Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300232/3/WEI/Bk

Linz, 30.06.1999

VwSen-300232/3/WEI/Bk Linz, am 30. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 17. Juni 1998, Zl. Pol 96-72-1-1996-Hol, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 19 Abs 1 Z 6 Oö. Tierschutzgesetz 1995 (LGBl Nr. 118/1995) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß als verletzte Rechtsvorschriften § 19 Abs 1 Z 6 Fall 1 iVm § 8 Abs 1 und 2 Oö. Tierschutzgesetz 1995 anzusehen sind.

II. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren als weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens den Betrag von S 600,-- zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 ff VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 17. Juni 1998 wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es geduldet, daß Herr M, R, als Person, die hinsichtlich der Obhutnahme für die unten genannten Tiere unter Ihrer Aufsicht als Tierhalter und -eigentümer dieser Tiere stand, vom 9.8. bis 3.12.1996 im Wildgehege auf den Gst.Nr. und , je KG. E, in einem Gesamtflächenausmaß von ca. 3,5 ha 30 Rothirsche und 60 Stück Damwild für Sie als Eigentümer und Halter dieser Tiere durch von ihm gesetzte Betreuungsmaßnahmen in Obhut genommen hat und hiebei diese/n Tiere/n nicht angemessen und artgerecht ernährt bzw. Unterkunft gewährt hat, da einerseits in einem Wildgehege dieser Größe angemessen und artgerecht nur 14 Rothirsche oder 35 Stück Damwild gehalten werden können und andererseits während der Vegetationszeit die Nahrungsaufnahme dieser Tiere durch Äsung und nicht durch Zufütterung - wie von Herrn L vorgenommen - erfolgen soll, obwohl Sie durch entsprechende Anweisungen an Herrn L senior diese Tat hätten verhindern können."

Dadurch erachtete die belangte Behörde die §§ 19 Abs 1 Z 6 und Abs 3 iVm 8 Abs 1 Oö. Tierschutzgesetz 1995 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte nach dem Strafrahmen des § 19 Abs 1 Oö. Tierschutzgesetz eine Geldstrafe von S 3.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 300,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 19. Juni 1998 mit RSb zu Handen seiner Mutter zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 30. Juni 1998, die am 2. Juli 1998 bei der belangten Behörde einlangte.

Die Berufung strebt erschließbar die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens mit folgender Begründung an:

"Ich habe von meinen Eltern den Betrieb übernommen unter 'Gastgewerbebetrie'. Die Landwirtschaft und alles was dazu gehört bewirtschaften meine Eltern, so wie es im notarillen Akt vermerkt wurde.

Ich bin zwar steuerrechtlicher Besitzer, nicht jedoch Eigentümer der genannten Land und Forstwirtschaft.

Ich bitte dies zur Kenntnis zu nehmen und die erteilte Strafe zu erlassen."

2.1. Auf Grund der Aktenvermerke des Amtstierarztes vom 4. September und 10. Dezember 1996 betreffend Überprüfungen der Gatterhaltung von Rot- und Damwild anläßlich von Lokalaugenscheinen am 9. August und am 3. Dezember 1996 erließ die belangte Strafbehörde zunächst die Strafverfügung vom 31. Jänner 1997, gegen die rechtzeitig Einspruch - allerdings ohne Begründung - erhoben wurde. Im ordentlichen Ermittlungsverfahren holte die belangte Behörde das Gutachten des Amtstierarztes vom 6. Juni 1997, Vet 30-2-10-1996, ein und nahm Einsicht in den das Wildgehege betreffenden Akt Agrar-56/5-1989. Zu den in Ablichtung übersendeten Ermittlungsergebnissen nahm der Bw nicht Stellung.

Die belangte Behörde ging im wesentlichen vom folgenden S a c h v e r h a l t aus:

Auf Antrag von M sen., geb. , wurde mit Bescheid vom 24. Juli 1989, Agrar-56/5-1989, festgestellt, daß das auf den Grundstücken Nr. 552/1, 552/3 und 547/3 je KG Engelhartszell errichtete Wildgehege bei Einhaltung von Bedingungen und Auflagen den jagdrechtlichen Bestimmungen entspricht. In diesem Wildgehege im Gesamtausmaß von ca. 3,5 ha habe der Bw in der Zeit vom 9. August 1996 bis 3. Dezember 1996 zumindest 30 Rothirsche und 60 Stück Damwild gehalten. Die Betreuungsmaßnahmen hätte Herr M. gesetzt. Eine artgerechte Ernährung bzw. Unterkunftgewährung hätte nicht stattgefunden, da in einem Wildgehege von ca. 3,5 ha lediglich die artgerechte Haltung von 14 Rothirschen oder 35 Stück Damwild möglich sei. Denn nur bei dieser Bestandsdichte des Wildgeheges konnen die Tiere während der Vegetationszeit die Nahrung durch Äsung aufnehmen, welche Nahrungsaufnahme allein als artgerechte Ernährung anzusehen sei. Der Bw habe den Mißstand geduldet und keine Anweisungen erteilt, daß durch Reduzierung des Wildbestandes für eine artgerechte Unterbringung gesorgt wird.

