Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150181/14/Lg/Ni

Linz, 10.06.2002

VwSen-150181/14/Lg/Ni Linz, am 10. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 16. Mai 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des D, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz Land vom 29. November 2001, Zl. BauR96-43, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (BStFG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG .

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Pkw am 12.1.2001 um 21.35 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A1 (Westautobahn) auf dem Parkplatz der Raststation A bei ABKM 171,000 im Gemeindegebiet von A benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug entrichtet zu haben. Er habe dadurch § 7 Abs.1 iVm § 13 Abs.1 BStFG BGBl Nr. 201/1996 idF BGBl I Nr. 142/2000 verletzt.
  2. In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis zunächst auf die einschlägigen Rechtsgrundlagen im Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 bzw. in der Mautordnung. Hinsichtlich der Beweisergebnisse stützt sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Einvernahme des Meldungslegers sowie auf Fotos, auf denen erkennbar sei, dass auf der rechten Seite der Vignette Ungültigkeitsmerkmale zum Vorschein gekommen seien.

  3. In der Berufung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht:
  4. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses sei im Hinblick auf § 44a VStG mangelhaft, da der an den Bw gerichtete Tatvorwurf auf das Fehlen einer gültigen Vignette abziele.

    Es werde mit dem Bw der Entlastungsbeweis für die Unversehrtheit der Vignette aufgebürdet. Der Bw beklagt, dass seine Beweisführung (gemeint wohl: hinsichtlich der Unbeschädigtheit der Vignette) infolge eines Windschutzscheibenwechsels (im März 2001) unmöglich geworden sei. Die Zeugen hätten vom Vorwurf der Beschädigung erst im Zuge der Einvernahme (im Mai 2001) erfahren.

    Ferner wird die Richtigkeit der Wahrnehmung des Meldungslegers (gemeint wohl: hinsichtlich der Beschädigung der Vignette) in Zweifel gezogen. Zur Tatzeit (am 12. Februar 2001 um 21.35 Uhr) sei es, so die Behauptung des Bw, dem Meldungsleger nicht möglich gewesen, die Ungültigkeitsmerkmale der Vignette von außen zu sehen, zumal, wie der Bw wisse, die Scheibe vereist gewesen sei. Die Aussage des Meldungslegers stehe außerdem in Widerspruch zu drei Zeugenaussagen und zu vom Bw veranlassten "originären" Fotos, welchen sich entnehmen lasse, dass die Vignette entsprechend den Bestimmungen der Mautordnung aufgeklebt war. Weder der Vater des Bw, welcher die Vignette aufgeklebt habe, noch einer der sonst vom Bw geführten Zeugen, noch ein Mechaniker oder Pannenfahrer oder sonstiger Beobachter habe eine Beschädigung der Vignette feststellen können.

    Ferner macht die Berufung das Fehlen eines Motivs für "Fälschung" geltend. Der Bw habe neben dem gegenständlichen Kfz kein weiteres mehrspuriges Kfz besessen. Es sei auch aus rein technischen Gründen ausgeschlossen, dass der Bw die gegenständliche Vignette mehrfach umgeklebt habe.

    Der Vater des Bw habe die Vignette derart knapp am Befestigungsknopf des Rückspiegels montiert, dass ihr oberer Rand, wie aus den von ihm vorgelegten Fotos erkennbar, am oberen Rand bogenförmig eingebuchtet war. Aus dieser Platznot und einer allenfalls erfolgten Korrektur könne sich bei der Montage eine unmerkliche Verschiebung der bereits haftenden Vignette ergeben haben. Infolge der Einbuchtung könne der Vater des Bw bestätigen, dass die Vignette zum Zeitpunkt der Fotos, somit nach der Beanstandung, noch immer originär war.

    Schließlich wird darauf hingewiesen, dass laut Medienberichten bei den Vignetten 2001 und 2002 Produktionsfehler vorgekommen seien.

