Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150228/13/Lg/Ni

Linz, 27.09.2004

 

 

 VwSen-150228/13/Lg/Ni Linz, am 27. September 2004

DVR.0690392

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 3. Februar und am 12. März 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des R K, H, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. September 2003, Zl. 101-5/28-330141399, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 220 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Pkw, mit dem deutschen amtlichen Kennzeichen am 28.1.2002 um 8.30 Uhr die Bundesstraße A (Bundesautobahn) A 7, Franzosenhausweg, Parkplatz, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, indem an dem von ihm gelenkten Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht war, obwohl gemäß § 7 Abs.1 BStFG die Benützung von Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) einer zeitabhängigen Maut, welche vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist unterliegt.

 

In der Begründung nimmt das angefochtene Straferkenntnis Bezug auf die Anzeige der Zollwachabteilung Linz/MÜG vom 30.1.2002 und auf den Einspruch des Bw vom 2.4.2002 gegen eine Strafverfügung. Dem Argument des Bw, er habe sich vor Antritt der Fahrt vergewissert, dass eine Mautvignette vorschriftsgemäß an der Windschutzscheibe angebracht sei und dass er nicht erkennen habe können, dass die Vignette mit einer durchsichtigen Folie verbunden gewesen sei, wird entgegengehalten, dass dies den Organen der Zollverwaltung sehr wohl möglich gewesen wäre und daher auch der Bw bei gewissenhafter Überprüfung in der Lage gewesen wäre diesen Mangel auch selbst festzustellen. Auch der Einwand des Bw, er habe das Fahrzeug im Auftrag seines Arbeitsgebers gefahren und die Vignette sei nicht von ihm selbst sondern von seinem Arbeitgeber angebracht worden, gehe ins Leere, da nach § 8 BStFG primär der Kraftfahrzeuglenker Mautschuldner sei.

 

 

2. In der Berufung wird vorgebracht:

 

"Es liegt in diesem Fall kein Ungehorsamsdelikt vor, das Organ der Zollverwaltung hat die Vignette in einer für mich unverständlichen Art heruntergerissen nochmals an die Windschutzscheibe geklebt und wiederum heruntergerissen. Vor dieser Handlung, war die Vignette nicht in diesem Ausmaß mit Staub und Schmutz behaftet, sodass für mich irgendeine Unregelmäßigkeit erkannt hätte werden können. Darüber hinaus gebe ich zu bedenken, dass die Windschutzscheibe selbst sowohl innen als auch außen erheblich verschmutzt war, welcher Umstand somit keinesfalls Rückschlüsse ermöglicht hat auf die Tatsache, dass die Vignette in irgendeiner Form ungültig angebracht gewesen ist. Eine gewissenhafte Prüfung hat stattgefunden und somit trifft mich in keiner Weise eine Schuld. Die Behörde geht ihrerseits in diesem Fall keinesfalls Gewissenhaft vor, da die Qualität der Vignette auf den Zustand verstaubt oder verschmutzt überhaupt nicht überprüft worden. Bei gewissenhafter Überprüfung, hätte die erkennenden Behörde jedenfalls die Begutachtung dieser Vignette vornehmen müssen, welche zu jedem Zeitpunkt zur Verfügung gestellt werden hätte können. Die Behörde machte es sich in diesem Fall wirklich einfach. Die Vignette von der Windschutzscheibe runter zu reißen, diese nochmals an die verschmutzte Windschutzscheibe zu kleben und dann die Tatsache einer Verschmutzung der Vignette als Beweis für mangelnde Gewissenhaftigkeit bei der Überprüfung zu stilisieren ist alles andere als rechtsstaatlich und eher als abenteuerlich zu bezeichnen. Ich fordere sie auf aus diesen Gründen wegen Schuldlosigkeit die Straferkenntnis einzustellen."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der gegenständliche Tatvorwurf ergibt sich aus der Anzeige der Zollwachabteilung Linz/MÜG vom 30.1.2002. Näherhin ist dort festgehalten:

 

"Die zeitlich ungültige Mautvignette B02, Nr. 45553298, mit Lochung 14.12.2001 war bis zum 23.12.2001 gültig. Die Jahresvignette 2001, Nr. 03046256 ist mit einer doppelt klebenden Folie versehen, diese ist abgegriffen, mit Staub und Schutzteile behaftet und konnte aufgrund der geringen Klebstoffreste beliebig oft auf die Windschutzscheibe angebracht und abgezogen werden."

 

Der Bw habe dazu angegeben, er wisse nicht, warum diese Vignette benützt wird. Es handle sich um ein Mietauto seines Arbeitgebers. Der Bw habe mit einem Geschäftsführer seines Arbeitgeberunternehmens telefoniert, welcher dem Bw den Auftrag gegeben habe, auf einer Anzeige zu bestehen.