Nach Darstellung des Amtstierarztes mangelte es im Hinblick auf die große Zahl der Tiere auch an einer artgerechten Unterkunftsgewährung, weil in einem Gehege Deckungsmöglichkeiten und Ruhezonen vorhanden sein müßten. Den Aktenvermerken ist zu entnehmen, daß die vom Amtstierarzt bereits am 9. August 1996 geforderte deutliche Reduktion des Wildbestandes am 3. Dezember 1996 nicht nur nicht erfüllt wurde, sondern daß zu diesem Termin sogar noch ein höherer Wildbestand vorlag.

Die belangte Behörde nahm an, daß Herr L. die Tiere betreute und damit in seiner Obhut hatte, daß Eigentümer und Halter der Tiere allerdings der Bw war, der gegen den ihn treffenden Sorgfaltsmaßstab durch die Unterlassung von zweckentsprechenden Anweisungen verstoßen habe.

2.2. Der erkennende Verwaltungssenat hat im Wege eines EDV-Grundbuchsauszuges festgestellt, daß der Bw seit der TZ 430/1992 aufgrund des Übergabsvertrages vom 14. Februar 1991 Eigentümer der Liegenschaft EZ KG E ist, in der sich auch die Grundstücke Nr. 547/3 (Baufläche, landw. Nutzung und Wald) und die Waldgrundstücke 552/1 und 552/3 befinden.

Der Bw bringt vor, daß er "zwar steuerrechtlicher Besitzer, nicht jedoch Eigentümer" der Land- und Forstwirtschaft sei, die seine Eltern bewirtschafteten. Dies bedeutet aber, daß er auch Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft versteuert, widrigenfalls sein Vater M nicht in Pension sein könnte, sondern noch Aktivbezüge aus Land- und Forstwirtschaft haben müßte. Dieser hat nämlich in seiner Berufung im parallelen Strafverfahren der belangten Behörde zu Pol 96-72-1996-Hol (=VwSen-300236-1998) vorgebracht, daß sein monatliches Einkommen lediglich aus einer Rente in Höhe von S 10.420,-- bestünde. Außerdem bemerkt der Bw in seiner Berufung in einem Postskriptum, daß er bemüht sei, "die Landwirtschaft auf dem Anwesen (Hirsche u.s.w.) zur Einstellung zu bringen bis auf den für den Gastbetrieb notwendigen Anteil". Mit dieser Ankündigung hat der Bw zum Ausdruck gebracht, daß er einerseits über das Schicksal der Land- und Forstwirtschaft bestimmen kann und andererseits, daß er die Wildtierhaltung im Rahmen seines Gastgewerbebetriebes benötigt. Der damit im Widerspruch stehende Hinweis des Bw, wonach er nicht Eigentümer der Land- und Forstwirtschaft sei, beruht demnach offensichtlich auf einer rechtsirrtümlichen Einschätzung der tatsächlichen Situation.

Der Oö. Verwaltungssenat kann daher den tatsächlichen Annahmen der belangten Behörde nicht entgegentreten. Der Bw ist nicht nur als Grundeigentümer, sondern auch als der Eigentümer der in dem Wildgehege auf seinen Grundstücken gehaltenen Wildtiere, aus deren Haltung er unmittelbaren Nutzen für sein Gastgewerbe zieht, anzusehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Aktenlage und nach Würdigung des Berufungsvorbringens keinen Grund gefunden, an dem von der belangten Behörde in einem mangelfreien Ermittlungsverfahren festgestellten Sachverhalt zu zweifeln.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 19 Abs 1 Z 6 Oö. Tierschutzgesetz 1995 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis zu S 50.000,--, im Wiederholungsfall bis zu S 200.000,--, zu bestrafen,

wer ein Tier entgegen den Bestimmungen des § 8 hält oder in Obhut nimmt.

Nach dem § 8 Abs 1 Oö. Tierschutzgesetz 1995 muß derjenige, der ein Tier hält oder in Obhut nimmt, es angemessen und art- oder verhaltensgerecht ernähren, pflegen und ihm, soweit es nötig ist, Unterkunft gewähren; erforderlichenfalls ist auch für tierärztliche Betreuung zu sorgen. § 8 Abs 2 Oö. Tierschutzgesetz 1995 ergänzt im Sinne einer Klarstellung, daß die für ein Tier art- oder verhaltensgerechte Bewegungsfreiheit nicht dauernd oder unnötig eingeschränkt werden darf.

§ 19 Abs 3 Oö. Tierschutzgesetz 1995 bestimmt, daß nach Abs 1 auch zu bestrafen ist, wer duldet, daß eine seiner Aufsicht unterstehende oder in seinem Dienstverhältnis stehende Person eine strafbare Handlung gemäß Abs 1 setzt, obwohl er die Tat hätte verhindern können. Diese Strafbarkeit ist unabhängig von der Strafbarkeit des unmittelbaren Täters.