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  6. Laut Anzeige vom 17.2.2001 sei bei einer Fahrzeugkontrolle am gegenständlichen Ort zur gegenständlichen Zeit festgestellt worden, "dass die Fälschungsmerkmale (Ungültig) auf der Jahresvignette für 2001 eindeutig ersichtlich waren... Bei der Kontrolle wurde festgestellt, dass die Mautvignette beschädigt war."

    Im Gefolge der Strafverfügung vom 8.3.2001 erhob der Bw mit Schreiben vom 17.3.2001 Einspruch. Darin wird behauptet, dass die Jahresvignette 2001 am 15.12.2000 gekauft und am Wochenende 27./28. Jänner 2001 ordnungsgemäß innen auf der Windschutzscheibe des Pkw aufgeklebt worden sei. Sie befinde sich auch zum Zeitpunkt des Einspruchs noch gut sichtbar und unbeschädigt dort. Als Zeugen werden M, Dr. D und D als Zeugen geführt. Ferner werden als Beweismittel in Aussicht gestellt ein aktuelles Foto des gegenständlichen Pkw sowie die Parteienvernehmung.

    Am 22.5.2001 wurden die vom Bw geführten Zeugen vor der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen/Thaya im Rechtshilfeweg zeugenschaftlich einvernommen. Die Zeugin M sagte aus, am letzten Wochenende im Jänner 2001 habe der Vater des Bw bei ihr angerufen und ersucht, dass der Bw mit dem Pkw bei ihm vorbeikomme, damit er an diesem Pkw die Autobahnvignette anbringen könne. Am Samstag des darauffolgenden Wochenendes sei die Zeugin mit dem Bw mit gegenständlichen Pkw nach Wien gefahren. Dabei habe sich die Zeugin den Pkw des Bw angesehen, um festzustellen, wo die Vignette angebracht sei, weil sie selbst vorgehabt habe, auch an ihrem Pkw eine Vignette anzubringen. Weitere Angaben könne sie nicht machen. Die Zeugin Annemarie Döller (Mutter des Bw) gab an, ihr Gatte habe am letzten Wochenende im Jänner 2001 am Pkw des Bw die alte Vignette abgelöst und eine neue Vignette angebracht. Sie habe an der Vignette am Pkw des Bw keine Ungültigkeitsmerkmale feststellen können. Der Zeuge Dr. D legte einen Servicebeleg des ÖAMTC über den Erwerb von vier Jahresvignetten, darunter auch diejenige betreffend die Nr. 06123072-075, welche er auf dem Pkw des Beschuldigten angebracht habe, vor. Er habe am letzten Wochenende des Jänner 2001 vom Pkw des Bw die alte Vignette entfernt und an diesem Pkw die Jahresvignette 2001 angebracht. Die Entfernung der alten Vignette sei mit einem alten Tischlerstemmeisen und einem Fleckputzmittel erfolgt. Beim Aufkleben der Jahresvignette 2001 habe es keine Probleme gegeben. Der Zeuge lege fünf Fotos des Pkw des Bw vor, aus denen die ordnungsgemäße Anbringung deutlich ersichtbar sei. Diese Fotos seien am 1. März 2001 gemacht worden, wie aus einer dazugelegten Zeitung ersichtlich sei. Aus den Fotos sei die Nummer der Vignette und ihr unversehrter Zustand deutlich erkennbar.

    Am 23.5.2001 erfolgte eine Beschuldigtenvernehmung vor der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen/Thaya. Bei dieser nahm der Bw Akteneinsicht, gab seine finanziellen Verhältnisse bekannt und stellte eine schriftliche Stellungnahme in Aussicht.

    Mit Schreiben vom 2.6.2001 rügt der Bw, dass ihm erst jetzt bekannt geworden sei, dass ihm nicht das Fehlen der Jahresvignette 2001 vorgeworfen wird, sondern deren Beschädigung. Die Behauptung des Meldungslegers, dass die Vignette beschädigt gewesen sei, sei nicht durch Fotos belegt, ja es sei nicht einmal die Nummer der beanstandeten Vignette angeführt worden.

