Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130414/8/BMa/Be

Linz, 03.08.2005

 

 

 VwSen-130414/8/BMa/Be Linz, am 3. August 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des N R L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 5. April 2004, Zl. FD-StV-290578-2004 Scha, wegen Verstoßes gegen das Oö. Parkgebührengesetz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2005 zu Recht erkannt:

 

  1. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
  2.  

  3. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:
 
zu I.:
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002
 
zu II.:
§ 66 Abs.1 VStG
 
 
 

Entscheidungsgründe:

1.1 Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Rechtsmittelwerber (im Folgenden: Bw) gem. § 6 Abs.1 lit.b Oö. Parkgebührengesetz iVm § 9 Abs.1 Parkgebühren - Verordnung der Stadt Wels 2001 eine Geldstrafe in der Höhe von 43 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen auf schriftliche Anfrage des Magistrates der Stadt Wels vom 19. Februar 2004, übernommen am 23. Februar 2004, nicht binnen zwei Wochen, das ist bis 8. März 2004, richtig Auskunft darüber erteilt hätte, wem er sein Kraftfahrzeug am 6. November 2003 im Zeitraum 10:44 bis 10:56 Uhr zur Verwendung überlassen habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs.2 Oö. Parkgebührengesetz idgF iVm § 4 Abs.2 Parkgebühren-Verordnung der Stadt Wels 2001 begangen.

1.2. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, nach Einleitung des ordentlichen Verfahrens sei mit Schreiben vom 19. Februar 2004 (persönlich übernommen am 23. Februar 2004) eine Lenkererhebung mit der Aufforderung, Namen und Anschrift der Lenkerin oder des Lenkers seines Kraftfahrzeuges im oben angeführten Zeitraum binnen zwei Wochen nach Zustellung bekannt zu geben, durchgeführt worden. Die Lenkererhebung habe auch den Hinweis enthalten, dass eine nicht fristgerecht erteilte, unterlassene, unrichtige oder unvollständige Auskunft eine Verwaltungsübertretung darstelle und die Eröffnung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach sich ziehe.

Fristgerecht sei der Bw der Auskunftserteilung nachgekommen und habe Frau M M mit der Adresse, als Lenkerin angegeben.

Es sei eruiert worden, dass an dieser Adresse eine Zweigstelle der Oberbank AG - Linz situiert sei und eine Mitarbeiterin dieses Namens nicht an dieser Zweigniederlassung tätig sei. Es würden sich auch keine Wohnungen in dem Objekt befinden. Die vom Bw angegebene Lenkerin sei somit unter der bekannt gegebenen Anschrift nicht erreichbar.

Im Rahmen des Parteiengehörs dazu habe der Bw als neue Adresse der Frau M M die Anschrift bekanntgegeben. Ein behördliches Schreiben an diese Adresse sei mit dem Vermerk "Returned to sender" / "Reason ckecked" / "No such number" als nicht zugestellt retourniert worden. Die vom Bw namhaft gemachte Person habe also auch an der zweiten von ihm bekannt gegebenen Adresse nicht erreicht werden können.

Weitere Beweise seien vom Bw nicht angeboten worden, er habe damit nicht richtig darüber Auskunft erteilt, wem er sein Kraftfahrzeug am 6. November 2003 im Zeitraum 10.44 - 10.56 Uhr zur Verwendung überlassen habe.

Der Tatbestand des § 2 Abs.2 Oö. Parkgebührengesetz sei somit als erfüllt anzusehen.

Bei der Strafbemessung wurden die Kriterien des § 9 VStG angeführt. Straferschwerend oder strafmildernd seien keine Gründe zu werten gewesen.

Der Strafbemessung sei ein Einkommen von 630 Euro (Notstandshilfe), Vermögenslosigkeit und Sorgepflicht für ein Kind zu Grunde gelegt worden. Bei der Strafbemessung seien auch generalpräventive Aspekte berücksichtigt worden. Gründe, die ein Verschulden des Beschuldigten ausschließen würden, seien im Verfahren nicht zu Tage getreten.

1.3. Gegen dieses, dem Bw am 6. April 2005 zugestellte Erkenntnis richtet sich die vorliegende, am 13. April 2005 (und damit rechtzeitig) per Mail beim Magistrat Wels eingebrachte Berufung, die als "Einspruch" tituliert wurde.

1.4. Darin führt der Bw an, die Angaben im Straferkenntnis seien nicht richtig. Er habe sehr wohl versucht, alles mitzuteilen, was er über die Lenkerin gewusst habe und auch angeboten, Zeugen zu nennen. Außerdem prüfe sein Anwalt, ob Verfolgungsverjährung eingetreten sei, denn es weise vieles darauf hin. Er sei formell und inhaltlich im Recht und sehe einer Verhandlung vor dem UVS gelassen entgegen.

2. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c erster Satz VStG).

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrats der Stadt Wels zu Zl. FD-StV-290578-2004 Scha und - da diese vom Bw erschließbar beantragt wurde - am 24. Juni 2005 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der aber der Bw nicht gekommen ist, da nach seinen Angaben seine Zeit es nicht gestatten würde, an der Verhandlung teilzunehmen. In dieser Verhandlung gab der Vertreter der belangten Behörde, W S, eine Stellungnahme ab.

