprechen, da auch im angelasteten Tatzeitraum zahlreiche Schafe verendet sind. Dieser Umstand wirkt sich zweifellos erschwerend aus. Die im angefochtenen Straferkenntnis festgesetzte Geldstrafe beträgt trotz eines Strafrahmens von bis zu S 50.000,-- nur S 1.000,-- und damit lediglich 2 % des Strafrahmens. Diese Strafe kann nur als besonders mild bezeichnet werden. Sie bedarf auch im Hinblick auf die festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bwin keiner weiteren Begründung. Die Ersatzfreiheitsstrafe war mangels einer abweichenden Regelung im Oö. Tierschutzgesetz 1995 innerhalb eines Strafrahmens von 2 Wochen nach § 16 Abs 2 Satz 1 VStG zu bemessen. Sie wurde mit 1 Tag in Relation zur verhängten Geldstrafe deutlich höher festgesetzt. Da die Schuld der Bwin aber so erheblich erscheint, daß auch eine deutlich höhere Geldstrafe möglich gewesen wäre, sieht der erkennende Verwaltungssenat keinen Anlaß, die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen. 4.3. Gemäß § 20 Abs 1 Oö. Tierschutzgesetz 1995 können Tiere, auf die sich das strafbare Verhalten bezieht, nach §§ 17 und 18 VStG für verfallen erklärt werden, wenn der Wert in einem angemessenen Verhältnis zur Schuld des Täters oder zum fahrlässigen Verhalten des Eigentümers, wenn dieser nicht selbst Täter ist, steht.

Sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, dürfen nach § 17 Abs 1 VStG nur Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, daß die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.

Die Bwin ist Eigentümerin der am 17. Juni 1997 abgenommenen ca. 100 bis 110 Schafe. Das gemäß § 19 Abs 1 Z 2 Oö. Tierschutzgesetz 1995 strafbare Verhalten der Bwin bezog sich auf sämtliche abgenommenen Schafe, weshalb der Ausspruch des Verfalles auch für sämtliche Schafe möglich war. Der Verkehrswert der Schafe wurde vom Amtstierarzt im Einvernehmen mit der Oö. Landwirtschaftskammer aufgrund des schlechten Ernährungs- und Allgemeinzustandes der Tiere unter Berücksichtigung von Behandlungskosten mit höchstens S 6.000,-- geschätzt (vgl Aktenvermerk vom 4.12.1997). Der Verfallsausspruch war auch nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates unter Berücksichtigung des Verfallswertes der erheblichen Schuld der Bwin angemessen und erschien zudem aus Gründen des Tierschutzes unbedingt erforderlich.

5. Bei diesem Ergebnis hat die Bwin gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds S 200,--, zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Beilagen Dr. W e i ß

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum