Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130214/2/DI/FB

Linz, 29.09.1997

VwSen-130214/2/DI/FB Linz, am 29. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn J M, F, T, vertreten durch Rechtsanwalt A R, T, A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 20. Mai 1997, VerkR96-13531-1995-Ro, wegen Übertretung des O.ö. Parkgebührengesetzes (O.ö. PGG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 45 Abs.1 Z1 VStG. zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 6 Abs.1 lit.b O.ö. PGG iVm § 4 und § 6 der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Braunau/Inn vom 15.12.1992, III b-122/10/G/92-Spo, gemäß § 6 Abs.1 lit.b O.ö. PGG eine Geldstrafe von 400 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 23.8.1995 um 10.38 Uhr, den PKW , in B, am S, auf Höhe des Hauses S im Bereich der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat, ohne diesen mit einem an gut sichtbarer Stelle hinter der Windschutzscheibe angebrachten gültigen Parkschein zu kennzeichnen. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG unterbleiben. I.3.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 29.11.1995 wurde dem Berufungswerber die oben bezeichnete Verwaltungsübertretung zur Last gelegt. Dagegen erhob der Berufungswerber rechtzeitig Einspruch, in welchem er ausführte, daß der oben genannte PKW von der Familie benützt werde und keinem der Familienangehörigen eine Verletzung der Rechtsvorschriften zum angegebenen Zeitpunkt bewußt sei, auch lasse sich nicht feststellen, wer am 23.8.1995 dieses Fahrzeug geführt habe.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 2.1.1996 wurde die Regierung der O, E, R, im Zuge des Amts- und Rechtshilfeabkommens ersucht, den Berufungswerber unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht zu befragen, wer das sachverhaltsgegenständliche Fahrzeug zuletzt vor dem 23.8.1995 um 10.38 Uhr in 5280 Braunau/Inn, am S, abgestellt habe und wurde mitgeteilt, daß, sollte der Beschuldigte als Fahrzeughalter zum Tatzeitpunkt keine Auskunft darüber erteilen, davon ausgegangen werde, daß er selbst das Fahrzeug dort abgestellt habe. Mit Schreiben der Polizeiinspektion S, vom 25.4.1996, wurde der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn mitgeteilt, daß Herr M als Betroffener einvernommen worden sei und er dabei seiner Stellungnahme vom 9.12.1995 an die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn nichts mehr hinzuzufügen gehabt habe. Daraufhin erging oben angeführtes Straferkenntnis. In diesem wurde von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn begründend festgehalten, daß sich der im Spruch angeführte Sachverhalt aufgrund der in sich widerspruchsfreien und daher unbedenklichen Anzeige des Stadtamtes Braunau/Inn ergeben würde. Desweiteren führte die Behörde begründend aus, daß, weil der Berufungswerber den Lenker nicht bekanntgegeben habe, die Behörde davon ausgehe, daß er selbst das Fahrzeug abgestellt und er die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung zu verantworten habe. Dagegen wurde vom Berufungswerber mit Schreiben vom 16.6.1997 durch seinen Rechtsanwalt fristgerecht Berufung erhoben. In der Berufung wird ausgeführt, daß es dem Berufungswerber aufgrund des lange zurückliegenden Zeitraumes nicht mehr möglich sei zu klären, wer das Fahrzeug gefahren habe. Selbst wenn die Möglichkeit bestehen würde, innerhalb der Familie festzustellen, wer das Fahrzeug gefahren habe, so würde es Art.6 des Grundgesetzes bzw das Aussageverweigerungsrecht bezüglich Familienangehöriger verbieten, daß der Berufungswerber diesbezüglich Ausführungen mache. Auch wurde der Einwand der Verjährung erhoben, dies, da die Zustellung mehrere Monate nach dem (potentiellen) Tatvorwurf gelegen sei. Desweiteren wurde vorgebracht, daß bei der Behauptung, daß der Berufungswerber das Fahrzeug gefahren habe, um eine reine Vermutung, die tatsächlich nicht fundiert sei, handeln würde. Im Gegenteil, da die Familie des Berufungswerbers nur ein Auto besitze und jeder Familienangehörige dieses nutze, würde nachweislich feststehen, daß sich der Fahrer zum streitgegenständlichen Zeitpunkt nicht ermitteln lassen würde. Das Straferkenntnis sei daher aus den dargelegten Gründen aufzuheben.

I.3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 37 AVG liegt der Zweck des Ermittlungsverfahrens darin, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen. Aus § 39 Abs.2 AVG ergibt sich der Grundsatz, daß die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen festzustellen hat ("Grundsatz der Offizialmaxime"). Der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit die Partei jedoch nicht von der Verpflichtung zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen (vgl VwGH vom 18.1.1990, 89/60/0099, 0100, 27.2.1990, 89/08/0036 uva). Auf diese Mitwirkungspflicht hat die Erstbehörde in ihrem Schreiben vom 2.1.1996 auch hingewiesen. Jedoch trifft die Verpflichtung zur Feststellung des Sachverhalts die Behörde und kann von dieser nicht auf die Partei überwälzt werden (VwGH vom 31.3.1949, Slg 772 A, 23.5.1978, Slg 9565 A ua). Die Mitwirkungspflicht einer Partei geht daher nicht so weit, daß sich die Behörde die Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens ersparen kann (VwGH vom 27.9.1994, 94/17/0225, 26.1.1995, 94/19/0975 ua).

Die Erstbehörde hätte nicht automatisch, bei Verweigerung der Auskunftspflicht - ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen - annehmen dürfen, daß das Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort vom Berufungswerber abgestellt worden sei, sondern hätte allenfalls den Berufungswerber wegen Unterlassung seiner Verpflichtung als Zulassungsbesitzer, darüber auf Verlangen der Behörde Auskunft zu erteilen, wem er die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlassen hat, nach § 2 Abs.2 iVm § 6 Abs.2 lit.b O.ö. PGG bestrafen müssen. So treten aufgrund des Artikel II der FAG-Novelle 1986, BGBl.Nr. 384, wenn die Länder bei der Regelung der Erhebung von Abgaben für das Abstellen von Fahrzeugen und Kraftfahrzeugen den Zulassungsbesitzer und weiters jeden, der einer dritten Person die Verwendung eines Fahrzeuges oder das Lenken eines Kraftfahrzeuges überläßt, verpflichten, über Verlangen der Behörde darüber Aukunft zu geben, wem er das Fahrzeug oder Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hat, Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, zurück.

Allein aus der Tatsache, daß der Zulassungsbesitzer den Lenker nicht bekanntgab, bzw. nicht feststellen konnte, wer zur Tatzeit das Fahrzeug geführt hat, darf nicht davon ausgegangen werden, daß der Zulassungsbesitzer selbst das Fahrzeug abgestellt hat. In Anbetracht dieses Umstandes kann die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden (§ 45 Abs.1 Z1, erster Fall VStG).

Der vorliegenden Berufung war daher Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

Beschlagwortung: Nichterteilung der Lenkerauskunft berechtigt für sich allein nicht zur Annahme, daß Zulassungsbesitzer Fahrzeug ohne Parkschein abgestellt hat.

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