4.2. Im vorliegenden Fall ging die belangte Behörde davon aus, daß der Bw Eigentümer und Halter der in dem ca. 3,5 ha großen Wildgehege auf seinen Waldgrundstücken verwahrten 30 Rothirsche und 60 Stück Damwild gewesen ist, während sein Vater M. für die Betreuung der Tiere zuständig war und diese damit in seine Obhut genommen hat. Wie bereits unter Punkt 2.2. erörtert spricht die Aktenlage ebenso wie das Vorbringen des Bw für die Richtigkeit dieser Annahmen. Die Haltung der Hirsche war Gegenstand der steuerlichen Veranlagung des Bw und für seinen Gastgewerbebetrieb von wirtschaftlicher Bedeutung. Der Bw wurde daher von der belangten Behörde mit Recht als Halter der Tiere angesehen. Halter ist nämlich, wer über Verwahrung und Beaufsichtigung der Tiere zu entscheiden hat (vgl auch AB Blg 670/1995 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 24 GP, 15).

Bei dieser Sachlage war es allerdings entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht notwendig, auf die gesetzliche Erweiterung der Strafbarkeit nach § 19 Abs 3 Oö. Tierschutzgesetz 1995 zurückzugreifen, zumal der Bw ohnehin als Halter der Tiere anzusehen war und daher von der Strafbestimmung des § 19 Abs 1 Z 6 Fall 1 iVm § 8 Abs 1 und 2 Oö. Tierschutzgesetz 1995 unmittelbar erfaßt wird. Auf die eigenhändige Vornahme der nicht artgerechten Ernährung und Unterkunfts- gewährung kommt es bei vernünftiger Auslegung des 1. Tatbildes des § 19 Abs 1 Z 6 leg.cit. deshalb nicht an, weil ein Tierhalter die Betreuung der Tiere nicht eigenhändig vornehmen muß, sondern nur über die Verwahrung der Tiere zu entscheiden und diese dann zu überwachen hat.

Der angelastete Tatvorwurf läßt sich daher unschwer unter § 19 Abs 1 Z 6 Fall 1 Oö. Tierschutzgesetz 1995 subsumieren. Der Schuldspruch war mit dieser Maßgabe zu bestätigen. Der Vorwurf der mangelnden Sorgfalt trifft den Bw deshalb, weil auch er verpflichtet gewesen wäre, für eine art- und verhaltensgerechte Verwahrung und Betreuung der Tiere zu sorgen. Er hätte durch entsprechende Anweisungen seinen Vater zur deutlichen Reduktion des Wildbestandes verhalten und nötigenfalls diese auch erzwingen müssen. Er konnte sich nicht seiner verwaltungsrechtlichen Verantwortung nach dem Oö. Tierschutzgesetz 1995 durch private Vereinbarungen entledigen. Auch wenn die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiten vereinbarungsgemäß von seinem Vater verrichtet wurden, konnte dieser Umstand den Bw von seiner öffentlichrechtlichen Verantwortung nicht befreien.

Als verletzte Rechtsvorschriften sind im gegebenen Zusammenhang neben § 19 Abs 1 Z 6 auch § 8 Abs 1 und Abs 2 Oö. Tierschutzgesetz 1995 zu nennen, weil durch den nach dem amtsärztlichen Gutachten um etwa 100 % überhöhten Tierbestand auf ca. 3,5 ha auch keine verhaltensgerechte Bewegungsfreiheit (Ruhezonen, ausreichende Bereiche zum Kalben) für das Rot- und Damwild vorhanden war.

4.3. Im Rahmen der Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von S 20.000,-- und fehlenden Sorgepflichten aus. Der Bw hat dieser Einschätzung nicht widersprochen. Er gilt mangels aktenkundiger Verwaltungsvorstrafen als absolut unbescholten, weshalb ihm insofern ein Milderungsgrund zugute kommt.

Die angelastete Verwaltungsübertretung hat der Bw jedenfalls fahrlässig begangen, weil er sich als Tierhalter um die artgerechte Betreuung der Tiere nicht gekümmert hat. Daß er bewußt gegen behördliche Empfehlungen verstoßen hat, ist nicht hervorgekommen. Die belangte Behörde hat dementsprechend trotz eines anwendbaren Strafrahmens bis S 50.000,-- nur eine Geldstrafe von S 3.000,-- und damit von 6 % des Strafrahmens verhängt. Damit bewegt sich die Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens. Sie kann ebensowenig wie die gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG innerhalb eines Strafrahmens von 2 Wochen verhältnismäßig festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden beanstandet werden.

5. Bei diesem Ergebnis hat der Bw im Berufungsverfahren gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der Geldstrafe, das sind S 600,--, zu bezahlen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

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