Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150043/6/Lg/Bk

Linz, 23.02.1999

VwSen-150043/6/Lg/Bk Linz, am 23. Februar 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 19. Mai 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 20. März 1998, Zl. BauR96-722-1997/däu, wegen Übertretung des Bundesstraßenfinanzierungs-gesetzes 1996, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 600 S zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 VStG iVm §§ 7 Abs.1, 12 Abs.1 Z2 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (BStFG), BGBl.Nr. 201/1996 idF BGBl.Nr. 656/1996. Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG. Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 3.000 S verhängt, weil er am 6.9.1997 um 10.40 Uhr das Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen (D) auf der A8 Innkreisautobahn als mautpflichtige Bundesstraße A (Autobahn) gemäß § 1 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (Mautstreckenverordnung BGBl.Nr. 615/1996) aus Richtung Wels kommend zum Grenzübergang Suben gelenkt habe, wobei im Zuge der Ausreisekontrolle festgestellt worden sei, daß am Kfz keine gültige Maut-Vignette angebracht war und somit die zeitabhängige Maut nicht entrichtet wurde.

2. In der Berufung wird vorgebracht, der Bw habe geglaubt, bis zur ersten Autobahnauffahrt sei die Autobahn mautpflichtfrei. Er sei am Vortag in Österreich eingereist, habe bei seinem Bruder übernachtet und sei am nächsten Tag aus Österreich ausgereist. Aus beruflichem Termindruck habe er vom Kauf einer Vignette Abstand genommen. Als Milderungsgründe werden angeführt: - der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, daß die Tat mit dem sonstigen Verhalten in Widerspruch steht; - die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde; - die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde; - die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit als mit vorgefaßter Absicht begangen wurde; - die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen; - es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist; - sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde; - die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlverhalten vorliegt.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich, daß der Bw laut Anzeige gegenüber dem Kontrollorgan geäußert habe, er habe gewußt, daß auf österreichischen Autobahnen und Schnellstraßen eine zeitabhängige Mautpflicht bestehe. Die ihm angebotene Einhebung der hinterzogenen Maut samt Zuschlag wolle er nicht begleichen, da er bei seinem Bruder in Österreich auf Besuch war; er sei erst in Ried auf die Autobahn aufgefahren, weshalb er seiner Meinung nach keine Vignette benötige. Außerdem sei er nicht gewillt, die erhöhte Maut zu bezahlen, da der österreichische Staat sowieso aus lauter Betrügern bestehe. Er sehe einer Anzeigenerstattung mit Gelassenheit entgegen. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung verwies der Vertreter des Bw nochmals auf den in der Berufung geltend gemachten Rechtsirrtum. Dieser Rechtsirrtum sei durch die Situation in Kiefersfelden, welche der Rechtsmeinung des Bw entspreche, bedingt. Daß bei der Angabe des Tatorts im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die Autobahnkilometrierung fehle, stelle einen behebbaren Mangel dar. Im Hinblick auf § 20 VStG sei der Rechtsirrtum zu betonen. Hinsichtlich der Festsetzung der Mauttarife durch eine private Gesellschaft in Verbindung mit der hoheitlichen Sanktionierung hege der Vertreter des Bw verfassungsrechtliche Bedenken.

4. Am 9. Oktober 1998 erschien der Bruder des Bw eigeninitiativ beim unabhängigen Verwaltungssenat und gab folgendes zu Protokoll:

"Bei G handelt es sich um meinen Zwillingsbruder. Es ist schon in mehreren Verfahren, auch in der BRD auffällig gewesen, daß mein Zwillingsbruder mich als Zeugen anführt über Fakten, die ich gar nicht beobachtet hatte. Er verwendet anscheinend grundsätzlich mißbräuchlich meinen Namen. Es ist sogar vorgekommen, daß mein Bruder in diesem hier gegenständlichen Verfahren meine Tochter zu einer falschen Zeugenaussage verleiten wollte. Ich möchte mich ausdrücklich von allen Behauptungen distanzieren, welche mein Bruder aufstellt und mit meiner Zeugenaussage zu bestätigen können glaubt. Konkret befragt zum 6.9.1997 (Tattag) gibt Herr H an, daß er mit seinem Bruder ein gemeinsames Haus am T in A hat. In diesem Haus verbringt die Gattin des Bw üblicherweise die Ferien. Der Bw selbst lebt überwiegend in F. Am Ende der Ferien holt er üblicherweise seine Gattin von diesem Haus am T ab. Welche Strecke mein Bruder auf dieser Fahrt am 6.9.1997 benutzt hat, weiß ich nicht. Ich kann aber mit Sicherheit sagen, falls mein Bruder das Gegenteil im erstbehördlichen Akt behauptet haben sollte, daß er mich auf dieser Rückfahrt nicht in Ried besucht hat. Dessen bin ich mir ganz sicher, daß er nicht in Ried war. Ich bin gegebenenfalls bereit, dies auch in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung auszusagen." 5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

