Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300203/3/WEI/Bk

Linz, 14.08.1998

VwSen-300203/3/WEI/Bk Linz, am 14. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender Dr. Wegschaider, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Strafberufung der Adelheid P, geb. 07.08.1973, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. Jänner 1998, Zl. III/S - 41.129/97-2, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 2 Abs 3 lit a) Oö. Polizeistrafgesetz - Oö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl Nr. 30/1995) und nach dem § 12 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz iVm der Verordnung des BGMU, BGBl Nr. 314/1974 idF BGBl Nr. 591/1993, zu Recht erkannt:

I. Die Strafberufung zu Spruchpunkt 1) wird als unbegründet abgewiesen und die verhängte Strafe bestätigt. Der Strafberufung zu Spruchpunkt 2) wird teilweise Folge gegeben und die primäre Freiheitsstrafe auf 2 Tage reduziert.

II. Die Berufungswerberin hat im Berufungsverfahren zu Spruchpunkt 1) einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von S 2.400,-- zu bezahlen. Im Berufungsverfahren zu Spruchpunkt 2) entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Kostenbeitrages. Im erstinstanzlichen Strafverfahren zu Spruchpunkt 2) reduziert sich der Kostenbeitrag auf S 40,--. Der Kostenbeitrag im erstinstanzlichen Strafverfahren zu Spruchpunkt 1) beträgt S 1.200,--. Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 ff VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis vom 12. Jänner 1998 hat die belangte Strafbehörde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben 1) am 18.11.1997 um 21.45 Uhr in LINZ, P, am 18.11.1997 um 22.30 Uhr in LINZ, Pfarrplatz 14 und am 9.12.1997 um 21.00 Uhr in LINZ, P durch Auf- und Abgehen, Ansprechen von männlichen Passanten und PkwLenkern, sowie die Vereinbarung eines entgeltlichen GV mit einem Kunden sich in einer solchen Weise verhalten, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung zu Erwerbszwecken abzielte, und 2) am 09.12.1997 zw. 21.05 Uhr und 21.15 Uhr in LINZ, öffentlicher Parkplatz im innerstädtischen Raum durch Ausübung eines GV mit einem Kunden mit Ihrem Körper gewerbsmäßig Unzucht getrieben und es unterlassen, sich vor Aufnahme dieser Tätigkeit, sowie in regelmäßigen Abständen von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen, wobei die Gewerbsmäßigkeit insoferne vorliegt, als Sie sich durch die wiederholte Tatbegehung (zahlreiche Anzeigen und rechtskräftige Bestrafungen wegen einschlägiger Delikte) eine wiederholte Einkommensquelle verschafften." Dadurch erachtete die belangte Strafbehörde zu 1) den § 2 Abs 3 lit a) Oö. PolStG und zu 2) § 1 der Verordnung des BGMU, BGBl Nr. 314/1974 (im folgenden kurz Prostitutionsverordnung), als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen zu 1) gemäß § 10 Abs 1 lit b) Oö. PolStG eine Geldstrafe von S 12.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen und zu 2) gemäß § 12 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz eine Freiheitsstrafe von 4 Tagen. Anstelle einer getrennten Vorschreibung der Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren zu den Spruchpunkten 1) und 2) hat die belangte Behörde einen einheitlichen Kostenbeitrag von S 1.280,-- festgesetzt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin von der belangten Behörde in einer Verhandlung am 12. Jänner 1998 mündlich verkündet wurde, richtet sich die am 22. Jänner 1998 mittels Telefax bei der belangten Behörde rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der ausdrücklich die Höhe der Strafe bekämpft wird. Die Bwin bittet um Strafmilderung, da ihre Anzeigen immer mehr und mehr würden. 1.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung abgesehen. 2.1. Dem angefochtenen Straferkenntnis liegen drei Anzeigen des Wachzimmers Landhaus, zwei je vom 14. Dezember 1997 und eine vom 11. Dezember 1997 zugrunde, denen weitere Details zu entnehmen sind.

Bei der Bwin handelt es sich um eine amtsbekannte Prostituierte, die nach der vorliegenden Aktenlage sowohl wegen öffentlicher Anbahnung der Prostitution gemäß § 2 Abs 3 lit a) O.ö. PolStG als auch wegen Übertretung des Geschlechtskrankheitengesetzes iVm der Prostitutionsverordnung BGBl Nr. 314/1974 mehr als 30 ungetilgte Vorstrafen hat. Dem unabhängigen Verwaltungssenat ist schließlich nach Ausweis seiner Akten bekannt, daß die Bwin schon oft (mindestens 12 Vorstrafen) gegen die amtsärztliche Untersuchungspflicht nach dem § 4 Abs 2 AIDS-Gesetz 1993 verstoßen hat (vgl h. Berufungsakten zu VwSen-240135 bis 240146/1995). Außerdem weisen die vorgelegten Strafakten auch eine Vorstrafe wegen verbotener Ausübung der Prostitution gemäß § 2 Abs 3 c) O.ö. PolStG aus. Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen der Bwin ist dem Oö. Verwaltungssenat auch aus früheren Berufungsverfahren bekannt (vgl VwSen-300132 vom 9.01.1998 oder VwSen-300116, 300117 vom 2.09.1997), daß sie ledig, ohne regelmäßiges Einkommen und Vermögen ist und keine Sorgepflichten hat. Die belangte Strafbehörde wertete mildernd "volle Einsichtigkeit" und erschwerend "zahlreiche einschlägige rechtskräftige Bestrafungen".

3. Die erkennende Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage hinreichend geklärt erscheint.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs 3 lit a) Satz 1 O.ö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 10 Abs 1 lit b) leg. cit. mit Geldstrafe bis S 200.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer sich an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhält, die auf die Anbahnung von Prostitution abzielt.

Der 2. Satz des § 2 Abs 3 lit a) O.ö. PolStG definiert als öffentlichen Ort einen solchen, der jederzeit von einem nicht von vornherein beschränkten Kreis von Personen betreten werden kann oder im Rahmen seiner Zweckbestimmung allgemein zugänglich ist. Nach dem 3. Satz ist dem Verhalten an einem öffentlichen Ort ein Verhalten gleichgestellt, das zwar nicht an einem öffentlichen Ort gesetzt wird, das aber von dort aus wahrgenommen werden kann.

Gemäß § 12 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz werden u.a. Übertretungen der auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Verordnungen, sofern nicht nach anderen Vorschriften eine strengere Bestrafung stattfindet, als Verwaltungsübertretung mit Geld bis zu 1.000,-- RM (= S 1000,-- laut Umrechnung gemäß § 3 Abs 2 Schillinggesetz, StGBl Nr. 231/1945) oder mit Arrest bis zu zwei Monaten bestraft. Die absolute Höchstgrenze der Freiheitsstrafe beträgt allerdings nach dem § 12 Abs 1 Satz 3 VStG seit der Verwaltungsstrafgesetz-Novelle BGBl Nr. 516/1987 sechs Wochen.

Nach § 1 der Verordnung des BMGU, BGBl Nr. 314/1974 idF BGBl Nr. 591/1993, über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, haben sich Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen.

Die berufungsgegenständlichen Schuldsprüche iSd § 2 Abs 3 lit a) O.ö. PolStG und iSd § 1 der Prostitutionsverordnung sind jeweils in Rechtskraft erwachsen und daher verbindlich geworden. Zum Unterschied von früheren Verwaltungsstrafverfahren ging die belangte Strafbehörde nunmehr im Spruchpunkt 1) zumindest der Sache nach von einem Fortsetzungszusammenhang aus, der allerdings spruchmäßig nicht richtig zum Ausdruck kommt. Zu den Voraussetzungen des fortgesetzten Delikts im einzelnen wird auf das h. Erkenntnis der 4. Kammer vom 2. September 1997, VwSen-300116, 300117/3/WEI/Bk, verwiesen.

Die Bwin hat die angelasteten Tatsachen im strafbehördlichen Verfahren zugestanden und nur die Strafen bekämpft.

4.2. Der für die öffentliche Anbahnung der Prostitution vorgesehene Strafrahmen des § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG sieht eine Geldstrafe bis zur Höhe von S 200.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis 6 Wochen vor.

Die persönlichen Verhältnisse der Bwin sind eher ungünstig, weil sie keiner geregelten Arbeit nachgeht und vermögenslos ist. Sie verdient ihren Lebensunterhalt durch fortgesetzte Prostitution. Angesichts des üblichen Liebeslohnes von S 500,-- bis S 1.000,-- pro Freier kann aber bedenkenlos von einem monatlichen Mindesteinkommen im Bereich von etwa S 15.000,-- netto ausgegangen werden.

Die belangte Behörde hat das geständige Verhalten der Bwin berücksichtigt und als Milderungsgrund gewertet. Als besondere Erschwerungsgründe iSd § 33 Z 2 StGB iVm § 19 Abs 2 VStG fallen aber die vielen einschlägigen Vorstrafen (jeweils mehr als 30) nach dem § 2 Abs 3 lit a) O.ö. PolStG sowie wegen der wiederholten Verstöße gegen die amtsärztliche Untersuchungspflicht nach § 1 der Prostitutionsverordnung des BMGU (BGBl Nr. 314/1974 idF BGBl Nr. 591/1993) iVm § 12 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz ins Gewicht. Auch die Vorstrafen wegen Mißachtung der Untersuchungspflicht nach dem § 4 Abs 2 AIDS-Gesetz 1993 beruhen auf der gleichen schädlichen Neigung.

