Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110268/3/Le/La

Linz, 11.09.2001

VwSen-110268/3/Le/La Linz, am 11. September 2001 DVR.0690392  

E R K E N N T N I S    

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des Z K, A J.2, H 3 M, U, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29.5.2001, Zl. VerkGe96-152-2001, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:  

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.   II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.     Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.     Entscheidungsgründe:   Zu I.:   1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29.5.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 23 Abs.1 Z8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (im Folgenden kurz: GütbefG) iVm Art.1 Abs.1 und Art.5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF Nr. 2012/2000 eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 67 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.   Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 29.1.2001 um 19.17 Uhr im österreichischen Bundesgebiet und zwar auf der I A, bei StrKm. 75,120, Gemeindegebiet S (Ökopunkte-Abbuchungsstation bei der Einreise nach Österreich), aus Richtung Deutschland kommend, als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, amtliches Kennzeichen SL, Zulassungsbesitzer: N Transportgesellschaft m.b.H., T 30, 5 St. P, keine der nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt, entweder:

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 20.6.2001, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass er sich vor der Einreise nach Österreich extra bei seiner Firma erkundigt habe, ob genügend Ökopunkte zur Verfügung stehen. Diese hätte ihm bestätigt, dass genügend Punkte vorhanden wären und er den ecotag ordnungsgemäß bedienen könne. Er fühle sich daher nicht schuldig, einen Fehler begangen zu haben..   Am selben Tag langte auch ein Schreiben der Firma N Transportgesellschaft m.b.H. ein, in welchem bestätigt wurde, dass dem Fahrer mitgeteilt worden sei, dass genügend Ökopunkte vorhanden wären. Durch einen irrtümlichen Rechenfehler wären aber an diesem Tag keine Ökopunkte am Konto gewesen, obwohl der Firma immer genügend Ökopunkte zur Verfügung stehen würden. Dies könne Herr E vom Amt der oö. Landesregierung, Abt. Verkehr, bestätigen.   3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.   3.1. Da schon aus dem vorgelegten Verwaltungsakt hervorgeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.   3.2. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass unter Bezugnahme auf eine Weisung der Bundesministerin für Verkehr, Technologie und Innovation vom Landeshauptmann Datensätze vom Dezember 2000, Jan 2001 und Feb 2001 an die Bezirkshauptmannschaft Schärding zur Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren übersandt wurden. Im vorliegenden Fall handelte es sich um das Unternehmen N Transportgesellschaft m.b.H. in 5 St. P.   Aus diesem Datensatz ergibt sich hinsichtlich der verfahrensgegenständlich angelasteten Übertretung lediglich, dass am 29.1.2001 um 19.17 Uhr beim Grenzübergang S die Einreise ins Bundesgebiet erfolgte; eine Ausreise ist nicht registriert.   Die Erstbehörde führte eine Lenkererhebung nach § 103 Abs.2 KFG durch und erhielt vom Unternehmen die Auskunft, dass Herr Z K den LKW mit dem Kennzeichen SL zur fraglichen Zeit gelenkt hat.   Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.4.2001 wurde Herr Z K als Beschuldigter aufgefordert, sich zu dem alternativen Tatvorwurf, der auch dem nunmehrigen Straferkenntnis zu Grunde liegt, binnen einer bestimmten Frist zu äußern. Der Beschuldigte hat keine Stellungnahme abgegeben, worauf die Erstbehörde ohne weitere Ermittlungen das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erließ.   Dagegen hat der Beschuldigte Berufung erhoben.   4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Zuständigkeit   Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).   