Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150178/29/Kei/Ke

Linz, 31.10.2002

VwSen-150178/29/Kei/Ke Linz, am 31. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des K W, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. S H, H, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 31. Juli 2001, Zl. BauR96-1-2001, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (BStFG 1996), zu Recht:

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben als die Geldstrafe auf 219 Euro herabgesetzt wird.
  2. Statt "um (von-bis)" wird gesetzt "um",

    zwischen "Zollkontrolle" und "durch Beamte" wird

    eingefügt "auf der B 310 bei Strkm 19" und

    statt "Verwaltungsübertretungen" wird gesetzt "Verwaltungsübertretung".

    Rechtsgrundlage:

    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 VStG.

  3. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10% der verhängten Strafe, das sind 21,90 Euro, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie haben am 4. Jänner 2001 um (von-bis) 09.30 Uhr in U, Bezirk F, wie anläßlich einer Zollkontrolle durch Beamte der Zollwacheabteilung F, festgestellt wurde, auf der A Autobahn von L kommend in Richtung F den Lkw (höchstzulässiges Gesamtgewicht 7,5t) mit dem behördlichen Kennzeichen gelenkt, ohne eine gültige Mautvignette, das heißt eine Bescheinigung für die zeitabhängige Maut für mautpflichtige Bundesstraßen, an der Windschutzscheibe oder auf einer nicht versenkbaren Seitenscheibe im linken vorderen Bereich des Lkw's ordnungsgemäß angebracht zu haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 7Abs. 1 und § 13 Abs. 1 und 4 Ziffer 4 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (BStFG 1996), BGBl.Nr. 201/1996 i.d.g.F. in Verbindung mit Punkt 8 der Mautordnung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 5.000,00 Schilling (363,36 €), gemäß § 13 Abs. 1 und 4 Ziffer 4 BStFG 1996.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

500,00 Schilling (36,34 €) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind
10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S bzw. 14,53 EUR angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
5.500,00 Schilling (399,70 €)."

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Berufungswerber (Bw) brachte in der Berufung im Wesentlichen vor:

"Der genannte Bescheid wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten und seine Abänderung dahingehend beantragt, daß das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wird.

Die Begründung hält einer näheren Überprüfung zweifelsohne nicht stand. Der angefochtene Bescheid ist sowohl materiell- als auch verfahrensrechtlich verfehlt.

Der angefochtene Bescheid wird den verfahrensrechtlichen Mindesterfordernissen nicht gerecht. Die Behörde erster Instanz hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf beschränkt, ihren Rechtsstandpunkt darzulegen, der im übrigen im Gesetz keine Deckung findet.

Der Beschuldigte übersieht nicht, daß sich die erstinstanzliche Behörde im angefochtenen Bescheid mit rechtlichen Erwägungen auseinandergesetzt hat. Er verweist jedoch darauf, daß dem gesamten Bescheid keine konkrete Sachverhaltsfeststellung für die entscheidungswesentlichen Fragen zu entnehmen sind.

Insbesondere hat die Behörde erster Instanz keine Feststellungen dahingehend getroffen, wo der Beschuldigte - angeblich - vor der Anhaltung gefahren war und ob und inwieweit eine Vignette vorhanden war. Weiters fehlt jede Feststellung, ob der zuständige Disponent die Vignette vor Fahrtantritt kontrollierte und davon ausging, daß die Vignette selbst noch wirksam sei. Schließlich fehlt eine Feststellung dahingehend, ob der Beschuldigte lediglich aufgrund eines kurzfristigen Ausfalles als sogenannter Springer für einen sehr schnellen Fleischtransport eingesetzt war und das gegenständliche Fahrzeug erstmals von ihm benutzt wurde, sowie ob er sich vor Fahrtantritt bei dem Disponenten über die entsprechenden Gegebenheiten informierte und dieser ihm ausdrücklich erklärte, daß die Vignette gültig sei.