4.1. Folgende Feststellungen werden getroffen :

Herr Lechner ist Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeugs mit dem behördlichen Kennzeichen. Gegen die Strafverfügung vom 29. Jänner 2004, mit der ihm vorgeworfen wurde, er habe seinen o.a. Pkw am 6. November 2003 in der Ringstraße gegenüber dem Haus Nr. 3, somit innerhalb der gebührenpflichtigen Zone, abgestellt, ohne dass dafür die entsprechende Parkgebühr bezahlt worden sei, da der Parkschein gefehlt habe, hat der BW fristgerecht Einspruch erhoben. Auf schriftliche Anfrage des Magistrats der Stadt Wels vom 19. Februar 2004, übernommen am 23. Februar 2004, hat er als Lenkerin des genannten Fahrzeugs im o.a. Zeitraum Frau Marion Männer mit einer Adresse in München angegeben. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass an dieser Adresse die Lenkerin nicht erreichbar ist, wurde der Bw mit Schreiben vom 5. November 2004 aufgefordert, aufgrund des anhängigen Strafverfahrens seine Einkommens-, Familien-, und Vermögensverhältnisse bekanntzugeben. Der Bw kam dieser Aufforderung nach und gab über eine weitere behördliche Aufforderung eine Adresse in den USA bekannt, an der sich die Lenkerin angeblich aufgehalten habe; jedoch sei eine Zustellung an dieser Adresse ebenfalls nicht möglich gewesen.

Daraufhin wurde am 5. April 2005 das bekämpfte Straferkenntnis erlassen.

4.2. Diese Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Akt.

4.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

4.3.1. Gemäß § 6 Abs 1 lit b) des Oö. Parkgebührengesetzes (LGBl Nr. 28/1988, zuletzt geändert durch LGBl Nr. 90/2001) begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen, wer den Geboten des § 2 Abs. 2 dieses Landesgesetzes zuwiderhandelt.

Gemäß § 2 Abs. 2 Oö. Parkgebührengesetz ist der Zulassungsbesitzer und jeder, der einer dritten Person die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlassen hat, verpflichtet, darüber auf Verlangen der Behörde Auskunft zu erteilen, sofern dieses Fahrzeug ohne Entrichtung der erforderlichen Parkgebühr abgestellt war. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen und muss den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.

§ 4 Abs.2 der Verordnung des Gemeinderats der Stadt Wels vom 14. Dezember 2000, mit der die Parkgebühren-Verordnung der Stadt Wels 1992 neu gefasst wird (Parkgebühren-Verordnung der Stadt Wels 2001), enthält eine dem vorzitierten Paragraphen äquivalente Bestimmung.

Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Gemäß § 32 Abs.2 leg.cit. ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

4.3.2. Im konkreten Fall erging die Strafverfügung vom 29. Jänner 2004 wegen Abstellens des Kfz in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Entrichtung der entsprechenden Parkgebühr. Diese enthält damit einen vom gegenständlichen Delikt verschiedenen Tatvorwurf.

Im nachfolgenden Verwaltungshandeln wurde zwar immer wieder auf das gegenständliche Strafverfahren Bezug genommen, wie zB im Schreiben vom 5. November 2004, in dem um Bekanntgabe der Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse ersucht wurde, ein konkreter Tatvorwurf, mit der Aufforderung zur Rechtfertigung, ist aber weder diesem Schreiben noch dem Ersuchen um Bekanntgabe des Lenkers zu entnehmen.

Obwohl den behördlichen Schreiben nicht abgesprochen werden kann, dass sie in einem Zusammenhang mit dem gegenständlichen Strafverfahren stehen, sind nach der Judikatur des VwGH bloße Erkundigungen (um solche handelt es sich im Verfahren der belangten Behörde) keine geeigneten Verfolgungshandlungen im Sinne des § 32 Abs.2 VStG (Hauer/Leukauf Verwaltungsverfahren6 E101 zu § 32 VStG).

Parkgebühren sind unter den verwaltungsstrafrechtlichen Begriff "Abgaben" im Sinne des § 31 Abs.2 VStG zu subsumieren. Dies ergibt sich aus der Judikatur des VwGH zu dieser Bestimmung, wonach zB die Widmung des Abgabenertrages im § 5 Wr. ParkometerG durch den Landesgesetzgeber der Abgabe nicht ihren Charakter als Landesabgabe oder Gemeindeabgabe nimmt, weshalb auch die Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs.2 erster Halbsatz VStG für diese Parkgebühr ein Jahr beträgt (VwGH 22.12.1997, Zl. 97/17/0348).

Die unrichtige Erteilung der Lenkerauskunft ist ein Erfolgsdelikt in Form eines unechten Unterlassungsdelikts, da das Tatbild auf die Herbeiführung eines Erfolges, die Nichtbekanntgabe oder unrichtige Bekanntgabe des Lenkers durch ein aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen gerichtet ist. Die Verjährungsfrist beginnt damit in dem Zeitpunkt, in dem der pönalisierte Erfolg erzielt wurde. Zumal im konkreten Fall die Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers mit einer zweiwöchigen Erfüllungsfrist am 23. Februar 2004 zugestellt wurde, tritt das pönalisierte Verhalten (konkret: die Nichtbekanntgabe der Lenkerin unter ihrer richtigen Adresse) mit Ablauf des 8. März 2004 ein. Die Verjährungsfrist, innerhalb der eine Verfolgungshandlung zu setzen gewesen wäre, war damit der Ablauf des 8. März 2005. Im gegenständlichen Fall wurde die erste Verfolgungshandlung, die Erlassung des Straferkenntnisses vom 5. April 2005, die erstmals einen konkreten Tatvorwurf beinhaltet, der sich auf das inkriminierte Verhalten bezieht, durch Erlassung (Zustellung) des bekämpften Erkenntnisses am 6. April 2005 und damit verspätet gesetzt.

Damit war der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z.3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

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