    Eine nachträgliche Überprüfung der Beanstandung sei nun nicht mehr möglich, da der Bw von seiner Firma ein Dienstauto erhalten habe und daher der gegenständliche Pkw verkauft wurde. Im Zuge dieses Verkaufs, sei die beschädigte Windschutzscheibe mit der Jahresvignette 06123072 ausgetauscht worden. Dieser Austausch sei über den ÖAMTC erfolgt, wobei Fälschungsmerkmale nicht erwähnt worden seien. Der Erwerb der Vignette mit der Nr. 06123072 am 15.12.2000 sei urkundlich nachgewiesen. Ihre Entwertung sei durch Aufkleben an der Windschutzscheibe am 27./28. Jänner 2001 durch den Vater des Bw erfolgt. Bei ihm, einem pensionierten Notar, könne dem Bw ein Auswahl- oder Kontrollverschulden nicht angelastet werden. Aus der Zeugenaussage des Vaters des Bw und den von ihm vorgelegten Fotos ergebe sich eine besondere Akribie der Montage. Die Vignette klebe zentriert und kerzengerade direkt unter dem Befestigungsknopf des Rückspiegels. Der Bw sei kein Chemiker und könne daher nicht beurteilen, ob die Verwendung eines Fleckputzmittels die Vignette angreife. Es sei allgemein bekannt, dass der Versuch eines Umklebens einer Vignette diese zerstöre. Der Bw habe neben dem gegenständlichen Pkw kein weiteres mehrspuriges Kraftfahrzeug besessen.

    Der Meldungleger sagte im Zuge seiner Einvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 27.6.2001 aus, er habe die Fälschungsmerkmale "Ungültig" auf beiden Seiten unter Zuhilfenahme einer Taschenlampe eindeutig feststellen können. Ein Foto zur Beweissicherung sei vom Zeugen nicht verfertigt worden.

    In einer weiteren Stellungnahme vom 12.7.2001 bemerkt der Bw, er habe nach der Kontrolle Eis von der Windschutzscheibe abkratzen müssen, einen Verständigungszettel habe er dabei nicht vorgefunden. Er verwehre sich gegen den Vorwurf, die Vignette betrügerisch manipuliert zu haben. Die "Fälschungsmerkmale" würden nicht nur beim Ablösen einer Vignette sichtbar, sondern auch dann, wenn es sich um einen Herstellungs- oder Montagefehler handle.

  7. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung rügte der Bw abermals die Unrichtigkeit der Tatzeitangabe im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses (12.1.2001 statt 12.2.2001).
  8. Zur Sache legte der Bw dar, dass sein Vater im Dezember 2000 die Vignette gekauft und an der Windschutzscheibe des gegenständlichen Pkw angebracht habe. Da dem Bw (nach seinem eigenen Verständnis) zunächst nur das Fehlen einer Vignette vorgeworfen worden sei, habe sein Vater Anfang März 2001 die im Akt beiliegenden Fotos gemacht, die das Vorhandensein der Vignette nachweisen. Erst später sei dem Bw klar geworden, dass ihm die Ungültigkeit der Vignette vorgeworfen wird. Hätte er dies rechtzeitig begriffen, so hätte er deutlichere Fotos machen lassen. Dieses sei aber auf Grund des Verkaufs des Kfz bzw. des im Zuge des Verkaufs erfolgten Windschutzscheibenwechsels (im März / April 2001) nicht mehr möglich gewesen. Auch ein Beleg über den Kauf der Vignette sei, wie aus dem Akt ersichtlich, beigebracht worden. Der Bw besitze nur einen Pkw und habe kein Motiv gehabt, die Vignette für mehrere Pkw zu benützen, zumal sein Vater damals für sämtliche Pkws der Familie die Vignetten gekauft habe. Für die Ursache der (wie auf den Fotos ersichtlich: sehr geringfügigen) Beschädigung der Vignette könne er nur Vermutungen anbieten: Die Vignette könne durch eine Ungeschicklichkeit des Vaters beim Anbringen der Vignette auf der Windschutzscheibe (Verrücken der Vignette während des Aufklebens aus pedantischen Gründen, Verwenden eines Fleckputzmittels) entstanden sein, vielleicht auch aus anderen Gründen, welche er im erstinstanzlichen Verfahren ins Treffen geführt habe, jedenfalls aber nicht aufgrund von Manipulationen zum Zweck der Mehrfachverwendung der Vignette. Wegen der Geringfügigkeit der Beschädigung und der Situierung der Vignette im Rückspiegelbereich sei ihm die Beschädigung nicht aufgefallen. Ferner sei die Beschädigung (von der ungewiss sei, wann sie sichtbar wurde) auch nicht seiner Familie bzw. seiner Lebensgefährtin aufgefallen.

