Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150235/2/Lg/Hu

Linz, 14.01.2005

 

 

 VwSen-150235/2/Lg/Hu Linz, am 14. Jänner 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung der A L, S, B I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P P, B S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 3. November 2003, Zl. VerkR96-1427-2003, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2000 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 202 Stunden verhängt, weil sie am 10.2.2003, um 17.00 Uhr, auf dem Autobahnparkplatz "Lindach Nord", Gemeinde Laakirchen, als Lenkerin des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen, die A1 Westautobahn benützt habe, ohne die in § 10 Abs.1 BStMG vorgeschriebene zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.
  2.  

  3. In der Berufung wird dagegen vorgebracht, am geparkten Fahrzeug sei lediglich ein Verständigungszettel der Gendarmerie hinterlassen worden, nicht jedoch die in § 19 BStMG vorgesehene Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut. Auf dem Verständigungszettel sei die Bw lediglich aufgefordert worden, zur Dienststelle zu kommen, nicht jedoch, wie gesetzlich vorgesehen, sei ihr unter Anführung einer Identifikationsnummer und einer Kontonummer die Möglichkeit zur Bezahlung der Ersatzmaut eingeräumt worden. Damit sei die Bw um die Möglichkeit gebracht worden, durch Bezahlung der Ersatzmaut Straflosigkeit der Tat zu bewirken. Aus diesem Grund sei eine Bestrafung der Bw unzulässig.
  4.  

  5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

3.1. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist unbestritten davon auszugehen, dass seitens der Gendarmeriebeamten am Kfz der Bw lediglich eine "Verständigung" hinterlassen wurde mit der Information, dass das Kfz ohne Vignette angetroffen wurde unter Einräumung der Möglichkeit, binnen bestimmter Frist "in der oben bezeichneten Dienststelle gegebenenfalls den Sachverhalt aufzuklären oder unter Voraussetzung des § 50 VStG eine Organmandatsstrafe zu bezahlen. Sonst müsste die Anzeige erstattet werden."

 

3.2. Gemäß § 10 Abs.1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs.1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs.1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs.1). Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs.2).

 

Es stellt sich in rechtlicher Hinsicht die Frage, ob das Angebot der Ersatzmaut eine Voraussetzung für die Strafbarkeit nach dem BStMG darstellt.

 

Bei Verstößen gegen das BStFG sah dieses in § 13 Abs.3 leg.cit. einen Strafaufhebungsgrund (bei Bezahlung der Ersatzmaut "wenngleich auf Aufforderung") vor. Dazu sprach der Verwaltungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis vom 9.9.1999, Zl. 98/06/0105) aus, dass die Tat auch dann nicht straflos wird, wenn "die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben" ist. "Nach der klaren Anordnung des Gesetzes ist ... die erfolglose Aufforderung nicht Voraussetzung der Strafbarkeit; die Tat wird vielmehr auch dann nicht straflos, wenn die zuvor genannten Beträge nicht entrichtet werden, mag auch die Aufforderung aus welchen Gründen immer unterblieben sein" (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 18.12.1997, Zl.97/06/0242).

 

Dem gegenüber wurden die Bestimmungen des BStMG (anzuwenden ab 1.1.2003) über die Vorgangsweise der Organe wesentlich detailgenauer; dies trifft insbesondere auch auf die einschlägigen Passagen der als Verordnung einzustufenden Mautordnung zu. Insbesondere aber scheint nunmehr ausdrücklich eine Pflicht der Organe zu bestehen, auf bestimmte Art und Weise die Möglichkeit zur Bezahlung der Ersatzmaut einzuräumen.

 

Wessely, ZVR 07/08, 2004, Seite 229 ff, vertritt dazu die Auffassung, dass ein Rechtsanspruch auf die Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut besteht und verwaltungsstrafrechtliche Ahndung der Mautprellerei ohne vorhergehende Aufforderung nicht in Betracht kommt (Aufforderung als Voraussetzung der Strafbarkeit; vgl. Seite 232).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat schließt sich dieser Rechtsauffassung an (vgl. auch VwSen-150232 vom 24.11.2004 und VwSen-150249 vom 22.11.2004). Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 
 

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