4.2. EU-Ökopunkteverordnung und Strafbestimmungen   Die EU-Ökopunkteverordnung (vgl Verordnung Nr. 3298/94 der Kommission vom 21.12.1994 idF Nr. 2012/2000) trifft nach ihrer Überschrift Regelungen "über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich".   Dem Berufungswerber wurde eine Verletzung des Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF 2012/2000 der Kommission vorgeworfen. Mit dieser Bestimmung wird der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs verpflichtet, die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, und zwar:   entweder   a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als "Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist im Anhang A enthalten;   oder   b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird;   oder   c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden;   oder   d) geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist.   Gemäß Art.5 Abs.1 der EU-Ökopunkteverordnung sind Zuwiderhandlungen eines Lastkraftwagenfahrers oder eines Unternehmers gegen das Protokoll Nr. 9 oder die EU-Ökopunkteverordnung nach den jeweiligen einzelstaatlichen Vorschriften zu ahnden.   Nach § 23 Abs.1 Z8 GütbefG 1995 (BGBl Nr. 593/1995 idF BGBl I Nr. 17/1998) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz iVm § 23 Abs.2 leg.cit. mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 100.000 S zu bestrafen,   wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.   Ergänzende Bestimmungen ergeben sich weiter aus dem EU-Beitrittsvertrag (vgl BGBl Nr. 45/1995):   Im Art.1 lit.d) des Protokolls Nr. 9 zur Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens wurde der Begriff des "Lastkraftwagens" definiert als jedes zur Beförderung von Gütern oder zum Ziehen von Anhängern in einem Mitgliedsstaat zugelassene Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t einschließlich Sattelzugfahrzeuge sowie Anhänger mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, die von einem in einem Mitgliedsstaat zugelassenen Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 t oder weniger gezogen werden.   Weiters ist im Art.1 lit.c) dieses Protokolls der Begriff "Transitverkehr durch Österreich" als jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegt, definiert.   Der Berufungswerber hat nicht bestritten, dass er einen Lastkraftwagen im Sinne dieser Definition gelenkt hat.   4.3. Spruchmängel   Das angefochtene Straferkenntnis weist (ebenso wie die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11.04.2001) solche Mängel im Spruch auf, die zu seiner Aufhebung wegen mehrfachen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG führen müssen.   Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031).   Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, 971).   Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs.4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).   Bei näherer Betrachtung des Spruches fällt zunächst auf, dass die Erstbehörde dem Berufungswerber nicht ausdrücklich und unmissverständlich das wesentliche, der Unterscheidung dienende Tatbildmerkmal vorgeworfen hat, eine Transitfahrt durch Österreich durchgeführt zu haben. Sie hat ihm vielmehr nur vorgeworfen, als Fahrer eines Lastkraftwagens "keine der nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt" zu haben. Die darauf folgende Aufzählung der Unterlagen entspricht dem alternierenden Wortlaut des Art.1 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94. Aus dem systematischen Zusammenhang im Artikel 1 Abs.1 der EU-Ökopunkteverordnung, der Bestimmungen für Transitfahrten nach lit.a), b) und c) (Ausnahme für Transitfahrten nach Anhang C) und für die Nichttransitfahrten nach lit.d) (vgl "bilateraler Verkehr" laut Protokoll Nr. 9 Art.1 lit.g) vorsieht, ist sachlogisch abzuleiten, dass jedenfalls ein Unterschied zwischen Transit- und Nichttransitfahrten gemacht werden muss. Überdies sind innerhalb der Transitfahrten weitere Unterscheidungen zu treffen, zumal es auch ökopunktbefreite Transitfahrten gibt. Die Spruchfassung in einem Straferkenntnis hat selbstverständlich auf diese Differenzierungen Rücksicht zu nehmen und darf sich nicht - wie im gegenständlichen Fall geschehen - in einem kaum nachvollziehbaren "Einheitsbrei" erschöpfen. Fehlt ein wesentliches Tatbildmerkmal, so kann dieser Mangel vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht einfach ergänzt werden, weil dies zur Anlastung einer anderen Tat führt, was der Berufungsbehörde nicht zusteht.   