 

Im Einspruch vom 2.4.2002 brachte der Bw vor, er habe sich vor Antritt der Fahrt vergewissert, dass die Mautvignette an der Windschutzscheibe angebracht ist. Des Weiteren habe er die bezughabende Nummer, welche auf dem Abriss der Vignette angeführt ist, mitgeführt. Die Überprüfung der Vignette habe nicht zutage gebracht, dass diese irgendwelchen Vorschriften zuwider aufgeklebt worden ist. Die in der Anzeige angesprochene Folie sei, wie in der Anzeige vermerkt durchsichtig gewesen, weshalb man diese Art der Anbringung "bei üblich gewissenhafter Prüfung" nicht erkennen habe können. Um den angeblichen Misstand erkennen zu können, hätte der Bw die Vignette "herunterreißen müssen". Eine solche Überprüfung hätte die Ungültigkeit der Vignette auslösen können. Den Bw treffe daher keine "persönliche Schuld". Dazu komme, dass er im Auftrag seines Arbeitgebers diese Auto gefahren habe und die Vignette von Letzterem angebracht worden sei.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, dass es sich um ein von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestelltes Mietauto gehandelt habe (dies wurde von einem Zeugen bestätigt). Er habe das Kfz zum ersten Mal für eine Fahrt nach München zur Verfügung gestellt bekommen und weniger als eine halbe Stunde vor der Kontrolle in Linz übernommen, um auftragsgemäß damit unverzüglich die genannte Fahrt anzutreten. Er habe das Vorhandensein der Mautvignette überprüft, allerdings nicht so genau, dass einem Fachmann die Manipulation (von deren Möglichkeit der Bw gar keine Kenntnis gehabt habe) zu Bewusstsein hätte kommen können. Hätte der Bw gewusst, dass man die Mautvignette mittels Klebefolie zum Zweck der Mehrfachverwendung aufbringen kann, hätte er auch dies überprüft. Er habe sogar den Abriss der Vignette und die Rechnung mitgeführt. Jedenfalls sei die Mautvignette so angebracht gewesen, dass jemandem, der diesen "Trick" nicht kannte, dieser nicht zu Bewusstsein kommen musste. Allfällige Verschmutzungen seien auf die Demonstration der unzulässigen Form der Anbringung der Vignette durch den Polizisten zurück zu führen. Es habe (wie ebenfalls durch den Zeugen aus dem Bereich des Arbeitgeberunternehmens des Bw bestätigt wurde) noch nie Beanstandungen hinsichtlich der Mautvignette im Zusammenhang mit der Autoverleihfirma gegeben. Der erwähnte Zeuge bestätigte außerdem, dass hinsichtlich der immer nur für eine jeweilige Auftragserfüllung angemieteten Fahrzeuge eine starke Fluktuation der Benutzer herrsche.

 

Der Meldungsleger bestätigte die Anbringung der Mautvignette mittels doppelklebender Folie. Er räumte aber ein, dass eine solche Manipulation, wenn sie sehr geschickt vorgenommen wird, für einen Laien nicht oder allenfalls nur nach sehr gewissenhafter Kontrolle erkennbar ist. Im gegenständlichen Fall sei wegen der aktenkundigen Staubpartikel eine bereits geschehene Zweitverwendung anzunehmen, sodass von einer Erkennbarkeit des Mangels auszugehen sei, wobei der Zeuge vermutete, dass die im Akt aufscheinenden Staubpartikel nicht erst infolge der Manipulation durch den Meldungsleger auf die Vignette gelangt seien. Im gegenständlichen Fall habe außerdem die Klebefolie ein bis zwei Millimeter über den Rand hinausgeragt und sei die Folie an zwei Ecken um etwa 1 mm gekappt gewesen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Im gegenständlichen Fall ist die objektive Tatbestandsverwirklichung unstrittig. Fraglich ist lediglich das Verschulden des Bw. Für dessen Beurteilung ist maßgeblich, dass der Bw von seinem Arbeitgeber das Kfz für eine kurzfristige Benützung zur Verfügung gestellt bekam und er das Fahrzeug nahezu unmittelbar vor der Kontrolle übernommen hatte, wobei der morgendliche Zeitdruck vor einer Geschäftsfahrt nicht gänzlich außer Acht gelassen werden kann. Vor diesem spezifischen Hintergrund - und der Tatsache, dass es bisher trotz umfänglicher Praxis noch nie zu einem Problem mit der Mautvignette gekommen war - ist der Sorgfaltsmaßstab zu beurteilen, der an die - ja unbestritten stattgefundene - Überprüfung des Vorhandenseins einer Mautvignette durch den Bw anzulegen ist. Dabei spielt eine Rolle, dass nach den Ergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung die missbräuchliche Verwendung der Mautvignette keineswegs augenfällig war, sondern, zumindest im Zweifel, anzunehmen ist, dass der Mangel nur bei eingehender Prüfung durch eine mit der Problematik der Mehrfachverwendung von Mautvignetten vertrauten Person (was gegenständlich nicht der Fall war) erkennbar war. Da unter diesen besonderen Voraussetzungen das Verhalten des Bw nicht als schuldhaft einzustufen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Langeder

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum