Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130416/2/SR/Ri

Linz, 26.05.2005

 

 

 VwSen-130416/2/SR/Ri Linz, am 26. Mai 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung der Frau E N, S Straße, D-P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 19. April 2005, Zl. VerkR96-3880-2004-Hol wegen Übertretung des Oö. Parkgebührengesetz zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und gemäß § 21 Abs. 1a VStG von der Durchführung des Strafverfahrens abgesehen.

Die Berufungswerberin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 21 Abs. 1a, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben am 18.05.2004 um 14.24 Uhr den PKW der Marke VW mit dem amtlichen Kennzeichen P (D) - sohin ein mehrspuriges Kraftfahrzeug - im Gebiet der Stadtgemeinde Schärding im Ortsgebiet Schärding vor dem Gebäude mit dem "Stadtcafe" abgestellt, ohne die Parkgebühr zu entrichten und so die Parkgebühr hinterzogen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 6 Abs. 1 lit. a Oö. Parkgebührengesetz, LGBl. Nr. 28/1988, i.d.F. LGBl. Nr. 90/2001 (Oö. Parkgebührengesetz), §§ 1, 2, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Verordnung des Gemeinderats der Stadtgemeinde Schärding vom 26.02.2004 (VO).

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gemäß § 6 Abs.1 Oö. Parkgebührengesetz folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 29 Euro, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) 2,90 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe zu zahlen. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG). Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 31,90 Euro."

 

2. Gegen dieses der Bw am 27. April 2005 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.1. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hat die Behörde erster Instanz im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bw "im übrigen in ihrem Einspruchschriftsatz den (im Spruch dargelegten) Tatumschreibungen nicht widersprochen habe". Im Verwaltungsstrafverfahren sei lediglich die Lenkereigenschaft zum Tatzeitpunkt bzw zum Abstellzeitpunkt strittig gewesen. "Diesbezüglich sei vorerst festzuhalten, dass insbesondere bei der Ermittlung des Lenkers eines Kraftfahrzeuges zum Tatzeitpunkt den Beschuldigten (insbesondere in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer) Mitwirkungspflichten träfen. Diesen Mitwirkungspflichten sei die Bw in keinster Weise nachgekommen, da die Bw einerseits eine Lenkererhebung nach § 2 Abs. 2 Oö. Parkgebührengesetz unbeantwortet gelassen und andererseits in ihrem am 2.11.2004 eingelangten Einspruchsschriftsatz ebenfalls keinerlei Angaben getätigt habe, aus denen sich der Lenker zum Zeitpunkt des Abstellens feststellen ließe". Da sich die Bw ausschließlich darauf beschränkt habe, anzugeben, die Verwaltungsübertretung nicht begangen zu haben, hätte dieses Vorbringen als reine Schutzbehauptung angesehen werden müssen und die Behörde erster Instanz sei zu der Feststellung gelangt, dass die Bw den angeführten Pkw selbst abgestellt habe. In diesem Zusammenhang verwies die Behörde erster Instanz auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.11.1994, Zl. 94/03/0265.

 

2.2. Dagegen hat die Bw vorgebracht, dass sie die ihr angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen habe. Am Tattag sei das Fahrzeug von K S gelenkt worden. Eine ausführliche Begründung würde nachgereicht.

 

3. Mit Schreiben vom 13. Mai 2005 hat die Bezirkshauptmannschaft Schärding den Verwaltungsstrafakt VerkR96-3880-2004-Hol samt Berufungsschrift vorgelegt. Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

3.1. Der gegenständliche Pkw war entsprechend der Spruchanlastung am Tatort abgestellt. Ob dieser von der Bw abgestellt worden ist, konnte im Verwaltungsstrafverfahren der Behörde erster Instanz nicht erwiesen werden.

 

3.2. Unstrittig ist die Abstellung des gegenständlichen Pkw´s am Tatort.
 
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
 

4.1. Dem vorgelegten Verwaltungsakt können Ermittlungen in Hinblick auf Verfahren wegen "Hinterziehung der Parkgebühr" und wegen "Nichtbekanntgabe des Fahrzeuglenkers" entnommen werden.

 

Ohne weitere Ermittlungen, ausschließlich gestützt auf die Anzeige, hat die Behörde erster Instanz gegenüber der Bw eine Strafverfügung erlassen.

 

Von Gesetzeswegen bedarf es bei der Ergreifung eines Rechtsmittels gegen eine Strafverfügung keiner Begründung. Der Bw kann daher nicht der Vorwurf gemacht werden, sie sei ihrer Mitwirkungsverpflichtung nicht nachgekommen, weil sie im Einspruchsschriftsatz der Tatumschreibung nicht widersprochen habe.

 

Wertet man den Schriftsatz aus, kommt man einerseits zum Ergebnis, dass die Bw der gesetzlichen Verpflichtung durch den "Widerspruch" entsprochen und andererseits zum Ausdruck gebracht hat, dass "sie mit dem Pkw nicht in Schärding gewesen ist". Zu diesem Zeitpunkt bestand keine Verpflichtung bekannt zu geben, wer den gegenständlichen Pkw am Tatort abgestellt hat.