Außerdem liegt ein gemäß § 44a Z1 VStG unzulässiger alternativer Tatvorwurf vor. Die angelasteten Tatbestände sind vom Inhalt her alternierend (arg. "entweder... oder "). Der gegenständliche Tatvorwurf ist demnach mehrdeutig. Er enthält Tatbilder, die streng auseinander zu halten sind und sich auch nach ihrer Formulierung weitgehend ausschließen.   Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Alternativvorwurf im Spruch eines Strafbescheides unzulässig (vgl. etwa in VwGH 28.10.1987, 86/03/0131, VwGH 17.9.1992, 92/18/0180 und VwGH 29.3.1995, 90/10/0147: "bzw"; VwGH 26.11.1990, 89/10/0244: "entweder-oder"). Ein das Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG verletzender Alternativvorwurf darf allenfalls vorläufig in der Verfolgungshandlung, nicht jedoch im Straferkenntnis erfolgen (so ausdrücklich VwGH 14.05.1997, 95/03/0083).   4.4. Zum Mangel der Tatbestandsmäßigkeit:   Hinsichtlich der Tatvorwürfe nach Art.1 Abs.1 lit.a) (Nichtmitführen eines ordnungsgemäß ausgefüllten Einheitsformulares) und Art.1 Abs.1 lit.c) (Nichtmitführen der in Art.13 angeführten geeigneten Unterlagen) gibt es weder eine Anzeige noch irgendwelche Ermittlungen der belangten Behörde, die einen solchen Tatvorwurf überhaupt rechtfertigen könnten.   Den Tatvorwürfen in Bezug auf die Tatbestände nach Art.1 Abs.1 lit.b) und lit.d) liegt nur die Datenauswertung der Grenzkontrollstelle, deren elektronische Geräte die Einreise des LKW registriert haben, zu Grunde. Sonstige Beweise hat die belangte Behörde nicht aufgenommen. Aus der Datenmeldung, die der Erstbehörde vom Bundesministerium für Verkehr, Technologie und Innovation ohne weitere Ermittlungen im Wege des Amtes der Oö. Landesregierung übermittelt wurde, geht lediglich hervor, dass der LKW mit dem amtlichen Kennzeichen SL am 29.1.2001 um 19.17 Uhr in S in das österreichische Bundesgebiet eingefahren ist. Der Umweltdatenträger "ecotag" war dabei auf "Transitfahrt" eingestellt. Er lieferte alle für die richtige Abbuchung von Ökopunkten notwendigen Daten.   In Wahrheit fehlt es daher hinsichtlich des Tatvorwurfes nach Art.1 Abs.1 lit.b) (Fehlen eines im Kraftfahrzeug eingebauten elektronischen Geräts, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird) an einer Verwirklichung des Tatbestands. Der Berufungswerber hatte in seinem Kraftfahrzeug den funktionierenden Umweltdatenträger "ecotag" eingebaut und damit "mitgeführt", wobei das Gerät unter der Annahme, dass er eine Transitfahrt durchführte, auch richtig eingestellt war. Dass Ökopunkte nicht automatisch abgebucht werden konnten, weil der betreffende Frächter gesperrt war, vermag nichts an der Tatsache zu ändern, dass der mitgeführte "ecotag" richtige Daten lieferte und eine automatische Entwertung an sich ermöglichte. Der Grund für die Nichtentwertung von Ökopunkten lag - wie die belangte Behörde selbst ausführte - in der Sperre des Frächters und nicht in einer Fehlfunktion oder unrichtigen Bedienung des Umweltdatenträgers. Dieser Gesichtspunkt wird aber vom Wortlaut des Art. Abs.1 EU-Ökopunkteverordnung überhaupt nicht erfasst. Nach h. Ansicht erscheint dies auch sinnvoll, zumal es nicht sachgerecht und damit rechtspolitisch bedenklich erschiene, wäre der Fahrer eines LKW auch dafür verantwortlich, dass sein Frächter und Arbeitgeber auch über ein gedecktes Ökopunktekonto verfügt.   Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es für die erkennende Kammer des Oö. Verwaltungssenates nicht nachvollziehbar ist, weshalb die belangte Behörde dennoch einen Verstoß gegen das Gebot nach Art.1 Abs.1 lit.b) EU-Ökopunkteverordnung anlasten konnte. Zu einem solchen Ergebnis kann man nur im Wege der Analogie oder der freien Rechtsfindung gelangen, was bekanntlich im Strafrecht schon im Hinblick auf den anerkannten rechtsstaatlichen Grundsatz "nullum crimen sine lege" unzulässig ist.   