Die Behörde erster Instanz hat nicht einmal versucht, den vom Beschuldigten beantragten Zeugen R oder den Beschuldigten selbst einvernehmen zu lassen. Sie hat ihn aber auch darüber nicht informiert, daß sie sein Vorbringen in der Stellungnahme vom 25.07.2001 für unbeachtlich halte. Auch aus diesem Grund ist das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft geblieben.

Kraß im Gegensatz zu dieser gesetzlichen Bestimmung und der zitierten Judikatur ist schon die Textierung der vermeintlichen Verwaltungsübertretung dem Beschuldigten nicht verständlich bzw bleibt unklar, was ihm genau zur Last gelegt wird.

Warum eine Strafe in der verhängten Höhe aus spezial- oder generalpräventiven Gründen notwendig war, bleibt dunkel. Ebenso bleibt dunkel, wieso dem Beschuldigten überhaupt ein Verschulden an der angeblichen Verwaltungsübertretung zur Last liegen soll.

Aber auch bei einer materiell rechtlichen Beurteilung zeigt sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Dies aus folgenden Gründen:

Die Behörde erster Instanz geht ohne nähere Begründung von einem zumindestens fahrlässigen Verhalten des Beschuldigten aus. Dies ist nicht einsichtig. Der Beschuldigte hat alle ihm gebotene Sorgfalt eingehalten. Er konnte aufgrund der ihm gegebenen bzw. vorliegenden Informationen davon ausgehen, daß sich alle notwendigen Fahrzeugpapiere in dem LKW befinden würden und insbesondere auch die Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, daß tatsächlich eine Vignette angebracht war, gestempelt 04-Tag, 12-Monat, Jahr-2001. Es war daher nicht ohne weiteres erkennbar, daß die Mautvignette bereits abgelaufen war. Überdies hatte der Beschuldigte Information von Seiten seines Disponenten, daß die Vignette noch wirksam sei. Schließlich ist darauf zu verweisen, daß der Beschuldigte sehr kurzfristig aufgrund eines Ausfalles als Springer für einen schnellen Fleischtransport eingesetzt wurde und das gegenständliche Fahrzeug erstmals von ihm verwendet wurde. Selbst wenn eine Verwaltungsübertretung daher tatbildmäßig gegeben sein sollte, was der Beschuldigte bestreitet, so hat er kein Verschulden zu vertreten.

Überdies dürfen die Sorgfaltsanforderungen an den Normunterworfenen nicht überspannt werden. Es ist zwar zutreffend, daß Normadressat für die Entrichtung der Maut der Kraftfahrzeuglenker ist, doch war und ist es einem juristisch nicht vorgebildeten Laien wie dem Beschuldigen nicht ohne weiteres erkennbar, daß die Vignette nicht mehr wirksam und sohin die Maut nicht entrichtet worden war. Auch aus diesem Grund ist das Verhalten des Beschuldigten jedenfalls entschuldbar.

Zum Beweis hiefür wird ausdrücklich die Einvernahme des Zeugen R, p.A. B GmbH, R, P, sowie des Beschuldigten selbst, welche Einvernahmen im Rechtshilfeweg erfolgen mögen, beantragt.

Weiters ist nochmals darauf zu verweisen, daß der Textierung des Straferkenntnisses nicht genau zu entnehmen ist, wofür der Beschuldigte bestraft und insbesondere wo er das vermeintliche deliktische Verhalten gesetzt hat. Ein Tatvorwurf ist schon aus diesem Grund nicht gerechtfertigt.

Schließlich ist nochmals darauf zu verweisen, daß die Vorgangsweise erster Instanz auch bei der Strafbemessung gesetzwidrig war. Die Behörde erster Instanz verhängt eine Geldstrafe von ATS 5.000,00 mit der lapidaren Begründung, daß bei der Bemessung des Strafausmaßes als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet worden sei, während Erschwerungsgründe sich nicht gefunden hätten.

Der Beschuldigte stellt aus all diesen Gründen den Antrag auf Abänderung des angefochtenen Bescheides - nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - dahingehend, daß das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wird."