    Der Meldungleger sagte aus, er habe Ungültigkeitsmerkmale bei der Kontrolle mittels Taschenlampe festgestellt. Er habe sich aber schon bei der erstinstanzlichen Einvernahme nicht an den genauen Zustand der Vignette bei der Kontrolle erinnern können und sich bei seiner Aussage auf die dem Akt beiliegenden Fotos gestützt. Nach Einschau in den Akt bestätigte der Zeuge, nur den Ungültigkeitsvermerk auf einer Seite und auch hier nur zwei weiße Fleckchen im Bereich der Buchstaben "UN" und etwas entfernt "G" (an der Stelle des Merkmales "UNGÜLTIG") gesehen zu haben. Darüber hinausgehende Wahrnehmungen habe er nicht gemacht und sei das erstinstanzliche Protokoll diesbezüglich unrichtig, da er auch im Rahmen der erstinstanzlichen Einvernahme nichts anderes als in der öffentlichen mündlichen Verhandlung gesagt habe. Der Meldungsleger legte außerdem Wert auf die Feststellung, dass er dann, wenn er die Argumente des Bw gekannt hätte, mit Sicherheit von einer Anzeige abgesehen hätte; bedauerlicherweise sei aber offenbar der Verständigungszettel verloren gegangen.

    Die Eltern des Bw und seine Lebensgefährtin bestätigten die Ausführungen des Bw.

  9. Der Unabhängigen Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht, aufgrund des glaubwürdigen Auftretens des Bw und der Zeugen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung davon aus, dass dessen Darstellung des Sachverhalts zutreffend ist. In rechtlicher Hinsicht ist festzuhalten, dass gemäß § 13 Abs.1 BStFG strafbar ist, wer als Kraftfahrzeuglenker gemäß § 7 Abs.1 BStFG zeitabhängig bemautete Bundesstraßen benützt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Aus § 7 Abs.1 letzter Satz BStFG ergibt sich zur ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut, dass die Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Gemäß Punkt 8 der Mautordnung (einer Durchführungsverordnung) ist die Vignette innen direkt auf der Windschutzscheibe gut sichtbar und unbeschädigt anzukleben (vgl. VwGH 20.9.2001, Zl 2001/06/0096). Im Sinne dieses Regelungszusammenhanges wird man davon ausgehend müssen, dass den Benutzer mautpflichtiger Bundesstraßen die Pflicht trifft, sich vorher von der Gültigkeit der Vignette zu überzeugen (vgl. VwSen-150174 vom 28.2.2002).

Im gegenständlichen Fall hat der Vater des Bw eine zunächst unbeschädigte Vignette aufgeklebt. Ob während des Aufklebevorgangs oder nachher aufgrund unbekannter Umstände, jedenfalls aber nicht aus Manipulationsabsicht, die (geringfügigen) Ungültigkeitsmerkmale feststellbar wurden, ist im Nachhinein nicht mehr mit Sicherheit feststellbar. Die oben erwähnte Pflicht, sich von der Gültigkeit der Vignette zu überzeugen, darf nicht überspannt werden. Unter den gegebenen Umständen erscheint es entschuldbar, wenn dem Berufungswerber das Auftreten der nur bei sehr genauem Hinsehen bemerkbaren Schäden auf der Vignette nicht aufgefallen ist. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

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