5.1. Im vorliegenden Fall ist das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG 1996), BGBl.Nr. 201, anzuwenden, und zwar die §§ 7 und 12 in der Fassung BGBl.Nr. 656/1996. § 7 Abs.1 leg.cit. bestimmt, daß, solange für Fahrzeuge, die von den im Abs.2 genannten Kategorien umfaßt werden, keine fahrleistungsabhängige Maut für Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) und Bundesstraßen S (Bundesschnell-straßen) eingehoben wird, deren Benützung einer zeitabhängigen Maut unterliegt. Die Maut ist vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringung einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

Abs.2 dieser Bestimmung regelt die Preise verschiedener Kategorien von Vignetten für verschiedene Kategorien von Fahrzeugen. Nach § 12 Abs.1 Z2 leg.cit. begehen Lenker von Kraftfahrzeugen, die mit diesen mautpflichtige Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) oder Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksver-waltungsbehörde mit Geldstrafe von 3.000 S bis zu 60.000 S zu bestrafen. Nach Abs.3 wird die Tat straflos, wenn der Täter bei der Betretung, wenngleich auf Aufforderung, den Preis einer entsprechenden Wochenvignette, einer Tageszusatzvignette für Fahrzeugkombinationen gemäß § 7 Abs.6, für einspurige Kraftfahrzeuge einer Zweimonatsvignette sowie einen in der Mautordnung festzusetzenden Zuschlag zahlt; hierüber ist dem Täter sofort eine Bescheinigung auszustellen. Nach Abs.6 sind die Bestimmungen der §§ 21 und 50 VStG auf Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 nicht anwendbar.

5.2. Dem Einwand einer mangelhaften Bezeichnung des Tatorts ist entgegenzuhalten, daß durch die Umschreibung: "... auf der A8 Innkreisautobahn ... aus Richtung Wels kommend zum Grenzübergang Suben ... im Zuge der Ausreisekontrolle ..." der Tatort in unverwechselbarer Weise konkretisiert und der Bw sohin weder in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt noch der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wurde.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Vertreters des Bw teilt der unabhängige Verwaltungssenat nicht. Dem Argument der Rechtsunkenntnis ist entgegenzuhalten, daß nach ständiger Rechtsprechung des VwGH auch im Bereich des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes auch für den ausländischen Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (statt vieler das Erkenntnis des VwGH vom 18.12.1997, Zl. 97/06/0253). Zu dem auf eine Anwendung des § 20 VStG abzielenden, vom Vertreter des Bw angeführten Katalog von Milderungsgründen ist zu bemerken, daß es sich bei § 20 VStG, wie der Titel dieser Bestimmung schon sagt, um eine "außerordentliche" Milderung der Strafe handelt. Eine solche "außerordentliche" Milderung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn Milderungsgründe behauptet werden, die sich geradezu regelmäßig geltend machen lassen, sodaß über § 20 VStG die gesetzliche Mindeststrafe in der Praxis unterlaufen würde. Der "Regelcharakter" des vom Vertreter des Bw angeführten Katalogs zeigt sich schon darin, daß der Vertreter des Bw diesen Katalog geradezu serienmäßig bei Berufungen nach dem BStFG ins Treffen führt. Anstelle weiterer Beispiele sei auf das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates vom 24.3.1998, Zl. VwSen - 150028 hingewiesen. Bereits dort hatte der unabhängige Verwaltungssenat gegenüber demselben Vertreter eines anderen Bw folgendes ausgeführt: "Die vom Bw geltend gemachten Milderungsgründe sind zwar zahlreich, fallen jedoch insgesamt nicht so ins Gewicht, daß von einem Überwiegen im Sinne des § 20 VStG gesprochen werden könnte: Die fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs.1 VStG). Die Unbesonnenheit, die verlockende Gelegenheit und die Nichtschädigung Dritter stellen normale Begleitumstände der Tatbegehung dar, denen kein erheblicher Milderungseffekt zukommen kann. Inwiefern die freiwillige Abstandnahme von weitergehenden Schadenszufügungen mildernd zum Tragen kommen könnte, ist nicht ersichtlich. Das Wohlverhalten vor und nach der Tat ist zwar lobenswert, jedoch nicht so bedeutsam, daß, auch in Verbindung mit den sonstigen Umständen, eine Anwendung des § 20 VStG gerechtfertigt wäre." Diese Ausführungen seien dem Vertreter des Bw im Interesse der Verfahrensökonomie in künftigen Fällen noch einmal in Erinnerung gerufen. Ergänzend sei bemerkt, daß der Rechtsirrtum des Bw am Ergebnis nichts ändert. Sonstige Umstände, die nach Auffassung des Vertreters des Bw einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen könnten, hat der Vertreter des Bw nicht angeführt. Die Anwendung des § 21 VStG ist aus dem genannten gesetzlichen Grund ausgeschlossen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Langeder

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