 

Ein Verweigerung der Mitwirkung im Verfahren nach dem Parkgebührengesetz alleine damit zu begründen, dass die Bw die Lenkerauskunft verweigert hat, ist nicht vertretbar und kann auch dem von der Behörde erster Instanz zitierten Erkenntnis nicht entnommen werden.

 

Würde man der Ansicht der Behörde erster Instanz folgen, hätte dies zur Folge, dass jede "Nichtbekanntgabe des Fahrzeuglenkers" neben der Strafbarkeit dieses Verhaltens automatisch auch die Strafbarkeit jenes Verhaltens nach sich ziehen würde, auf Grund dessen die Behörde den Zulassungsbesitzer um Lenkerauskunft ersucht hat, weil ihr nach der Aktenlage der "Lenker" nicht bekannt ist.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 30.11.1994, Zl. 94/03/0265 ausgeführt, dass "der Verfahrensgrundsatz, dass die Verwaltungsstrafbehörde von Amts wegen vorzugehen hat, die Partei nicht von der Verpflichtung befreit, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Es entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Verwaltungsstrafbehörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften aus dem Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Schluss ableiten kann, der Zulassungsbesitzer selbst sei der Täter gewesen, wobei es nicht relevant ist, ob es zu einer auf § 103 Abs. 2 KFG gestützten Lenkeranfrage gekommen ist".

 

Mangels entsprechender Beweise ist nicht davon auszugehen, dass die Behörde erster Instanz auf Grund freier Beweiswürdigung zu ihrem Ergebnis gekommen ist. Wie bereits dargelegt, kann der Bw nicht der Vorwurf der Nichtmitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes gemacht werden, wenn der Gesetzgeber die Einbringung eines Rechtsmittels ohne Begründung (hier: Einspruch) für ausreichend erachtet.

 

Im weiteren Verfahren hat die Behörde erster Instanz zwar eine Lenkeranfrage bei der Bw vorgenommen, jedoch dabei nur erläuternd ausgeführt, dass eine unrichtige Auskunft bzw. die Verweigerung der Auskunft eine Übertretung des § 6 Abs. 1 lit. b Oö. Parkgebührengesetz darstelle und deswegen die Bw mit einer diesbezüglichen Bestrafung zu rechnen habe. Dass die "Nichterteilung der Auskunft" gleichzeitig ein "Nichtmitwirken an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes" darstelle und die "Nichtmitwirkung" dazu führe, dass die Behörde zulässigerweise von der Fiktion der Täterschaft der Zulassungsbesitzerin ausgehen könne und das die Lenkeranfrage auslösende Strafverfahren mit einem Straferkenntnis (Übertretung des § 6 Abs. 1 lit. a Oö. Parkgebührengesetz) abgeschlossen werden könne, wurde der Bw nicht zur Kenntnis gebracht.

 

Ausgehend davon, dass die Behörde erster Instanz nicht "ermittelt" hat, wer den gegenständlichen Pkw am Tatort abgestellt hat und die Bw - zwar erst im Berufungsverfahren - einen Fahrzeuglenker namhaft gemacht hat, kann der Bw die gegenständliche Verwaltungsübertretung nicht zweifelsfrei vorgeworfen werden.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass auf Grund des Ermittlungsstandes und der Aktenlage die Behörde erster Instanz nicht mit in der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Täterschaft der Bw ausgehen konnte.

 

4.2. Gemäß § 21 Abs.1a VStG kann die Behörde von der Durchführung eines Strafverfahrens absehen, wenn der hiefür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zum Grad und zur Bedeutung der in der Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen steht.

 

§ 21 Abs.1a VStG enthält die im Verwaltungsstrafverfahren geltenden Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahren, 6. Auflage, FN6 zu § 21 VStG, Seite 1366f).

Über die Bw wurde eine Geldstrafe von 29 Euro verhängt.

Die Behörde erster Instanz hat es verabsäumt, die Bw im Zuge des Verfahrens - Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers - auf die weiteren Folgen einer "Nichtmitwirkung" hinzuweisen. Somit hat die Bw erst im Berufungsverfahren den Fahrzeuglenker namhaft gemacht. Der Unabhängige Verwaltungssenat wäre daher gehalten, den genannten Fahrzeuglenker als Zeugen zu befragen. Im Hinblick auf die Höhe der zu erwartenden Zeugengebühren und die verpflichtend vorzunehmende mündliche Berufungsverhandlung steht der hiezu erforderliche Aufwand in einem krassen Missverhältnis zum Grad und zur Bedeutung der in dieser Verwaltungsübertretung liegenden Verletzung öffentlicher Interessen. Übersehen werden darf in diesem Zusammenhang auch nicht, dass auf Grund der Verantwortung der Bw - ohne eine vorauseilende Beweiswürdigung vorzunehmen - ihre weitere Verfolgung aussichtslos erscheint.

 

4.3. Es war daher der Berufung stattzugeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 21 Abs. 1a VStG einzustellen.

 

4.4. Der Behörde erster Instanz bleibt es aber unbenommen, gegen die Bw ein Verwaltungsstrafverfahren wegen "Nichterteilung der Lenkerauskunft " zu führen.

 

 

5. Die Bw hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Stierschneider

 

 

 
 

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