Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300487/2/Gf/An

Linz, 18.11.2002

VwSen-300487/2/Gf/An Linz, am 18. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Dr. H R, F, G, vertreten durch RA Dr. N S, W, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 12. September 2002, Zl. Sich96-216-2001/Wim, wegen einer Übertretung der Rechtsanwaltsordnung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat Höhe von 20%zu leistenHöhe von 20%.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 12. September 2002, Zl. Sich96-216-2001/Wim, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 218 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil er durch sein Schreiben vom 2. Mai 2001 eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit ausgeübt habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 8 der Rechtsanwaltsordnung, RGBl.Nr. 96/1868, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 27/2000 (im Folgenden: RAO), begangen, weshalb er nach § 57 Abs. 2 RAO zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 16. September 2002 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 23. September 2002 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass der dem Rechtsmittelwerber angelastete Sachverhalt auf Grund einer Anzeige der Oö. Rechtsanwaltskammer als erwiesen anzusehen sei. Daraus gehe nämlich zweifelsfrei hervor, dass er sich - ohne selbst Rechtsanwalt zu sein - in einer Eingabe an das BG L als Parteienvertreter geriert habe.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder mildernde noch erschwerende Umstände hervorgekommen; auf seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sei entsprechend Bedacht genommen worden.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, dass er als Ausgleichsvermittler gemäß § 376 Z. 34c der Gewerbeordnung dazu berechtigt gewesen sei, seine Klientin auch passiv, nämlich zwecks Abwehr eines unberechtigten Anspruches gegen diese, in einem gerichtlichen Insolvenzverfahren zu vertreten. Außerdem sei er dafür auch nicht eigenständig entlohnt worden. Schließlich sei seine Rechtsauffassung zumindest vertretbar, weshalb ihm - falls sich diese als unzutreffend erweisen sollte - zumindest ein entschuldigender Rechtsirrtum zuzubilligen sei.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Wels-Land zu Zl. Sich96-216-2001; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt sowie ein entsprechender Antrag von den Verfahrensparteien nicht gestellt wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 57 Abs. 2 RAO begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 6.100 Euro zu bestrafen, der unbefugt eine durch die RAO den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbietet oder ausübt. Diese Tat darf nicht auch nach anderen Bestimmungen über die Strafbarkeit der Winkelschreiberei geahndet werden.

Nach § 8 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwaltes auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten (Abs. 1). Die Befugnis zur umfassenden Parteienvertretung ist den Rechtsanwälten vorbehalten (Abs. 2); unberührt bleiben davon jedoch Parteienvertretungen auf Grund sonstiger gesetzlicher Bestimmungen (Abs. 3).

Gemäß § 376 Z. 34c Abs. 7 der Gewerbeordnung, BGBl.Nr. 194/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 111/2002 (im Folgenden: GewO), sind die Ausgleichsvermittler zur berufsmäßigen Parteienvertretung in Insolvenzverfahren vor dem Gerichtshof erster Instanz und vor Behörden befugt.

Nach Art. IX Abs. 1 Z. 1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl.Nr. 50/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 137/2001 (im Folgenden: EGVG), begeht u.a. derjenige, der in Angelegenheiten, in denen er nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, gewerbsmäßig für den Gebrauch vor inländischen Gerichten schriftliche Anbringen verfasst (Winkelschreiberei), eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen.

4.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass das BG L mit Ladung vom 17. April 2001 zu Zl. 2C 244/01 b - 4 (KV) infolge eines Einspruches gegen einen Zahlungsbefehl eine Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung über eine Klage wegen 39.536,64 S anberaumt hat; daraufhin hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 2. Mai 2001 dem BG L mitgeteilt, dass er die Erstbeklagte "rechtsfreundlich im Insolvenzverfahren vor dem Handelsgericht Wien" vertrete und dass dort am 16. März 2001 ein Konkursantrag eingebracht sowie mit Beschluss vom 28. März 2001 ein Masseverwalter bestellt worden sei.

Davon ausgehend erweist sich jedoch der von der belangten Behörde erhobene, zwischenzeitlich durch Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist unabänderbare Tatvorwurf - nämlich: Übertretung des § 8 RAO (ausschließlich) durch das Schreiben des Rechtsmittelwerbers vom 2. Mai 2002 - im Ergebnis als unhaltbar.

Denn in diesem Schreiben weist der Beschwerdeführer dezidiert nur auf seine ihm als Ausgleichsvermittler - im Wege der von § 8 Abs. 3 RAO selbst vorgesehenen lex-specialis-Regelung des § 376 Z. 34c Abs. 7 GewO - ohnedies gesetzlich zugestandene Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in Insolvenzverfahren hin; ein Hinweis oder gar Anspruch auf Vertretung auch im gerichtlichen Verfahren wird damit aber weder direkt noch indirekt zum Ausdruck gebracht.

Warum das BG L - offenkundig bereits auf Grund einer früheren, in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt allerdings nicht dokumentierten Information, weil der Rechtsmittelwerber bereits in der dg. Ladung vom 17. April 2001 als "Vertreter" angeführt wurde - ihn als Parteienvertreter auch für das zivilgerichtliche Verfahren qualifiziert hat, ist nicht nachvollziehbar; objektiv kann Derartiges aus dessen Schreiben vom 2. Mai 2001 jedenfalls nicht abgeleitet werden.

Davon abgesehen bleibt im angefochtenen Straferkenntnis auch die Frage offen, weshalb im gegenständlichen Fall - davon ausgehend, dass dem Beschwerdeführer gerade dieses Schreiben angelastet wurde - nicht das Spezialdelikt des Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG anstelle des § 57 Abs. 2 RAO als Strafnorm herangezogen wurde, noch dazu, wo § 57 Abs. 2 zweiter Satz RAO eine derartige Prüfung geradezu voraussetzt.

Angesichts der zwischenzeitlich bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung kam aber eine dementsprechende "Richtigstellung - die entweder eine Substitution des Tatvorwurfes (Übertretung der RAO durch ein anderes Verhalten als durch das Schreiben vom 2. Mai 2001) oder der Übertretungsnorm (Art. IX EGVG anstelle § 57 RAO) zu Folge gehabt hätte - durch den Oö. Verwaltungssenat (abgesehen davon, dass dieser gemäß Art. 129 ff. B-VG von Verfassungs wegen als ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle und nicht als eine Strafverfolgungsbehörde konzipiert ist) schon von vornherein nicht in Betracht.

4.3. Der Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat Höhe von 20%vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

 

 

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