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 28. August 2001, Zl. BauR96-1-2001, Einsicht genommen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Sachverhalt, der durch die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44 a Z1 VStG), zum Ausdruck gebracht wird, wurde durch den Oö. Verwaltungssenat als erwiesen angenommen auf Grund der Angaben in der Anzeige der Zollwachabteilung F vom 4. Jänner 2001, Zl. 5 WC/00026/2001 und der im Verfahren vor der belangten Behörde niederschriftlich aufgenommenen Aussagen der 4 Zeugen BI F R, GI A W, BI J W und KI K E.

Auf die Einvernahmen des N. R und des Bw und auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde durch den Bw mittels dem Oö. Verwaltungssenat übermittelten Schreiben verzichtet.

Der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Übertretung wurde verwirklicht.

Der Bw hat sich mit den im gegenständlichen Zusammenhang relevanten österreichischen Rechtsvorschriften vertraut machen und diesen entsprechend handeln müssen. Es wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1968, Slg. 7297 A, hingewiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht: "Auch für den ausländischen Kraftfahrer besteht die Verpflichtung, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu beachten hat, ausreichend zu unterrichten."

Der Bw war im gegenständlichen Zusammenhang als Lenker des LKW für die Einhaltung der Bestimmungen des Bundesstraßenfinanzierungsrechts verantwortlich.

Das Vorbringen des Bw in der Berufung, dass der Bw Information von seitens seines Disponenten gehabt hätte, dass die Vignette noch wirksam gewesen sei, und dass der Bw sehr kurzfristig auf Grund eines Ausfalles als Springer für einen schnellen Fleischtransport eingesetzt worden sei und dass das gegenständliche Fahrzeug erstmals von ihm verwendet worden sei, wird als glaubhaft beurteilt.

Dies mindert das Verschulden des Bw etwas. Das Verschulden des Bw wird aber - ein Schuldausschließungsgrund oder ein Rechtfertigungsgrund liegt nicht vor - trotzdem noch als Fahrlässigkeit qualifiziert.

Die Folgen der Übertretung sind nicht unbedeutend. Dies insbesondere deshalb, weil im gegenständlichen Zusammenhang kein Geld für die Benützung der Straße bezahlt wurde und durch die Benützung der Straße mit dem relativ schweren Kraftfahrzeug (arg. LKW) eine relativ starke Abnützung der Straße erfolgt ist. Da die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind und jedenfalls eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte nicht die Bestimmung des § 21 Abs.1 VStG angewendet werden und es konnte nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden (VwGH 16.3.1987, 87/10/0024, 14.12.1990, 90/18/0186, 30.4.1993, 93/17/0088 u.a.).

Zur Strafbemessung:

Der Unrechtsgehalt wird als erheblich qualifiziert.

Auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.

Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt (Unterschied zur Beurteilung durch die belangte Behörde).

Es liegt keine die Person des Bw betreffende Vormerkung in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht vor. Der Milderungsgrund des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG kommt zum Tragen. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor. Es überwiegt der eine angeführte Milderungsgrund einen nicht vorhandenen Erschwerungsgrund. Es liegt diesbezüglich aber kein beträchtliches Überwiegen vor. Da nach der Bestimmung des § 20 VStG die Mindeststrafe nur unterschritten werden kann, wenn die Erschwerungsgründe die Milderungsgründe beträchtlich überwiegen (oder wenn der Beschuldigte ein Jugendlicher ist - dies trifft im gegenständlichen Zusammenhang nicht zu) und da im gegenständlichen Zusammenhang der oben angeführte Milderungsgrund einen nicht vorhandenen Erschwerungsgrund zwar überwiegt aber nicht beträchtlich überwiegt, konnte nicht die Bestimmung des § 20 VStG angewendet werden und es konnte nicht die Mindeststrafe unterschritten werden.

Die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 219 Euro ist insgesamt - auch unter Berücksichtigung der aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw - angemessen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10% der verhängten Strafe, d. s. 21,90 Euro, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Keinberger

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