Der Strafrahmen des § 12 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz sieht auch eine primäre Freiheitsstrafe vor. Nach § 11 VStG darf eine Freiheitsstrafe nur verhängt werden, wenn dies notwendig ist, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten. Die primäre Freiheitsstrafe muß also aus spezialpräventiven Gründen erforderlich sein. Dies trifft auf die Bwin, die schon lange der Prostitution nachgeht, ohne die Vorschriften über die gesundheitliche Überwachung zu beachten, eindeutig zu. Ihre zahlreichen einschlägigen Vorstrafen sprechen für sich. Die erkennende Kammer kann daher der belangten Strafbehörde nicht entgegentreten, wenn sie es für notwendig erachtet hat, eine Freiheitsstrafe zu verhängen. Mit der vorgesehen Geldstrafe von S 1.000,--, die nach dem aus dem Jahr 1945 stammenden § 12 Abs 2 Geschlechtskrankheitengesetz angedroht ist, könnte sicher nicht das Auslangen gefunden werden.

4.3. Bei Bemessung der Strafhöhe zu Spruchpunkt 1) ist nach dem Schuldspruch von einem Tatzeitraum vom 18. November bis 9. Dezember 1997 und von drei zeitlich und örtlich bestimmte Einzeltathandlungen auszugehen. Weitere Einzeltathandlungen innerhalb des gegenständlichen Tatzeitraumes sind nicht bekannt geworden. Der im Rahmen der Strafbemessung zu beurteilende Unrechtsgehalt ist einerseits nach der angelasteten Dauer des Fortsetzungszusammenhanges und andererseits auch nach Art und Ausmaß der bekannt gewordenen Einzeltathandlungen innerhalb des Fortsetzungs- zusammenhanges zu bewerten.

Im Spruchpunkt 2) wurde nur einmal die Ausübung eines Geschlechtsverkehrs ohne vorheriger amtsärztlicher Untersuchung angelastet. Aus der Anzeige vom 11. Dezember 1997 geht hervor, daß dabei immerhin ein Präservativ verwendet worden ist, das die Bwin zur Verfügung gestellt hat. Dies wirkt sich nach der Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenates unrechts- und schuldmindernd aus, weil diese Vorsichtsmaßnahme einer Infektion mit Erregern von Geschlechtskrankheiten mit hoher Wahrscheinlichkeit vorbeugt und dadurch das iSd § 19 Abs 1 VStG geschützte öffentliche Interesse an der Volksgesundheit nicht so nachhaltig beeinträchtigt erscheint (vgl zuletzt die h. Erkenntnisse, VwSen-240215 ua Zlen. vom 01.09.1997 und VwSen-240195 ua Zlen. vom 01.09.1997).

Unter Abwägung der gegebenen Strafzumessungsfaktoren ist die erkennende Kammer der Ansicht, daß die zu Spruchpunkt 1) verhängte Geldstrafe in Höhe von S 12.000,-- beim gegebenen Strafrahmen und der Vorbelastung der Bwin keineswegs zu hoch, sondern durchaus angemessen erscheint, wobei die schlechten persönlichen Verhältnisse der Bwin ausreichend berücksichtigt wurden. Die nach dem Strafrahmen des § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG innerhalb von 6 Wochen zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe war mit 4 Tagen zu bestätigen, da sie vergleichsweise höher als die Geldstrafe angesetzt werden durfte, zumal es insofern nur auf die erhebliche Schuld der Bwin und nicht auch auf ihre finanzielle Leistungsfähigkeit ankam.

Im Spruchpunkt 2) hat die belangte Strafbehörde zwar mit Recht eine primäre Freiheitsstrafe für notwendig erachtet, die schuldmindernde Verwendung eines Präservativs und den Umstand, daß nur ein einziger Vorfall angelastet wurde, nicht berücksichtigt. Insofern hält es die Kammer für angemessen die Freiheitsstrafe auf 2 Tage zu reduzieren.

5. Bei diesem Ergebnis hat die Bwin gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren zu Spruchpunkt 1) einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von S 2.400,-- (20 % der Geldstrafe) zu leisten. Im Berufungsverfahren zu Spruchpunkt 2) entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens.

Der Umrechnungsschlüssel für Freiheitsstrafen beträgt gemäß § 64 Abs 2 2. Halbsatz VStG S 200,-- pro Tag. Für den Kostenbeitrag im Strafverfahren betreffend die Verwaltungsübertretung nach der Prostitutionsverordnung iVm dem Geschlechtskrankheitengesetz ist der Kostenbeitrag nach Reduktion der primären Freiheitsstrafe von einem Betrag von S 400,-- ( 2 Tage FS x S 200,--) zu berechnen. Er beträgt demnach S 40,--.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten. Beilagen Dr. W e g s c h a i d e r

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