Zum Tatvorwurf nach Art.1 Abs.1 lit.d) EU-Ökopunkteverordnung ist festzustellen, dass diesbezüglich ebenfalls keine Anzeige vorliegt und auch keine Ermittlungen von der Erstbehörde durchgeführt wurden. Unter der Annahme, dass keine Transitfahrt durchgeführt wurde, hätte der Berufungswerber den "ecotag" lediglich falsch bedient, indem er auf Transitfahrt stellte, obwohl er auf "ökopunktbefreite Fahrt" hätte stellen müssen. Die wesentlichere Verpflichtung des Berufungswerbers wäre aber gewesen, geeignete Unterlagen mitzuführen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelte. Für einen Verstoß gegen dieses Gebot bietet die Aktenlage aber nicht den geringsten Anhaltspunkt. Ganz im Gegenteil ergibt sich aus der Verantwortung des Berufungswerbers schlüssig, dass er tatsächlich eine Transitfahrt durchgeführt und den "ecotag" auch richtig bedient hat. Somit bleibt auch für diesen Tatvorwurf nach lit.d) sachlogisch kein Raum.   4.5. Zur Verschuldensfrage   Selbst wenn man die Tatbestandsmäßigkeit des Tatvorwurfes iSd Art.1 Abs.1 lit.b) der EU-Ökopunkteverordnung bejahen wollte, müsste wegen der Besonderheit der gegenständlichen Fallkonstellation das Verschulden des Berufungswerbers verneint werden:   Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.   Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten, welche die meisten Verwaltungsdelikte darstellen, erschöpft sich das Tatbild in einem bloßen Verhaltensunrecht ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.   Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift kein Verschulden trifft.   Der Fahrer eines Lastkraftwagens hat im Fahrzeug keine Möglichkeit festzustellen, ob der Frächter Ökopunkte auf seinem Konto hat oder nicht. Auf seinem "ecotag" hat er lediglich die Möglichkeit, die Einstellung des Gerätes auf Transitfahrt ("rot") oder auf transitbefreite Fahrt ("grün") zu überprüfen und gegebenenfalls umzustellen. Es besteht aber keine Möglichkeit, den Ökopunktestand abzurufen. Insofern ist der Fahrer auf die Angaben seines Arbeitgebers angewiesen. Dabei wird er nach h. Ansicht in der Regel auch darauf vertrauen dürfen, dass noch hinreichende Ökopunkte vorhanden sind, wenn er einen Lenkauftrag von seinem Arbeitgeber erhält. Er muss bei lebensnaher Betrachtung im Hinblick auf das besondere Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber nicht von vornherein damit rechnen, dass er belogen oder mit rechtswidrigen Lenkaufträgen beauftragt wird. Da er sich selbst rechtmäßig verhalten hat, darf er im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit Bediensteten seines Arbeitgebers auch grundsätzlich darauf vertrauen, dass sich diese sorgfältig verhalten, es sei denn fremdes Fehlverhalten wäre erkennbar. Diese vom Vertrauensgrundsatz iSd § 3 StVO 1960 abgeleitete Wertung erscheint analogiefähig (vgl. dazu näher mwN Kienapfel, Grundriss des österreichischen Strafrechts, Besonderer Teil I3 Rz 68 und 69 ff zu § 80 StGB).   Der Berufungswerber hat in seiner Berufung unwiderlegt vorgebracht, dass er sich bei seiner Firma sogar vor der Einreise nach Österreich erkundigt hatte, ob Ökopunkte vorhanden waren. Durch eine solche Anfrage bei einem Verantwortlichen des Unternehmens kommt der Fahrer jedenfalls seiner Sorgfaltsverpflichtung nach. Auf Grund dieser Information konnte der Berufungswerber darauf vertrauen, dass sich am Ökopunktekonto des Unternehmens die erforderlichen Ökopunkte befinden. Es war ihm nicht zuzumuten, die Angaben in Zweifel zu ziehen und weitere Erkundigungen, etwa bei der Behörde, einzuholen. Es bestand für ihn auch keine Veranlassung, eine Abbuchung bzw. Entrichtung von Ökopunkten auf eine andere Art und Weise zu veranlassen.   Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.   Zu II.:   Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, dass der Berufungswerber weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.     Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.     Dr. W e i ß

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